Aargauer Verwaltung wird transparenter

Am Dienstag hat der Grosse Rat, die Legislative des Kantons Aargau, das Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen (IDAG) in erster Lesung ohne Gegenstimme gutgeheißen. Das Gesetz, das in den meisten Schweizer Kantonen bereits existierte (siehe auch den Bericht vom 17.7.2005), bedeutet einen Paradigmenwechsel: Weg vom Geheimhaltungsprinzip mit Öffentlichkeitsvorbehalt, hin zum Öffentlichkeitsprinzip mit Geheimhaltungsvorbehalt. 

Alle Amtstellen, staatlichen Institutionen und für den Staat tätige Private sind künftig von Amtes wegen verpflichtet zu informieren. Die Einsichtnahme in amtliche Dokumente und Behördenakten ist kostenlos, sofern kein Zusatzaufwand entsteht. Das Öffentlichkeitsprinzip wird in der Verfassung verankert.

Kontakt:
Kanton Aargau
Regierungsgebäude
CH-5001 Aarau
Tel. +41 (0)62 835 35 35
Fax +41 (0)62 835 12 50
parlamentsdienst@ag.ch

Quelle: limmattalonline, 13.12.2005

Mannheimer Hofjuden des 18. Jahrhunderts

Das Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadtgeschichte und der Verein der Freunde des Stadtarchivs Mannheim e.V. freuen sich, ihre neue gemeinsame Publikation der Öffentlichkeit zu präsentieren: Britta Waßmuth, „Im Spannungsfeld zwischen Hof, Stadt und Judengemeinde Soziale Beziehungen und Mentalitätswandel der Hofjuden in der kurpfälzischen Residenzstadt Mannheim am Ausgang des Ancien Régime“. Die Dissertation von Britta Waßmuth greift mit den „Mannheimer Hofjuden des 18. Jahrhunderts“ ein Thema auf, das sowohl für die Mannheimer Stadtgeschichte als auch für die überregionale Geschichtsschreibung von großem Interesse ist.

Mit Lemle Moses erlangte zu Ende des 17. Jahrhunderts erstmals ein in Mannheim wohnhafter Jude den Status eines kurpfälzischen Hoffaktors. Nachdem die Stadt 1720 von Kurfürst Karl Philipp zur Residenz erhoben wurde, stieg die Zahl der Hofjuden in Mannheim an. Insgesamt lebten zwischen 1720 und 1778 in Mannheim 27 Hoffaktoren, mehr als die Hälfte aller bekannten kurpfälzischen Hofjuden. Karl Philipp brauchte Hofjuden für Finanztransfers, ohne die in Mannheim niemals das Schloss hätte erbaut werden können. Die Mannheimer Hofjuden konnten ihrer Rolle als Finanziers des Kurfürsten aber nur durch enge Vernetzung mit anderen wichtigen jüdischen Familien in Deutschland gerecht werden. Wichtige Kontakte bestanden nach Wien, München, Stuttgart, Frankfurt, Hannover und Berlin.

Der kurpfälzische Hofjude Elias Hayum (1707-1766) (Abb. Stadtarchiv Mannheim)

Abbildung: Der kurpfälzische Hofjude Elias Hayum (1707-1766) war zunächst Mitarbeiter des Stuttgarter Hofjuden Josef Süß Oppenheimer und siedelte erst 1740 – nach dessen Hinrichtung im Jahr 1738 – nach Mannheim um

Die Hofjuden standen „im Spannungsfeld zwischen Hof, Stadt und Judengemeinde“: tief in ihrem jüdischen Glauben verwurzelt, hatten sie als wichtige Finanziers des Kurfürsten direkten Zugang zum Hof und gehörten als Wirtschaftselite zu den reichsten Einwohnern der Stadt. Das eröffnete ihnen Chancen, führte aber auch zu Konflikten. Die Autorin lotet in ihrer interessanten Untersuchung, die auf einem breiten Quellenstudium basiert, sehr genau aus, wie sich Rahmenbedingungen, Lebensumfelder und individuelle Orientierungen auf das Handeln, die Handlungsspielräume und die sozialen Beziehungen zwischen Bürgertum und Adel sowie zwischen Juden und Christen auswirkten.

Britta Waßmuth: Im Spannungsfeld zwischen Hof, Stadt und Judengemeinde. Soziale Beziehungen und Mentalitätswandel der Hofjuden in der kurpfälzischen Residenzstadt Mannheim am Ausgang des Ancien Régime

Das Ansehen der Hofjuden bei der christlichen Stadtgesellschaft entsprach dem der jüdischen Oberschicht der Stadt. Es kam nur dort zu Neid und Anfeindungen durch die Stadtgesellschaft, wo Elemente der höfischen Lebensweise zu offensichtlich adaptiert wurden. Denn dies stand – nach Meinung der christlichen Mehrheit – einem Juden nicht zu.

Innerhalb der jüdischen Gemeinde jedoch war das Ansehen stark vom Eintreten für die eigene Gemeinde, von der verwandtschaftlichen Einbindung in diese und erst nachrangig vom Lebensstil abhängig. Viele der vermögenden und einflussreichen Hofjuden übernahmen wichtige Funktionen innerhalb des jüdischen Gemeindeverbands, wurden zu Vorstehern gewählt und riefen Stiftungen ins Leben. Ihre Nachkommen gingen im Mannheimer Großbürgertum auf, verschwägerten sich mit anderen aufstrebenden jüdischen Familien und gehörten damit zu den Mitbegründern der ältesten Bankhäuser in Mannheim (Ladenburg, Hohenemser u.a.).

Info:
Britta Waßmuth: Im Spannungsfeld zwischen Hof, Stadt und Judengemeinde. Soziale Beziehungen und Mentalitätswandel der Hofjuden in der kurpfälzischen Residenzstadt Mannheim am Ausgang des Ancien Régime. (Sonderveröffentlichung des Stadtarchivs Mannheim – Institut für Stadtgeschichte Nr. 32). 296 Seiten zzgl. 16 Seiten in Farbe. Ludwigshafen 2005. pro MESSAGE. ISBN 3-934845-30-4. 24,00 EUR.

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Elektronische Archivierung nicht nur IT-Sache

In der Schweiz finden sich die grundlegenden gesetzlichen Vorschriften über die rechtskonforme Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern im Obligationenrecht (OR) und in der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV). Seit 2002 dürfen die Bücher, die Buchungsbelege und die Geschäftskorrespondenz auch elektronisch geführt und aufbewahrt werden. Das damit verbundene Einsparungspotenzial scheint verheißungsvoll; Unsicherheiten bei der praktischen Umsetzung der OR- und GeBüV-Normen hindern aber noch viele Unternehmen daran, das vorhandene Papierarchiv durch ein elektronisches Archiv zu ersetzen.

Maria Winkler, geschäftsführende Partnerin der IT & Law Consulting in Zug und Luzern und Dozentin für Informatikrecht sowie Recht im Internet an der Hochschule für Wirtschaft Luzern, weist in ihrem sicherlich kontrovers zu diskutierenden Beitrag für die Online-Ausgabe der Schweizer Wochenzeitschrift für Informatik auf die rechtlichen Aspekte bei der Ablösung eines Papierarchivs durch ein elektronisches Archiv hin und formuliert Handlungsanleitungen für Unternehmen, die der Suche nach einem bestimmten Dokument "im unübersichtlichen Dschungel eines Papierarchivs" überdrüssig geworden sind: 

Für ein E-Archivierungsprojekt müsse neben der Evaluation der für das Unternehmen optimalen technischen Archivierungslösung die Frage geklärt werden, welche Dokumente auf Grund gesetzlicher Vorgaben, aus Gründen der Beweissicherung oder der internen Dokumentation in welcher Form aufzubewahren sind. Entgegen der weit verbreiteten Auffassung, dass Archivierungsprojekte als IT-Projekte auch die alleinige Aufgabe und Verantwortung der IT-Abteilung seien, liege die Identifikation der zu archivierenden Dokumente in der Verantwortung der Unternehmensführung. Ein Archivsystem könne die Unternehmensführung bei der rechtskonformen Archivierung unterstützen – ein großer Teil der Verantwortung bleibe jedoch beim Unternehmen selbst.

Die Integrität der elektronisch archivierten Dokumente müsse während der gesamten Aufbewahrungsdauer ("in der Regel 10 Jahre") sichergestellt werden. Der Gesetzgeber verlange jedoch nicht, dass diese absolut unveränderbar sind. Die GeBüV überlässt es dem Unternehmen, die entsprechenden technischen Verfahren zum Schutz der Datenintegrität (z.B. digitale Signatur und Zeitstempeldienste) selbst auszuwählen. Die archivierten Geschäftsdokumente müssen zudem während der gesamten Aufbewahrungsdauer innerhalb einer "angemessenen Frist" verfügbar sein. Abschließend weist Frau Winkler darauf hin, dass die Zuständigkeiten für die archivierten Informationen genau geregelt sein und Zugriffe aufgezeichnet und überwacht werden müssen. Zu diesem Zweck müssen die Archivdaten von den aktuellen Daten getrennt werden. Eine physische Trennung sei jedoch nicht zwingend erforderlich, es genüge, die Daten so zu kennzeichnen, dass eine entsprechende Unterscheidung möglich ist.

Quelle: Maria Winkler, Computerworld Online, 19.12.2005

Roland der Riese am Rathaus zu Bremen – Bremisches Jahrbuch 84

Die Sammler von Bremensien warten stets darauf, dass in den Tagen vor Weihnachten das "Bremische Jahrbuch" erscheint. Jetzt legten das Staatsarchiv Bremen und die Historische Gesellschaft den 84. Band vor, der auf 304 Seiten Forschungsergebnisse, Aufsätze und Rezensionen präsentiert. Im Mittelpunkt des Bandes steht das bremische Weltkulturerbe, d.h. der Roland, dessen 600. Geburtstag im vergangenen Jahr gefeiert worden war, und das Rathaus, dessen 600. Geburtstag in diesem Jahr gewürdigt wurde (Inhaltsverzeichnis als pdf-Datei). 

Dr. Konrad Elmshäuser, Leiter des Staatsarchivs, beschreibt in einem spannenden Beitrag unter anderem die Geschichte des ältesten Bremer Rathauses. Dieses wurde 1229 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Den Zeitpunkt dieser Erwähnung beschreibt Elmshäuser als eine \“Phase der beschleunigten Entwicklung der Stadt und ihrer Einrichtungen\“. Denn: \“Neben dem Rathaus (1229) fallen auch das quellenmäßige Auftauchen des Rats (1225), der Stadtmauer (1229), des Stadtsiegels und der Weserbrücke in jene Zeit.\“ Mit der Beschreibung von 1229 und späteren Quellen lasse sich auch der zentral gelegene Standort des damaligen \“domus theatralis\“ genau lokalisieren.

Internationale Fachleute beleuchten im \“Bremischen Jahrbuch\“ sodann die mittelalterliche Wirkungsgeschichte des Ritters Roland. Professor Antonio Cid (Universität Madrid) betrachtet zum Beispiel Roland und Karl den Großen aus hispanischer Perspektive. Professor Dominique Boutet (Sorbonne, Paris) präsentiert \“Chanson de geste\“ und französisches \“Rolandslied\“ als verbindendes Element der höfischen Feudalgesellschaft. Und Professorin Elisabeth Lienert von der Bremer Universität, Expertin für die Literatur des Mittelalters, widmet sich der ersten deutschen Rolandsdichtung, dem \“Rolandslied\“ des Pfaffen Konrad. 

Weitere Beiträge beschäftigen sich mit Handelsbeziehungen zwischen Bremen und China, mit einer gemeinnützigen Stiftung des Kaufmanns Franz Schütte sowie mit der Rolle Bremens als \“Stadt der Kolonien\“. Der Rezensionsteil informiert über wichtige Neuerscheinungen zur bremischen Landesgeschichte. Das Jahrbuch kostet 23 Euro (ISSN 0341-9622). 

Kontakt:
Staatsarchiv Bremen
Am Staatsarchiv 1
28203 Bremen 
Fon: 0421 / 361-6221 
Fax: 0421 / 361-10247 
zentrale@staatsarchiv.bremen.de
www.staatsarchiv-bremen.de

Quelle: Thomas Kuzaj, Verlagsgruppe Kreiszeitung, 19.12.2005

Der Konfirmationsschein-Brauch in Westfalen

Eine bemerkenswerte Arbeit über die Geschichte der Konfirmation in Westfalen erforscht die Entstehung eines Brauchs: Es geht um den sog. Konfirmationsschein, dessen Vergabe- und Gestaltungspraxis mit einem Akt zentraldirigistischer Steuerung begann. Denn 1828 führte das preußische Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten in Preußen einen Konfirmationsschein ein, der den Zugang zu bürgerlichen Rechten regeln sollte. Um 1900 stellte die Vergabepraxis von Konfirmationsbescheinigungen in Westfalen aber bereits eine \“löbliche Sitte\“ dar. Der Konfirmationsschein hatte eine Entwicklung genommen, die den Gebrauchswert für die Konfirmierten vor die Belange staatlicher und kirchlicher Verwaltung stellte. Um dennoch die Rechtsgültigkeit der Konfirmation zu dokumentieren, beschloss die Eisenacher Konferenz, der Zusammenschluss aller evangelischer Kirchenregierungen, im Jahr 1906 die Austeilung einer Bescheinigung \“neben den bisher üblichen Konfirmationsscheinen (Denksprüchen, Erinnerungsblättern)\“. Ausdrücklich wollte man jedoch den Eindruck vermeiden, \“als ob die Absicht etwa auf die Beseitigung des namentlich von der jungen Welt sehr geschätzten, meist künstlerisch ausgestatteten Konfirmationsscheins gerichtet sei\“.

\"Muster

Muster eines Konfirmationsattestes im Kirchenkreis Herford, 1827 (Abbildung aus dem bespr. Band)

In ihrer volkskundlichen Dissertation, die im Jahr 2002 von der Philosophischen Fakultät der Universität Münster angenommen worden ist und deren erster Teil zur Geschichte der Konfirmation seit der Spätaufklärung und zur Tradition des Denkspruchs in den "Beiträgen zur Volkskultur in Nordwestdeutschland" gesondert publiziert wird, untersucht Christine Schönebeck neben dem Einführungsprozess der Konfirmationsscheine weitere Fragen zum kulturgeschichtlichen und geistesgeschichtlichen Kontext dieser Brauchtumsentwicklung. Ausgangspunkt für die Arbeit, die zunächst auf eine umfragebasierte Erforschung der Denkspruchtradition in Westfalen im 20. Jahrhundert im Anschluss an eigene Analysen älterer Konfirmationsberichte (1890-1920) des Archivs für westfälische Volkskunde abgezielt hatte, bildeten die unerwarteten kirchlichen Archivalienfunde aus dem Jahr 1828, deren Einordnung in einen Forschungskontext zur Konfirmationsgeschichte erst noch zu leisten war.

Wie die einzelnen Kapitel der vorliegenden Arbeit dokumentieren, erfolgte der notwendige Forschungsprozess anhand der relevanten Sachkultur und archivalischer Quellen, die Auskunft gaben über den Zeitpunkt und die Wirksamkeit der vom preußischen Staat in Westfalen initiierten Konfirmationsattestvergabe und an denen zu prüfen war, inwieweit die Einführung rechtsgültiger Scheine sowohl die Vergabehandlung als auch die Gestaltung des Geschenks der Gemeinde an die Neukonfirmierten begründete und beeinflusste. Kapitel 3 widmet sich dem Traditionsstrang von Konfirmationsbescheinigungen mit rechtsgültigem Charakter, Kapitel 4 erarbeitet die konkreten, auch regionaltypischen Attestvergabeformen seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und bezieht hierbei zunehmend die Perspektive der Nutzer, also der Konfirmierten mit ein. Das Schlusskapitel zeigt dann schlaglichtartig die Entwicklung auf, die die Denkspruchzusagen und Scheinvergaben in Westfalen im 20. Jahrhundert und damit nach der ersten Herausbildung einer brauchgemäßen Handhabung nahmen.

Bald nach der Regierungsverordnung von 1828 war die Einführung der Konfirmationsatteste, die durch die Pfarrer zu übergeben waren, flächendeckend geschehen. So konnte die Mindener Kreissynode 1838 befriedigt feststellen: \“Die Erteilung der Konfirmationsscheine ist ohne Zweifel im allgemeinen Gebrauch\“. In regelmäßigen Gemeindeberichten ließen sich die Synoden jedoch über die korrekte Attestvergabe unterrichten. Betrachtet man die Konfirmationsscheine insgesamt als Quellengruppe, so liefern zwar aus dem Besitz der Konfirmierten überkommene Atteste den einzig sicheren Beweis für deren Austeilung, es mangelt jedoch an Einzelbelegen, um repräsentativere Aussagen über die Etablierung der Vergabe machen zu können. Auch mangelt es an Informationen auf den Attesten, durch die die Gelegenheit der Übergabe ermittelt werden könnte. Als insgesamt gering bewertet die Autorin den Informationsgewinn, der sich isoliert aus der Sachkultur zum Thema erzielten lässt.

Dass die Konfirmationsatteste sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablieren konnten, führt Schönebeck darauf zurück, dass sie in vielen Gemeinden durch besondere Vergabesituationen mit einer anderen Bedeutung aufgeladen wurden. In diesen Fällen verteilten die Prediger die Atteste in brauchgemäßen Abschiedssituationen, die sich um ein letztes Zusammenkommen von Konfirmator und Konfirmanden gebildet hatten, oder sie inszenierten eine Abschiedsszene etwa am Ende des Gottesdienstes neu. Dadurch konnten die Konfirmationsatteste als Mitgaben des Pfarrers aufgefasst und zu Erinnerungsstücken werden.

Info:
Christine Schönebeck:
Denkspruch und Konfirmation. Zur Geschichte der Konfirmation in Westfalen
(Beiträge zur Westfälischen Kirchengeschichte; 27) Bielefeld (Luther-Verlag) 2005, 496 S., 36,90 Euro
ISBN 3-7858-0448-2

BMBF fördert Langzeitarchivierung für digitale Daten

Digital auf elektronischen Datenträgern vorliegende Informationen können derzeit nur schwer über Jahre gespeichert werden. Im Interesse von Wissenschaft und Forschung muss diese komplexe Aufgabe mit innovativer Technik bewältigt werden. Unter Leitung der Deutschen Bibliothek wurde jetzt erstmals ein neues System zur digitalen Langzeitarchivierung erfolgreich getestet. Es könne problemlos in bestehende Bibliothekssysteme integriert werden, teilte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit.

Das BMBF förderte die erste Phase des so genannten \’kopal-Systems\‘ (www.kopal.langzeitarchivierung.de) mit 4,2 Millionen Euro. Es soll auf der CeBIT 2006 öffentlich vorgestellt werden. Dabei sollen dem Publikum die Aufgaben und Funktionen eines Langzeitarchivs digitaler Informationen mit einem \’kopal-Demonstrator\‘ anschaulich und greifbar vermittelt werden.

Das Projekt \’kopal\‘ (Kooperativer Aufbau eines Langzeitarchivs digitaler Informationen) widmet sich der langfristigen Bewahrung und Bereitstellung digitaler Daten. Dabei kooperieren die Deutsche Bibliothek, die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, die Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen und die IBM Deutschland GmbH. Das von ihnen entwickelte System soll künftig mit standardisierten Schnittstellen kooperativ betrieben werden.

Hierzu wird die Software für die Einspeisung in das System und die Abfrage von archivierten Objekten als Open Source-Lizenz veröffentlicht. Die kopal-Tools ermöglichen eine einfache und skalierbare Einspeisung der Daten in das Archiv und einen komfortablen Zugriff auf die archivierten Materialien. Die Entwicklung von Komponenten für Administration und Error-Tracking wird derzeit vorbereitet.

Das übergreifende Kompetenznetzwerk zur Langzeitarchivierung \’nestor\‘ (www.langzeitarchivierung.de) soll die langfristige Verfügbarkeit digitaler Quellen in Deutschland sicherstellen. Damit soll die Bedeutung und Dringlichkeit der Problematik gefördert und die praktischen Aktivitäten zur Problemlösung in Deutschland bereichsübergreifend (Bibliotheken, Archive, Museen, Datenzentren) dargestellt werden.

Kontakt:
Die Deutsche Bibliothek
Reinhard Altenhöner
Adickesallee 1
60322 Frankfurt am Main
Tel. 069/15251700
altenhoener@dbf.ddb.de

Quelle: Pressemitteilung, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), 16.12.2005

Arbeitskreis Archive im Rhein-Neckar-Dreieck

Im Schnittpunkt der drei Länder Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz liegt einer der größten deutschen Ballungsräume: die Metropolregion Rhein-Neckar – das selbst ernannte \“Chancenreich\“. 123 Archive aus der gesamten Region haben sich im Rhein-Neckar-Dreieck zu einem Arbeitskreis zusammengefunden. Neben Kommunen, Landkreisen, Kirchen, neben den Ländern, Unternehmen und Handelskammern sind auch Archive der Industrie und der Universitäten, von Institutionen und weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen vertreten. Daneben gehören Museen wie das LTA Mannheim zum AK Archive.

Schon seit 1995 existiert der Arbeitskreis Archive unter dem Dach des Rhein-Neckar-Dreiecks e.V.. Den räumlichen Bezug bildet die aus der alten Kurpfalz hervorgegangene gewachsene Kulturlandschaft zwischen Rhein und Neckar. Der Arbeitskreis arbeitet mit dem Ziel, die länderübergreifende Zusammenarbeit der Archive in Nordbaden, Südhessen und der Pfalz zu verstärken und – gerade auch in Zeiten schwindender Ressourcen – Kräfte zu bündeln sowie Synergieeffekte freizusetzen.

Über den praxisnahen wie problemorientierten Erfahrungsaustausch hinaus gilt das übergeordnete Interesse dem Aufbau und der Entwicklung eines Regionalbewusstseins. Diesem Anspruch dient die aktive Förderung der regional- wie lokalgeschichtlichen Forschung durch Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte. Die Öffentlichkeit auf diese Weise mit den Aufgaben der Archive und insbesondere ihrem Nutzen für Bürgerinnen und Bürger besser vertraut zu machen, ist ein weiteres wesentliches Anliegen des Arbeitskreises.

Die Wurzeln des AK Archive gehen zurück auf eine Initiative von kollegial verbundenen Archivaren. Ihre Initiative ist entstanden aus der Erfahrung und dem Motiv, archivische Alltagsprobleme sachadäquater und effizienter im Miteinander der Archivkolleg(inn)en anzugehen und dabei zugleich den Nutzen der Archive für die Allgemeinheit in der Öffentlichkeit umso stärker zur Geltung zu bringen. So fanden bereits in den 1980er Jahren zunächst eher facharchivischen Themen gewidmete gemeinsame Informations- und Fortbildungsveranstaltungen statt.

1990 organisierten sich vorzugsweise nordbadische Archive dann im Arbeitskreis der \“Kommunalarchive zwischen Rhein und Neckar\“, der die Aktivitäten im erweiterten Teilnehmerkreis und mit einer beim Archiv des Rhein-Neckar-Kreises angesiedelten Geschäftsstelle fortsetzte. Als Ergebnis wurde 1992 ein Archivführer \“Kommunale Archive zwischen Rhein und Neckar\“ vorgelegt, der schon bald vergriffen war.

1994/95 kooperieren die Archive der Region erneut. Sie präsentieren im Rahmen des überregionalen Kulturprojekts \“Widerstreit der Bilderwelten – Kunst und Kultur der 20-er Jahre\“ eine viel beachtete gemeinsame Wanderausstellung \“Zerrissene Lebenswelten – Alltag im Rhein-Neckar-Dreieck der 20-er Jahre\“ mit Begleitkatalog. Die positive Bilanz dieser Aktion motivierte die Archive in nunmehr engerem Zusammenschluss unter dem Dach des Rhein-Neckar-Dreick e.V. zu weiteren Gemeinschaftsprojekten. So erschien zum 150. Jahrestag der badisch-pfälzischen Revolution 1848/49 ein Biografienband \“Der Rhein-Neckar-Raum und die Revolution von 1848/49. Revolutionäre und ihre Gegenspieler\“. Zudem wurde gemeinsam mit dem Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim der \“ZeitZug 1848\“ erarbeitet, eine auf Schienen durch ganz Deutschland rollende Wanderausstellung, die zum Publikumsmagneten avancierte.

Kontakt:
Arbeitskreis Archive im Rhein-Neckar-Dreieck e.V.
Dr. Martin Krauß (Vorsitzender des Arbeitskreises)
Unternehmensarchiv Bilfinger Berger AG
Tel. 0621/459-2205
mkau@bilfinger.de

Quelle: Wir über uns, Das Geistreich / Das Chancenreich (Metropolregion Rhein-Neckar).

Digitale Langzeitarchivierung im Gesundheitswesen

In Deutschlands Krankenhäusern, Arztpraxen, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen werden jedes Jahr rund 5 Milliarden neue Dokumente erzeugt, deren langfristige Archivierung geschätzte 2,5 Milliarden Euro jährlich kostet. Gesetzliche Vorgaben regeln, wie lange die Dokumente verfügbar sein müssen. Digital erfasste Daten werden seit einigen Jahren mit elektronischen Signaturen versehen, um ihre Rechts- und Revisionssicherheit zu gewähren.

Genau wie ihre Vorgänger in den Aktenschränken werden diese digitalen Unterlagen teilweise 30 Jahre und länger aufbewahrt und unterliegen dabei auch den gleichen Auflagen und Vorschriften. Prof. Dr. Paul Schmücker, Informatiker an der Hochschule Mannheim, erläutert die Probleme, die bei der Langzeitarchivierung digitaler Daten im Gesundheitswesen entstehen: \“Wir erzeugen elektronische Signaturen mit Hilfe so genannter kryptographischer Algorithmen, die ihre Sicherheitseignung relativ schnell verlieren können. Die Signaturen müssen immer wieder aufgefrischt werden, damit sie mit neueren Rechnern nicht manipuliert werden können. Signaturzertifikate müssen bei Zertifizierungsdiensteanbietern besorgt und gespeichert werden, weil die Zertifikate nur zeitlich begrenzt prüfbar sind. Gerade bezüglich der Signaturerneuerung und der Verifikationsdaten sind aber die verfügbaren Signaturstandards noch völlig unzureichend.\“

Im Rahmen des Forschungsprojekts \“ArchiSig\“ (www.archisig.de), an dem Prof. Dr. Schmücker für die Hochschule Mannheim als Projektpartner beteiligt ist, wurde eine wirtschaftliche Lösung zur automatisierten Verwaltung der digitalen Signaturen entwickelt, mit der die rechtliche Anerkennung der Daten langfristig gesichert werden kann. Die Herausforderung besteht nach Einschätzung Schmückers vor allem im gewaltigen Volumen der digitalen Dokumente und in ihrer Heterogenität: \“In den Krankenhäusern liegen inzwischen geschätzte 20 bis 40 Prozent der Patientendaten in digitaler Form vor und die Dateien decken praktisch das ganze Spektrum gebräuchlicher Formate ab. Unsere Lösungen müssen deshalb prinzipiell auf allen Oberflächen programmübergreifend einsetzbar sein.\“

Zu einer Fachkonferenz mit dem Thema \“Rechtssicherheit bei der elektronischen Archivierung\“ war die interessierte Öffentlichkeit am 13. Dezember 2005 ins Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in Berlin eingeladen (Tagungsinfos als pdf-Download). Schwerpunkte der Konferenz waren neben aktuellen Entwicklungen im computergestützten Dokumentenmanagement und rechtlichen Aspekten in der digitalen Archivierung auch die Ergebnisse aus dem Projekt "ArchiSig" sowie aus den Nachfolgeprojekten, in denen beispielsweise Pilotsysteme für die Anwendung der Archivlösungen realisiert wurden. (z.B.Transidoc: \“Rechtssichere Transformation signierter Dokumente\“, ArchiSafe Langzeitarchivierung: www.archisafe.de).

Schmücker hebt insbesondere die wachsende Bedeutung von Standards für elektronische Signaturen im Gesundheitswesen hervor: \“Die Signaturen wurden erst seit 2001 überhaupt gesetzlich reguliert. Wir müssen jetzt dringend die Defizite in der Standardisierung beseitigen.\“ ArchiSig hat deshalb nationale und internationale Initiativen ins Leben gerufen, mit deren Hilfe diese Lücken geschlossen werden sollen.

Mit einer nicht-kommerziellen Plattform für den interdisziplinären Austausch von Erfahrungen auf allen organisatorischen Ebenen und in allen Bereichen der langfristigen elektronischen Datenverarbeitung und -speicherung gibt das "nestor"-Kompetenznetzwerk zur digitalen Langzeitarchivierung (www.langzeitarchivierung.de) Ärzten und Verwaltungsmitarbeitern aus dem Gesundheitswesen Gelegenheit, sich frühzeitig mit Anforderungen, Aufgabenstellungen und Lösungsmöglichkeiten bei der Langzeitarchivierung zu befassen.

Kontakt:
Die Deutsche Bibliothek
Hans Liegmann (Projektleiter nestor)
liegmann@dbf-ddb.de
Tel. 069 /1525-1141
www.langzeitarchivierung.de

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
Prof. Dr. Paul Schmücker
p.schmuecker@hs-mannheim.de
Tel. 0612 / 292-6206
www.informatik.hs-mannheim.de/aku

Quelle: Pressemitteilung, nestor – Kompetenznetzwerk Langzeitarchivierung, Frankfurt am Main, 14.12.2005

Archivführer Münster

Zu den teilweise schon Jahrhunderte alten Einrichtungen in der Stadt Münster gehören die Archive. Diese Archive der Stadt gehören unterschiedlichen Institutionen wie Universität, Landschaftsverband Westfalen-Lippe oder dem Bistum an. Anders als bei Büchern in Bibliotheken handelt es sich bei Archivgut um Unikate, also um Dokumente, die nur ein einziges Mal an einem bestimmten Ort vorhanden sind. Das macht es für Interessierte nicht immer leicht, am richtigen Ort die Spur in die Vergangenheit aufzunehmen.

Denn Archive sind auch als öffentliche Bildungseinrichtungen und Informationszentren für viele historische Fragen allen stadtgeschichtlich Interessierten zugänglich. Neben der gesetzlichen Verpflichtung zur Aufbewahrung wichtiger Dokumente haben sie auch die Aufgabe, die in den Archiven aufbewahrten Informationen einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Entsprechend \“vernetzt\“ arbeiten jetzt Münsters fünf große Archive: das Stadtarchiv, das Landesarchiv NRW Staatsarchiv Münster, das Bistumsarchiv, das Westfälische Archivamt und das Universitätsarchiv. Auch fünf weitere kleine Archive und Dokumentationsstellen sind beteiligt.

Wo gibt es verlässliche Informationen über das mittelalterliche Münster, über die Entstehungsgeschichte der Universität oder über den Bau einer bestimmten Kirche? Wo werden alte Zeitungen und Fotos aufbewahrt? Wo finden sich Unterlagen zur Geschichte des Bistums Münster, der ehemaligen Territorien Westfalens und der staatlichen Stellen in den Regierungsbezirken Arnsberg und Münster? Wie gelingt der Zugang zu Adelsarchiven der Region?

Auf Fragen wie diese finden sich in den einzelnen Archiven Antworten. Wo die Spezialisten bestimmter Fachbereiche zu finden sind, haben die Archive jetzt in einem Faltblatt mit dem Titel "Archivführer Münster" zusammengefasst. Dort sind auch die Bestände der einzelnen Häuser aufgeführt, so dass der Geschichtsforschende gezielt \“sein\“ Archiv aufsuchen kann. Das alte Siegel der Stadt Münster und eine CD-Rom auf der Titelseite machen deutlich, wie weit der zeitliche Bogen in Münsters Archiven geschlagen wird. 

So finden die Interessierten auf einen Blick Anschrift, Telefonnummern und E-Mail-Adresse sowie Öffnungszeiten der Archive. Besonders wichtig sind die unterschiedlichen Zuständigkeiten der Häuser. Jedes der genannten Archive ist für die Aufbewahrung ausgewählter Schrift- und Tondokumente bestimmter Bereiche zuständig. Wo sich Unterlagen befinden, ist mit Hilfe des Faltblattes nun einfach zu ermitteln. 

Das Faltblatt richtet sich an alle, die sich für die Geschichte der Stadt und der Region interessieren. Nicht nur für Wissenschaftler ist dieser Führer eine wertvolle Hilfe. Auch historisch Interessierten ermöglicht das Faltblatt einen raschen Überblick über die Archivlandschaft, ihre Zuständigkeiten und Aufgaben. 

Quelle: Pressemitteilung, Stadt Münster, Presse- und Informationsamt, 14.12.2005

Stadtarchiv Grevesmühlen zieht um

Das Stadtarchiv Grevesmühlen, das zwischen 1970 und 1993 unregelmäßig besetzt war, hat seit 1994 eine hauptamtliche Leitung. In Bezug auf die städtische Aktenüberlieferung Grevesmühlens gab es vermutlich in den 1950er Jahren umfangreiche Archivgutvernichtungen. Zeitweise wurde ein Teil des Archivgutes auf den Boden des Stadthauses ausgelagert.

Wie der Bürgermeister von Grevesmühlen (Mecklenburg-Vorpommern) jetzt bekannt gab, muss das Grevesmühlener Stadtarchiv umziehen. Künftig sollen die Archivalien in einer seit Jahren leerstehenden ehemaligen Berufsschule aufbewahrt werden. Montag beginnt der Umzug; ein Teil der Akten ist bereits verpackt.

Grund für die Aktion ist der Umzug der ARGE in das alte Rathaus zum 1. Februar 2006. Genau im dortigen Keller befindet sich derzeit aber noch das Stadtarchiv. Zwar hieß es ursprünglich, dass die ARGE nur eine begrenzte Anzahl der Räume anmieten würde, jetzt jedoch wird das komplette Gebäude gebraucht. Für das neue Domizil des Stadtarchivs, die ehemalige Berufsschule in der Rosa-Luxemburg-Straße, lag bis dato kein Nutzungskonzept vor.

Kontakt:
Stadt Grevesmühlen
Der Bürgermeister
Hauptamt -Archiv-
Rathausplatz 1
23936 Grevesmühlen 
Tel. 03881/723109 
Fax: 03881/723111
h.john@grevesmuehlen.de

Quelle: Michael Prochnow, Lübecker Nachrichten, 14.12.2005