Neue Dokumente: Jüdisches Leben im Nationalsozialismus

"Die Juden in den geheimen Stimmungsberichten 1933-1945" lautet der Titel eines im Herbst in der Reihe "Schriften des Bundesarchivs" erschienenen Buches von Eberhard Jäckel (Universität Stuttgart) und Otto Dov Kulka (Hebräische Universität Jerusalem), das ein differenziertes Bild des jüdischen Lebens und der Judenverfolgung im Nationalsozialismus bietet. Der Band enthält geheime Berichte der zuständigen NS-Stellen über die Organisation des Judentums in Deutschland, die Einstellung der nicht-jüdischen Gesellschaft zu ihren jüdischen Nachbarn und die Reaktionen auf die nationalsozialistische Juden-Politik.

Zu dem Buch ist eine CD-Rom erschienen, die Einblicke in 3.744 offizielle Dokumente ermöglicht. Die Forschungsarbeit, die Buch und CD-Rom zugrunde liegt, wurde von der Deutsch-Israelischen Stiftung für wissenschaftliche Forschung und Entwicklung gefördert und soll reichhaltiges Material für weitergehende regionale und lokalgeschichtliche Arbeiten bieten.

Info:
Die Juden in den geheimen Stimmungsberichten 1933-1945. Herausgegeben von Eberhard Jäckel und Otto Dov Kulka,
Droste Verlag, Düsseldorf (Schriften des Bundesarchivs, Bd. 62), 894 S., mit CD-Rom, 74,90 €, ISBN 3-7700-1616-5

Quelle: UK 47/2004

Evaluierung der Retrospektiven Digitalisierung von Bibliotheksbeständen

Durch den DFG-Förderschwerpunkt \“Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen\“ wird der Aufbau einer Verteilten Digitalen Forschungsbibliothek unterstützt und vorangetrieben: wissenschaftliche Forschungsmaterialien werden retrospektive digitalisiert und elektronisch bereitgestellt. Dies betrifft insbesondere viel genutzte oder schwer zugängliche Bestände, führt aber auch zu einer erweiterten Nutzung bislang nur wenig bekannter Materialien.

Das hier vorgestellte, ebenfalls durch die DFG geförderte Projekt untersucht und vergleicht die verschiedenen Projekte, natürlich unter Berücksichtigung des jeweiligen Digitalisierungskonzeptes – schließlich sind diese Projekte in ihrer Digitalisierungsbreite und -fokussierung stark heterogen. (Ein Überblick über die bislang online erreichbaren Projekte findet sich unter:

http://lehre.hki.uni-koeln.de/~janczak/DigBib/projekte_x.html 

Ziel der Evaluierung ist es, präzisere Kriterien für weitere Fördermaßnahmen in diesem Bereich zu entwickeln, indem die unterschiedlichen Vorgehensweisen und Projektabläufe systematisch miteinander verglichen werden. Dazu gehört auch, das eigentliche Ziel des Förderschwerpunktes zu verifizieren, nämlich zu überprüfen, inwieweit die Nutzung des Materials durch die Digitalisierung tatsächlich intensiviert wurde.

Als Parameter der Evaluierung fungieren die Reichweite und die Öffentlichkeitswirksamkeit der jeweiligen Digitalen Bibliothek, die Effektivität der eingesetzten Mittel, die Nutzbarkeit der digitalen Angebote sowie die Modularität und die Nachhaltigkeit der geförderten Projekte. Darüber hinaus werden die DFG-Projekte mit anderweitig geförderten Projekten gleicher Zielsetzung verglichen.

Nach der Erfassung aller geförderten Projekte sowie der dazugehörigen Projektserver werden zunächst mit Hilfe von Tiefeninterviews die genauen Modalitäten und Abläufe der Digitalisierung ermittelt. Um die tatsächliche Nutzung des Angebots festzustellen, werden die von den Bibliotheken zur Verfügung gestellten Logfiles über einen festgeschriebenen Zeitraum analysiert und über eine Online-Umfrage wird die wissenschaftliche Gemeinschaft im Detail zu den einzelnen, von ihnen genutzten Digitalen Bibliotheken befragt.

Alle wissenschaftlich in diesem Bereich tätigen sind herzlich eingeladen, an dieser Umfrage teilzunehmen. Uns interessiert wie bekannt diese Bibliotheken sind, wie stark sie bereits genutzt werden und wie ergiebig die dargebotenen Digitalisate für die wissenschaftliche Arbeit sind. Mit Ihrer Stimme tragen Sie dazu bei, den Projektbeteiligten eine Rückmeldung über die zur Verfügung gestellten Materialen zu geben.

Sie finden die Umfrage sowie weitere Informationen unter: http://www.hki.uni-koeln.de/umfrageDB/

Kontakt:
Pia Janczak
Albertus-Magnus-Platz, 
D-50923 Koeln
pia.janczak@uni-koeln.de

Homepage http://www.hki.uni-koeln.de/umfrageDB

Quelle: H-Soz-u-Kult, 19.11.2004

Neue Wege der Kommunikation. Internes Marketing für die Dienstleistung »Archiv«

Der Verband schleswig-holsteinischer Kommunalarchivarinnen und -archivare (VKA) hat bereits auf seiner Arbeitstagung im vergangenen Jahr angesichts der Finanzkrise der Kommunen thematisiert, wie sich Archive stärker als Dienstleistungsunternehmen präsentieren und profilieren können. Dabei hat sich der VKA bemüht, sich weder allein auf das Landesarchivgesetz zu verlassen noch beim Klagen über die Lage stehen zu bleiben, sondern nach vorne zu schauen. Archive bieten, so führte Jutta Briel anlässlich des schleswig-holsteinischen Archivtages am 8. Juni 2004 in Eckernförde aus, eine in unserer Gesellschaft dringend benötigte und hoch angesehene Dienstleistung: Die Organisation von Wissen, von Informationen! Diese Kompetenz müsse stärker mit dem Archiv in Verbindung gebracht werden. Man habe, um vom überkommenen Image verstaubter Archive wegzukommen, sich professionell über das Thema Marketing für den Dienstleister Archiv beraten lassen. Als eine Maßnahme wurde die Erstellung eines Leistungskatalogs für Archive vorgeschlagen. Im vergangenen Jahr ging es hingegen mehr um das Wie der Kommunikation.

Während sich die Beziehung zwischen Archiv und Besuchern meist problemlos bis freundlich gestaltet, funktioniert die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen dem Archiv und der Verwaltung, sprich den Archivträgern nicht ohne Reibungsverluste. Immer wieder stößt der Archivar, die Archivarin auf überraschende Unkenntnis und auch Desinteresse bei den Kollegen in der Verwaltung. Eine große Diskrepanz zwischen dem Selbstverständnis der Archivare und dem Fremdbild bereitet dem Archiv nicht selten Schwierigkeiten. Regelmäßige Aktenabgaben mit ordentlichen Verzeichnissen einerseits und intensive Nutzung der Archivalien durch die Verwaltung selbst andererseits bleiben daher meist Vision. Die Aktenübernahme durch das Archiv wird von manchen eher als lästige und unnötige Pflicht, denn als Dienstleistung seitens des Archivs verstanden. Anerkennung der fachlichen Kompetenz für das Managen der großen Informationsmengen ist selten. Das Image des Archivs steht nicht im richtigen Verhältnis zur Qualität seiner Leistung.
Hier etwas zu verbessern, bedeutet für die Archivmitarbeiterinnen und -mitarbeiter den Arbeitsalltag wesentlich fruchtbarer und erfreulicher zu gestalten. Und für den Tag an dem die Existenzberechtigung des Archivs wieder einmal nachgewiesen werden muss, sind gute Kontakte und Zusammenarbeit mit der übrigen Verwaltung enorm wichtig. Es genügt nicht, ein gutes Produkt anzubieten, es muss auch bekannt gemacht werden.

Eine an den Bedürfnissen des „Kunden“ orientierte Werbung für die verwaltungsinterne Dienstleistung „Archiv“ scheint daher an der Zeit. Der Verband schleswig-holsteinischer Kommunalarchivarinnen und -archivare (VKA) hat sich hier professionelle Beratung für die Erarbeitung eines Marketingkonzepts geholt. Der Management- und Marketing-Berater Frank Willhausen aus Seevetal erläuterte in seinem Einführungsvortrag anlässlich der 4. Arbeitstagung des VKA zunächst die Grundsätze des Marketings:

MARKETING-BASICS

  • Marketing als zielorientierte Gestaltung von Austauschbeziehungen hat als Unternehmensaufgabe den Aufbau, die Aufrechterhaltung und Verstärkung der Beziehungen zum Kunden, zu anderen Partnern und gesellschaftlichen Anspruchsgruppen zu gestalten.
  • Marketing ist ein Prozess, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen und miteinander austauschen.
  • Marketing ist leicht gesagt und schwer getan!

Grundlage ist das MARKETINGKONZEPT, das Antworten auf folgende Fragen gibt:
Wo stehen wir? (Situationsanalyse)
Wo wollen wir hin? (Ziele)
Wie kommen wir dahin? (Strategien)
Mit welchen Maßnahmen? (Aktivitäten)

MARKETINGINSTRUMENTE:

  • Produkt- und Servicepolitik
    sämtliche Entscheidungen, die mit der Gestaltung der Leistung zusammenhängen
  • Kommunikationspolitik
    Übermittlung von Botschaften zur Einstellungsbildung
  • Distributionspolitik
    Gestaltung des Weges des Produktes zum Kunden
  • Preispolitik
  • Personal- und Ausstattungspolitik
    Gestaltung der personellen und sachlichen Ressourcen

Das spezielle Marketing für Dienstleistungen muss deren besondere Merkmale berücksichtigen. Diese sind neben der Immaterialität vor allem die schwere Standardisierbarkeit der Leistung und der hohe Erwartungswert des Kunden. Zu Betrachten ist die gesamte Phase der Dienstleistung, d.h. die sachlichen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen des Dienstleisters, der Prozess der Erstellung und schließlich Ergebnis und Wirkung der Dienstleistung.

Die besonderen Problembereiche der Dienstleistung „Archiv“ innerhalb der Verwaltung liegen in

  • der Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung.
  • der mangelnden Anerkennung des archivarischen Auftrags. Weder Wert, noch Nutzen, noch Bedeutung sind ausreichend bekannt.
  • dem mangelnden Rückhalt in der Verwaltung. Desinteresse, Unkenntnis, Vorbehalte im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeiten des Archivs und die Anforderungen an die Archivierung.
  • der mangelnden Ausstattung mit Ressourcen durch die Politik.
  • der mangelnden Priorisierung der notwendigen Mittel.

Die möglichen Folgen sind nicht nur nicht ausgeschöpfte Potentiale der Archivarbeit, sondern auch Ermüdungserscheinungen und Resignation bei den Archivarinnen und Archivaren.

Aus den oben skizzierten Problembereichen leitet sich ab, dass die Marketingstrategie für Archive vor allem auf eine verbesserte Kommunikation abzielen muss.

Ein erfolgreiches Marketing wird vor allem davon abhängen, ob es gelingt, in einen echten Dialog mit dem „Kunden“ einzutreten.
Es gilt, das Produkt kreativ und phantasievoll nahe zu bringen und den Kunden da abzuholen, wo er steht. Neben die Darstellung objektiver Leistungskennzahlen und Fakten muss die Vermittlung der Faszination „Archiv“ treten. Prägnante Botschaften und Bilder sollen die Vorzüge des Produkts herausarbeiten und auch die emotionale Ebene ansprechen. Besonderen Erfolg verspricht es, wenn man mit hohem Wiedererkennungswert das Archiv als Dienstleistungsmarke darstellen kann (wie z.B. Persil für Waschmittel steht).
Was hiermit gemeint ist, zeigen 2 der Bildmotive, die Willhausen den Archivaren vorführte:

Hier wird mit einer Prise Humor Aufmerksamkeit für archivische Aufgabenfelder erzielt und ein frisches Image vermittelt.

In mehreren Workshops erarbeiteten die Archivarinnen und Archivare Maßnahmenkataloge für eine Kommunikationsoffensive; hier ein paar Stichpunkte:

  • Aufmerksamkeit wecken, z.B. durch Plakate, Ausstellungen, Pressearbeit, Vorträge, Aktionen, Archivalie des Monats, Tag der offenen Tür
  • Kontaktpflege, z.B. Anwesenheit auf Veranstaltungen, persönliche Kontakte zur Politik, zu Firmen und historisch orientierten Vereinen etc. ,
  • Informationen geben, Nutzen für die Verwaltung darstellen, Erstellung eines Leistungskatalogs, Informationen/Schulung für Auszubildende und Registratoren, Verwaltungshistorie darstellen, Einladungen in das Archiv, Führungen, Informationen im Berichtswesen, Artikel in Internen Medien, Jahresbilanz, Leistungskennzahlen, Vorstellung eines Bestandes
  • Beratung, z.B. Beratung in der Schriftgutverwaltung, Schulung Aktenplan, Merkblätter für die Aktenabgabe
  • Zusätzliche Leistungen, z.B. Aktenübernahme vor Ort, rationell organisierte Aktenübernahme, Recherchearbeiten, schnelle und flexible Bereitstellung von Informationen

Diese Instrumente werden den meisten wohl bekannt sein und sollen hier nicht ausführlich dargestellt werden. Details und weitere Ideen können im Mitteilungsheft 2003 des VKA nachgelesen werden. Der Phantasie der Archivarinnen und Archivare ist hier keine Grenze gesetzt.
Entscheidend ist, die Zielgruppe, nämlich Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung, Entscheidungsträger und Politiker nicht aus den Augen zu verlieren und deren Bedürfnisse nach Arbeitserleichterung, Information, Unterstützung und auch Spaß zu berücksichtigen.

Positive Begriffe wie z.B. Informationsmanagement, Wissensspeicher, Wahrung des kulturellen Erbes, historische Kompetenz, Problemlöser, guter Service und freundliche Beratung sollen mit dem Archiv in Verbindung gebracht werden.

Der VKA hat sich entschlossen, zwei der oben genannten Maßnahmen weiter zu verfolgen. So wurde auf der Arbeitstagung 2004 ein Katalog möglicher Leistungen eines Kommunalarchivs für die Verwaltung erarbeitet. Dieser soll den einzelnen Verwaltungszweigen und der Selbstverwaltung ganz konkret und anschaulich aufzeigen, welchen Nutzen sie aus dem Archiv ziehen können. Dabei kam eine erstaunliche Vielfalt zu Tage. Hierüber berichtet ein gesonderter Artikel unter dem Titel „Angebote an eine starke Kommunalverwaltung – aus dem Leistungskatalog schleswig-holsteinischer Kommunalarchive“.
Für die Verbesserung des Images und der Bekanntheit der Archive soll eine Plakataktion sorgen. Im Auftrag der schleswig-holsteinischen Archivarinnen und Archivare werden 2 verschiedene Plakatmotive gedruckt, die innerhalb der Verwaltungen für Aufmerksamkeit sorgen sollen:


Rechts unten im Plakat kann sich das jeweilige Archiv mit Logo und Adresse präsentieren.
Auf den Originalen ist auch noch Raum für die Sponsoren vorgesehen.
Das Thema Marketing bietet noch ein großes Betätigungsfeld und eröffnet neue Perspektiven.
Die Chance, mehr Interessenten, Freunde und Unterstützer für das Archivwesen zu gewinnen lohnt den Aufwand.

Jutta Briel (Verband schleswig-holsteinischer Kommunalarchivarinnen und-archivare)

Zusätzlicher PDF-Download:
Angebote an eine starke Kommunalverwaltung – aus dem Leistungskatalog schleswig-holsteinischer Kommunalarchive
(Vortrag anlässlich des s-h Archivtages am 8. Juni 2004 in Eckernförde von Jutta Briel – Leistungskatalog erarbeitet auf der 5. VKA-Tagung am 26. April 2004)

Gesucht: Fotos von der Zerstörung in Rees

Tina Oostendorp vom Reeser Stadtarchiv plant zum 60. Jahrestag der Zerstörung der Stadt eine Ausstellung. Gezeigt werden sollen die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf das Rheinstädtchen und seine Ortsteile. Es fehlen noch Fotos aus den Ortsteilen. Aber auch andere Dokumente, die mit dem Krieg in Verbindung stehen, könnten dem Stadtarchiv Rees zur Verfügung gestellt werden

Tina Oostendorp möchte bei der Ausstellung Blicke auf die zerstörten Ortsteile werfen und parallel zeigen, wie diese Stelle vor ihrer Zerstörung aussah und wie sie sich heute darstellt. Eröffnet werden soll die Ausstellung drei Tage vor der 60. Wiederkehr der Zerstörung (16. Februar 1945), nämlich am 13. Februar. Auch Fotos vom Rheinübergang am 23. März 1945 und dem Ende des Krieges sucht die Archivarin noch. \“Ich hoffe, dass einige Bauern, dessen Höfe kaum oder gar nicht zerstört wurden, noch einige Exponate zur Ausstellung beisteuern können\“, hofft Tina Oostendorp, die auch Totenzettel von gefallenen Reesern sammelt.

Kontakt:
Stadtarchiv Rees
Sahlerstr. 8 
D-46459 Rees
Postanschrift
Postfach 1362
D-46452 Rees 
Telefon: 02851-58106
Telefax: 02851/965025
stadtarchiv-rees@web.de 

Quelle: NRZ Emmerich, 17.11.2004

Notwendiger Dialog zwischen Archivaren und Historikern

Als die Deutsche Forschungsgemeinschaft 2002 die Arbeitsgruppe „Informationsmanagement der Archive“ einsetzte, beabsichtigte sie, Perspektiven für zukünftige Arbeitsfelder und Strategien, für Kooperationen zu Bibliotheken, Museen und vor allem der Geschichtswissenschaft zu eröffnen. Über den in diesem Kontext am 5. Oktober 2004 im Westfälischen Landesmuseum durchgeführten DFG-Workshop \“Die Geschichtswissenschaften und die Archive. Perspektiven der Kooperation\“ berichten Ragna Boden, Christine Mayr, Christoph Schmidt und Thomas Schwabach (alle Staats- und Personenstandsarchiv Detmold) im Forum Bewertung.

Als erster Referent und Vertreter der universitären Geschichtswissenschaft trug Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer (Universität Münster) vier Vorschläge zu möglichen Kooperationsfeldern zwischen Forschung und Archiven vor. Er betonte dabei zunächst den seit dreißig Jahren voranschreitenden Wandel der historischen Fragestellungen, die eine Zusammenarbeit beider Institutionen bei der Erschließung neuer Quellengruppen ebenso sinnvoll erscheinen ließen wie bei der Zugänglichmachung historisch relevanter Altakten in den Behörden. Ein verstärktes Engagement der Archive sei aus Sicht der Geschichtswissenschaften zudem bei der Betreuung und Erschließung nicht-staatlichen Schriftgutes notwendig, da diese eine wertvolle Ergänzungsüberlieferung zu behördlichen Unterlagen darstellen könnten, sowie bei der immer noch problematischen Erschließung visueller Quellen.

Den zweiten Referatsteil der ersten Sektion eröffnete Dr. Robert Kretzschmar, der die aktuelle Diskussion der Überlieferungsbildung aus archivischer Sicht skizzierte und mögliche Formen der Kooperation mit den Geschichtswissenschaften aufzeigte. Unter Bezugnahme auf das DFG-Positionspapier sowie ein Positionspapier des Arbeitskreises Archivische Bewertung im VdA erläuterte Kretzschmar aktuelle, prospektiv orientierte Bewertungsmodelle und skizzierte die dazugehörigen Arbeitsschritte. Eine mögliche Mitwirkung der Geschichtswissenschaften bei der Überlieferungsbildung sei weniger bei der genuin archivischen Aufgabe der Bewertung anzustreben, als vielmehr bei der Evaluation des „Erfolges“ von Bewertungsmodellen, bei der Diskussion um Zielsetzungen von Bewertungen sowie bei der Förderung der Historischen Hilfswissenschaften.

In das Thema der Nachmittagssektion, „Informationsvermittlung für die Geschichtswissenschaften aus Archiven – Angebot und Nachfrage“, führte Dr. Mechthild Black-Veldtrup ein, indem sie betonte, dass die Archive vor allem durch die verstärkte Bereitstellung von Metainformationen, wie etwa online zugänglichen Findmitteln, ihre Öffentlichkeitswirkung verbessern könnten. Gerade hier wirke sich auch die Zusammenarbeit mit der DFG positiv aus, welche die Nutzung des Internets durch Archive bereits sehr früh gefördert habe.

Als erster Referent stellte dann Prof. Dr. Hartmut Weber das Internetangebot des Bundesarchivs und die Planungen für ein gemeinsames Internet-Portal der deutschen Archive vor. Als Ziele des Bundesarchivs beim Angebot von Online-Dienstleistungen im Rahmen des Regierungsprogramms „Bund online 2005“ nannte er die Beratung von Behörden, die Koordinierung der Übernahme von Archivalien sowie deren Publikation. Anschließend referierte Dr. Frank M. Bischoff (Archivschule Marburg) zur „Kommunikation im Internet“, insbesondere über Austauschformate. Ebenso wie Weber forderte er, die Wahrnehmung der Archive im Internet zu stärken und sich dabei insbesondere auf die Präsentation von Findmitteln zu konzentrieren. Große Bedeutung maß er der Erstellung und dem Ausbau von Archivportalen zu, die die Archivlandschaft einer Region oder Sparte transparent machten und Archiven wie Benutzern einen „informationellen Mehrwert“ böten.

Im zweiten Teil dieser Sektion forderte Prof. Dr. Ute Daniel (Technische Universität Braunschweig) eine Überwindung der „Ressentimentkultur“ zwischen den „Zünften“ der Historiker und Archivare, die vor allem auf wechselseitiger Unkenntnis bei gleichzeitiger Abhängigkeit „engsten Grades“ voneinander beruhe. Schließlich sprach Prof. Dr. Gudrun Gersmann (Universität Köln) zum Thema „Geschichtswissenschaften und neue Medien“. Das Internetangebot, auch das von Archiven und Bibliotheken, habe in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Anhand einiger Beispiele erläuterte sie die Vorteile, die gut strukturierte Online-Angebote besonders für den universitären Lehrbetrieb böten.

Einstimmigkeit herrschte in der anschließenden Diskussion hinsichtlich der Auffassung, dass die Archive verstärkt allgemeinere Informationen über Bestände und Findbücher als Zugangsvoraussetzung in ihr Online-Angebot integrieren sollten. Es existierten im Internet bereits diverse hilfswissenschaftliche Angebote von Archiven und anderen Einrichtungen, die durch eine verstärkte Verlinkung besser integriert werden könnten, woraus sich Synergieeffekte ergäben.

Quelle: DFG-Workshop \“Die Geschichtswissenschaften und die Archive. Perspektiven der Kooperation\“ 5. Oktober 2004 Westfälisches Landesmuseum Münster
Tagungsbericht von Ragna Boden, Christine Mayr, Christoph Schmidt und Thomas Schwabach (Staats- und Personenstandsarchiv Detmold)

Tickende Zeitbomben

Kleinbild-, Plan-, Schmal- und Kinofilme, die vor den fünfziger Jahren produziert wurden, können für die Keller und Archive, in denen sie gelagert werden, bekanntlich brandgefährlich werden: Das Trägermaterial, damals noch aus Nitrocellulose hergestellt, kann ohne fremdes Zutun explodieren – wie 1988 im Koblenzer Bundesarchiv auf der Festung Ehrenbreitstein. Die wertvollen Filmrollen schossen damals explosionsartig aus den Fenstern.

Im Reutlinger Stadtarchiv, der größten Fotosammlung Baden-Württembergs, entdeckte der Arbeitsschutzbeauftragte im vergangenen Jahr vierzig Regalmeter mit Negativen auf Nitrocellulosebasis: Wertvolle Zeugnisse städtischer Geschichte. Darunter auch zwei große Nachlässe der ortsansässigen traditionsreichen Fotohäuser Dohm und Näher, die das Reutlinger Stadtbild und -geschehen ab den 1920er Jahren in großer Dichte und Professionalität dokumentieren. Nun werden die Filme nach und nach in einen sprengstoff-geeigneten Bunker umgelagert. Aufschluss über die Gefährlichkeit von Filmen aus Nitrocellulose geben die Typenbezeichnungen am Rand.

Kontakt:
Stadtarchiv Reutlingen
Marktplatz 22 
72764 Reutlingen 
Telefon: 07121 / 303 – 2386
Telefax: 07121 / 303 – 2758
stadtarchiv@reutlingen.de

Quelle: Nachrichten, SWR.de, 16.11.2004

Bayern und Salzburg im 19. und 20. Jahrhundert

Das Salzburger Landesarchiv und die Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns veranstalten am 25. und 26. November im Vortragssaal der Generaldirektion in München, Schönfeldstraße 5, die wissenschaftliche Tagung „Vom Salzachkreis zur EuRegio – Bayern und Salzburg im 19. und 20. Jahrhundert“, die von beiden Instituten vorbereitet und gestaltet wird. 

Die geschichtswissenschaftlich ausgerichtete Tagung beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten des Verhältnisses zwischen Bayern und Salzburg in den letzten beiden Jahrhunderten. Referentinnen und Referenten aus Salzburg und Bayern werden die wechselseitigen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Beziehungen und Einflüsse historisch ausloten. Dabei sollen der (oft unbefriedigende) Forschungsstand bilanziert und wünschenswerte Forschungsperspektiven entwickelt werden. Die Veranstaltung ist als Expertentagung angelegt, auf der die Beiträge erstmals vorgelegt werden. 

Die wechselvolle gemeinsame und getrennte Geschichte beiderseits der Salzach wird in 13 Fachvorträgen zu unterschiedlichen Fachbereichen beleuchtet:

Donnerstag, 25. November, 9.30 bis 12.30 Uhr: 

  • Salzburg als Objekt der Außenpolitik in Wien und München 1789 bis 1816 (Ass. Prof. Dr. Alfred Stefan Weiß, Salzburg); 
  • Salzburg in Bayern – Der Salzachkreis (HR Dr. Fritz Koller, Salzburg); 
  • Das bayerische Salzburg: Der Rupertiwinkel – Veränderungen einer Identität 1816 bis 1945 bis 1972 (Hans Roth, Laufen); 
  • Die kirchliche Neuordnung: Das Ende der bayerischen Kirchenprovinz mit dem Metropolitansitz Salzburg (Dr. Peter Pfister, München).

Donnerstag, 25. November, 14.30 bis 17.30 Uhr: 

  • 175 Jahre Entwicklung der grenzüberschreitenden Holz- und Salzwirtschaft auf der Grundlage der Salinenkonvention 1829 bis 2004 (Dr. Johannes Lang, Bad Reichenhall); 
  • Die österreichische Kaiserin-Elisabeth-Bahn und die bayerische Tauern-Bahn: Der Salzburger Zentralraum und seine Bedeutung für das bayerische Verkehrswesen (Prof. Dr. Hermann Rumschöttel, München); 
  • Die zentrale Funktion der Stadt Salzburg für die Landkreise Berchtesgadener Land und Traunstein (EuRegio) und die Ständige Gesprächsgruppe Bayern-Salzburg (Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kramer, München); 
  • ‚Der kleine Grenzverkehr’: Wechselnde Orientierungen in der Migration von Arbeitskräften und im Kaufkraftabfluss (Univ.-Prof. Dr. Christian Dirninger, Salzburg); 
  • Öffentlicher Abendvortrag von Prof. Dr. Albert Scharf, Intendant des Bayerischen Rundfunks a. D.: Bayern und Salzburg im Wechsellicht oder Gott erhalte uns unsere Vorurteile.

Freitag, 26. November, 9.00 bis 13.00 Uhr: 

  • Die Wittelsbacher in Salzburg (HR Dr. Friederike Zaisberger, Salzburg); 
  • Wagnerianer und Großdeutsche in Salzburg: Die Festspielidee in Bayreuth und Salzburg (Univ.-Prof. Dr. Robert Hoffmann, Salzburg); 
  • Unruhige Grenzen – unruhige Nachbarn. Salzburg und Bayern 1918 bis 1938 vor dem Hintergrund des Aufstiegs der NSDAP (Dr. Oskar Dohle, Salzburg); 
  • Der Reichsgau Salzburg im Hintergrund der ‚Führerresidenz’ Obersalzberg (Univ.-Prof. Dr. Ernst Hanisch, Salzburg); 
  • Volkskultur und Brauch in Salzburg und Bayern (PD Dr. Manfred Seifert; Passau).

Kontakt:
Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, 
Schönfeldstraße 5, 
D-80539 München
Tel. 0049-89-28638-2482
FAX 0049-89-2863-2615
poststelle@gda.bayern.de

Salzburger Landesarchiv, 
Michael-Pacher-Straße 40, 
A – 5010 Salzburg, 
Tel. 0043-662-8042-0
FAX 0043-662-8042-4661
landesarchiv@salzburg.gv.at

Quelle: ÖJ-Österreich-Woche, 16.-22.11.2004

Abschiedsbriefe der Lübecker Blutzeugen

Während des 20. Jahrhunderts haben mehr Christen und Christinnen aufgrund ihres Lebenszeugnisses für Jesus Christus einen gewaltsamen Tod erlitten als in den vorangegangenen Jahrhunderten. In der russischen Revolution, unter den Regimen von Nationalsozialismus und Stalinismus und in der Endphase des Zweiten Weltkriegs wurden sie wegen ihres Glaubens, ihres Einsatzes für verfolgte oder ihnen anvertraute Menschen sowie ihres Widerstands gegen die Diktatur inhaftiert, gefoltert und getötet.

Der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink, seit 1934 an der Lutherkirche in Lübeck, wurde zusammen mit den drei jungen katholischen Geistlichen Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller am 10. November 1943 enthauptet. Gemeinsam hatten die vier Geistlichen Predigten des Bischofs von Münster, Graf von Galen, vervielfältigt und verteilt, in denen dieser sich gegen die Vernichtung psychisch und physisch Kranker wandte. Auf Gruppenabenden in der katholischen Herz-Jesu-Kirche war offen über die Sinnlosigkeit des Krieges diskutiert worden. Zusammen mit einigen Laien wurden die vier Geistlichen Anfang April 1942 verhaftet, nachdem Stellbrink nach der Bombardierung Lübecks am 28./29. März 1942 diese in einer Predigt als Strafe Gottes bezeichnet hatte. 

Im Juni 1943 wurden Stellbrink, Prassek, Lange und Müller vom eigens aus Berlin angereisten Volksgerichtshof wegen "landesverräterischer Feindbegünstigung\“, \“Wehrkraftzersetzung\“, Vergehen gegen das \“Rundfunkgesetz\“ und das \“Heimtückegesetz\“ zum Tode verurteilt und im Gefängnis von Hamburg-Hohenglacis mit dem Fallbeil hingerichtet; die Laien bekamen Zuchthausstrafen. 

In den folgenden Monaten ging es um die Frage, ob die Abschiedsbriefe der vier Lübecker freigegeben werden könnten. Es bestand nämlich die Sorge der NS-Justiz, durch eine Verbreitung der Abschiedsbriefe könnten die vier Geistlichen als Märtyrer angesehen werden. So wurden nicht nur Langes und Prasseks an den Osnabrücker Bischof Wilhelm Berning, sondern auch ihre und Pastor Stellbrinks Briefe an die Familien nicht ausgehändigt. Klemens-August Recker entdeckte schon vor einigen Jahren Langes und Prasseks Abschiedsbriefe an Bischof Berning. Aber erst in diesen Tagen fand der Historiker Peter Voswinckel die Briefe Karl Friedrich Stellbrinks und Johannes Prasseks an ihre Angehörigen. Seinen Fund verdankt Voswinckel sowohl der Ordnungsliebe der Nationalsozialisten wie der notorischen Sammelleidenschaft der DDR. Die Briefe lagerten im Zentralen Staatsarchiv Potsdam und liegen nun im Bundesarchiv Berlin in Lichterfelde.

Der Kaplan Johannes Prassek schrieb am Tag seiner Hinrichtung Briefe, die allesamt nicht weitergeleitet wurden. Voswinckel entdeckte alle, und auch einen, der 1970 schon in einer DDR-Publikation verkürzt und ohne Quellenangabe von Luise Kraushaar, einer Mitarbeiterin von Anna Seghers, publiziert wurde. Mit der Entdeckung der Quellen fällt, so bemerkt Martin Thoemmes im Feuilleton der FAZ, eine neue Wendung in der Geschichte des Gedenkens an die Lübecker Märtyrer zusammen. Denn Ende November wird das Seligsprechungsverfahren der drei katholischen Geistlichen eingeleitet, das es in der evangelischen Kirche nicht gibt. Gleichwohl werden evangelische und katholische Kirche anlässlich des Seligsprechungsprozesses eine gemeinsame Stellungnahme herausgeben, in der die Verbundenheit des evangelisch-lutherischen Pastors Stellbrink und seiner drei katholischen Mitbrüder im gemeinsamen Glauben an Christus betont wird.

Quelle: Martin Thoemmes, FAZ, 15.11.2004, 36; BBKL; Ökumenisches Heiligenlexikon

Düsseldorfer Stadtmuseum entdeckt die Museumspädagogik

Als die Direktorenstelle des Düsseldorfer Stadtmuseums im letzten Jahr mit Susanne Anna neu besetzt wurde, wurde zugleich die Gelegenheit genutzt, eine Neukonzeption des alten, dreigeteilten Speeschen Palais in Auftrag zu geben. Damit ist Düsseldorf die erste Stadt in Deutschland, die sich den Luxus eines so gut wie neuen Stadtmuseums leistet. Jahrzehntelang galt vor allem die Devise, das Bestehende zu erhalten und möglichst wenig zu investieren. Besonders die Stadtmuseen leiden unter den Sparzwängen der vergangenen Jahre. Sie gelten oft als unattraktiv und haben, im Vergleich etwa zu den großen Kunsthallen, kaum Spektakuläres zu bieten. Selbst in der ehemaligen Residenz- und heutigen Landeshauptstadt Düsseldorf fristete das Stadtmuseum ein Schattendasein.

Die neue Direktorin Susanne Anna wurde nun aber nicht nur mit weitreichenden Befugnissen, sondern auch mit den nötigen finanziellen Mitteln ausgestattet. Der Ausstellungsetat allein wurde auf eine viertel Million Euro verfünffacht, und für die Sanierung des Hauses stehen im nächsten Jahr 500.000 Euro zur Verfügung. Die Umbauphase soll im Mai 2005 beginnen, die Wiedereröffnung ist für Januar 2006 geplant. Bis dahin wird der Altbau mit seinen fast 50 Räumen von Grund auf saniert. Etliche Wände werden entfernt und alle mit Pappe verklebten Fenster geöffnet.

Die Dauerausstellung soll chronologisch und thematisch geordnet werden. Herausragende Gestalten der Stadtgeschichte, wie Johannes Ey oder Joseph Beuys, bekommen eigene Räume. Dazwischen stehen immer wieder Computer, an denen sich die Besucher umfassend informieren können. Zudem werden sie mit PDAs (Portable Digital Assistents) ausgestattet, die sie durch die Ausstellung begleiten. Auch wird es Projekträume geben, in denen aktuelle Bezüge zwischen dem Museum und der Stadt hergestellt werden können. Insgesamt wird es zwar weniger zu sehen geben – etwa zehn Prozent der rund 100.000 Exponate. Dafür wird das Düsseldorfer Stadtmuseum, das 30 festangestellte Mitarbeiter hat, aber künftig freien Eintritt gewähren: am Wochenende bis 24 Uhr, unter der Woche bis 20 Uhr.

Kontakt:
Stadtmuseum Düsseldorf
(ehem. Palais Spee)
Berger Allee 2
40213 Düsseldorf
Tel. 0211/8996170
Fax: 0211/8994019
gabriele.frind@stadt.duesseldorf.de

Quelle: Peter-Philipp Schmitt, FAZ, 15.11.2004, 8.

Reußen-Prozess um Immobilien-Rückgabe geht weiter

Nach mehr als neunmonatiger Unterbrechung wird der Prozess um Immobilien-Forderungen des durch die sowjetische Besatzungsmacht nach 1945 enteigneten Fürstenhauses Reuß im Dezember vor dem Verwaltungsgericht Gera fortgesetzt. Nach Informationen von MDR 1 Radio Thüringen will die Familie Dokumente aus russischen Archiven zur Enteignung präsentieren. Dabei geht es um eine so genannte Schutzliste. Vermögen, die auf dieser \“B-Liste\“ der sowjetischen Besetzungsmacht standen, waren von Enteignungen verschont. Das Fürstenhaus war auf einer \“B-Liste\“ im Moskauer Staatsarchiv vermerkt, nicht aber auf einem Papier im Weimarer Staatsarchiv

Die Reußen möchten erreichen, dass die Enteignung ihres Vorfahren Heinrich XLV. durch die sowjetischen Militärbehörden für unrechtmäßig erklärt wird. In diesem Fall müßten mehrere Immobilien in und um Gera zurückgegeben werden, darunter Schloß Osterstein. Das Adelshaus argumentiert, dass Erbprinz Heinrich XLV. außer der deutschen auch die englische Staatsbürgerschaft besessen habe. Er hätte damit nicht enteignet werden dürfen. 

Quelle: Die WELT, 16.11.2004