Bildung des Stadthistorischen Zentrums Bonn beschlossen

Stadtarchiv, Stadtmuseum und Gedenkstätte werden zum »Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen«.

Die drei zum Kulturamt der Stadt Bonn gehörenden Institute Stadtarchiv Bonn, Stadtmuseum Bonn und Gedenkstätte sollen gemeinschaftlich und zielgerichtet weiterentwickelt werden. Dafür schließen sie sich ab dem 1.3.2022 unter dem Namen „Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen“ zusammen. Die individuellen Schwerpunkte und Profile der Institute bleiben jeweils erhalten. Der nicht unumstrittene Transformationsprozess wurde am 1.2.2022 im Bonner Kulturausschuss vorgestellt, wie die Stadt Bonn mitteilt. In der Pressemitteilung heißt es weiter:

„Ziel ist es, Querschnittsaufgaben gemeinsam umzusetzen, die uns in den nächsten Jahren beschäftigen werden“, erklärt Dr. Birgit Schneider-Bönninger, Dezernentin für Sport und Kultur. „Darunter fallen zum Beispiel die Digitale Transformation, Erinnerungskultur, Bildungsarbeit oder Umzüge, die alle Institute gleichermaßen betreffen.“ Das neue Zentrum soll Bonner Bürger*innen, Initiativen, Vereinen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Verwaltung und Politik vielfältige Möglichkeiten bieten, Stadtgeschichte zu erforschen, zu erfahren und zu erleben. Ein besonderer Fokus soll dabei auf dem Thema „Erinnerungskultur“ und der Weiterentwicklung vorhandener Erinnerungskonzepte liegen.

Erinnerungskultur leistet einen wesentlichen Beitrag für den Erhalt demokratischer Werte. Sie sensibilisiert für Zivilcourage und fördert Vielfalt und Teilhabe in der Stadtgesellschaft. Um diese Aspekte weiter zu stärken, braucht sie eine wissenschaftliche Basis. Diese ist unter anderem mit Forschungen im Stadtarchiv gegeben.

Jedes der drei Institute behält im Zentrum für Stadtgeschichte eine eigene wissenschaftliche Leitung und die individuellen, fachspezifischen Schwerpunkte. Die Bündelung der städtischen Gedächtnisinstitutionen soll zahlreiche Synergien schaffen, etwa:

  • Gemeinsame Nutzung von Einrichtungen wie Lesesaal, Seminar-, Vortrags- und Ausstellungsräumen für die auszubauende historische Bildungsarbeit
  • Gemeinsamer pädagogischer Dienst: Entwicklung gemeinsamer geschichtspädagogischer Programme und Vermittlungsprojekte, Integration der Erinnerungskultur in lokale Bildungskonzepte
  • Zusammenführung von Sammlungen, zum Beispiel eine gemeinsame Bonner Fotothek
    Gemeinsame Veranstaltungs- und Ausstellungsformate und wissenschaftliche Publikationen
  • Übergreifende Einbindung der freien Szene Stadtgeschichte (Vereine, Heimatmuseen etc.) in die Arbeit des Zentrums
  • Effiziente Vermeidung von Arbeitsdopplungen durch institutsübergreifende themen- und fachbezogene Querschnittsteams
  • Implementierung einer agilen Organisationsstruktur und -kultur, um schneller auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren zu können

Die Stelle für die Leitung des Zentrums wurde im Dezember 2021 intern ausgeschrieben. Die Vorstellungsgespräche haben in der vergangenen Woche stattgefunden. Mit der Entscheidung ist in Kürze zu rechnen.


Abb.: In Bonn herrscht Freude. Ausschnitt aus der städtischen Webseite www.bonn.de.

Hintergrund und gemeinsame Herausforderungen
In Bonn wird das kulturelle Gedächtnis in verschiedenen Institutionen in städtischer und nicht-städtischer Trägerschaft intensiv gepflegt. Der Schwerpunkt dieser Pflege liegt auf den jeweiligen Sammlungen. Diese beinhalten das Bewahren und Erschließen, die wissenschaftliche Aufarbeitung sowie Präsentation und Vermittlung des kulturellen Erbes für die Gegenwart und nachfolgenden Generationen.

Stadtarchiv Bonn und Stadtmuseum Bonn verkörpern – jedes auf seine Weise – das kulturell-historische Selbstverständnis der Stadt und sind Hort des kollektiven Gedächtnisses. Zugleich sind sie „Arenen“ aktueller Diskurse sowie Orte der Reflexion über die Geschichte und Zukunft der Stadt. Die Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus ist seit Januar 2021 in städtischer Trägerschaft und im Stadtarchiv integriert.

Vor den Einrichtungen des Bonner Stadtgedächtnisses liegen die gleichen, großen Herausforderungen:

  • Die künftigen Standorte (Umzug des Stadtarchivs in die Pestalozzischule und Magazinneubau, Umzug der Gedenkstätte nach Endenich, Auszug des Stadtmuseums aus dem Viktoriakarree)
  • Die voranschreitende Digitalisierung und
  • die Notwendigkeit einer lebendigen Geschichtsvermittlung, die neue Zielgruppen für Geschichte begeistern, aber auch einen Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie leisten soll.

Archive und Museen sowie die engagierten Heimat- und Geschichtsvereine sind in besonderer Weise geeignet, den historisch-kulturellen Reichtum des Bonner Raumes ins Bewusstsein zu rücken. Mit dem Zentrum soll die Sichtbarkeit der drei städtischen Gedächtnisinstitutionen gestärkt und das kulturelle Erbe einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Kontakt:
Bundesstadt Bonn
Kulturamt
Amt 41
53103 Bonn
Tel.: 0228 774467
kulturamt@bonn.de

Quelle: Stadt Bonn, Pressemitteilung, 2.2.2022

Urkundenbestand »Archivum Commune« im Staatsarchiv Rudolstadt überarbeitet

Die Webpräsenz des Staatsarchivs Rudolstadt wurde auch im Jahr 2021 im Interesse der Benutzerinnen und Benutzer weiter angereichert. So konnten einige Bestände erstmalig auf dem Thüringer Archivportal zugänglich gemacht werden, andere wurden überarbeitet und um wichtige Angaben und Eckdaten ergänzt. – Den wichtigsten Neuzugang stellt sicher der Bestand des „Archivum Commune“ dar, dessen Ursprung sich bis in das Jahr 1357 zurückverfolgen lässt.


Abb.: Älteste Urkunde des „Archivum Commune“ aus dem Jahr 1242: Belehnung des Grafen Dietrich von Hohnstein mit Oberspier durch den Erzbischof Siegfrid von Mainz (Foto: Landesarchiv Thüringen).

Mit dem Ilmer Vertrag aus dem Jahr 1599 wurde der Grundstein der Spezial- bzw. Hausarchive in Rudolstadt, Frankenhausen, Sondershausen und Arnstadt gelegt. Durch die wiederholten Teilungen des Schwarzburgischen Grafenhauses kam es ebenfalls zu ständigen Neuaufteilungen der hauseigenen Urkundenbestände im Spätmittelalter, die wegen der mit dem Besitz der Urkunden verbundenen Sicherung von Ansprüchen u.a. zu einem 1417 vor dem Hofgericht in Konstanz abgehaltenen Prozess führten. Das „Archivum Commune“ wurde angelegt, um alle Urkunden über die gemeinsamen schwarzburgischen Angelegenheiten zusammenzuführen, ohne dass damit jedoch letzte Folgerichtigkeit erzielt wurde.


Abb.: Mehr als 50 Königsurkunden gehören zum „Archivum Commune“, und nur wenige Siegel sind so gut erhalten geblieben wie das abgebildete von 1361, als Kaiser Karl IV. die Grafen von Schwarzburg mit Saalfeld, Könitz und Rudolstadt belehnte (Foto: Landesarchiv Thüringen).

Die in dem Bestand enthaltenen Urkunden (Lehnbriefe, Bestallungen, Eheberedungen, Kaufbriefe, Stadt- und Marktrecht, Jagdgerechtigkeiten, Grenzangelegenheiten, Zahlungsversprechen usw.) wurden nun im internen Archivprogramm mit ihren Bilddateien verknüpft. Jede der ca. 760 Urkunden ist demzufolge auch als Digitalisat verfügbar und kann – zunächst nur vor Ort im Archiv – in dieser Form eingesehen werden. Die überarbeiteten Verzeichnungseinheiten wurden mit weiterführenden Literaturangaben und Links zur digitalen Urkundensammlung der Regesta Imperii versehen und können nun im Archivportal Thüringen abgerufen werden. Der digitalisierte Urkundenbestand des „Archivum Commune“ soll demnächst auch im Digitalen Archiv des Landesarchivs präsentiert werden.

Kontakt:
Landesarchiv Thüringen
Staatsarchiv Rudolstadt
Schloss Heidecksburg
07407 Rudolstadt
Telefon / Fax / Mail
Telefon: +49 (0) 36 72/43 19-0
Telefax: +49 (0) 36 72/43 19 31
rudolstadt@la.thueringen.de
https://landesarchiv.thueringen.de/rudolstadt/

Quelle: Landesarchiv Thüringen, Aktuelles, 4.1.2022

zwangs sterilisiert. Eingriffe in die Menschenwürde in Düsseldorf 1934-1945

Neue Sonderausstellung in der Mahn- und Gedenkstätte in Kooperation mit dem Stadtarchiv Düsseldorf.

Zu den „vergessenen Opfern“ der NS-Diktatur gehören bis heute diejenigen Menschen, die einer Zwangssterilisation unterzogen wurden. Die „Unfruchtbarmachung“ von Männern und Frauen, die man als angeblich „erbkrank“ und als Gefahr für die „Rassenhygiene“ des deutschen Volkes einstufte, war keine Randerscheinung: Zwischen 1934 und 1945 wurden alleine in Düsseldorf tausende Menschen Opfer dieses entwürdigenden Eingriffs. Gemeinsam mit dem Stadtarchiv Düsseldorf und in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt der Landeshauptstadt widmet sich die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf vom 1. Februar bis 6. Juni 2022 in einer Sonderausstellung diesem Thema.


Abb.: Blick in die Sonderausstellung „zwangs sterilisiert. Eingriffe in die Menschenwürde in Düsseldorf 1934-1945“ (Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Melanie Zanin)

Allein im Stadtarchiv Düsseldorf haben sich über 3.200 Akten des damaligen „Erbgesundheitsgerichtes“ erhalten. Das eigens eingerichtete „Erbgesundheitsgericht“ an der Mühlenstraße entschied über das weitere Leben der Betroffenen. Vielfach waren es Wohlfahrtsämter, Heime oder Pflegeanstalten, die als „erbkrank“ stigmatisierte Menschen anzeigten. Die Maschinerie, die mit einer „Meldung“ beim Gesundheitsamt einsetzte und dann nach mehreren Instanzen bis in den OP-Saal führte, wurde von zahlreichen Verantwortlichen in Gang gesetzt: Amtsärzte, Juristen und Behördenvertreter, Vormünder und Anstaltsleiter, Hausärzte und Psychiater wirkten an diesen Vorgängen aktiv mit.

Hinter jeder der Akte im Stadtarchiv steht eine betroffene Person, manchmal auch ganze Familien, die von der NS-Idee eines „gesunden Volkskörpers“ heimgesucht wurden und meist der Zwangssterilisierung zum Opfer fielen. Dieses über viele Jahre wenig beachtete Kapitel der NS-Zeit, das auch ein Vorläufer der vom NS-Staat durchgeführten „Krankenmorde“ war, wurde anhand lokaler und regionaler Quellen untersucht, aufbereitet und im Rahmen der Sonderausstellung zusammengetragen. Auf großformatigen Tafeln im Hinterhaus der Gedenkstätte werden die strukturellen Bedingungen, die Mitwirkenden und deren Entscheidungsgrundlagen vorgestellt. Immer wieder werden einzelne Beispiele von Menschen vor Augen geführt, die zwangssterilisiert worden waren. Eine Einführung in die nationalsozialistische „Rassenhygiene“ und in rassistische Körperkonzepte sowie ein Ausblick auf das Weiterleben von Täter wie auch von Betroffenen ergänzen die Ausstellung.

Zur Ausstellung erscheint im März 2022 der neue Band der „Kleinen Schriftenreihe der Mahn- und Gedenkstätte“: Band 11 (herausgegeben vom Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e.V. und dem Evangelischen Kirchenkreis Düsseldorf). Bastian Fleermann/Benedikt Mauer: „zwangs sterilisiert. Eingriffe in die Menschenwürde in Düsseldorf 1934-1945“. Erhältlich für 7 Euro in der Gedenkstätte, im Buchhandel und im DROSTE-Verlag (ISBN 9-783-7700-6047-4).

Die Ausstellung ist für interessierte Besucherinnen und Besucher ab Dienstag, 1. Februar 2022, in der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf zu sehen. Die Öffnungszeiten: dienstags bis freitags und sonntags von 11 bis 17 Uhr, samstags von 13 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Es gilt die 2G-Regel. Führungen für Kleingruppen müssen vorab telefonisch unter 0211-89-96205 angemeldet werden.

Kontakt:
Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf
Mühlenstraße 29
40213 Düsseldorf
Tel.: 0211-89-96205

Stadtarchiv Düsseldorf
Worringer Strasse 140
40200 Düsseldorf
Tel. 0211- 8999230
Fax 0211- 8929155
stadtarchiv@duesseldorf.de

Quelle: Stadt Düsseldorf, Medieninformation (Redaktion: Valentina Ilgenstein), 31.1.2022

Kriegsgefangene Franzosen als Zwangsarbeiter beim Ems-Vechte-Kanalbau 1870/71

Archivalie des Monats Januar 2022 des Stadtarchivs Lingen.

Überlegungen zum Bau des Ems-Vechte-Kanals hatte es bereits seit den 1830er Jahren gegeben. Der neue Kanal sollte die Ems bei Hanekenfähr südlich von Lingen mit der Vechte in Nordhorn verbinden. Doch machte man sich nach dem Kriegsausbruch im Juli 1870 wenig Hoffnung auf baldige Realisierung – was sich jedoch bereits nach wenigen Monaten ändern sollte.


Abb.: Der Ems-Vechte-Kanal bei Hanekenfähr. Das Foto entstand 1909 (Stadtarchiv Lingen, Fotosammlung, Nr. 3009).

Aus der letztlich entscheidenden Schlacht des Deutsch-Französischen Krieges gingen Anfang September 1870 die deutschen Truppen bei Sedan siegreich hervor. 21.000 Soldaten des französischen Heeres gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nach der bald darauf erfolgten Kapitulation der französischen Armee wurden weitere 86.000 Franzosen gefangengenommen und zum Arbeitseinsatz ins Deutsche Reich deportiert.

Nunmehr konnte auch der Osnabrücker Landdrost Konstantin von Quadt ankündigen, dass zum Bau des Kanals französische Kriegsgefangene herangezogen werden würden. Es galt, ein fast 22 Kilometer langes Kanalbett mit einer Sohlenbreite von 8,50 Metern und einer Tiefe von knapp 2 Metern auszuheben. Zum Bau eines linksemsischen Kanalsystems wurden umgehend drei Gefangenenlager errichtet, eines in Papenburg, eines in Emmeln und das dritte in Hanekenfähr. Es erhielt den Namen „Neu-Sedan“. Weitere Baracken entstanden auf der Arbeitsstrecke entlang des anvisierten Kanalverlaufs. Die ersten jeweils 1050 für Lingen bestimmte Kriegsgefangenen erreichten am 6. und am 8. Oktober 1870 Lingen. Das für 2.100 Personen konzipierte Lager in Hanekenfähr war damit voll belegt. Mit den Kriegsgefangenen kam auch eine starke Wachmannschaft zu ihrer Beaufsichtigung in die Stadt. Ihre Soldaten wurden größtenteils bei der Lingener Bevölkerung einquartiert.

Für die Lingener war die Ankunft der französischen Soldaten eine Attraktion. Lingener Schiffseigentümer boten kostenpflichtige Vergnügungsfahrten zum Kriegsgefangenenlager an. Auf Wunsch legte sogar der Zug bei Hanekenfähr einen außerplanmäßigen Zwischenstopp ein. Und die Lagerleitung verkaufte Eintrittskarten zum Besuch des Lagers. Viele Franzosen schnitzten kleine Kunstgestände, mit denen sich Handel treiben ließ. Mitte November 1870 wurde das Lager allerdings wieder für den Publikumsverkehr geschlossen, aus Sicherheitsgründen, und auch aufgrund der schlechten hygienischen und baulichen Zustände bei winterlichen Temperaturen.

Rund die Hälfte der Soldaten, die die Lingener Kriegsgefangenschaft nicht überlebten, starb an Typhus. Auch die Ruhr und Lungenentzündungen forderten regelmäßig Opfer. Allein bis Ende des Jahres 1870 starben 23 Kriegsgefangene. Ihre Zahl sollte weiter steigen. 101 verstorbene Kriegsgefangene fanden auf dem Alten Friedhof ihre letzte Ruhe.


Abb.: Das Denkmal zur Erinnerung an die verstorbenen französischen Kriegsgefangenen auf dem Alten Friedhof (Foto: Stadtarchiv Lingen).

Bereits einen Monat vor dem Friedensschluss am 10. Mai 1871 zur Beendigung des deutsch-französischen Krieges wurde das Lager in Hanekenfähr geschlossen. Im Juni 1871 wurden die Baracken in Hanekenfähr, in Emmeln und Papenburg auf Abriss versteigert.

Den vollständigen Beitrag „Französische Zwangsarbeiter in Hanekenfähr“ der Rubrik „Archivalie des Monats“ findet man auf den Seiten des Stadtarchivs Lingen.

Kontakt:
Stadtarchiv Lingen (Ems)
Baccumer Straße 22
49808 Lingen (Ems)
Tel.: 0591 / 91671-11
stadtarchiv@lingen.de

Quelle: Archivalie des Monats Januar 2022, 4.1.2022

Ein Zehntablösungsbuch aus Hausen an der Würm

Die „Bauernbefreiung“ des 19. Jahrhunderts im Königreich Württemberg war auch im heutigen Weiler Teilort Hausen ein wichtiges Thema. Ein eindrückliches Beispiel für das bereits zur damaligen Zeit ausdifferenzierte Verwaltungshandeln zeigt sich am Hausener „Zehntablösungsbuch“, das vom Stadtarchiv Weil der Stadt als „Archivale des Monats Januar 2022“ vorgestellt wird. Es handelt sich dabei um den ersten Band des „Zehntablösungsbuches“, das aus dem bis 1971 eigenständigen Archivbestand der über Jahrhunderte selbstständigen Gemeinde Hausen an der Würm stammt.


Abb.: Vorwort Zehntablösungsbuch Hausen, 1854 (Foto: Stadtarchiv Weil der Stadt). Das damals von Actuar Hermann abgefasste Vorwort ist für die Seite „Archivale des Monats Januar 2022“ transkribiert worden.

Das Zehntablösungsbuch entstammt dem Jahr 1854 und regelt den Prozess der Zehntablösung verbindlich für alle zur Markung gehörenden Grundstücke bzw. Parzellen. Der sehr gut erhaltene Band im Folioformat steht für eine der grundlegendsten Reformen des 19. Jahrhunderts, die in der heutigen Weiler Teilgemeinde Hausen das Leben der einfachen Landbevölkerung entschieden veränderte.

Zum historischen Hintergrund
»Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren die Bauern Württembergs durch das aus dem Mittelalter kommende Feudalsystem unfrei in vielerlei Hinsicht. Neben der Leibeigenschaft war die Grundherrschaft eines der Elemente der damaligen Agrarverfassung. Der Zehnt war dabei Bestandteil dieser überkommenen Agrarverfassung und bezeichnete die an den Grund gebundene Abgabe (den zehnten Teil) in Form von Naturalien die der Bewirtschafter (der Bauer) an den Eigentümer (den Grundherrn) zu leisten hatte. Dabei wurde in verschiedene Zehntarten unterschieden, so gab es den Großzehnt für die „klassische“ Feldfrucht, das Getreide, und den kleinen Zehnt für Gemüse und Früchte der Gärten. Mancherorts gab es auch den Heuzehnt sowie den Weinzehnt, weiterhin wurde zwischen „Altzehnt“ und „Novalzehnt“ unterschieden, auch der so genannte „Blutzehnt“ auf tierische Produkte taucht bisweilen auf.

Nachdem in Baden die Leibeigenschaft bereits Ende des 18. Jahrhunderts (1783) abgeschafft wurde, bestand der Zehnt dort bis 1820 weiter. In Württemberg hingegen wurden die oftmals als „Bauernbefreiung“ bezeichneten Reformen durch das Zweite Organisationsedikt König Wilhelms I. vom November 1817 eingeleitet. Der Reformprozess zog sich jedoch durch den erwartbaren Widerstand der Grundherren über mehrere Jahrzehnte hin und wurde letztlich erst durch die Revolutionsbewegung des Jahres 1848 und den daraus resultierenden Gesetzen vom 14. April 1848 sowie vom 17. Juni 1849 abgeschlossen.«

Kontakt:
Stadtarchiv Weil der Stadt
Stadtarchivar Mathias Graner
Kapuzinerberg 1
71263 Weil der Stadt
Tel.: 07033 309188
Fax: 07033 309190
stadtarchiv@weilderstadt.de

Quelle: Weil der Stadt, Archivale des Monats Januar 2022, 4.1.2022

Dokumente und Briefe der jüdischen Geschichte in Moers

85 Kennkarten jüdischer Moerser Bürgerinnen und Bürger und private Briefe, die die letzten Wochen einer jüdischen Familie bis zu ihrer Deportation 1941/42 dokumentieren – aktuelle Recherchen förderten wichtige Dokumente zur jüdischen Geschichte der Stadt zu Tage. Durch intensive Zusammenarbeit von Grafschafter Museum und Stadtarchiv Moers, das zur Bibliothek Moers gehört, wurden die Dokumente im Stadtarchiv aufgespürt. Bibliotheksleiterin Ursula Wiltsch freut sich über die gelungene und wichtige Zusammenarbeit.


Abb.: Diana Finkele (Leiterin Grafschafter Museum), Daniela Gillner (Leiterin Stadtarchiv Moers) und Ursula Wiltsch (Bibliotheksleiterin) (v.l.) präsentieren die wichtigen Dokumente, die im Stadtarchiv Moers aufgespürt worden sind (Foto: Stadt Moers)

Anlass war die Recherche von Museumsleiterin Diana Finkele zu Hermann Bähr und seiner Familie. Durch Unterstützung von Archivleiterin Daniela Gillner und Archivmitarbeiterin Alena Saam wurden nicht nur Fotos und Informationen zu Familie Bähr gefunden, sondern die Kennkartenanträge von jüdischen Moerser Bürgerinnen und Bürgern. „Damit hat das Stadtarchiv wichtige Unterlagen zur jüdischen Geschichte während der NS-Zeit mit verlässlichen Angaben wie Wohnort, Adresse und Beruf der jüdischen Bürgerinnen und Bürger, die Ende 1938 noch in Moers wohnten. Die meisten von ihnen wurden deportiert und ermordet“, erläutert Daniela Gillner, Leiterin des Archivs.


Abb: Beispiel einer Kennkarte, die die beiden diskriminierenden Identifikationsmerkmale aufweist, welche auf den Kennkarten aller deutschen Juden zu finden waren: Das große „J”, das auch schwarz auf der Vorderseite gedruckt wurde, und ein von den Nationalsozialisten angeordneter, ab dem 1. Januar 1939 zu führender Zwangsname – Sara für Frauen und Mädchen, Israel für Männer und Jungen. Verordnet im Juli 1938, mussten alle deutschen Juden bis Ende des Jahres eine Kennkarte beantragen. (Kennkarte von Mirjam Frank, Berlin, 5. Januar 1939, Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Irving und Miriam Klothen, geb. Frank; Foto: JMB).

Seit Juli 1938 galt für jüdische Bürgerinnen und Bürger der Kennkarten-Zwang: Bis 31. Dezember 1938 mussten sie „unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Jude“ eine Kennkarte beantragen. „Das Material ist eine sehr wichtige Quelle für die Aufarbeitung jüdischer Biografien“, ergänzt Diana Finkele. Die fast bei jedem Antrag angefügten Fotos würden der Erinnerung wieder Gesichter geben. Lichtbilder von jüdischen Moerserinnen und Moersern sind sonst leider viel zu wenige erhalten. „So wurden den Menschen damals Eigentum, Leben und letztlich die Erinnerung an sie geraubt“, so Finkele.

Postkarte aus dem Konzentrationslager
„Wir haben den Bestand, in dem sich die Kennkarten befanden, genauer untersucht und weitere wichtige Dokumente zur jüdischen Geschichte entdeckt“, berichtet Diana Finkele weiter. Die Briefe und Postkarten, die vornehmlich von Familie Leyser stammen, zeigen eindrücklich die dramatische Entwicklung der Situation. Familie Leyser hatte eine Metzgerei in der Moerser Innenstadt. Die überlieferten Briefe von Jenny Leyser an ihren Sohn Ernst, dem die Flucht nach Brasilien gelungen war, beginnen im August 1941. Die Briefe spiegeln die zunehmende Verzweiflung der Eltern, aber auch ihre Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihren Kindern: „Dieses Hoffen hält uns aufrecht, so lange wir es durchhalten können.“ Am 25. Oktober appellierte der Vater Siegmund Leyser eindrücklich an seinen Sohn Ernst, die Familie aus Deutschland herauszuholen. Doch zu dem Zeitpunkt war allen Jüdinnen und Juden die Ausreise bereits verboten. „Ich weiß auch nicht, was Vater Euch im letzten Brief geschrieben hat, ich habe nur seine tiefe Erschütterung gesehen und ein solch´ schmerzliches Weinen, wie ich es seit Hermanns Weggang nicht mehr gesehen habe. Ich selbst habe über das Herz gebracht, ruhig liegen zu bleiben und zu tun, als wenn ich es nicht sehn würde“, berichtete Jenny Leiser am 7. November 1941 ihrem Sohn Ernst. Ein Wiedersehen gab es nicht. „Euch Lieben ein herzliches Lebe wohl. Bleibt gesund und alles Gute für die Zukunft.“ Dies schrieb Siegmund Leysers Schwester Helene auf eine Postkarte – am 10. Dezember 1941, der Tag an dem sie, Jenny und Siegmund Leyser und 82 weitere jüdische Bürgerinnen und Bürger aus dem Synagogenbezirk Moers nach Riga deportiert wurden. Eine Postkarte von Jenny Leysers Schwester Alwine Meier kam sogar aus dem KZ Theresienstadt.

„Die Dokumente zeigen aus einer ganz nahen Perspektive, was damals auf der familiären und menschlichen Ebene passiert ist. Das bietet gerade für junge Menschen einen anderen Zugang zu dem Thema“, ist sich die Museumsleiterin sicher. Die Briefe wurden neu transkribiert und kommentiert. Der Beitrag wird in der Jahresgabe des Grafschafter Museums- und Geschichtsverein veröffentlicht. Die Kennkarten werden in Kürze auf der Internetseite des Stadtarchivs Moers abrufbar sein.

Kontakt:
Stadtarchiv Moers
Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrum
Wilhelm-Schroeder-Straße 10
47441 Moers
Telefon: 0 28 41 / 201-737
Telefax: 0 28 41 / 201-760
Stadtarchiv@Moers.de

Grafschafter Museum im Moerser Schloss
Kastell 9
47441 Moers
Telefon: 0 28 41 / 201-6 82 00
Telefax: 0 28 41 / 201-1 66 82 10
grafschafter-museum@moers.de

Quelle: RP Online, 27.1.2022; Stadt Moers, Pressemitteilung, 26.1.2022; Jüdisches Museum Berlin: Kennkarte Mirjam Frank

Gedenkprojekt online von Yad Vashem zum Internationalen Holocaust-Gedenktag

Die Internationale Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem wurde 1953 gegründet. Sie befindet sich in Jerusalem und widmet sich dem Gedenken, der Dokumentation, der Forschung und der Bildung über den Holocaust. Anlässlich des von den Vereinten Nationen erklärten Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust (27. Januar) gibt Yad Vashem der Öffentlichkeit auf der ganzen Welt die Möglichkeit, der sechs Millionen ermordeter jüdischen Männer, Frauen und Kinder online zu gedenken.

Die IRemember Wall
Seit über einem Jahrzehnt erinnert das einzigartige Online-Gedenkprojekt von Yad Vashem, die „IRemember Wall“, an Hunderttausende von Holocaustopfern. Jede Person, die der IRemember Wall beitritt, wird automatisch mit einem der Namen aus Yad Vashems Zentraler Datenbank der Namen der Holocaustopfer verknüpft, die heute mehr als 4.800.000 jüdische Opfer beinhaltet, die im Holocaust ermordet wurden. Ihre Namen erscheinen dann gemeinsam auf der IRemember Wall. Die Teilnehmer können zusätzliche Namen (z.B. eines Familienmitglieds oder einer anderen ihnen bekannten Person) aus der Datenbank auswählen, um ihrer zu gedenken.


Abb.: IRemember Wall von Yad Vashem: https://iremember.yadvashem.org

„Zum Internationalen Holocaust-Gedenktag lädt Yad Vashem erneut die IRemember Wall in sechs Sprachen hoch – Englisch, Hebräisch, Französisch, Spanisch, Deutsch und Russisch“, erklärt Iris Rosenberg, Leiterin von Yad Vashems Kommunikationsabteilung. „Dieses Projekt schafft eine einzigartige Möglichkeit für Menschen auf der ganzen Welt, der Opfer des Holocaust in ihrer eigenen Sprache zu gedenken.“

Neue Online-Ausstellung: Überleben unter falscher Identität

Das Haus in welchem ich wohnte, hatte ausser zwei Familien nur Nazis zu Anwohnern! (…) Der Gruß war ‘Heil Hitler’. Zum Frühstück ‘Heil Hitler’, zum Mittag ‘Heil Hitler’, zum Abend ‘Heil Hitler’ und nachts im Luftschutzkeller ebenfalls ‘Heil Hitler’.

Viele Juden versuchten, sich und ihre Familien vor Verfolgung und Tod zu retten, indem sie gefälschte Papiere verwendeten und so ihre wirkliche jüdische Identität verbergen konnten. Für die meisten war dies ein täglicher Kampf ums Überleben in einer feindlichen Umgebung und erforderte viel Einfallsreichtum und die Fähigkeit, sich immer wieder an neue Umstände anzupassen. Obwohl sie frei waren, lebten sie in ständiger Angst und ununterbrochenen Anstrengungen, sich unsichtbar zu machen und die Bräuche ihrer Umgebung vollständig anzunehmen.

Zum Internationalen Holocaust-Gedenktag lädt Yad Vashem eine neue Online-Ausstellung zu diesem Thema hoch: Die Geschichte von Arje Meir, der zusammen mit seiner Familie unter falscher Identität in Berlin überlebte. Mehr als 2 Jahre lang kämpften sie täglich darum, eine Unterkunft und Essen zu finden und arbeiteten unter falschen Namen in Gelegenheitsjobs.


Abb.: Ausschnitt aus der neuen Online-Ausstellung von Yad Vashem „Remember Your New Name“

„Heute, da die Leugnung und Verharmlosung des Holocaust immer mehr salonfähig werden, angeheizt durch Hass, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, ist es wichtiger denn je, persönliche Geschichten aus der Shoah hervorzuheben“, bemerkt Dani Dayan, Vorsitzender von Yad Vashem. „Wir sind es den Opfern des Holocaust schuldig, ihre Erfahrungen und Stimmen zum Wohle zukünftiger Generationen zu teilen.“

Auf der Website von Yad Vashem findet man weitere Informationen über den Holocaust, über Gedenkaktivitäten zum Internationalen Holocaust-Gedenktag sowie weitere Online-Ausstellungen.

Link: https://www.yadvashem.org/

Kontakt:
Yad Vashem
The Holocaust Martyrs‘ and Heroes‘ Remembrance Authority
P.O.B. 3477
Jerusalem 9103401 Israel

Quelle: Yad Vashekm, Pressemitteilung, 20.1.2022

Baden-Württemberg im Jahr 1968 aus der Luft

Landesarchiv Baden-Württemberg und Stuttgarter Zeitung starten gemeinsames Projekt.

Wie sah Baden-Württemberg 1968 aus der Luft aus und was hat sich im Vergleich zu heute verändert? Gab es mein Haus und meine Straße 1968 schon? Antworten darauf gibt ein breit angelegtes Projekt, das die Stuttgarter Zeitung zusammen mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg und dem Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) realisiert.


Abb.: Die Stadtmitte und der Norden von Stuttgart mit dem Hauptbahnhof 1968. (Bildvorlage: LABW, StAL EL 68 IX 2760; Foto: Landesarchiv Baden-Württemberg)

Für „BW von oben“ hat das Landesarchiv Baden-Württemberg knapp 20.000 hochauflösende, digitalisierte Luftaufnahmen von 1968 in Form eines digitalen Orthophotos beigesteuert. Es bildet – zusammen mit aktuellen Luftbildern des LGL – die Grundlage für eine innovative Karten-Anwendung. Leserinnen und Leser gelangen über eine komfortable Suche zu jeder Adresse in Baden-Württemberg. Mithilfe eines Sliders können sie die Bilder von damals und heute außerdem direkt miteinander vergleichen. Verlinkungen führen auf die entsprechenden Digitalisate im Online-Angebot des Landesarchivs, wo die Bilder von 1968 kostenlos heruntergeladen werden können.


Abb.: Kartenvergleich. In den Ausklapp-Menüs unter dem Kartenfenster kann man die zwei Karten(-dienste) auswählen, die man miteinander vergleichen möchte, hier 1968 und heute (Screenshot von https://www.leo-bw.de/kartenvergleich

Prof. Dr. Gerald Maier, Präsident des Landesarchivs, sagte zum Auftakt des Projektes: „Ich freue mich, dass die Luftaufnahmen durch die Kooperation mit der Stuttgarter Zeitung einem breiten Publikum bekannt gemacht werden. Die Aufnahmen von 1968 wurden auch deshalb digitalisiert, da sie auf eine besondere Art und Weise die Lebenswirklichkeit der ganzen Bevölkerung abbilden. Der Bestand ist ein einzigartiges Bildzeugnis des deutschen Südwestens aus der Vogelperspektive.“

Rund um das Projekt präsentieren die Stuttgarter Zeitung und weitere zur Medienholding Süd GmbH gehörende Zeitungen die historischen Luftbilder in einer Artikelserie. Welche Spuren haben etwa Bauboom, Infrastrukturprojekte und Renaturierungsmaßnahmen im Land hinterlassen? In zahlreichen Beiträgen gehen die Redakteure Veränderungen auf die Spur und schildern die Geschichten in den Bildern.

Die Original-Fotonegative befinden sich heute im Staatsarchiv Ludwigsburg. Im Frühjahr 1968 ließ das damalige Landesvermessungsamt – das heutige Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung – erstmals eine systematische Befliegung der gesamten Landesfläche durchführen. Dabei entstanden die fast 20.000 Luftbildaufnahmen. Als Archivgut gelangten sie 1976 in das Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Sie wurden 2018 vom Landesarchiv digitalisiert und anschließend entzerrt und georeferenziert. Dieses sogenannte digitale Orthophoto steht im Landeskunde-Portal LEO-BW zur Verfügung und kann dort mit vielfältigen anderen Karten verglichen werden.

Der Blick zurück ins Jahr 1968 macht deutlich, wie sehr sich manche Siedlung oder Gegend insgesamt oder im Detail verändert hat. Insbesondere die besiedelte Fläche ist deutlich gewachsen. Daneben haben sich Gewässerverläufe verändert, Straßen und andere Verkehrswege wurden ausgebaut. Vielerorts entstand in Folge der Flurbereinigung ein neues Landschaftsbild. Auch die fortschreitende Motorisierung hat die Landschaft nachhaltig verändert. Neben Details wie Garagen und Stellplätzen sind 1968 in vielen Innenstädten noch Parkplätze zu erkennen, wo sich inzwischen verkehrsberuhigte Flächen befinden.

Links:

Kontakt:
Landesarchiv Baden-Württemberg
Eugenstraße 7
70182 Stuttgart
Telefon: +49 711 212-4272
landesarchiv@la-bw.de
https://www.landesarchiv-bw.de

Quelle: Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung, Pressemitteilung, 30.9.2021; Landesarchiv Baden-Württemberg, Aktuelles, 18.1.2022; LEO BW: Orthophoto 1968

Kreisarchiv Warendorf kommt in Corona-Zeiten virtuell in die Schule

Nach dem Motto „Kann die Schule nicht ins Archiv, dann kommt das Archiv in die Schule“ bietet das Kreisarchiv Warendorf seit Ende 2021 digitale Führungen und Workshops für Schulklassen an. Seit Jahren gehören regelmäßige Besuch des Archivs zum festen Programm mehrerer Schulen aus dem Kreis Warendorf. Um auch in Corona-Zeiten nicht ganz darauf verzichten zu müssen, geht das Kreisarchiv jetzt diese neuen Wege.


Abb.: Virtuell aus dem Archivmagazin in den Klassenraum: Archivar Frank Schirrmacher (l.) und Archivleiter Dr. Knut Langewand (r.) mit Exponaten aus 500 Jahren Geschichte (Foto: Kreis Warendorf). 

Mit der Kamera nehmen die Archivare die Schülerinnen und Schüler jetzt virtuell mit auf Entdeckungsreise durch das Archivmagazin. Mit zwei Oberstufenkursen des Gymnasiums St. Michael in Ahlen wurde das neue Format bereits erprobt. Bei den virtuellen Führungen, die natürlich live stattfinden, werden die Aufgaben, Bestände und Besonderheiten des Kreisarchivs Warendorfs erläutert.

Ebenfalls angeboten wird ein Workshop mit Archivalien zu bestimmten Themen. So kann man sowohl im Klassenraum als auch am heimischen Schreibtisch im „Home-Schooling“ mit qualitativ hochwertigen Scans von Archivalien arbeiten und in vergangene Welten eintauchen. Die Informationsvideos des Kreisarchivs im Internet bieten eine weitere Möglichkeit zur Vertiefung. Interessierte Lehrerinnen und Lehrer können sich per Mail oder telefonisch an das Team des Kreisarchivs Warendorfs wenden.

Das Kreisarchiv Warendorf versteht sich als offenes „Haus der Geschichte“ und betreibt eine aktive Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehören traditionell Archivführungen für Gruppen und Schulklassen, Fachausstellungen zur Kreisgeschichte, Kleinere Vitrinenausstellungen zu einzelnen Archivbeständen, Wissenschaftliche Vorträge und die Herausgabe einer eigenen Schriftenreihe, darin – gerade erschienen – Band 4 „Aus Vorhelms ältester Geschichte“. Daneben bietet das Kreisarchiv ein Forum für den Austausch in Sachen Heimatgeschichte und Traditionspflege. Der Kreisgeschichtsverein Beckum-Warendorf e.V. hat seine Geschäftsstelle im Kreisarchiv Warendorf.

Kontakt:
Kreisarchiv Warendorf
Waldenburger Straße 2
48231 Warendorf
Tel.: 02581/53-1046
kreisarchiv@kreis-warendorf.de

Quelle: Kreis Warendorf, Presseinformation, 16.12.2021; Kreisarchiv Warendorf: Veranstaltungen, Ausstellungen, Führungen

Stadtarchiv Karlsruhe erneuert »Gedenkbuch für die Karlsruher Juden«

Das Stadtarchiv Karlsruhe hat das im Internet verfügbare „Gedenkbuch für die Karlsruher Juden“ technisch neu aufgestellt. Es ist ab sofort unter der neuen Adresse https://gedenkbuch.karlsruhe.de erreichbar. Das Online-Gedenkbuch enthält mittlerweile über 600 Biografien ermordeter oder zu Tode gekommener Jüdinnen und Juden aus Karlsruhe. Seit vielen Jahren bietet es im Rahmen der Erinnerungskultur der Stadt Karlsruhe Angehörigen, Interessierten sowie der wissenschaftlichen Forschung die Möglichkeit zur Recherche und Informationen über die individuellen Biografien der Opfer nationalsozialistischer Verbrechen.


Abb.: Gedenkstein für die ermordeten Karlsruher Jüdinnen und Juden, 2001. Der Stein trägt die deutsche Inschrift: „Den von den Nationalsozialisten ermordeten Karlsruher Juden zum Gedenken“. Die hebräische Inschrift lautet übersetzt: „Gedenket aller Seelen von Juden der heiligen Gemeinde der Stadt Karlsruhe, die in der Schoa ermordet wurden“, darunter die Formel: „Seine Seele möge eingebunden sein im Bunde des ewigen Lebens“ (Foto: Stadt Karlsruhe).

Die für dieses Jahr vorgesehene Gedenkveranstaltung der Stadt Karlsruhe für die Opfer des Nationalsozialismus kann aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Gleichwohl sind die Opfer nicht vergessen. Das Gedenkbuch für die Karlsruher Juden ist den über 1.000 jüdischen Karlsruherinnen und Karlsruhern gewidmet, die als Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ermordet wurden oder zu Tode kamen. Nach Diskriminierung, Ausgrenzung und Ausraubung folgten für sie die Deportation und schließlich für die meisten der Tod in den Vernichtungslagern.


Abb.: Auszug aus dem Gedenkbuch für die Karsruher Juden: Brunhilde Adler (Auswahl nach Namen: Nr. 11)

Das Gedenkbuch erweitert die Gedenkliste, die vom Stadtarchiv Karlsruhe 1988 herausgegeben wurde. Es enthält neben den Namen, soweit bekannt, weitere Angaben zu den jeweiligen Personen wie Geburtsnamen, Geburtsdatum und Geburtsort, Familienverhältnis, Schullaufbahn, Beruf, Stationen der Verfolgung, Sterbedatum und Sterbeort und wenn möglich Fotos. Nach und nach sollen die Biographien der Toten von Karlsruher Bürgerinnen und Bürgern recherchiert, geschrieben und hinzugefügt werden. Bislang wurden für 624 der 1.073 verifizierten Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung Biographien eingefügt (Stand: November 2021). Als Datenbank- und Informationssystem ermöglicht das Gedenkbuch Recherchen nach Suchkriterien wie Namen, Geburtsorten, Berufen, Adressen oder Deportationsorten der Toten.

Beteiligung am Gedenkbuch
Das Gedenkbuch ist nicht abgeschlossen, sondern ein laufender Prozess öffentlicher Teilnahme. Für möglichst viele der Toten soll im Laufe der Zeit eine Biographie eingefügt werden. Aufgerufen sind alle Bürgerinnen und Bürger, die „Patenschaft“ zu einer ermordeten Person oder Familie zu übernehmen, eine Biographie zu recherchieren, zu verfassen und dem Gedenkbuch einzufügen. Das Gedenkbuch ist Bestandteil der Erinnerungskultur der Stadt Karlsruhe.

Die fachliche Anleitung zu den Recherchen, Quellen- und Literaturhinweise und in Einzelfällen die Vermittlung von Kontakten sowie die redaktionelle Bearbeitung übernimmt das Stadtarchiv Karlsruhe.

Kontakt:
Stadtarchiv Karlsruhe
Markgrafenstraße 29
76133 Karlsruhe
Telefon: (07 21) 1 33 – 4232 oder – 4225
projekt-gedenkbuch@kultur.karlsruhe.de

Quelle: Stadt Karlsruhe, Pressemitteilung, 24.1.2022; Gedenkbuch für die Karlsruher Juden: Über das Gedenkbuch, 2022; Gedenkbuch für Karlsruher Juden jetzt online, in: AUGIAS.Net, 12.11.2006