Die Internationale Joseph Haydn Privatstiftung, die neben der wissenschaftlichen Arbeit auch den Auf- und Ausbau eines Haydn-Archivs in Eisenstadt forciert, präsentierte am 1.12. den zweiten Band der Eisenstädter Haydn-Berichte.
Gleichzeitig übernahmen Vorstandsvorsitzender Architekt Matthias Szauer und Generalsekretär Haydnfestspiel-Intendant Walter Reicher aus dem Besitz der Freistadt Eisenstadt stammende Originaldokumente zum Hauserwerb und -verkauf Joseph Haydns als Dauerleihgabe. Haydns Wohnhaus in der ehemaligen Klostergasse beherbergt heute das Haydn-Museum.
Die Originaldokumente wurden auf Anregung des Eisenstädter Altbürgermeisters Ing. Alois Schwarz der Haydn-Stiftung überlassen und von Vizebürgermeisterin Andrea Fraunschiel übergeben. Schwarz ist Kuratoriumsmitglied dieser Stiftung. Unter den Schriftstücken, die einen historischen Bogen über Haydns 48 Jahre lang andauernde Beziehung zu Eisenstadt spannen, befinden sich auch Schuldverschreibungen. Haydn und seine Frau standen auch bei Schwiegervater Johann Peter Keller in „Kreide“, um ihren doch ansehnlichen Besitz in Eisenstadt finanzieren zu können.
Der zweite Band der Eisenstädter Haydn-Berichte enthält die Ergebnisse des musikwissenschaftlichen Symposions „Haydn & Das Streichquartett“, das im Mai 2002 im Rahmen eines außergewöhnlichen Haydn Streichquartett Weekends – innerhalb von fünf Tagen wurden alle 69 Streichquartette Haydns aufgeführt – stattgefunden hat. Dokumentiert sind nicht nur die Referate von neun namhaften Musikwissenschaftern, sondern auch die Diskussionen über Haydns Streichquartett-Schaffen. Der Band, herausgegeben von Prof. Georg Feder und Walter Reicher, ist im Hans Schneider Verlag, Tutzing (ISBN 3 7952 1133 6 zu 48 Euro) erschienen.
Das nächste Symposion wird es – wieder in Kooperation mit den Haydnfestpielen und der Kulturabteilung des Landes Burgenland – während der Eisenstädter Haydntage 2004 geben. Es wird sich mit den Grundlagen der dokumentarischen Haydn-Forschung befassen. „In letzter Zeit sind einige Archive neu aufgearbeitet worden, darunter auch das Esterhazy-Archiv auf Burg Forchtenstein„, berichtete Reicher. Daher wolle man der Frage nachgehen, „wo steht momentan die Haydn-Forschung?“
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Haydn-Archiv – Haydn-Museum
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Tel.: (02682) 62652-29
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Quelle: Burgenländische Volkszeitung, 1.12.2003
Akten der Israelitischen Religionsgemeinschaft jetzt im Stadtarchiv
Im Anschluss an eine Feierstunde auf dem Killesberg, die jetzt an die Deportation der Juden in Stuttgart während des Zweiten Weltkriegs erinnerte, wurden Akten der jüdischen Gemeinde an das Stadtarchiv übergeben.
Am Gedenkstein, der in Erinnerung an die schrecklichen Ereignisse des Jahres 1941 im Killesberg-Park steht, wurde an die deportierten jüdischen Mitbürger gedacht. Barbara Traub von der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRG) erinnerte an die Deportation, die damals nur 42 von 1.000 Menschen überlebt haben. „An diesem Ort des Gedenkens müssen wir die Erinnerung in den Herzen der Menschen wach halten und an die nächsten Generationen weitergeben“, so Traub. Vom Stuttgarter Nordbahnhof aus sei zwölf Mal deportiert worden, so Hans Heiner Boelte von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. „In unserer Erinnerung bleibt nur Verzweiflung und Angst „, sprach er zu den Teilnehmern der Trauerfeier. Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch forderte dazu auf, „sich mit ganzer Überzeugungskraft gegen Stimmen zu wehren, die versuchen, sich aus der Verantwortung zu ziehen.“ Laut Barbara Rahm von der IRG sei es wichtig Erinnerungsarbeit zu leisten: „Abwehrkräfte gegen Anti-jüdische Einstellungen müssen gestärkt werden.“
Zur Schaffung eines historischen Bewusstseins soll ein Vertrag beitragen, der gestern von OB Schuster und Barbara Traub, als Vertreterin der Israelitischen Religionsgemeinschaft unterzeichnet wurde. Die Akten der IRG, die sich seit 1945 angesammelt haben, waren bisher unter schlechten Bedingungen gelagert und somit gefährdet. Mit der Unterzeichnung des Vertrags hat die IRG die Unterlagen an das Stadtarchiv übergeben. Dort werden sie dauerhaft aufbewahrt und für die Forschung zugänglich gemacht. Laut OB Schuster will die Stadt damit das jüdische Leben in Stuttgart stärken. Schuster hofft, dass die Kulturstiftung Baden-Württemberg finanzielle Mittel für dieses Projekt zur Verfügung stellt. Das Material, dass jetzt als „Bestand IRG“ im Stadtarchiv lagert, ist umfangreich. Würde man die Akten ausbreiten, ergebe dies eine Länge von 150 Metern.
Quelle: Esslinger Zeitung, 1.12.2003
Heimatforscher aus Berufung und Passion
„Wer nicht von 2000 Jahren sich weiß, Rechenschaft zu geben, bleibt im Leben unerfahren, mag von Tag zu Tag er leben.“ Erich Langguth zitiert Altmeister Goethe bei der Frage, warum es so wichtig ist, um die eigene Geschichte und die der Stadt, in der man lebt, zu wissen. Gutes wie weniger Schönes hat Langguth, Wertheimer Stadtarchivar im Ruhestand und Heimatforscher aus Berufung und Passion, reichlich erfahren in seinem bisherigen Leben. Am heutigen Montag wird er 80 Jahre alt.
Keineswegs wirkt Erich Langguth wie ein 80-Jähriger, eher wesentlich jünger. Was dazu beiträgt – außer dem regelmäßigen Rad fahren, der Gartenarbeit und den frühmorgens zu absolvierenden Freiübungen -, erklärt er selbst so: „Es ist wohl außer himmlischer Gabe und wahrscheinlich guten Genen die Faszination meines Arbeitsgebietes, das einen täglich beschäftigt, voll auslastet und einen immer zu neuen Ufern lockt“. Da war und ist noch nicht einmal Urlaub nötig. „Ich brauche eigentlich keinen Urlaub, Fernweh hat mich nie geplagt. Meine Reiseziele und schönen Küsten sind die Archivalien“.
Schon als Kind ist Erich Langguth, der am 1. Dezember 1923 in der Mühlenstraße zur Welt kam, umgeben gewesen von „lauter historischen Dingen. Mein Vater war ja ein großer Sammler, und er hat gemerkt, dass auch ich auf der Seite interessiert bin, hat mir unendlich viel gezeigt, alte Bücher, alte Schriften, alte Fotos und alte Bilder.“ In der Schule lernt Langguth die alte deutsche Schrift, liest zu Hause mit Hilfe des Vaters aus alten Büchern und wird dort auch kontinuierlich herangezogen zu Archivarbeiten. So steht für ihn bald fest, was er einmal werden möchte: Archivar oder Historiker, nichts anderes.
Da er mitten im Zweiten Weltkrieg sein Abitur macht (1942), muss er aber auch zunächst seine Militärzeit absolvieren. Einem Einsatz in Frankreich folgt dabei die Verlegung an die Ostfront und dort eine schwere Verwundung mit anschließendem Aufenthalt in einem Lazarett in Tirol. Zusammen mit seiner Mutter, die ihn dort besucht, kehrt er im Frühjahr 1945 zurück nach Kreuzwertheim, wo die Familie seit 1937 wohnt, gerät doch noch in Kriegsgefangenschaft und muss ein halbes Jahr „im berüchtigten Lager 404 in Frankreich“ verbringen.
Als es die erste Möglichkeit zur Aufnahme des Studiums gibt, im Frühjahr 1946, ist Heidelberg die Adresse, auch weil Würzburg angesichts der Trümmerberge dort zu der Zeit nicht in Frage kommt. Das kärgliche Angebot am Neckar veranlasst Erich Langguth aber nach nur zwei Semestern, nach Göttingen zu wechseln, um dort weiter Geschichte, historische Hilfswissenschaften und Kunstgeschichte zu studieren. „Da das Mittelalter an der Universität Göttingen mit fünf Ordinarien vertreten war, ging dort die Post ab“, erinnert sich Langguth lebhaft an jene Jahre, in denen er auch auf den Historiker Hermann Heimpel trifft. Von ihm lernt er das wissenschaftlich-exakte Arbeiten streng nach den Quellen. Abschließen kann Erich Langguth sein Studium aber nicht.
Er kehrt um 1950 herum zum einen aus familiären Gründen nach Hause zurück. „Um die Zeit war mein Vater, der im Gegensatz zu mir schwache Augen hatte, schon fast erblindet. Es musste etwas verdient werden, zumal mein jüngerer Bruder Theologie studiert hat und er unbedingt zum Examen kommen sollte, um gemäß unserer Familientradition Pfarrer zu werden.“ 1952 wird der Bruder auch ordiniert. Zum anderen zwingen ihm Würzburger Archivleute sein Dissertationsthema auf, betreuen ihn aber nicht dabei. „Die haben mich im Stich gelassen, und das war dann alles zuviel, auch wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse hier.“
Etwas verdienen, das gelingt Erich Langguth zunächst mit Auftragsarbeiten aus Amerika, von Mormonen, dann beginnt er Anfang der 50er Jahre seine Publikationstätigkeit bei einer zu jener Zeit auch in Wertheim erscheinenden Tageszeitung mit wöchentlich erscheinenden Kolumnen zu historischen Themen. Auch die Familienforschung kommt wieder in Gang, und schließlich übernimmt er zum 1. April 1954 den Posten des ehrenamtlichen Stadtarchivars.
Obwohl es in den Jahren danach teils lukrative Angebote gibt, sich beruflich zu verändern, bleibt Erich Langguth in Wertheim/Kreuzwertheim. „Ich wollte die Arbeit meines Vaters fortsetzen, außerdem hat mich die Wertheimer Geschichte an sich hier gehalten und der unbändige Drang, mich an der Aufhellung der Stadtgeschichte zu beteiligen.“ Zu den wichtigsten Aufgaben in jener Zeit gehört dabei, das Stadtarchiv auf den laufenden Stand zu bringen. 1958 wird das Archiv vom alten Rathaus (heute Grafschaftsmuseum) ins alte Krankenhaus (heute Kulturhaus) verlagert, 1977 folgt der Umzug in die ehemalige fürstliche Hofhaltung.
In diesen Jahren hat die Stadt Wertheim ihr Gesicht stark verändert, und in diesen Jahren war es vor allem Erich Langguth zu verdanken, dass die Stadt wenigstens teilweise ihr Gesicht bewahren konnte. Hätte Langguth, als die Odenwaldbrücke geplant worden ist, nicht rechtzeitig vehement interveniert, würde man heute statt auf die Stadtsilhouette am Main auf einen bis zu drei Meter hohen Straßendamm schauen. Auch der Straßendurchbruch im Bereich Linden-/Mühlenstraße in der jetzigen Form und die folgende Objektsanierung im Bereich Rittergasse ist dem Einsatz Langguths zu verdanken. Ursprünglicher Plan war hier, bis auf das Kallenbachsche Haus (heute Glasmuseum) in diesem Quartier alle Gebäude abzureißen und durch einen geschlossenen Betonklotz zu ersetzen.
Stets hat Langguth bei seiner Tätigkeit als Stadtarchivar (ab 1963 festangestellt) und als Denkmalpfleger (ab 1964 ehrenamtlich, ab 1981 als Städtischer Konservator) teils starken politischen Gegenwind zu spüren bekommen, sei es bei der Modernisierungswelle in den 50er Jahren oder, wie eben erwähnt, bei der Altstadtsanierung vor allem in den 70er Jahren.
Und wenn er sich heute ansieht, was am Spitzen Turm gebaut wird, hat er wieder allen Grund, sich zu Wort zu melden. „Man hätte allen Ernstes pietätvoller umgehen müssen mit diesem Quartier, in dem bis 1961 die Synagoge der jüdischen Gemeinde stand, gerade jetzt, wo so vieles im Schwange ist mit Bewältigung der Vergangenheit. Die Stadt Wertheim ist ja durch die Bank sehr unrühmlich mit ihren Zeugnissen umgegangen. Deshalb hätte man sagen müssen, die Synagoge in der Kubatur wieder aufzubauen und eine Gedenkstätte zu gestalten, dann hätte sich alles weitere an Bebauung zum Spitzen Turm hin ergeben. Dann wäre Wertheim auch wieder einmal seinen moralischen Ansprüchen gerecht geworden und hätte auch mal wieder Vorbildfunktion haben können.“ Statt dessen aber sieht er dort „krassen Materialismus“ im Entstehen, verbunden mit einer starken Veränderung der Stadtsilhouette, gerade weil eines der neuen Gebäude ganz knapp bis an den Spitzen Turm heranreichen wird. „Ich kenne kein Beispiel in Süddeutschland oder gar in ganz Deutschland, wo das so ist.“
Das leidvollste Kapitel im Berufsleben des Erich Langguth aber ist die Verlegung der Archive nach Bronnbach. Gerade mal zehn Jahre Bestand gehabt hat das Kulturzentrum, das sich dort durch die Einrichtung von Stadt- und Staatsarchiv, dem ebenfalls in der Hofhaltung untergebrachten Museum und dem benachbarten Glasmuseum entwickelt hat. „Das war eine ideale Geschichte, die Kultureinrichtungen auf engstem Raum beisammen zu haben“, so Langguth rückblickend, „und es ist schon ein herber Verlust gewesen, dass das wieder zerklopft wurde.“ Der gemeinsame Kampf, neben Langguth wehrte sich auch Dr. Hermann Ehmer gegen die Archivverlegung, endet zum einen mit einer schmerzlichen Niederlage und mit dem „bleibenden Zorn der Gewaltigen“. Der führt schließlich auch dazu, dass Langguth entgegen seiner Absicht, den Posten des Stadtarchivars so lange auszuüben, wie er psychisch und physisch dazu in der Lage ist – also auch heute noch – , in den Ruhestand geschickt wird. Im Laufe der Zeit hat sich Erich Langguth mit den geschaffenen Fakten abfinden müssen und dies auch bewerkstelligen können. „Es hat sich eingependelt, man kann ja mit allem leben.“
Nun, da er 80 Jahre alt ist, etwas kürzer zu treten, kommt ihm allerdings nicht in den Sinn. Zu den bisher rund 350 Artikeln, Aufsätzen und anderen Veröffentlichungen sollen sich, wenn es nach ihm geht, noch einige mehr gesellen. Angefangene Arbeiten sind die jüdischen Familienbücher aus Wertheim und Wenkheim und vor allem das Mammutunternehmen Wertheimer Häuserbuch, „aus dem heraus es auch noch ein paar spektakuläre Fälle gibt, die nach Darstellung rufen. Sobald es geht, werfe ich mich da wieder drauf. Daran habe ich die nächsten zehn Jahre noch tapfer zu tun, falls es keine wesentlichen Einbußen auf dem Umgebungssektor gibt.“ Geplante Themen, beispielsweise für die Jahrbücher des Historischen Vereins, sind Beiträge zur Reformationszeit in Wertheim, ohnehin ein Schwerpunkt seines Wirkens.
Er wird ihr also zweifellos treu bleiben, der faszinierenden Beschäftigung mit der Wertheimer Geschichte. Zumal die Stadt Gefahr läuft, in die Geschichtslosigkeit abzugleiten. „Es wird bald die Zeit kommen, in der es Wertheimer Ur-Einwohner nicht mehr gibt“, hat Erich Langguth feststellen müssen. „Was in Wertheim einmal war, als gewachsene Bürgerschaft, die irgendwie immer homogen war, ausgestattet auch mit einer eigenen Mundart, das noch festzuhalten und zu dokumentieren, sehe ich als eine der dringlichsten Aufgaben an.“
Quelle: Fränkische Nachrichten, 1.12.2003
Chronik des Rotary Clubs München
Thomas Mann war nicht amüsiert. „Wie sieht es aus in diesen Menschen?“ notierte er unter dem Datum des 8. April 1933 in sein Tagebuch. In einem kargen Brief hatte ihm der Rotary Club München mitgeteilt, daß auf die Mitgliedschaft des Schriftstellers kein Wert mehr gelegt werde. Thomas Mann werde „die Entwicklung in Deutschland genügend verfolgt haben, um zu verstehen, daß wir es für unvermeidlich halten, Sie aus unserer Mitgliederliste zu streichen“. Der Tagebuchschreiber Mann quittierte den Rauswurf mit „Staunen über den Seelenzustand dieser Menschen, die mich, eben noch die ,Zierde' ihrer Vereinigung, ausstoßen ohne ein Wort des Bedauerns, des Dankes, als sei es ganz selbstverständlich“.
Der Ausschluß Manns ist Teil der Geschichte einer Kapitulation einer bürgerlichen Elite vor dem nationalsozialistischen Regime, die der Münchner Medizinhistoriker Paul U. Unschuld in einer Chronik des Rotary Clubs München untersucht. Gestützt auf die Akten des Clubs, die lange Zeit in der DDR lagerten und nach der deutschen Vereinigung in das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin eingegliedert wurden, zeichnet er nach, wie Anpassung in einer Diktatur zu einem moralischen Bankrott führen kann.
Der Rotary Club München ist 1928 gegründet worden; das Mitgliedsverzeichnis der Anfangsjahre war ein Who's who der Münchner Gesellschaft. Die Nationalsozialisten standen den deutschen Rotary Clubs argwöhnisch gegenüber, schon wegen ihrer Verbindungen mit den ausländischen Partnervereinigungen. Auf den Druck, den die Nationalsozialisten nach der Machtübernahme auf die Rotary Clubs ausübten, wurde mit eilfertigen Ausschlüssen von Mitgliedern und Anbiederung an die neuen Herrscher reagiert. Der Sekretär des Münchner Clubs wies am 6. März 1934 in einem Brief den Stellvertreter Hitlers, Rudolf Heß, hin auf „die ungeheuer wirksamen Propagandamöglichkeiten, die der Rotary Club durch seine weltumspannende Organisation besitzt“. Die Politik des rotarischen Appeasements scheiterte: Im Oktober 1937, nachdem die Nationalsozialisten beschlossen hatten, daß eine Zugehörigkeit zu Rotary nicht vereinbar mit einer Mitgliedschaft in der NSDAP sei, lösten sich die deutschen Clubs auf. Der Münchner Club entstand nach dem Krieg wieder; er ist der Herausgeber der Studie und setzt damit ein Zeichen für eine noch immer nicht selbstverständliche Erinnerungskultur.
Info:
Paul U. Unschuld: Chronik des Rotary Clubs München.
Cygnus Verlag, München 2003. 241 Seiten, 36,50 [Euro]
Quelle: FAZ, 26.11.2003
Stuttgarter Prozessakten zum Film „Jud Süß“ freigegeben
„Wenn ich in der Welt des Theaters lebe, so ist das so schön, und ich bin froh, dass ich von dem Alltagsleben weg bin.“ (Werner Krauß, 1947) Der Mann lebte in seiner eigenen Welt. Zu Lebzeiten sinnierte er über seine Beerdigung und wünschte sich, eines Tages im Wiener Burgtheater aufgebahrt zu werden. Kein Minister, kein Direktor, kein Schauspieler sollte beim Begräbnis sprechen: „Damit niemand in Versuchung kommt zu lügen.“ So spricht einer, der sein Gesicht noch über den Tod hinaus wahren will.
Im Jahr 1940 spielte Werner Krauß im antisemitischen Hetzfilm „Jud Süß“ unter der Regie von Veit Harlan fünf jüdische Nebenrollen. Krauß galt im Jargon der Nazis als „arischer“ Schauspieler. Er hatte in der Weimarer Republik in mehr als hundert expressionistischen Filmen mitgespielt, er war unter anderem der bösartige Dr. Caligari in der berühmten Verfilmung von Robert Wiene. In der Nazizeit gab er Shakespeares Bösewicht Richard III. und den Juden Shylock. Krauß wurde einer der meistgefragten Schauspieler, er war Staatsrat und Vizepräsident der NS-Reichstheaterkammer.
Krauß' Aufstieg vom kleinen, am 23. Juni 1884 in Gestungshausen (Oberfranken) geborenen Pastorensohn zu Joseph Goebbels' Vorzeigedarsteller wurde nach dem Krieg Gegenstand eines atemberaubenden Prozesses. Dieses Spruchkammerverfahren fand von 1946 bis 1948 in Stuttgart statt – Krauß wohnte in der Zeppelinstraße 47. Im Jahr 1946 hatte sich die US-Militärregierung entschlossen, die Verantwortung für die Entnazifizierungsverfahren deutschen Gerichtskammern zu übertragen. Das rechtskräftige Urteil gegen Krauß unterzeichnete ein deutscher Richter.
Jahrelang war der Inhalt der Akten unbekannt. Erst jetzt, da die Sperrfrist abgelaufen ist, werfen die Dokumente aus dem Staatsarchiv Ludwigsburg auf den Künstler ein trübes Licht. Zwei Fragenkomplexe bestimmten damals die Verhandlung. Warum hat Krauß im Jahr 1940, als der SS-Staat bereits längst öffentlich Juden verfolgte und mordete, bei „Jud Süß“ mitgewirkt? Warum hat er seine Schauspielerehre für das stattliche Honorar von 50.000 Mark an einen Film verkauft, der darauf abzielte, Juden als „Untermenschen“ zu diffamieren? Die eigenen Antworten darauf hat Krauß mit ins Grab genommen.
Vier Anläufe und vier Urteile benötigten die deutschen Richter, um zu klären, wie Krauß' Sündenfall im Zuge der Entnazifizierung politisch-juristisch zu bewerten sei. Das Verfahren gestaltete sich durch neue Einsprüche des öffentlichen Klägers und neue Zeugenaussagen als sehr kompliziert. In welche der fünf Kategorien war der Angeklagte gemäß dem (1946 von den Alliierten erlassenen) „Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ einzuordnen? War er Hauptschuldiger, Belasteter, Minderbelasteter, Mitläufer oder gar unbelastet? In den beiden ersten Instanzen wurde er freigesprochen, in dritter Instanz als „Minderbelasteter“ verurteilt. Erst im vierten Anlauf wurde Krauß als „Mitläufer“ eingestuft. Er legte dagegen Berufung ein – vergeblich.
Die Akte Krauß erzählt die unheimliche Geschichte einer deutschen Karriere. Sie ähnelt in verblüffender Weise dem schier unaufhaltsamen Aufstieg des Staatsschauspielers Gustaf Gründgens, des berühmten Mephisto aus dem gleichnamigen Schlüsselroman von Klaus Mann. Gründgens (der bei Mann Hendrik Höfgen heißt) brachte es zum Generalintendanten der Preußischen Staatstheater.
Gründgens wurde zum Aushängeschild der Nazis. Nach 1945 ging seine Karriere nahtlos am Düsseldorfer Schauspielhaus weiter. „Ich habe ein Gesicht bekommen, das genügt. Aber ich habe nicht mein Gesicht“, hat Gründgens 1932 gesagt. Der Satz könnte genauso gut von Werner Krauß stammen. Der Gesichtsverlust beider Künstler steht exemplarisch für die Signatur einer Epoche. Darin liegt die Dramatik ihrer Geschichten.
Der Fall Krauß zeigt, wie schwierig es für die damalige überforderte Justiz gewesen ist, gegen einen sich als völlig unpolitisch ausgebenden Menschen Recht zu sprechen. Krauß begriff sich als ein über alles Alltägliche erhabenes Künstlergenie. Er war in der Nazizeit mit dem schon damals weltberühmten, 1933 emigrierten Schriftsteller Carl Zuckmayer befreundet. Auf dessen entlastende Aussagen stützte sich auch die Justiz. Zuckmayer merkte an, dass Schauspieler unter einer Berufskrankheit litten: „Die meisten Schauspieler neigen zu einer Art von Infantilismus.“ Schauspieler wie Krauß trügen „deutliche Züge von Schizophrenie“.
Krauß' Wandlungsfähigkeit ging bis zur Selbstaufgabe. Im Hitlerstaat war das Konstrukt einer unpolitischen Kunst per se fragwürdig geworden, da es im engen Sinne keine unpolitischen Äußerungen mehr gab. Nach dem Krieg musste ihn sein Anpassungsgeschick kompromittieren. Eben darauf zielte die Anklage, die Krauß vorwarf, durch seine Rollen in „Jud Süß“ den „Nationalsozialismus wesentlich unterstützt“ zu haben.
Dabei trat Krauß zu keinem Zeitpunkt der NSDAP bei und behauptete auch 1947 vor Gericht: „Ich kann nur sagen, ich bin niemals ein Antisemit gewesen.“ – War Krauß ein Antisemit? „Wenn ja, dann nicht im politischen, höchstens in einem nebelhaft-unklaren, gefühlsmäßigen Sinn. Sicher war er nie ein Judenhasser nach der Nazidoktrin“, meinte Zuckmayer. Dem Angeklagten kam es zugute, dass renommierte Künstler wie Erich Kästner und Gründgens vor Gericht versicherten, dass sie bei Krauß „nie Antisemitismus“ hätten beobachten können. Krauß pflegte seine Freundschaften zu Juden auch nach 1933 weiter, arbeitete eng mit Max Reinhardt zusammen. Ebenso beteiligte er sich laut Zeugenaussagen an Geldspenden für verfolgte Juden, wie im Fall des Wiener Regisseurs Emil Lind. Um welche Summen es sich handelte, ist indes nicht bekannt. Doch auf der anderen Seite standen die Zeugenaussagen der Exilanten Ludwig Berger und Fritz Kortner. Die Regisseure behaupteten, Krauß sei „herzlich antisemitisch“. Bereits die Shylock-Rolle im „Kaufmann von Venedig“ habe Krauß so gespielt, dass der Jude Shylock diffamiert worden sei.
Noch schwieriger war es für die Richter, eine Antwort auf die Frage zu finden, weshalb Krauß überhaupt im Film „Jud Süß“ mitgewirkt hatte. Der Angeklagte verteidigte sich vor Gericht: Erstens sei er von Goebbels unter Druck gesetzt worden. Zunächst habe er eine Mitarbeit an diesem Film abgelehnt. Aus Angst vor dem KZ habe er schließlich doch nachgegeben. „Ich zerstörte mir meinen eigenen Grund, den ich mir aufgebaut habe, aber nicht von mir aus – denn für so dumm darf man mich nicht halten -, sondern auf das Drängen höherer Gewalten.“
Sprach er die Wahrheit? Oder spielte Krauß vor Gericht eine Rolle, so wie viele andere ehemalige Funktionsträger, nicht zuletzt der „Jud-Süß“-Regisseur Veit Harlan, nach 1945? Die Spruchkammerakte zeigt, dass die Richter erhebliche Zweifel an Krauß“ Aussagen hatten.
Der Angeklagte sagte vor Gericht zweitens, er habe in „Jud Süß“ die jüdischen Figuren „so sauber“ gespielt, „wie mir es überhaupt möglich war“. Ursprünglich seien sie boshaft geschrieben worden, doch er habe sie „in humoristischer Weise“ dargestellt. Außerdem habe er durch sein Mitwirken Schlimmeres verhüten wollen.
Das Filmmaterial, das heute weit gehend verboten ist, spricht jedoch eine eigene, eindeutige Sprache. Krauß setzte groteske Akzente, bediente mit seiner angeblich „humoristischen“ Spielweise schlimmste antisemitische Klischees. Im Kino sahen 20,3 Millionen Zuschauer die Bildersprache des „Stürmers“.
Der hochbegabte Schauspieler Krauß hat – so wie die Regisseurin Leni Riefenstahl, wie Harlan und Gründgens – bis zuletzt die politische Dimension seines Arrangements mit dem Hitlerstaat verdrängt. Er erhielt von der US-Militärregierung in den Jahren 1945 bis 1948 Berufsverbot. 1948 trat er wieder im Burgtheater auf. Man verlieh dem Künstler in späteren Jahren den Ehrenring der Stadt Wien und den Iffland-Ring. Werner Krauß starb am 20. Oktober 1959 in Wien. Am Tag seiner Beerdigung kamen viele tausend Menschen. Erst wurde der Sarg im Hofburgtrakt des Burgtheaters aufgebahrt, dann wurde er um das Theater getragen. Niemand hielt eine Rede. Auf dem Burgtheater wehte eine schwarze Fahne.
Info:
Die Spruchkammerakte Werner Krauß. Ediert, eingeleitet und kommentiert von Gunther Nickel und Johanna Schrön. In: Zuckmayer-Jahrbuch 2003, Band 6. Wallstein-Verlag, Göttingen 2003, 40 Euro.
Quelle: Stuttgarter Zeitung, 29.11.2003
Geschichte(n) der „Oberpfälzer Heimat“
Vor dem ersten Advent wird in Weiden traditionell der neue Jahresband der „Oberpfälzer Heimat“ vorgestellt. Stadtarchivarin Annemarie Krauß präsentierte zudem den neuen Verleger des Hefts, Eckhard Bodner aus Pressath. Rektor Adalbert Busl aus Wiesau, der langjährige Schriftleiter des Jahresbandes des Heimatkundlichen Arbeitskreises im OWV Weiden, erklärte den notwendigen Druckereiwechsel, schilderte die finanzielle Situation und dankte dem Stadtarchiv – Franz Bergler und Familie Kastner – für Vertrieb und Versand.
Busl präsentierte die einzelnen Aufsätze: Ernst Thomann beweist wieder einmal sein fundiertes wissenschaftliches „Interesse an römischen Funden aus der mittleren Oberpfalz“, während Rolf Jacob „die Verehrung der hl. Kümmernis“ erforscht. Harald Fähnrich untersucht den „Botzerheiligen vom Botzerberg“, und Rudolf Rösler skizziert „Joseph Sintzel als erfolgreichen Fachschriftsteller und ersten Forsthistoriker Ostbayerns“.
Busl verfasste „Heinrich von Guttenstein und der Wald der Stadt Bärnau“. Literaturwissenschaftler Manfred Knedlik schreib über die „literarische Entdeckung des Bayerisches Waldes“. Stadtarchivarin Annemarie Krauß erforschte erstmals „die Versteigerung des Bild-Mobiliars des Waldsassener Kastens“ von 1803. Rektor Josef Eimer schildert „das Schicksal des Grünauers Josef Kick, gefallen 1918“. Über „das erste Oratorium auf deutschem Boden vor 350 Jahren in Amberg“ berichtet Karl Schwämmlein.
„Tännesberger in der Fremde“ untersuchte Erich Wolf, während Georg Schmidbauer eine „kleine Chronik der ehemaligen Volksschule Oberbernrieth“ erstellte. Über die „Geschichte des Dorfes Gschwand“ (= Reuth) erzählt Werner Perlinger. Und den „Kurzführer für das Stadtarchiv Amberg“ rezensierte Petra Vorsatz. Schriftleiter Busl wies darauf hin, dass das Heft ab sofort in allen Buchhandlungen zu einem Preis von elf Euro erhältlich ist. Im Abonnement (c/o Stadtarchiv Weiden) kostet der Jahresband neun Euro.
Stadtarchivarin Annemarie Krauß präsentierte anschließend ihr Weihnachtsheft 2003 „Pater Aegidius Holler in der Benediktinerabtei Attl am Inn“, das sie als Ergänzung zum „Weihnachtsheft 1994“ versteht – eine Hommage an die musikalische Familie Holler des Maschinenhammers Sperlhammer bei Rothenstadt. Stadtarchivarin Vorsatz lud zur nächsten Exkursion des Heimatkundlichen Arbeitskreises nach Pfreimd, Neusath und Nabburg, „Kripperl schau'n“, am Sonntag, 7. 12., hin. Abfahrt um 13.30 Uhr am Neuen Rathaus. Anmeldungen ab sofort im Stadtarchiv.
Kontakt:
Stadtarchiv Weiden i.d. Oberpfalz
Pfarrplatz 4
92637 Weiden in der Oberpfalz
Telefon 0961/ 4703900
Quelle: Oberpfalznetz, 27.11.2003
Meisenheims Archiv klimatisiert lagern
Soll das Stadtarchiv von Meisenheim nach Koblenz ausgelagert werden oder nicht? Die Fraktionen diskutierten dies im Stadtrat. Auf Walter Wallas Antrag einigten man sich, dem Historischen Verein die Dokumente für sechs Monaten zu übergeben, der diese ordnungs- und sachgemäß archivieren will. Danach soll weiterberaten werden.
Wie berichtet, sollten die im Stadtarchivalien für fünf Jahre ausgelagert werden in das Koblenzer Landesarchiv. Dortige Expertinnen hatten festgestellt, dass im Untertor-Turm, wo die „Meisenheimer Geschichte“ lagert, die Bedingungen wenig günstig sei, was den Dokumenten schade. Eine Klimaanlage für das Stadtarchiv kann sich Meisenheim nicht leisten. Stadtchef Volkhard Waelder schlug vor, „Reste“ des Stadtarchivs bei der Feuerwehr unterzubringen. Daniel Schillinger und die SPD-Fraktion wollten sich damit nicht anfreunden, das Feuerwehrhaus sei keine Alternative. Und rund 7 500 Euro Aufbewahrungskosten in Koblenz schien den Sozialdemokraten zu hoch.
Waelder verteidigte diesen Kostenrahmen, lehnte aber eine Klimaanlage ab. „Die muss 365 Tage im Jahr brummen, das läuft auf hohe Stromkosten hinaus, die wir uns nicht leisten können“. Walter Walla von den Grüne zitierte im Rat einen Brief des Historischen Vereins an die Stadt, wonach der Verein das Archiv betreuen wolle. Es würde sich der Verein auch um sachgemäße Lagerung der Dokumente. Walla wies darauf hin, dass bei einem Verbleib der Dokument in Meisenheim diese der Öffentlichkeit zugänglich blieben.
Waelder hatte für dieses Argument nichts übrig: „Während meiner Amtszeit war niemand da, der Einblicke in die Dokumente nehmen wollte“, sagte Waelder und fügte an, man könne sich über das Begehren des Historischen Vereins unterhalten, „wenn der garantiert, die Unterlagen sachgemäß zu lagern“, und zwar ohne Hilfe von der Stadt.
Die Beigeordnete Irene Lautenschläger (SPD) erinnerte Waelder an Vorleistungen des Historischen Vereins, der notwendige Arbeiten im Stadtarchiv unterstützte. „Und eventuell sind neue Räume vorhanden, in denen das Stadtarchiv untergebracht werden kann“, gab sich Lautenschläger geheimnisvoll, ohne die Adresse zu nennen. Waelders Antwort, „das Stadtarchiv sei nicht Eigentum des Historischen Vereins“ endete in der Entscheidung, dem Verein ein halbes Jahr Akten und Dokumente zu überlassen. „Dann sehen wir weiter, was daraus geworden ist“, stellte der skeptisch blickende Stadtbürgermeister fest.
Quelle: Allgemeine Zeitung, 28.11.2003
Georg-Queri-Ausstellung im Heimatmuseum Starnberg
Am 26. Oktober 1912 fasste die Strafkammer beim Landgericht München I den Beschluss, das gerade im Piper-Verlag erschienene Buch von Georg Queri „Kraftbayrisch“, ein Wörterbuch der erotischen und skatologischen Redensarten der Altbayern, zu beschlagnahmen. Der darauf folgende Prozess wurde erst durch das engagierte gutachterliche Eintreten von Ludwig Thoma, Ludwig Ganghofer und Otto Maußer, Leiter der gerade eingesetzten Wörterbuchkommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, zu Gunsten Queris entschieden.
Der Streit um dieses „Skandalbuch“ steht im Mittelpunkt einer Ausstellung des Staatsarchivs München, die jetzt noch einmal im Heimatmuseum Starnberg gezeigt wird. Neben den im Staatsarchiv verwahrten Unterlagen des berühmt-berüchtigten Zensurbeirats bei der Polizeidirektion München, darunter die negativen Gutachten von Josef Ruederer und Josef Hofmiller, werden erstmals auch die drei positiven Gutachten gezeigt, die sich in Queris Nachlass fanden.
Aufgrund der Auswertung dieses Nachlasses, der sich im Privatbesitz einer Starnberger Familie befindet, werden in dieser Ausstellung noch weitere unbekannte Seiten des 1879 in Frieding geborenen und 1919 in Starnberg beerdigten Georg Queri aufgeschlagen: zum Beispiel seine Schulzeit in Starnberg und Neuburg an der Donau, seine Verwicklung als Chefredakteur des „Starnberger Land- und Seeboten“ in die von dem Publizisten Maximilian Harden angezettelte Homosexuellen-Affäre um den Fürsten Eulenburg, Freund Kaiser Wilhelms II., im Frühjahr 1908 oder seine volkskundlichen Recherchen im Januar 1911 über das Haberfeldtreiben im Kreisarchiv München und die drohende Konfiskation seines daraus entstandenen Buches „Bauernerotik und Bauernfehme in Oberbayern“.
Zur Ausstellung hat Michael Stephan, Direktor am Staatsarchiv München, ein Begleitbuch zusammengestellt, das zahlreiche bisher unveröffentlichte Dokumente – darunter alle Gutachten aus dem Prozess um „Kraftbayrisch“ – und Briefe sowie eine kleine Auswahl an Texten Queris enthält, die seit über zwei Jahrzehnten im Buchhandel nicht mehr lieferbar sind.
Die Starnberger Ausstellung von Stadtarchivar Wolfgang Pusch lehnt sich inhaltlich wesentlich an das Münchener Vorbild an, versucht jedoch mittels amtlicher und persönlicher Dokumente, Briefe und Fotografien den „Starnberg-Bezug“ Georg Queris noch etwas stärker herauszuarbeiten. Einen weiteren Schwerpunkt bildet das umfangreiche journalistische und schriftstellerische Werk des im Alter von 40 Jahren früh Verstorbenen.
Info:
Georg Queri: Die Ausstellung im Heimatmuseum Starnberg ist bis 25. Januar 2004 zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr.
Kontakt:
Heimatmuseum Starnberg
Heimatmuseum und Stadtarchiv Starnberg
Wolfgang Pusch
Vogelanger 2
82319 Starnberg
Tel: 08151/772 161
e-Mail: wolfgang.pusch@starnberg.de
Quelle: Merkur online, 28.11.2003
Bei Arbeit im Archiv Stundenzahl gestutzt
Die Arbeit im Stadtarchiv Schongau soll, was den Zeitaufwand angeht, drastisch gestutzt werden. Die Bürgerlichen im Stadtrat, sprich CSU und UWV, haben angeblich hinter verschlossenen Türen einen entsprechenden Antrag durchgesetzt. Demnach soll der zeitliche Rahmen auf zehn Stunden pro Woche festgesetzt werden.
Stadtarchivar Richard Ide sagte am Donnerstag, er wisse von diesem Beschluss noch nichts. Er habe jedoch gehört, dass CSU und UWV einen solchen Antrag formuliert hätten. Weil diese Entscheidung auch im Zusammenhang mit Ides Arbeitsvertrag steht, der bislang offiziell Stadtarchiv und Stadtmuseum leitet, ist das Thema nicht öffentlich behandelt worden.
CSU-Fraktionssprecher Peter Blüml erklärte am Donnerstag, dass zehn Stunden Archivarbeit pro Woche in Schongau ausreichen würden. Damit entspreche man in Zeiten knapper Kassen auch der Auffassung, die von der Rechtsaufsicht im Landratsamt vertreten werde. Der zuständige Abteilungschef Wolfgang Pichura hatte im Oktober in einem Brief an Bürgermeister Dr. Friedrich Zeller verdeutlicht, dass das Archiv zu den Pflichtaufgaben einer jeden Stadt und Gemeinde gehöre. Eine Schließung oder ein zeitweiliges Einstellen dieser Arbeit sei nicht möglich. Das Archiv gilt allgemein als „Gewissen“ einer Kommune.
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Quelle: Merkur online, 28.11.2003
Schwandorfer „Nummerntaferln“ nahezu komplett
Museumsleiterin Eva-Maria Kutzer stöberte mit Stadtbediensteten auf dem Dachboden des alten Rathauses, dem Pfleghof, in Schwandorf herum. Hinter einem Bretterverschlag entdeckten sie Spannendes und Einmaliges. Alte Schwandorfer „Nummerntaferln“ samt zugehöriger Karteikarten. In seiner Vollständigkeit für Archivare und Stadthistoriker ein Fund von unschätzbarem Wert.
Archivar Josef Fischer hat erst einige wenige dieser bleischweren, zum Teil emaillierten Blechtafeln „geborgen“, gewaschen und dazu ein paar Karteikarten gesichtet. Er sitzt momentan mehr oder weniger auf Umzugskisten. Denn das Stadtarchiv zieht ebenfalls vom Pfleghof in das neue Rathaus um, zwar früher als alle anderen und wahrscheinlich auch länger. Am 2. Dezember, gut zwei Wochen vor der Verwaltung, werden die ersten stadtgeschichtlichen Dokumente ihren Standort wechseln.
Kompakte Drehregale
Wie lange es dauert, bis im Keller des früheren Elisabethenheimes alles an Ort und Stelle ist, vermag Fischer nicht zu prognostizieren. Die Archivleute packen „ihre Schätze“ selber ein und räumen sie gleich in die kompakten, platzsparenden Drehregale. Die Archivräume im Westflügel des Rathauses sind über einen Nebeneingang zu erreichen.
Für Besucher – das Archiv kann jedermann nutzen – wird ein Leseraum eingerichtet. Im Frühjahr 2004 plant der Stadtarchivar eine Führung. „Viele Bürger wissen gar nicht, was wir alles haben, Dokumente von der Stadt, der Großen Kreisstadt und allen einst selbstständigen Ortsteilen“. Ihm fallen da zum Beispiel die Notenlisten der Klardorfer Schule ein, die bis ins Jahr 1872 zurückgehen. Das bisher auf verschiedene Orte verteilte Archivmaterial wird im neuen Rathaus erstmals zusammengeführt. „Das heißt aber noch nicht, dass alles ausgewertet oder bewertet ist,“ sagt Fischer.
Alles aufgehoben
Vor Überraschungen ist Fischer nie gefeit. Größere dürfte der Dachboden des alten Rathauses aber nicht mehr bergen. Fischer weiß allerdings inzwischen eines: „Weggeworfen hat die Stadt praktisch nichts. Die Kennzeichen und die Unterlagen wurden dort oben aufgehoben oder möglicherweise entsorgt, auf jeden Fall vergessen“.
„E 5001“ bis „e 5100“
Die Schilder jetzt aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken, ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Drecksarbeit. Schutt, Asche und Staub von Jahrzehnten haben den Mantel der Stadtgeschichte über die Dokumente gebreitet lassen nicht einmal ahnen, was auf den Tafeln steht. Schwandorfer Kraftfahrzeuge trugen zu Beginn der Motorisierung die Kombination „E 5001“ bis „E 5100“. Das steht fest. Das hat Fischer schon vor der Dachbodenentdeckung gewusst und zwar seit 22. Juli diesen Jahres.
Der Sammler von Hameln
Im Juli hat ein Sammler aus Hameln bei Fischer wegen Kennzeichen aus dem Deutschen Reich nachgefragt und ihm das mitgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt wusste Fischer aber noch nichts von den „Nummerntaferln“. Er geht davon aus, dass die Dokumente nahezu vollständig sind und eine stadthistorische Lücke schließen. Eines zeigt sich bereits: Geschäftsleute und Ärzte konnten sich motorisierte Fahrzeuge leisten.
Der Sammler hätte Fischer den neuen Fund gleich komplett abgekauft. Den gibt er aber nicht her. Nur Eva-Maria Kutzer bekommt die „Nummerntaferln“ für das Museumsdepot und den Dachziegel von der „Thonwarenfabrik Schwandorf“, der unter den Kennzeichen lag, ebenso. Aber sie muss sich noch gedulden.
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Web: http://www.schwandorf.de
Quelle: Oberpfalznetz, 26.11.2003