Am 1.9.2021 hat Julia Kuklik (22) die Nachfolge von Stephan Grimm angetreten, der im Frühjahr dieses Jahres als Leiter des Stadtarchivs Gütersloh in den Ruhestand gegangen ist. Für die gebürtige Bielefelderin ist dies die erste Stelle nach ihrem dreijährigen Vorbereitungsdienst aus Theorie und Praxis zur Archivinspektorin beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe und in der Archivschule Marburg. Aber Geschichte, die Bedeutung von Quellen und die Erkenntnisse, die sich daraus gewinnen lassen, haben schon vorher ihre Interessen bestimmt.
Abb.: Frischer Wind im Stadtarchiv Gütersloh: (v.l.) Julia Kuklik hat die Leitung in der Molkestraße übernommen. Kultur-Beigeordnete Andreas Kimpel und Kultur-Fachbereichsleiterin Lena Jeckel freuen sich auf die Zusammenarbeit (Foto: Stadt Gütersloh).
„Wir freuen uns sehr, dass sich Julia Kuklik unter 18 Bewerberinnen und Bewerbern durchsetzen konnte”, betonte der städtische Kultur-Beigeordnete Andreas Kimpel bei der Vorstellung der neuen Stadtarchivarin. Erst einen Tag vor Amtsantritt in Gütersloh hatte die 22-Jährige ihr duales Studium mit einer Abschlussprüfung erfolgreich beendet. „Mit ihr bekommen wir jungen, frischen Wind in unser Stadtarchiv. Wir glauben, dass uns mit jemanden wie Julia Kuklik, die neu in die Archivarbeit einsteigt, viele tolle Chancen und Perspektiven geboten werden.“
Schon in ihrer Schulzeit hat Julia Kuklik ein Praktikum im Stadtarchiv Bielefeld absolviert. Nach dem Abitur 2017 ging der Weg dann genau in dieser Richtung weiter: ein Freiwilliges Soziales Jahr Kultur im Kreiszentralarchiv Warendorf und dann der dreijährige Vorbereitungsdienst beim LWL in Münster sowie an der Archivschule in Marburg.
„Das Archiv sehe ich gleichermaßen als Ort des kulturellen Gedächtnisses sowie als Partner für Kultur- und Bildungseinrichtungen und als Dienstleister für Bürger, Bürgerinnen und Verwaltung,“ fasst die neue Stadtarchivarin ihr Aufgabengebiet zusammen. Deshalb werde eine ihrer ersten Aufgaben der Kontakt zu den Schulen und die Aktivierung der Bildungspartnerschaften sein, die das Stadtarchiv mit zurzeit drei Schulen der Stadt unterhält. Und auch innerhalb der Stadtverwaltung sind gemeinsame Projekte in Planung: „Gemeinsam im Fachbereich Kultur haben wir uns bereits ausgetauscht“, berichtet Fachbereichsleiterin Lena Jeckel. „Gemeinsame Projekte ergeben sich innerhalb der Erinnerungskultur oder der Geschichtswerkstatt. Ich bin mir sicher, mit Julia Kuklik haben wir eine sehr gute Partnerin gefunden.”
Ein großes Projekt, in das auch das Stadtarchiv Gütersloh eingebunden sein wird, steht zur Vorbereitung des 200-jährigen Stadtjubiläums 2025 an: Der Ausschuss für Kultur und Weiterbildung der Stadt Gütersloh hat im Frühjahr 2021 mit seiner Zustimmung zum Haushalt 2021 des städtischen Fachbereichs Kultur grünes Licht für die Fortschreibung der Geschichte der Stadt Gütersloh (in einem zweiten Band) gegeben. „Gütersloh besitze im Jahr 2025 seit 200 Jahren die Stadtrechte“, erläutert Kulturdezernent Andreas Kimpel. „Dieses markante Jubiläum mit einer historischen Wegmarke bietet die Möglichkeit für die Stadt Gütersloh, sich der eigenen Geschichte zu stellen und diese in allen Facetten fachwissenschaftlich fundiert aufzuarbeiten. Zudem erscheint ein Lernen aus der eigenen Geschichte aktuell wichtiger denn je, nicht zuletzt angesichts der Zunahme von Populismus und des Rechtsrucks in unserer Gesellschaft.“ Und, so betont Andreas Kimpel: „Die Geschichte der Stadt ist zugleich eine Geschichte ihrer Bürgerinnen und Bürger!“ Und genau deshalb werden sie bald aufgerufen, sich mit einzubringen in das Projekt.
Im Auftrag der Stadt Gütersloh erarbeiten das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Münster und die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Prof. Dr. Thomas Großbölting) gemeinsam das Projekt. „Wir sind Feuer und Flamme für dieses Projekt“, freut sich Malte Thießen, Leiter des LWL-Instituts. „Gütersloh nimmt damit eine Vorreiter-Rolle ein.“ Denn: Thießen ist keine Stadt in Deutschland bekannt, die ihre Geschichte seit 1945 bis ins 21. Jahrhundert hinein systematisch wissenschaftlich aufgearbeitet und publiziert hätte. „Die jüngere und jüngste Vergangenheit ist traditionell eher nicht im Blick von Historikern“, sagt der 46-Jährige. Die Quellenlage ist dünn – über die gerade erst zurückliegenden drei, vier Jahrzehnte gibt es kaum Material in Archiven und Museen.
Das stellt auch das Team der beiden Institute in Gütersloh vor Herausforderungen. Umso wichtiger sind daher die Bürgerbeteiligung und der Austausch mit Zeitzeugen. Ein fester Bestandteil des Forschungsprojekts werden öffentliche Veranstaltungen wie Erzählcafés und Geschichtswerkstätten sein – Formate, die der städtische Fachbereich Kultur bereits erfolgreich etabliert hat und sowohl digital wie analog anbietet. „Auch in diesem Punkt leisten wir zusammen mit der Stadt Pionierarbeit“, betont Prof. Malte Thießen. „Einerseits dient der Austausch mit den Gütersloherinnen und Güterslohern dazu, sie über unsere Arbeit und die Erkenntnisse, die wir gewonnen haben, auf dem Laufenden zu halten. Und andererseits brauchen wir das Gespräch, um Konkretes aus der jüngeren lokalen Vergangenheit zu erfahren. Daraus können sich Themenfelder ergeben, die wir sonst gar nicht auf dem Schirm hätten. Nur so können wir Gesellschaftsgeschichte schreiben!“ Lena Jeckel, Leiterin des Fachbereichs Kultur, in dem die Fortschreibung der Stadtgeschichte angesiedelt ist, bekräftigt: „Unser gemeinsames Ziel ist eine möglichst breite Überlieferung der Stadtgeschichte. Viele Menschen können zu diesem Projekt ein Stück beitragen und ich bin auch überzeugt, dass viele mitmachen möchten. Wir machen gerade jetzt in der Pandemie-Zeit die Erfahrung, dass Angebote und Beteiligungsformate sehr gut angenommen werden. Es besteht ein großes Interesse an Mitwirkung.“
Die beauftragten Historiker haben für das Projekt drei Themenschwerpunkte ausgemacht, die widerspiegeln, was Gütersloh seit Ende des Zweiten Weltkriegs geprägt hat: Unternehmen in Gütersloh; Die Stadt in Bewegung – Wandel sozialer Milieus und Kulturwandel; Die Briten in Gütersloh. Mit den Vorrecherchen wurde begonnen, Kontakte zum Stadtmuseum Gütersloh und zum Stadtarchiv Gütersloh bestehen.
Julia Kukliks dortiger Vorgänger Stephan Grimm hat ein gut bestelltes Feld im Haus an der Moltkestraße hinterlassen, das mit zeitgemäßer Ausstattung, einem kleinen engagierten dreiköpfigen Team mit ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie großzügigen und gut ausgestatteten Räumen die Voraussetzungen eines modernen Archivs bietet, das Lokalgeschichte nicht nur archivieren, sondern vermitteln und in seiner Bedeutung für Gegenwart und Zukunft erlebbar machen will. Durch die räumliche Zusammenlegung von Stadt- und Kreisarchiv Gütersloh an dieser Stelle sind zudem inhaltliche und organisatorische Synergien bei der Arbeit möglich. Das betrifft auch die Zukunftsaufgaben, die Julia Kuklik nun angehen wird: Aufbau und Führung eines digitalen Langzeitarchivs als digitales Gedächtnis der Stadt.
Kontakt:
Stadtarchiv Gütersloh
Frau Julia Kuklik
Moltkestraße 47
33330 Gütersloh
Tel+49 5241 / 82-2302
julia.kuklik@guetersloh.de
Quelle: Stadt Gütersloh, Pressemitteilung, 8.9.2021; Stadt Gütersloh, Pressemitteilung, 23.3.2021