Scheidende Nürnberger Kirchenarchivdirektorin Andrea Schwarz gibt einen Ein- und Rückblick.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat ihren Sitz in München. Als die vorwiegend in Franken wurzelnde bayerische Landeskirche in den 1920er Jahren mit Vorüberlegungen für den Aufbau eines landeskirchlichen Archivs begann, da sollte ein solches Institut möglichst „auf dem Boden errichtet werden soll, aus dessen Geschichte der Hauptteil seiner Bestände entstammt“. Man entschied sich aus diesem Grund für Nürnberg. Das zum 1. Juni 1931 gegründete „landeskirchliche Archiv für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern rechts des Rheins“ blieb glücklicherweise von Kriegsverlusten weitgehend verschont. 1955 konnte das Archiv damals moderne und zweckmäßig erscheinende Räumlichkeiten nahe des Predigerseminars in Nürnberg-Wöhrd beziehen.
Abb.: Eingang des zwischen 2011 und 2013 neu erbauten Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg (Foto: HerrMay – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0).
Auf den ersten Archivdirektor Pfarrer Dr. Karl Schornbaum (1875-1953), den führenden Vertreter der bayerischen evangelischen Kirchengeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, waren 1947 D. Matthias Simon, 1963 Dr. Karlheinrich Dumrath, 1975 Dr. Helmut Baier und 2004 Dr. Andrea Schwarz in der Leitung des Hauses gefolgt. Das Archivgebäude konnte indes bereits 1970 wegen Überfüllung fast kein Material mehr aufnehmen. Nach jahrzehntelangen Aus- oder Neubauplanungen, der Einrichtung von Außenstellen und externen Lesesälen konnte schließlich im Dezember 2013 ein Neubau des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg eingeweiht werden. Der Neubau des Archivs befindet sich auf einem ehemaligen Fabrikgelände in direkter Nachbarschaft des bisherigen Hauptgebäudes und besteht aus zwei ineinander verschränkten, geschlossenen Kuben, die über einem transparenten, zurückspringenden Erdgeschoss zu schweben scheinen.
Mit der langjährigen Archivleiterin Andrea Schwarz, die Ende März 2022 in den Ruhestand tritt, hat das Sonntagsblatt über ihren Beruf als Kirchenarchivdirektorin im Landeskirchlichen Archiv Nürnberg gesprochen sowie über die Frage: Wie wird man eigentlich Archivarin?
Dr. Andrea Schwarz spricht in dem auf YouTube einzusehenden Interview mit dem Sonntagsblatt von ihrem Traumberuf: „Man erfährt so viel von den Dingen, von den Menschen, die vor uns gelebt haben. Mir gibt die Arbeit die Kraft und das Selbstverständnis, niemals pessimistisch zu sein, weil ich weiß, dass es den meisten Menschen früher so viel schlechter gegangen ist. Und auch sie sind nicht verzweifelt, denn auch die wussten, dass es auch in anderen Zeiten schon schlechter war.“
Das Landeskirchliche Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern verwahrt das Archivgut der kirchenleitenden Organe, sonstiger kirchlicher Dienststellen (auch vieler Pfarrämter) und Einrichtungen sowie ihrer jeweiligen Vorgänger in den einzelnen Territorien, deren evangelische Kirchenwesen im frühen 19. Jahrhundert zur „Protestantischen Kirche in Bayern rechts des Rheins“ zusammengefügt worden waren. Ergänzend kommen Nachlässe von Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens, Sammlungen von Bildern, Grafiken, Plakaten, Karten, Plänen, Siegeln, Filmen, Tondokumenten, Videos, Zeitungsausschnitten usw. hinzu. Zu den Aufgaben des Archivs zählt ferner die mit Außendienst verbundene Pflege der Archive, Registraturen und historischen Buchbestände innerhalb seines Sprengels, vor allem in den rund 1.540 Kirchengemeinden der bayerischen Landeskirche. Die mit rund 250.000 Titelaufnahmen umfangreiche Bibliothek des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg ist passiv dem allgemeinen Fernleihverkehr angeschlossen.
Neue Leiterin des Landeskirchlichen Archivs Bayern in Nürnberg wird Dr. Alexandra Lutz, die bisherige kommissarische Leiterin des Instituts für Stadtgeschichte in Frankfurt am Main. Die 53-Jährige tritt zum 1. Juli 2022 die Nachfolge der bisherigen Archivdirektorin Dr. Andrea Schwarz an.
Lutz studierte Mittlere und Neuere Geschichte, Volkskunde und Soziologie. Die promovierte Historikerin und ausgebildete Archivarin war von 2003 bis 2010 Dozentin und Koordinatorin für die archivwissenschaftlichen Fächer an der Archivschule Marburg. Anschließend leitete sie das Stadtarchiv Kassel. 2013 kam sie als Leiterin der Abteilung Sammlungen in das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt. Seit Sommer 2021 war die gebürtige Schleswig-Holsteinerin dort kommissarische Leiterin.
Kontakt:
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archiv@elkb.de
https://www.archiv-elkb.de
Quelle: Sonntagsblatt: Berufswahl: Wie wird man Archivar*in?, 5.3.2022; LAELKB, Archivgeschichte, 8.5.2014; bavarikon: Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern; gmp Architekten: Landeskirchliches Archiv der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern; Frankfurt live, 31.1.2022; Sonntagsblatt/epd, 24.2.2022; Sonntagsblatt: Digitale Kirche. So packt die neue Kirchenarchiv-Chefin die Digitalisierung an, 27.7.2022.