Stadtarchiv Blieskastel erhält wertvolle Unterlagen zu Ballweiler-Wecklingen

Der Stadtarchivar von Blieskastel, Kurt Legrum, konnte kürzlich einzigartige und wertvolle Unterlagen zu BallweilerWecklingen in Empfang nehmen. Telefonisch wurde von einer Privatperson bei Legrum nachgefragt, ob er Interesse an Büchern und Karten zu Ballweiler habe. Diese wolle man abgeben. Es wurde ein Termin vereinbart. Vor Ort wurde ein größeres Paket vorgelegt. Verschiedene Gegenstände waren sorgfältig und z. T. einzeln in Packpapier eingeschlagen.

Die Neugier schlug in Begeisterung um, als ersichtlich war, dass im ersten Paket drei Bücher mit dem Grundsteuer-Kataster von Ballweiler-Wecklingen aus dem Jahr 1844 und das „Haus=Steuer=Kataster“ von 1845 verwahrt wurden. Diese waren noch in einem sehr guten Zustand. Des Weiteren lagen noch entsprechende bayerische Katasterkarten aus der Zeit dabei. Diese Unterlagen sind nicht nur von großem Interesse für die Siedlungsgeschichte des Ortes, sondern auch für die genealogische Geschichte der Einwohner.


Abb.: Renovatur- und Bann=Buch des Dorffes Ballweiller aus dem Jahre 1781 (Foto: Uwe Brengel).

Aber die Faszination beim Archivar sollte sich noch steigern: Ein weiteres Paket, wie sich später herausstellte 7 kg schwer, war ein in geprägtes Ganzleder gebundenes Buch, 16 cm dick, mit Büttenpapier im Folioformat. Es war das „Renovatur- und Bann=Buch des Dorffes Ballweiller“ aus dem Jahre 1781, der Zeit der Grafen von der Leyen. Die entsprechenden handschriftlichen Einträge in dem Buch machte der hierzu verpflichte Feldmesser Schwarz. Gedruckt wurde das Bannbuch in „Bliescastell, bey P. L. Leonard, Hof=Buchdrucker“. Die handschriftlichen Einträge beinhalten z.B. eine Land- und Grenzbeschreibung des Dorfes. Auf den verschiedenen Gewannen des Ortes werden 71 verschiedene Eigentümer von Häusern, Wiesen, Gärten, Äckern und Ödland aufgeführt, ergänzt durch Angaben zur Steuerklasse. Dies sei ein wichtiges und einzigartiges Dokument zur Sozialgeschichte des Dorfes im ausgehenden 18. Jahrhundert, wie Legrum bemerkte.

Auf dem Boden des Paketes lag schließlich noch ein längliches, flaches Gebinde. Stadtarchivar Legrum verschlug es die Sprache, als er es öffnete. Es war eine zum Katasterbuch gehörige Mappe mit den kolorierten Bannkarten aus dem 18. Jahrhundert. Die Mappe war noch vollständig mit einer Übersichtskarte, dem „Geometrischen Plan des Hochgräfflich Leyschen Dorffes Ballweiler“, und den 15 Detailkarten zu den Gewannen des Ortes. Gezeichnet und koloriert wurden sie vom Renovator Johann Philipp Schwarz, datiert sind sie vom 1. Mai 1783. Die Karten haben die Abmaße 72 x 52 cm. Eingebunden in diese Mappe ist am Ende noch der „Plan des Herrschafftlichen Wecklinger Hof=Bannes“, gefertigt „6ten Mertz 1789“. Es mag als kleines Wunder erscheinen, dass diese Utensilien die vergangenen Jahrhunderte so gut überstanden haben.


Abb.: Blieskastels Bürgermeister Bernd Hertzler (l.) und Stadtarchivar Kurt Legrum bei der Erforschung des historisch bedeutungsvollen Materials (Foto: Uwe Brengel).

Das Bannbuch und die zugehörigen farbigen Bannkarten sind absolute Unikate. Sie dürften nur noch in diesen Exemplaren existieren. Auch im Fürstlich von der Leyen‘schen Archiv in Waal gab es kein Exemplar mehr.

Die Überraschung war komplett, als Legrum mitgeteilt wurde, dass er das ganze Konvolut für das Stadtarchiv Blieskastel kostenlos übereignet bekomme. Es werden die Gegenstände nun im Bestand: Bann- und Katasterbücher und in der Plan-und Kartensammlung im Archiv verzeichnet und aufbewahrt.

Bürgermeister Bernd Hertzler zeigte sich gleichfalls begeistert von den z. T. über 200 Jahre alten Büchern und Bann- bzw. Katasterkarten aus der Von der leyen‘schen und bayerischen Zeit. Er bedankte sich sehr herzlich bei dem anonymen Spender. Hertzler legte dar, dass dies ein beredtes Bespiel dafür sei, dass das Stadtarchiv oft auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen sei. Denn ohne die Unterstützung von Dritten könnten oftmals die Lücken in der Historie der Stadt Blieskastel und ihrer Stadtteile nicht geschlossen werden. Diese Lücke sei jetzt für Ballweiler-Wecklingen kleiner geworden.

Kontakt:
Stadtarchiv Blieskastel
Kurt Legrum M.A.
Rathaus III (Haus des Bürgers)
Luitpoldplatz 5
66440 Blieskastel
Tel.: (06842) 926-1321
Fax: (06842) 926-2324

Quelle: Stadt Blieskastel, Aktuelles, 15.3.2022

Grevener NS-Opfer nun digital in »Stolpersteine NRW«

Die im August 1942 in den Bockholter Bergen wegen „verbotenen Umgangs“ hingerichteten polnischen Zwangsarbeiter Franciszek Banaś und Wacław Ceglewski sind nun auch Teil des innovativen und lobenswerten WDR-Angebotes „Stolpersteine NRW – Gegen das Vergessen“, das seit Ende Januar 2022 online ist.


Abb.: Ausschnitt aus der WDR-App „Stolpersteine NRW“: Wacław Ceglewski

Die rund 15.000 Stolpersteine in Nordrhein-Westfalen bzw. die Geschichte der Menschen hinter den Steinen des Künstlers Gunter Demnig stehen dabei im Mittelpunkt und sind jetzt auch digital zugänglich: mit Texten, historischen Fotos, Audios, Illustrationen und Augmented-Reality-Elementen („erweiterte Realität“). Letztere ermöglichen es, sich bei ausgewählten Stolpersteinen vor Ort alte Aufnahmen der heutigen Umgebung anzuschauen. Zudem lassen sich zum Gedenken virtuelle Kerzen an den Steinen entzünden.

Die Informationen zu den beiden NS-Opfern aus Greven beruhen vor allem auf den Forschungsergebnissen des Historikers Christoph Leclaire, der das Projekt für die Stadt Greven unterstützte und weiterhin betreuen wird. Neben Texten und Bildern wurde für die in Greven Hingerichteten auch eine der wenigen Graphic Stories erstellt, die mit wirklich eindrucksvollen Bildern der Künstlerin und Illustratorin Marthe Viehmann (siehe Abb.: Porträt der beiden NS-Opfer Franciszek Banaś und Wacław Ceglewski. Foto: WDR/Marthe Viehmann) und einem begleitenden Audiokommentar den Tag der Hinrichtung erlebbar machen. „Stolpersteine NRW“ ist als App auf dem Smartphone sowie am PC/Laptop im Desktop-Browser (stolpersteine.wdr.de) nutzbar und wird fortlaufend aktualisiert.


Abb.: Ausschnitt aus der WDR-App „Stolpersteine NRW“: Franciszek Banaś

Quelle: WN, Der letzte Tag von Franciszek und Wacław, 23.2.2022; Christoph Leclaire: Erste „Stolpersteine“ für Greven, in: AUGIAS.Net, 12.11.2017

Stadtgeschichten auf dem Smartphone

Neue App »Aschaffenburger Geschichten« öffentlich im Digitalladen präsentiert.

Im Rahmen einer Präsentation am 14.3.2022 ist im Aschaffenburger Digitalladen die neue App „Aschaffenburger Geschichten“ präsentiert worden. – Das im Jahr 2020 erfolgreich gestartete Digitalprojekt „Aschaffenburg 2.0“ ist jetzt auch in einer hochmobilen Version verfügbar. Die neue App ist ab sofort in den üblichen App-Stores kostenlos abrufbar und steht sowohl für Android- wie iOS-Smartphones bereit. Die von einem Aschaffenburger Start-Up entwickelte App bietet zahlreiche Features und spannende Möglichkeiten der Interaktion für die Nutzerinnen und Nutzer. Basierend auf der schon im digitalen Stadtlabor „Aschaffenburg 2.0“ zentralen Stadtkarte werden sogenannte „Points of Interest“ hervorgehoben. Die Nutzerinnen und Nutzer können sich eigene Routen durch die Stadt erschließen bzw. vorgegebene Routen entdecken. Neben den Beschreibungen und Abbildungen stadtgeschichtlich interessanter Orte stehen auch kurze Audiobeschreibungen zur Verfügung.

Bürgermeister und Digitalreferent Eric Leiderer verwies im Rahmen der Präsentation auf den touristischen Mehrwert des neuen Angebots: Die neue App biete auch für Besucherinnen und Besucher der Stadt die Möglichkeit, „einfach und mobil verlässliche Informationen zur Stadtgeschichte, aber auch Lebensberichte und Erinnerungen aus den letzten Jahrzehnten zu erhalten. Auch touristisch interessante Erweiterungen, beispielsweise hin zu Augmented Reality-Anwendungen, sind denkbar. Es freut mich sehr, dass die neue App im Kontext des Digitalreferats der Stadt entstanden ist.“ Sie sei ein wichtiger Teil unserer dialogorientierten Digitalstrategie, bei der kulturhistorische Angebote für die Bürgerinnen und Bürger einen wichtigen Schwerpunkt darstellen. „Und das Stadtlabor ‚Aschaffenburg 2.0‘ als Grundlage der App ist gleichzeitig ein großes bürgerwissenschaftliches Mitmachprojekt!“

Die für die jüngere Stadtgeschichte und das Stadtlabor “Aschaffenburg 2.0” zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadt- und Stiftsarchivs Aschaffenburg, Dr. Vaios Kalogrias und Helena Knuf, sowie Archivleiter Dr. Joachim Kemper unterstrichen die Nachhaltigkeit der App: Regelmäßige inhaltliche und technische Aktualisierungen seien vorgesehen, so dass Stadtgeschichte und -kultur für die Zukunft und alle Bürgerinnen und Bürger digital erhalten und bereichert werden.

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Dr. Joachim Kemper
Wermbachstraße 15
63739 Aschaffenburg
Telefon 06021 456105-0
stadtgeschichte20@aschaffenburg.de

Quelle: Stadt Aschaffenburg, Pressemitteilung, 14.3.2022

Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg

Kommission legt Abschlussbericht vor.

​​​​​​​In Hamburg wird bis heute über den Umgang mit Straßennamen diskutiert, die nach möglicherweise NS-belasteten Personen benannt wurden. Das Staatsarchiv Hamburg hat sich in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Einzelfällen beschäftigt. Seit 1986 erhielten insgesamt 17 Straßen aufgrund des Nachweises einer schwer wiegenden NS-Belastung ihrer Namensgeber einen neuen Namen. Die Behörde für Kultur und Medien hat im September 2020 eine Kommission aus acht Expertinnen und Experten für erinnerungspolitische Fragestellungen berufen, die Entscheidungskriterien für den Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg entwickeln und Empfehlungen zu möglichen Umbenennungen aussprechen sollte. Die Kommission hat seitdem zehn Mal getagt und jetzt einen Abschlussbericht mit Vorschlägen zum weiteren Verfahren vorgelegt.


Abb.: Abschlussbericht der Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg

Die von Hamburgs Kultursenator Dr. Carsten Brosda eingesetzte Kommission hat sich mit Kriterien für Umbenennungen und mit Biographien NS-belasteter Namensgeberinnen und Namensgeber auseinandergesetzt. In ihrem Abschlussbericht hat sie dabei deutlich gemacht, dass eine Ehrung in Form einer Straßenbenennung nicht haltbar ist, wenn das Handeln der Person die heutigen Wertvorstellungen deutlich verletzt. Eine Umbenennung sei geboten, wenn eine Benennung nach einer Person erfolgt ist, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen oder wissentlich bei ihren Handlungen den Tod eines Menschen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Eugenik, einkalkuliert hat. Dies gelte auch für Benennungen nach Personen, die aktiv anderen Menschen aufgrund der durch sie vertretenen NS-Ideologie dauerhaft geschadet haben. Allein eine NSDAP-Mitgliedschaft sei dabei aber kein Grund für eine Umbenennung. Es bedarf grundsätzlich der Einzelfallprüfung. Wichtig sei, stets auch ein Augenmerk auf Brüche oder Uneindeutigkeiten in der Biografie, ebenso wie auf eine spätere kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln während der NS-Zeit zu legen.

Empfehlungen der Kommission für Umbenennungen
Auf Grundlage der oben genannten Kriterien empfiehlt die Kommission in elf Fällen eine Umbenennung, wobei nach erfolgter Umbenennung auf die „Biografie“ der Straße und die Gründe für die Umbenennung hingewiesen werden solle:

  • Hamburg-Mitte: Högerdamm
  • Altona: Julius-Brecht-Straße
  • Hamburg Nord: Walter-Bärsch-Weg, Heynemannstraße, Oehleckerring, Paul-Stritter-Brücke/Paul-Stritter-Weg, Strüverweg
  • Wandsbek: Reinckeweg
  • Bergedorf: Elingiusplatz, Schorrhöhe
  • Harburg: Albert-Schäfer-Weg.

Ausführliche Begründungen finden sich in dem Abschlussbericht, der unter www.hamburg.de/bkm/strassennamen/13512150/ns-belastete-strassennamen einzusehen ist.

Die Kommission empfiehlt zudem bei weiteren elf Straßenbenennungen nach NS-belasteten Personen, das Straßenschild zu kontextualisieren, da die oben aufgeführten Kriterien eine Umbenennung nicht zwingend erfordern. Dies eröffne die Möglichkeit, sich mit den Biografien und dem Geschehenen zu beschäftigen und aus der Geschichte zu lernen. Die Kommission empfiehlt, folgende Personen, nach denen Straßen benannt sind, mit weiterführenden Informationen kritisch zu kontextualisieren, wobei die Auflistung nicht abschließend zu verstehen ist: Elsa Bromeis, Felix Dahn, Theodor Fahr, Carsten Fock, Heidi Kabel, Rudolf Klophaus, Friedrich Köhne, Kurt A. Körber, Friedrich Lademann, Carl-Hans Lungershausen und Walter Schlenzig. Auch hier finden sich ausführliche Begründungen im Abschlussbericht.

Die Kommission hat auch Straßenbenennungen und -umbenennungen in den Blick genommen, die zwischen 1933 und 1945 vorgenommen wurden. Dies betrifft insbesondere Straßen, die seinerzeit umbenannt wurden, weil ihre Namensgeber Juden waren oder nach der rassistischen NS-Ideologie als Juden galten, oder die aus politischen oder anderen Gründen verfolgt wurden und deren Namen aus dem Straßenbild entfernt werden sollten. Die Kommission empfiehlt in drei Fällen eine Rück- beziehungsweise Wiederbenennung nach der Person, nach der die Straße ursprünglich benannt war, wenn sie in der Zwischenzeit keine neue Straßenbenennung an anderer Stelle erhalten haben. Konkret sollten rückbenannt werden die Walter-Flex-Straße in Wilstorf, die vor der Umbenennung 1933 Käthe-Kollwitz-Straße hieß, und der Kraepelinweg in Barmbek-Süd, der vor der Umbenennung 1938 Juliusweg hieß. Der Wurmsweg in Hamm, der vor 1938 Veitsweg hieß, sollte nicht umbenannt werden, da sein Namensgeber weiterhin geehrt werden solle. Dafür solle aber prioritär eine Straße neu nach dem ursprünglichen Namensgeber Philipp Veit benannt werden.

Die Kommission spricht sich zudem dafür aus, die „Biografie“ eines Straßennamens und Hintergründe zu den Namensgebern und -geberinnen sichtbar zu machen, zum Beispiel über einen Verweis per QR-Code auf eine ausführliche Erläuterung auf einer Webseite beziehungsweise bestehende Datenbanken.

Die hier entwickelten Empfehlungen sollten in eine Überarbeitung der bisherigen Benennungs-Bestimmungen einfließen. Sowohl die Kriterien für die Benennung als auch für die Umbenennung von Straßen müssten laut Kommission deutlich geschärft werden.

Alle Vorschläge sollen jetzt gemeinsam mit den Bezirken diskutiert werden. Diese werden dann die Umbenennungen zusammen mit neuen Namensvorschlägen beim Staatsarchiv Hamburg einreichen, bevor diese der Senatskommission zur abschließenden Entscheidung vorgelegt werden.

Für weitere Umbenennungen beziehungsweise Kontextualisierungen von nach NS-belasteten Personen benannten und bestehenden Verkehrsflächen bedürfe es laut Kommission auch zukünftig der Recherchearbeit und einer historisch-kritischen Einordnung der Biografie jeder einzelnen Person. Dies könne in den Bezirken zum Beispiel durch Geschichtswerkstätten und Stadtteilarchive, bei der Befassung durch die zuständigen Ausschüsse der Bezirksversammlungen oder durch die Vergaben von entsprechenden Werkverträgen erfolgen. Parallel geht auch der Prozess zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit und in dem Zusammenhang auch der Umgang mit kolonial belasteten Straßennamen weiter.

Kultursenator Dr. Carsten Brosda: „Der Umgang mit problematischen Straßennamen wird uns auch künftig begleiten. Es ist gut und wichtig, dass wir uns dem endlich umfassend stellen, hilft es uns doch, uns unserer Geschichte bewusster zu werden, uns zu ihr zu verhalten und aus ihr für die Zukunft zu lernen. Die Kommission hat einen sehr fundierten Bericht vorgelegt, der wichtige Hinweise für den künftigen Umgang mit Benennungen nach NS-belasteten Personen gibt. Diese müssen nun in den Bezirken diskutiert werden, damit wir gemeinsam daraus die notwenigen Schlüsse ziehen. Ich danke der Kommission sehr für ihre wertvolle Arbeit.“

Dr. Rita Bake, stellv. Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung a. D. und Mitglied der Kommission: „Straßenumbenennungen sind nichts Neues und wurden in den letzten hundert Jahren immer mal wieder durchgeführt. Sie werden unter anderem deshalb vorgenommen, weil ein Straßenname ein kollektives Eigentum und die persönliche Adresse vieler Menschen ist. Straßennamen sollen Orientierung bieten – und zwar nicht nur geographisch, sondern auch kultur- und gesellschaftspolitisch. Deshalb bekommen in Zeiten des erstarkenden Rechtsextremismus die nach NS-belasteten Personen benannten Straßen eine besondere Bedeutung. Die kritische Beschäftigung mit ihnen ist keine Petitesse.“ Rita Bake hatte sich in ihrem Aufsatz „Umgang mit nach Personen benannten Hamburger Straßennamen, die als NS-belastet gelten könnten“ [Stand: November 2021] bereits grundlegend mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Prof. Dr. Miriam Rürup, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam und Mitglied der Kommission: „Straßennamen sind immer auch historische Zeitspuren. Und wie wir mit diesen historischen Zeugnissen umgehen, sagt viel über unser gegenwärtiges Selbstverständnis als Gesellschaft aus. Es geht uns mit unseren Empfehlungen nicht um eine vergangenheitspolitische Flurbereinigung – keineswegs möchten wir mit dem revisionistischen Radiergummi durch die Geschichte der Stadtkarte ziehen. Dennoch müssen wir uns auch der Gegenwart unzeitgemäßer Ehrungen stellen. Diese historischen Zeitschichten, gleichsam die Biographie einer Straße, eines Straßennamens sichtbar zu machen, sollten wir als Chance sehen für einen aufklärerischen und damit zukunftsgewandten Umgang mit der Vergangenheit.“

Hans-Peter Strenge, Staatsrat a.D. und Mitglied der Kommission: „Wie schon in anderen Städten in Deutschland hat die Kommission nun auch in Hamburg beim Umgang mit Straßennamen von Personen mit Belastungen aus der NS-Zeit ein geregeltes Verfahren für Umbenennungen und gegebenenfalls historische Erläuterungen auf Straßenschildern oder QR-Codes beraten und einmütig verabschiedet. Dass die Schilder mit Erläuterung an der Sophie-Rahel-Jansen-Straße in Nienstedten – vormals nach Georg Bonne benannt – schon angebracht sind, erfreut mich auch als früherer Bezirksamtsleiter von Altona.“

Mitglieder der Kommission waren:
Dr. Rita Bake, stellv. Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung a. D.
Prof. Dr. Detlef Garbe, Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen
Senatorin a.D. Christa Goetsch
Senatorin a.D. Dr. Herlind Gundelach
Prof. Dr. Rainer Nicolaysen, Vorsitzender des Vereins für Hamburgische Geschichte
Prof. Dr. Miriam Rürup, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam
Staatsrat a.D. Hans-Peter Strenge
Prof. Dr. Malte Thießen, LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte

Links:

Quelle: Behörde für Kultur und Medien Hamburg, Pressemitteilung, 10.3.2022; Behörde für Kultur und Medien Hamburg, Pressemitteilung, 30.9.2020; Behörde für Kultur und Medien Hamburg, NS-belastete Straßennamen

Aschaffenburgs virtueller Raum in die Romantik

»ZeitRaum Brentano«.

Mit 174.600 Euro fördert die Kulturstiftung des Bundes das neue digitale Projekt „ZeitRaum Brentano“, eine Kooperation des Stadt- und Stiftsarchivs Aschaffenburg mit dem Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt am Main.

Im virtuellen Interaktionsraum von „ZeitRaum Brentano“, der bis Jahresende 2022 aufgebaut werden soll, können die Nutzerinnen und Nutzer in die Epoche der Romantik, ausgehend von der Familie Brentano, eintauchen: Was hat die Menschen bewegt? Wie sah ihr Alltag aus? Was erzählen ihre Briefe oder ihre literarischen Texte darüber? Im „ZeitRaum Brentano“ werden unter anderem diese Quellen anschaulich vermittelt und in einen zeithistorischen Kontext gesetzt. Während dieser Zeitreise ist es den Nutzerinnen und Nutzern möglich, sich über die Kameras ihrer PCs sozusagen live zu sehen und sich in Gesprächen auszutauschen.


Abb.: Haarlocke des romantischen Dichters Clemens Brentano (gest. 1842 in Aschaffenburg), inmitten von Familienbriefen. Die Haare waren nach dem Tod des Dichters zur Erinnerung abgeschnitten worden und befinden sich bis heute im Familienarchiv Brentano im Stadt- und Stiftsarchiv (Foto: Stadt- und Stiftsarchiv, Aschaffenburg).

Am Beispiel der Familie Brentano, deren Grabstätte sich auf dem Altstadtfriedhof in Aschaffenburg befindet, kann Wissen in den Bereichen Literaturgeschichte sowie Musik und Komposition, aber natürlich auch der bildenden Kunst vermittelt werden“, erklärt der Leiter des Aschaffenburger Stadt- und Stiftsarchivs, Dr. Joachim Kemper. Für ZeitRaum Brentano liege der Fokus auf der Epoche der Romantik und biete sich dadurch vor allem auch als sinnvolle Ergänzung und innovativen didaktischen Anknüpfungspunkt für Lehrerinnen und Lehrer an.

„Die unterschiedlichen gesellschaftlichen Diskurse während der Romantik sind den unsrigen in der Gegenwart gar nicht so unähnlich“, stellt Aschaffenburgs Bürgermeister und Digitalreferent Eric Leiderer, fest. „Nur ein Beispiel: Damals war es die Industrialisierung und ihre Folgen für die Gesellschaft, die die Menschen beschäftigt hat. Heute verhandeln wir, wie die Digitalisierung unseren Alltag, auch gerade im Beruf, verändert.“ Und während im 19. Jahrhundert die Veränderung der Landschaft in idyllischen Landschaftsbildern, wie etwa bei Caspar David Friedrich, verarbeitet wurde, suche man heute nach Lösungen für einen Umgang mit dem Klimawandel – eine Folge der Industrialisierung, die damals ihren Anfang nahm.

Die Forschungsstelle Romantik des Freien Deutschen Hochstifts in Frankfurt am Main unter Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Bunzel lässt ihre Expertise zur Epoche der Romantik in die Kuratierung des virtuellen Interaktionsraums einfließen. Eng verbunden ist das Projekt mit der Aschaffenburger Brentano-Akademie und deren Protagonistinnen und Protagonisten.

„ZeitRaum Brentano“ wird entwickelt im Rahmen von „dive in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Programm NEUSTART KULTUR.

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Dr. Joachim Kemper
Wermbachstraße 15
63739 Aschaffenburg
Telefon: 06021 45 61 05 10
Telefax: 06021 / 2 95 40
stadtarchiv@aschaffenburg.de
joachim.kemper@aschaffenburg.de
https://stadtarchiv-aschaffenburg.de/

Quelle: Stadt Aschaffenburg, Pressemitteilung, 11.3.2022

Wie wird man Archivar/in?

Scheidende Nürnberger Kirchenarchivdirektorin Andrea Schwarz gibt einen Ein- und Rückblick.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat ihren Sitz in München. Als die vorwiegend in Franken wurzelnde bayerische Landeskirche in den 1920er Jahren mit Vorüberlegungen für den Aufbau eines landeskirchlichen Archivs begann, da sollte ein solches Institut möglichst „auf dem Boden errichtet werden soll, aus dessen Geschichte der Hauptteil seiner Bestände entstammt“. Man entschied sich aus diesem Grund für Nürnberg. Das zum 1. Juni 1931 gegründete „landeskirchliche Archiv für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern rechts des Rheins“ blieb glücklicherweise von Kriegsverlusten weitgehend verschont. 1955 konnte das Archiv damals moderne und zweckmäßig erscheinende Räumlichkeiten nahe des Predigerseminars in Nürnberg-Wöhrd beziehen.


Abb.: Eingang des zwischen 2011 und 2013 neu erbauten Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg (Foto: HerrMay – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0).

Auf den ersten Archivdirektor Pfarrer Dr. Karl Schornbaum (1875-1953), den führenden Vertreter der bayerischen evangelischen Kirchengeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, waren 1947 D. Matthias Simon, 1963 Dr. Karlheinrich Dumrath, 1975 Dr. Helmut Baier und 2004 Dr. Andrea Schwarz in der Leitung des Hauses gefolgt. Das Archivgebäude konnte indes bereits 1970 wegen Überfüllung fast kein Material mehr aufnehmen. Nach jahrzehntelangen Aus- oder Neubauplanungen, der Einrichtung von Außenstellen und externen Lesesälen konnte schließlich im Dezember 2013 ein Neubau des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg eingeweiht werden. Der Neubau des Archivs befindet sich auf einem ehemaligen Fabrikgelände in direkter Nachbarschaft des bisherigen Hauptgebäudes und besteht aus zwei ineinander verschränkten, geschlossenen Kuben, die über einem transparenten, zurückspringenden Erdgeschoss zu schweben scheinen.

Mit der langjährigen Archivleiterin Andrea Schwarz, die Ende März 2022 in den Ruhestand tritt, hat das Sonntagsblatt über ihren Beruf als Kirchenarchivdirektorin im Landeskirchlichen Archiv Nürnberg gesprochen sowie über die Frage: Wie wird man eigentlich Archivarin?

Dr. Andrea Schwarz spricht in dem auf YouTube einzusehenden Interview mit dem Sonntagsblatt von ihrem Traumberuf: „Man erfährt so viel von den Dingen, von den Menschen, die vor uns gelebt haben. Mir gibt die Arbeit die Kraft und das Selbstverständnis, niemals pessimistisch zu sein, weil ich weiß, dass es den meisten Menschen früher so viel schlechter gegangen ist. Und auch sie sind nicht verzweifelt, denn auch die wussten, dass es auch in anderen Zeiten schon schlechter war.“

Das Landeskirchliche Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern verwahrt das Archivgut der kirchenleitenden Organe, sonstiger kirchlicher Dienststellen (auch vieler Pfarrämter) und Einrichtungen sowie ihrer jeweiligen Vorgänger in den einzelnen Territorien, deren evangelische Kirchenwesen im frühen 19. Jahrhundert zur „Protestantischen Kirche in Bayern rechts des Rheins“ zusammengefügt worden waren. Ergänzend kommen Nachlässe von Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens, Sammlungen von Bildern, Grafiken, Plakaten, Karten, Plänen, Siegeln, Filmen, Tondokumenten, Videos, Zeitungsausschnitten usw. hinzu. Zu den Aufgaben des Archivs zählt ferner die mit Außendienst verbundene Pflege der Archive, Registraturen und historischen Buchbestände innerhalb seines Sprengels, vor allem in den rund 1.540 Kirchengemeinden der bayerischen Landeskirche. Die mit rund 250.000 Titelaufnahmen umfangreiche Bibliothek des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg ist passiv dem allgemeinen Fernleihverkehr angeschlossen.

Neue Leiterin des Landeskirchlichen Archivs Bayern in Nürnberg wird Dr. Alexandra Lutz, die bisherige kommissarische Leiterin des Instituts für Stadtgeschichte in Frankfurt am Main. Die 53-Jährige tritt zum 1. Juli 2022 die Nachfolge der bisherigen Archivdirektorin Dr. Andrea Schwarz an.

Lutz studierte Mittlere und Neuere Geschichte, Volkskunde und Soziologie. Die promovierte Historikerin und ausgebildete Archivarin war von 2003 bis 2010 Dozentin und Koordinatorin für die archivwissenschaftlichen Fächer an der Archivschule Marburg. Anschließend leitete sie das Stadtarchiv Kassel. 2013 kam sie als Leiterin der Abteilung Sammlungen in das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt. Seit Sommer 2021 war die gebürtige Schleswig-Holsteinerin dort kommissarische Leiterin.

Kontakt:
Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Veilhofstraße 8
90489 Nürnberg
Telefon: +49 (0)911/58869-0
Fax: +49 (0)911/58869-69
archiv@elkb.de
https://www.archiv-elkb.de

Quelle: Sonntagsblatt: Berufswahl: Wie wird man Archivar*in?, 5.3.2022; LAELKB, Archivgeschichte, 8.5.2014; bavarikon: Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern; gmp Architekten: Landeskirchliches Archiv der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern; Frankfurt live, 31.1.2022; Sonntagsblatt/epd, 24.2.2022; Sonntagsblatt: Digitale Kirche. So packt die neue Kirchenarchiv-Chefin die Digitalisierung an, 27.7.2022.

Letztes Asylarchiv des Historischen Archivs der Stadt Köln aufgelöst

Durch den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln am 3. März 2009 ist fast der gesamte Archivbestand aus über 1.000 Jahren Stadt-, Regional- und Kirchengeschichte unter Schutt und Trümmern begraben und stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Immerhin rund 95 Prozent der Archivalien konnten durch den Einsatz von Berufsfeuerwehr, Hilfsorganisationen und freiwilligen Helfern geborgen werden. Der Restaurierungsbedarf ist gigantisch. Mindestens 6.000 bis 6.500 Personenjahre sind erforderlich, um alle beschädigten Archivalien weitestgehend in Stand zu setzen. Mehr als 200 Personen müssen in ständigem Einsatz sein, damit das Archiv in 30 Jahren wieder voll funktionsfähig sein kann.

Fast 13 Jahre nach dem Einsturz des Stadtarchivs in der Kölner Südstadt wurde kürzlich der letzte temporäre Außenstandort des Historischen Archivs der Stadt Köln geschlossen. Die langjährige Phase der Bergungserfassung der in die Asylarchive ausgelagerten Archivalien ist damit beendet – die Projektgruppe „Asylarchive“ ist abgeschlossen.


Abb.: Eine Akte zum Friedhof in Lindenthal. Die letzte in einem Asylarchiv erfasste Einheit für das Historische Archiv der Stadt Köln (Foto: Stadt Köln)

Nachdem die havarierten Archivalien geborgen und erstversorgt wurden, wurden sie zunächst in insgesamt zwanzig in ganz Deutschland verteilten Asylarchiven untergebracht. Bei der Bergungserfassung musste für jede geborgene Einheit geklärt werden, um welches Archivale es sich handelte, in welchem Zustand es geborgen wurde und welche weiteren Schritte nötig waren.

Obwohl die Bergungsphase selbst bereits im Jahr 2011 abgeschlossen wurde, beanspruchte die Bergungserfassung noch einmal mehr als zehn Jahre akribische Arbeit. Insgesamt 45.054 Kölner Meter (ein Kölner Meter entspricht sechs Standard-Archivgutkartons), verteilt auf 1.255.724 Bergungseinheiten in rund 180.000 Behältnissen wurden seit 2009 erfasst.

Mit dem Asylarchiv Düsseldorf konnte nun auch der letzte Außenstandort geschlossen werden. Dort erfolgte seit 2015 an rund 2.300 Tagen die Bergungserfassung für allein hier 9.125 Kölner Meter, verteilt auf 203.894 Bergungseinheiten. Hier wurde im Juli 2021 auch das letzte noch ungesichtete Archivale, das zuvor in den Asylarchiven lagerte erfasst: Ein zwischen der Gemeinde Kriel und dem Inhaber der Krankenanstalt Lindenthal „unter Vorbehalt der königlichen Genehmigung“ im Jahr 1864 geschlossener Vertrag über die Nutzung eines Grundstücks für den Friedhof zu Lindenthal.

Mit der Beendigung der Bergungserfassung am Standort Düsseldorf sind damit nun rund 165 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs und etwa 35 laufende Kilometer Bestände im Neubau am Eifelwall angekommen.

Link: Wiederaufbau der Bestände

Kontakt:
Historisches Archiv der Stadt Köln
Eifelwall 5
50674 Köln
Telefon 0221 / 221-22327
Telefax 0221 / 221-22480
historischesarchiv@stadt-koeln.de

Quelle: Stadt Köln, Pressemitteilung, 8.3.2022; Historisches Archiv der Stadt Köln, Wiederaufbau der Bestände.

Jüdische Geschichte im Rhein-Erft-Kreis

Sammlung des Historikers Heinz Gerd Friedt jetzt im Kreisarchiv in Bergheim einsehbar.

Die umfangreiche Materialsammlung des Historikers Heinz Gerd Friedt zur jüdischen Geschichte im Rhein-Erft-Kreis ist jetzt im Kreisarchiv des Rhein-Erft-Kreises in Bergheim einsehbar. Bereits 2020 übernahm das Kreisarchiv seinen sogenannten Vorlass – die noch zu Lebzeiten übergebene Materialsammlung – in seine Bestände. Danach erfolgte die archivwissenschaftliche Erschließung durch einen Kölner Dienstleister für Geschichtsforschung. Nun liegt das Findbuch zum Bestand vor und die Sammlung ist einsehbar.

Der Vorlass Friedt, Bestand 517 im Kreisarchiv des Rhein-Erft-Kreises, beinhaltet Aufzeichnungen, Korrespondenzen, Fotos und Skripte zu mehr als 40 Jahren Forschung zur jüdischen Geschichte im Rhein-Erft-Kreis. Das Findbuch gliedert sich in Angaben zum Vorlassgeber, enthält eine Bibliografie sämtlicher Werke Friedts und die eigentliche Verzeichnung der einzelnen Archivalien. Über einen Index ist der Bestand gut nutzbar. Insgesamt wurden 143 Verzeichnungseinheiten aus der Zeit von 1800 bis 2018 aufgenommen, die Informationen zur Geschichte jüdischer Familien in Bedburg, Bergheim, Elsdorf und Kerpen aber auch zur Entstehung der publizierten Werke Friedts enthalten.

Der in Oberaußem aufgewachsene und heute in München lebende Heinz Gerd Friedt ist im Rhein-Erft-Kreis als Forscher zur jüdischen Geschichte bekannt. Bereits zwischen den Jahren 1968 und 1979 hielt er sich in Israel auf und verbrachte dort insgesamt fast fünf Jahre. Hier begannen seine Nachforschungen zur jüdischen Regionalgeschichte Bergheims und Umgebung. Friedts Aufsatz „Genealogische Betrachtungen über die jüdischen Familien in und um Bergheim/Erft“ im Jahrbuch des Bergheimer Geschichtsvereins (Geschichte in Bergheim, Bd. 26/2017, S. 177-221), steht in einer erweiterten Version als PDF-Dokument auf der Internet-Seite des Vereins zum Download bereit („Genealogien der Bergheimer Jüdischen Familien„). Heinz Gerd Friedt erhielt für seine Forschungen mehrere Auszeichnungen, zuletzt für sein Gesamtwerk 2017 den Bergheimer Gulden der Stadt Bergheim.

„Ich bin Heinz Gerd Friedt sehr dankbar für seinen Nachlass zu Lebzeiten und freue mich, dass seine umfassende Sammlung jetzt im Kreisarchiv zugänglich ist“, so Landrat Frank Rock. „Sie ist ein wesentlicher Beitrag zur wichtigen Erinnerungskultur bei uns im Kreis, besonders auch für nachfolgende Generationen. Ich hoffe auf die rege Nutzung der Unterlagen für weitere aufschlussreiche Forschungen zur jüdischen Geschichte im Rhein-Erft-Kreis.“

Der Vorlass ist im Kreisarchiv des Rhein-Erft-Kreises nach vorheriger Anmeldung nutzbar.

Kontakt:
Kreisarchiv Rhein-Erft-Kreis
Willy-Brandt-Platz 1
50126 Bergheim
archiv@rhein-erft-kreis.de
https://www.rhein-erft-kreis.de/familie-bildung-kultur/kultur/kreisarchiv
https://www.archive.nrw.de/kreisarchiv-rhein-erft-kreis

Quelle: Rhein-Erft-Kreis, Pressemeldung, 8.3.2022; Rheinische Anzeigenblätter, 26.9.2017; Bergheimer Geschichtsverein, Nachrichten.

Frauenspuren in der Stadt Salzburg

Publikation anlässlich des Weltfrauentags am 8. März.

Bei der Veranstaltung der Stadt Salzburg zum Internationalen Frauentag 2022 steht die Präsentation der Publikation „Frauenspuren“ im Zentrum. Auf 124 Seiten sind 26 Porträts bedeutender Frauen aus der Geschichte der Stadt Salzburg zu lesen. Auf je zwei Doppelseiten kommen Leben, Werk, Erinnerung und Spurensuche ausführlich zur Sprache. Die Broschüre entstand in Kooperation von Stadtarchiv Salzburg und Frauenbüro der Stadt Salzburg. Sie begleitet das Gedenktafelprojekt, das nicht nur erweitert wird, sondern sich auch in neuem, zeitgemäßem Design der Stadt Salzburg präsentiert.

Frauen hinterließen in der Geschichte ebenso Spuren wie Männer. Dennoch findet sich Frauengeschichte seltener im kollektiven Gedächtnis wieder. Insgesamt erinnerten bisher 17 vom Frauenbüro der Stadt Salzburg initiierte Gedenktafeln an Frauen, die sich durch ihr Engagement, ihre Leistungen oder ihre herausragenden Fähigkeiten hervorgehoben haben. Die Tafeln wurden an deren Wohn- und Geburtshäusern oder deren Wirkungsstätten angebracht. Die Bereiche, in denen die gewürdigten Frauen tätig waren, sind sehr unterschiedlich. Neben Malerinnen, Schriftstellerinnen, Musikerinnen sind es auch Unternehmerinnen, Frauenrechtlerinnen, Ärztinnen, Schauspielerinnen, Wissenschaftlerinnen, Gegnerinnen des NS-Regimes oder Frauen, die sich um das Wohl der Stadt sorgten. Die Erinnerungstafeln befinden sich großteils in der Salzburger Altstadt und eignen sich deshalb für Spaziergänge auf den Spuren dieser großartigen Frauen.

Vorbilder und Wegbereiterinnen
Der Blick auf Pionierinnen bedeutet auch Bestandsaufnahme. Wo stehen wir, was brauchen wir? Wir holen außergewöhnliche Frauen vor den Vorhang, die mutig neue Wege eingeschlagen haben. Pionierinnen, die Salzburgs Geschichte mitgeschrieben und wesentlich geprägt haben. Als Vorbilder und Wegbereiterinnen motivieren sie uns heute, mit kritischem Geist eine aktive Rolle in der Gesellschaft einzunehmen. „Wir wollen die Vielfalt in den Biografien von bedeutenden Frauen in Salzburg zeigen, die oft gegen große Widerstände und allen Einschränkungen zum Trotz Großartiges geleistet haben. Wir machen die Spuren dieser Frauen sichtbar – denn um zu wissen, wohin wir gehen, ist es wichtig zu wissen, woher wir kommen“, sagt Anja Hagenauer, Stadträtin und ressortzuständig für Frauenfragen.


Abb.: Präsentieren gemeinsam die Publikation „Frauenspuren“: Salzburgs Frauenbeauftragte Alexandra Schmidt und Stadträtin Anja Hagenauer (Foto: Stadt Salzburg/Alexander Killer).

„Auch in Zukunft werden wir Augen und Ohren offen halten für weitere Frauenpersönlichkeiten – das Projekt wird laufend erweitert. Anregungen für bedeutende Frauen, an die erinnert werden sollte, sind ausdrücklich willkommen“, sagt Alexandra Schmidt vom Frauenbüro der Stadt Salzburg, Initiatorin und Koordinatorin des Projekts.

„Ihr Frauen, um deren Rechte, um deren Freiheit, um deren Glück es sich handelt, Ihr selbst müßt die Initiative ergreifen, um Euer Leben zu einem menschenwürdigen Dasein zu gestalten.“

„Diesem Appell von Irma von Troll-Borostyáni (1847-1912) schließen wir uns an. Die erste Salzburger Frauenrechtlerin hielt die Gleichberechtigung der Geschlechter für die größte Herausforderung des 19. Jahrhunderts – sie hat heute nicht an Aktualität verloren“ sagen die Autorinnen Sabine Veits-Falk, Historikerin am Stadtarchiv Salzburg, und die Literaturwissenschaftlerin Christa Gürtler.


Abb.: Die Autorinnen hinter dem Werk: Christa Gürtler und Sabine Veits-Falk (Foto: Stadt Salzburg/Susi Berger).

Programm „Internationaler Frauentag 2022“, Dienstag, 8. März 2022

Buchpräsentation Frauenspuren
mit den Autorinnen Christa Gürtler und Sabine Veits-Falk
und Stadträtin Anja Hagenauer

Lieder von Frauen über Frauen mit Frauen:

Birgit Laude: Violine
Michaela Papst: Gitarre und Gesang
Gebärdendolmetsch: Jutta Onrednik
Moderation: Alexandra Schmidt

Die Broschüre ist per Post erhältlich. Bestellungen an: frauenbuero@stadt-salzburg.at (oder Tel. +43 0662/8072- 2046).

Kontakt:
Frauenbüro der Stadt Salzburg
Mirabellplatz 4
5024 Salzburg
Tel: +43 662 8072 2045
Fax: +43 662 8072 2066
frauenbuero@stadt-salzburg.at
https://www.stadt-salzburg.at/frauen/

Stadtarchiv Salzburg
Glockengasse 8
5024 Salzburg
Tel: +43 662 8072 4701
Fax: +43 662 8072 4750
stadtarchivundstatistik@stadt-salzburg.at

Quelle: Stadt Salzburg, Presseaussendung, 7.3.2022; Stadt Salzburg, Projekt Frauenspuren; Stadt Salzburg, Frauentag 2022; ORF, Buch über „Frauenspuren“ zum Weltfrauentag, 8.3.2022

UNIQUE!? Unikate im Zeitalter der Ubiquität: Funktionen und Potenziale

Internationale Konferenz am 15. und 16. September 2022 an der Universität Regensburg.

Am 15. und 16. September 2022 findet an der Universität Regensburg die internationale Konferenz UNIQUE!? Unikate im Zeitalter der Ubiquität (UNIQUE!? Unique Objects in an Age of Ubiquity) statt. Die Konferenz widmet sich einer zentralen wissenschaftlichen Zukunftsfrage, die sowohl Konsequenzen für die Geistes- und Sozialwissenschaften und die Kunst hat als auch für den Betrieb von Kulturinstitutionen wie Museen und Bibliotheken von hoher Bedeutung ist: der Frage nach den Funktionen und Potenzialen von Unikaten in einer Zeit der digitalen Reproduzierbarkeit.

Unikate sind Mittelpunkte in einer vernetzten, dezentralen Welt. Sie signalisieren Unverfügbarkeit in der globalen digitalen Verfügbarkeit, Ferne in der ubiquitären Mausklick-Nähe. Was im Alltagsleben als Lifestyle-Objekt der Individualisierung dient, hat im kulturellen und wissenschaftlichen Kontext das subversive Potenzial, Kanonisierungsprozesse aufzubrechen und als deep fact Geschichte neu zu schreiben. Unikate können sich ihrer Reproduktion widersetzen, indem sie objektspezifische Funktionsweisen aufweisen oder indem Textobjekt und Text auf untrennbare Weise verbunden sind.

Aufbauend auf umfassenden Forschungen zur Materialität des Buches, zu Objektbiographien und historischen Unikalisierungspraktiken setzt sich die interdisziplinäre Tagung das Ziel, die kulturelle Rolle des Unikats in der Gegenwart zu analysieren. Im Zentrum der Untersuchungen sollen hierbei zum einen gesellschaftliche Funktionen von physischen Unikaten und Unikalisierungspraktiken stehen, insbesondere mit Blick auf die zunehmend digitale Umgebung, die oftmals einen Eindruck universeller Reproduzierbarkeit vermittelt; zum anderen soll das wissenschaftliche, literarische und künstlerische Potential von Unikaten herausgearbeitet werden.

Die interdisziplinäre Tagung wendet sich an Wissenschaftler/innen aus Medienwissenschaft, Material Culture Studies, Buchwissenschaft, Museologie, Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft, Digital Humanities, Psychologie, Soziologie, Kulturwissenschaft etc. ebenso wie an Praktiker/innen aus dem Museums-, Archiv- und Bibliothekswesen.

Die Konferenz wird finanziell unterstützt von der Internationalen Buchwissenschaftlichen Gesellschaft, der Fritz Thyssen Stiftung und der Regensburger Universitätsstiftung. Die Tagung wird flankiert von einer gleichnamigen Ausstellung an der Universitätsbibliothek Regensburg.

Veranstalter der Konferenz ist ein Netzwerk von Wissenschaftler/innen und Praktiker/innen, das bereits 2018 die erfolgreiche Tagung „Leaf or Page. What lt Means to ‚Read‘ a Manuscript“ am Centre for the Study of Manuscript Cultures der Universität Hamburg durchgeführt hat. Prof. Dr. Christian Benne forscht als Komparatist an der Universität Kopenhagen – er beschäftigt sich intensiv mit den Funktionen und Potenzialen von Manuskripten (2015). Prof. Dr. Bernhard Dotzler ist Medienwissenschaftler an der Universität Regensburg und erforscht die Zusammenhänge zwischen Mediengeschichte und Wissenskonzepten (2017). Prof. Dr. Christine Haug leitet das Zentrum für Buchwissenschaft an der LMU München und ist Vorsitzende der Internationalen Buchwissenschaftlichen Gesellschaft. Dr. André Schüller-Zwierlein ist Leiter der Universitätsbibliothek Regensburg und publiziert regelmäßig zu Fragen der kulturellen Überlieferung, der Leseforschung sowie zu literarischen Manuskripten. Prof. Dr. Carlos Spoerhase ist Germanist an der Universität Bielefeld und beschäftigt sich intensiv mit der Materialität literarischer Medien.

Link: https://go.ur.de/unique

Kontakt:
Dr. André Schüller-Zwierlein, Direktor
Universitätsbibliothek Regensburg
Telefon +49 941 943-3901, -3902
ub.conference@ur.de
https://go.ur.de/unique

Quelle: Universität Regensburg, Universitätsbibliothek, Pressemitteilung, 7.3.2022