Mehr als 2.500 Dokumente der Rhein-Sieg Eisenbahn aus den Jahren 1860 bis 1970 wurden im Stadtarchiv Sankt Augustin digitalisiert und sind nun für alle online frei abrufbar.
„Das ist eine Fundgrube für Eisenbahnfreunde genauso wie für historisch Interessierte der ganzen Region“, freut sich Stadtarchivar Michael Korn. Durch das Stadtarchiv Sankt Augustin sind mehr als 2.500 Dokumente der Rhein-Sieg Eisenbahn aus den Jahren 1860 bis 1970 online gegangen und nun für alle frei abrufbar – Lagepläne sowie Zeichnungen von Gebäuden, Brücken, Oberbauten, Fahrzeugen, mehrere Dampflok-Betriebsbücher und viele weitere Unterlagen zur ersten dem öffentlichen Verkehr dienenden Schmalspurbahn Deutschlands. Diese firmierte zunächst als Brölthaler Eisenbahn und betrieb Strecken von Waldbröl bis Beuel sowie von Asbach und Oberpleis bis Siegburg.
Abb.: Carsten Gussmann und Ulrich Clees vom Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn Asbach bestaunen mit dem Asbacher Ortsbürgermeister Franz-Peter Dahl und dem Sankt Augustiner Stadtarchivar Michael Korn (v.l.) einige der historischen Pläne (Foto: Stadt Sankt Augustin).
Möglich wurde die Digitalisierung der Unterlagen durch die Kooperation mehrerer Privatleute und des Stadtarchivs Sankt Augustin mit dem Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn in Asbach/Westerwald, dessen kompletter Planbestand auf diese Weise online zur Verfügung steht. Damit sind erstmals seit mehr als fünfzig Jahren große Teile der erhalten gebliebenen Papierdokumente physisch an einem Ort versammelt und zudem digital nutzbar.
Von den beiden Herzkammern der Rhein-Sieg Eisenbahn-Forschung spricht Ulrich Clees vom Asbacher Museum: „Die eine Herzkammer ist unser Museum, die andere ist das Stadtarchiv Sankt Augustin.“ Franz-Peter Dahl, Ortsbürgermeister von Asbach ergänzt: „Die gute Kooperation der beiden zeigt, dass durch beide Kammern dasselbe Blut fließt.“ Weil die Ortsgemeinde Asbach – sie ist Trägerin des Museums – kein historisches Archiv unterhält, hatte Dahl im Jahr 2020 mit seinem damaligen Sankt Augustiner Amtskollegen einen Vertrag geschlossen, in dem geregelt ist, dass die Eigentumsrechte in Asbach verbleiben, die Zeichnungen aber dauerhaft im Stadtarchiv Sankt Augustin archiviert werden. Carsten Gussmann und Ulrich Clees vom Asbacher Museum vermittelten weitere Sammlungen an das Stadtarchiv und erfassten Blatt für Blatt in einer Datenbank.
Die Finanzierung der hochwertigen Digitalisierung wurde durch das Projekt „WissensWandel“ im Rahmen des von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderten Programms “Neustart Kultur” ermöglicht. Die Digitalisate können über das Angebot des Stadtarchivs Sankt Augustin im bundesweiten Archivportal-D aufgerufen werden.
Dass überhaupt so viel Material erhalten geblieben ist, ist einigen engagierten Eisenbahnfreunden und Eisenbahnern zu verdanken, denn nach der Stilllegung der Bahn im Jahr 1967 übergab die Bahnverwaltung nur wenige Unterlagen an Archive. Der größte Teil der Firmenunterlagen wurde sich selbst überlassen – wenn sie überhaupt bis dahin überlebt hatten, denn ein beträchtlicher Teil des Firmenarchivs war bereits im Beueler Verwaltungsgebäude einem Rheinhochwasser zum Opfer gefallen. Aus den übrigen, am ehemaligen Firmensitz in Hennef nun herrenlosen Papieren nahmen Eisenbahner, was sie interessierte oder was sie anderweitig brauchen konnten. So hatte der Eisenbahnfreund Dirk Wilkesmann in den siebziger Jahren besonderes Glück, als er als Jugendlicher an einer Bushaltestelle einen RSE-Mitarbeiter beim Wechsel des Fahrplans antraf. Auf seine Frage, ob dieser noch alte Unterlagen der Rhein-Sieg Eisenbahn habe, antwortete ihm der RSE-Mitarbeiter, dass er noch ganz viel altes Papier von der Bahn zuhause habe, mit dem er eigentlich seinen Ofen anzünden wollte. Das dürfe der Eisenbahnfan haben. Dirk Wilkesmann nahm gerne an, es waren gut 1200 Blätter, die er nun alle dem Stadtarchiv Sankt Augustin überlassen hat.
Abb.: Lok 5“, Jung, Baujahr 1919 (Archivaliensignatur: Stadtarchiv Sankt Augustin, SN 175, 228), Sammlung Clößner/Gussmann/Clees/ Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn, Asbach >> Triebfahrzeug, Laufzeit: 08.10.1967, Provenienz: Willi Kissau, Maßstab: 1:20, Format: 31 x 86, Material / Beschreibstoff: Pergament, Bestand: SN 175 Sammlung Clößner/Gussmann/Clees/ Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn, Asbach
Der Grundstock der Zeichnungssammlung des Asbacher Museums kam von Bernhard Jordan, der als Zahnarzt in Hennef praktiziert hatte. Er war ebenfalls Eisenbahnfan und hatte es geschafft, am Tag vor dem Abriss des Hennefer Verwaltungsgebäudes einen Großteil der dort lagernden Pläne zu retten – so viel, wie in seinen Käfer passten. Das war der Inhalt eines der Kartenschränke, der noch erreichbar war. Vor dem zweiten Schrank war bereits der Boden eingebrochen, Herr Jordan kam nicht mehr sicher heran. Es war damals bereits dunkel, der Strom abgeschaltet, Herr Jordan konnte nicht erkennen, was er herausholte, alles auf gut Glück. Es waren uralte Zeichnungen aus der Frühzeit der Bahn dabei, aber auch viele nie ausgeführte Planungen. Für die späteren Museumsgründer Carsten Gussmann und Wolfgang Clößner war es wie Weihnachten und Ostern zugleich, als sie die Zeichnungen entgegennehmen durften.
Sind die Archivregale und -kartenschränke in Sankt Augustin damit nun voll? Der Stadtarchivar gibt Entwarnung. „Nein, wir haben noch ausreichend Platz für weitere historische Quellen zur Geschichte der Region.“ Es müssten auch nicht gleich tausend Objekte sein, die man abgebe. „Wenn uns jemand ein Foto etwa vom Familienausflug mit der Bahn überlässt, freuen unsere zahlreichen Nutzenden und wir uns ebenso darüber“, so Korn.
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Quelle: Stadt Sankt Augustin, Pressemitteilung, 20.3.2023