30 Jahre Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Am 9. Juni 1980, vor 30 Jahren, wurde das Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr eröffnet. Der damalige Archivleiter Kurt Ortmanns konnte als erste – geladene – Gäste, Vertreter aus Rat und Verwaltung sowie vom Geschichtsverein und der Arbeitsgemeinschaft heimatkundlicher Vereine, des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf, des Landschaftsverbands Rheinland und der Firma Thyssen durch die für 400.000 Mark umgebauten Räume einer ehemaligen Grundschule führen.

Neben dem Archivleiter waren anfangs noch zwei Bibliothekarinnen im Stadtarchiv tätig. Weitere Archivare, Magazinverwalter und Restauratoren kamen erst später in das „Haus der Stadtgeschichte“, das heute elf Mitarbeiter hat und seit 2008 von dem Historiker Kai Rawe geleitet wird. „Früher gab es sehr wenig Öffentlichkeitsarbeit. Die haben wir erst in den letzten zehn Jahren ausgeweitet“, berichtet Johannes Fricke. Der Diplom-Archivar kam nach seiner Ausbildung 1982 ins Mülheimer Archiv.

Neben der normalen Archivarbeit gehören heute auch Führungen, Workshops und Vorträge zur Stadtgeschichte zum selbstverständlichen Angebot des Stadtarchivs. Dieser öffentlichkeitswirksame Bereich wird in Zukunft noch gestärkt werden, wenn das Stadtarchiv, voraussichtlich im Sommer 2011, von der Aktienstraße in die alte, 1907 eröffnete, Augenklinik an der Von-Graefe-Straße umziehen wird. Dort wird das Stadtarchiv mehr Magazin-, Vortrags- und Seminarräume nutzen und darüber hinaus auch einige Computerarbeitsplätze für Archivnutzer anbieten können.

Welch ein Unterschied zu den Anfängen des Mülheimer Stadtarchivs, die sich Anfang der 70er Jahre im zweiten Obergeschoss der damaligen Stadtbücherei am Rathausmarkt abspielten. Als der Historiker Kurt Ortmanns 1972 als erster Stadtarchivar seinen Dienst antrat, war sein Wirkungskreis eine bessere Heimatbücherei mit wenigen Regalmetern. Heute reihen sich die Bestände des Stadtarchivs auf rund sechs Regalkilometer, die nicht nur im Backsteingebäude an der Aktienstraße, sondern auch in einer Halle im Hafen lagern.

Kontakt:
Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr
Aktienstraße 85
45473 Mülheim an der Ruhr
Tel.: 02 08 / 4 55 42 60
Fax: 02 08 / 4 55 42 79
stadtarchiv@stadt-mh.de
www.stadtarchiv-mh.de

Quelle: Thomas Emons, NRZ, Lokalausgabe Mülheim an der Ruhr, 9.6.2010

Hauptausschuss beschloss Bergung für die restlichen Kölner Archivalien

Auf ungefähr zehn Prozent schätzt die Kölner Archivverwaltung den Anteil an Archivalien des eingestürzten Historischen Archivs der Stadt Köln, der bisher noch nicht geborgen wurde und vermutlich im Grundwasser vor der unterirdischen Schlitzwand zu finden sein wird.

Am 7. Juni 2010 nahm ein über 100 Tonnen schweres Bohrgerät die Arbeit auf, um unterirdische Wände für das so genannte "Bergungsbauwerk" zu errichten. 63 Pfähle, über 30 Meter tief, sollen in den nächsten Wochen nebeneinander gesetzt werden, um eine stabile Wand zu errichten. Zwei Pfähle, so die Kalkulation, sollen pro Arbeitstag gesetzt werden können. Anschließend sollen innerhalb des Ovals die letzten Archivalien aus dem mit Schutt vermischten Grundwasser herausgeholt und die letzten Trümmer in dem Bereich weggeschafft werden. Noch auf dem Gelände der Schuttstelle soll direkt eine Erstversorgung der geborenen Archivalien stattfinden. Für das Bergungsbauwerk, Bergung und die Erstversorgung im 24-Stunden Schichtbetrieb hat jetzt der Hauptausschuss des Rates 10,2 Millionen Euro bewilligt. Der Drei-Schicht-Betrieb wird aus Kapazitätsgründen auch mit externem Personal durchgeführt.

Sowohl der Kosten- als auch der Zeitplan mussten in den vergangenen Wochen an die inzwischen vorliegenden dezidierten Kalkulationen und verbesserten Statikplanungen zur größtmöglichen Sicherheit auf der Schuttstelle angepasst werden. Ziel ist unter anderem, ein Bauverfahren umzusetzen, das keine Wirkung auf die von der Staatsanwaltschaft zu untersuchenden unterirdischen Schlitzwände hat, so dass die Ursachenforschung zur Unglücksursache von dem Bau des Bergungsbauwerks völlig unbeeinflusst vorgenommen werden kann. Für die Planungs- und Bauleistungen im Bereich des Bergungsbauwerks sind jetzt 7,14 Millionen Euro kalkuliert, für das externe Helferpersonal rund 2,5 Millionen Euro. Inklusive der intensiven messtechnischen Überwachung während der Bergung, Entschädigungszahlungen an die Anwohnerinnen und Anwohner, Kosten für das Baustellenmanagement und Transporte summieren sich die Kosten für das Bergungsbauwerk auf insgesamt 10,2 Millionen Euro.

Das Bergungsbauwerk schafft gleichzeitig einen Teil der Voraussetzungen für das anschließende so genannte "Besichtigungsbauwerk", das in der Regie des vom Landgericht Köln bestellten Gutachters errichtet wird. Dieses Bauwerk soll Aufschlüsse über die eigentlichen Schadensursachen und damit den oder die Verantwortlichen für den Einsturz des Historischen Archivs im März 2009 ermöglichen.

Aktuelle Eindrücke von der Baustelle

Übersichtsplan Bergungsbauwerk [PDF, 3941 KB]

Aktuelle Situation am 7. Juni 2010 [PDF, 2734 KB]

Quelle: Stadt Köln, Pressemitteilung, 7.6.2010

Ausstellung »Bergfremd(e) – Ausländer im Ruhrbergbau«

Die "local-hero-Woche" für die Stadt Gelsenkirchen im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas Ruhr.2010 begann am 6. Juni 2010 in den Arkaden des Wissenschaftsparks mit der Eröffnung einer kleinen Ausstellung mit dem Titel "Bergfremd(e) – Ausländer im Ruhrbergbau" durch Oberbürgermeister Frank Baranowski.

Die Ausstellung des Montanhistorischen Dokumentationszentrums (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum (DBM) und des Instituts für Stadtgeschichte Gelsenkirchen (ISG) ist Teil des Projektes FREMD(E) IM REVIER!?, an dem sich im ganzen Ruhrgebiet historische Einrichtungen mit Teil-Ausstellungen beteiligen. Als eine städteübergreifende Initiative, die das Thema Zuwanderung ins Ruhrgebiet aus unterschiedlichen Perspektiven behandelt, ist das Projekt zur Migration eines "offiziell" anerkannten Geschichtsprojekte der Kulturhauptstadt Europas Ruhr.2010. Neben dem Oberbürgermeister wird Dr. Michael Farrenkopf für das Deutsche Bergbau-Museum auf die bereits bewährte Zusammenarbeit der Bochumer mit dem Gelsenkirchener Institut für Stadtgeschichte eingehen, anschließend wird kurz in die Thematik der Ausstellung eingeführt.

Die Ausstellung zeigt, dass die Geschichte des Ruhrgebiets und seines wirtschaftlichen Leitsektors, des Steinkohlenbergbaus, im 19. und 20. Jahrhundert ohne die zahlreichen Zuwanderer kaum möglich gewesen wäre. Sie kamen als Unternehmer, Investoren und Techniker, vor allem aber als Arbeitskräfte und haben die Region entscheidend mitgeprägt. Die Zuwanderer waren oft in doppelter Hinsicht „Bergfremd(e)“, war ihnen doch nicht nur die neue Umgebung, sondern oft auch die Bergarbeit fremd. Die Ausstellung folgt den Spuren der Zuwanderer im Ruhrbergbau des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie greift die Bemühungen um die Anwerbung und Integration der Arbeitskräfte ebenso wie das oft schwierige und spannungsgeladene Verhältnis zwischen Neuankömmlingen und Eingesessenen auf und hinterfragt kritisch das Bild vom "Schmelztiegel Ruhrgebiet". Die Ausstellung "Bergfremd(e). Ausländer im Ruhrbergbau" ist bis zum 31. August 2010 im Wissenschaftspark Gelsenkirchen zu sehen.

Veranstalter:
Institut für Stadtgeschichte (ISG)/Stadtarchiv Gelsenkirchen und Deutsches Bergbau-Museum/Montanhistorisches Dokumentationszentrum, Bochum

Veranstaltungsort:
Arkaden im Wissenschaftspark Gelsenkirchen
Munscheidstraße 14
45886 Gelsenkirchen

Öffnungszeiten:
Mo bis Fr 7-18 Uhr, Sa 8-16 Uhr
http://www.institut-fuer-stadtgeschichte.de/

Wien vergibt Preis für Stadtgeschichtsforschung

Anlässlich der Pensionierung des langjährigen Wiener Archivdirektors Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Opll hat die Stadt Wien einen Preis für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Stadtgeschichtsforschung eingerichtet. "Für die Identität einer Stadt ist die Erforschung und Dokumentation ihrer Geschichte unverzichtbar. Mit diesem Preis soll die Stadtgeschichtsforschung in Wien, die auf das engste mit dem Namen Ferdinand Opll verbunden ist, einen zusätzlichen Impuls erhalten," erklärte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny bei der offiziellen Verabschiedung des Archivdirektors, die am 31. Mai 2010 in Anwesenheit von Bürgermeister Michael Häupl im Stadt- und Landesarchiv Wien im Gasometer stattfand. Der Preis wird von der Stadt Wien im Wege des Österreichischen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung gestiftet und jährlich durch eine Jury vergeben.

Der Kulturstadtrat würdigte den scheidenden Archivdirektor ob seiner großen Verdienste um das Wiener Stadt- und Landesarchiv, insbesondere hinsichtlich des Archivsgesetzes 2000 sowie der erfolgreichen Übersiedlung in den Gasometer. "Ich danke Ferdinand Opll nicht nur für die jahrzehntelange umsichtige Führung des Archivs und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch für seinen hohen persönlichen Einsatz für die Stadt Wien insgesamt", betonte Mailath abschließend.

Quelle: Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien, Pressemitteilung, 1.6.2010

Erfolgreicher Vorarlberger Archivtag in St. Gerold

"Digitale Projekte in Archiven" wurden kürzlich beim 20. Vorarlberger Archivtag vorgestellt. Die Propstei St. Gerold im Großen Walsertal bot einen besonders attraktiven Rahmen für diese traditionelle Informations- und Bildungstagung, die vom Vorarlberger Landesarchiv organisiert. wurde. Landesarchivar Alois Niederstätter und Tagungsleiter Manfred Tschaikner konnten 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Vorarlberg, der Schweiz und Deutschland begrüßen.

Andreas Kränzle aus Zürich stellte die auf acht Jahre angelegte Reorganisation des bedeutenden Klosterarchivs der Benediktinerabtei Einsiedeln vor, zu dem auch die Propstei St. Gerold gehört. Teile wichtiger Archivbestände sind als E-Archiv im Internet abrufbar (www.klosterarchiv.ch). Zudem führte Kränzle in das von ihm mitentwickelte Internetprogramm "Ad fontes" ein, das nicht nur Studierenden eine Informations- und Trainingsmöglichkeit für die Benützung von Archiven und Archivquellen ermöglicht (www.adfontes.uzh.ch).

Katrin Rigort aus Frauenfeld bereitet im Auftrag des Vorarlberger Landesarchivs die Edition des "Bludenzer Urbars" von 1618 vor, eines Güterverzeichnisses der Herrschaften Bludenz und Sonnenberg. Sie stellte die Vorzüge und Besonderheiten der Auszeichnungssprache XML vor, die zur Darstellung hierarchisch strukturierter Daten in Form von Textdaten eingesetzt werden kann. Zum Abschluss des informativen Nachmittags führte Propst Pater Kolumban durch die Propstei St. Gerold.

Quelle: OTS, Pressemitteilung, 1.6.2010

Geheimschutz transparent? Verschlusssachen in staatlichen Archiven. Tagung im Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland

Über 70 Vertreter aus Verwaltung, Forschung und Archiven kamen am 1. Juni 2010 in der Abteilung Rheinland des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen zusammen, um über die Zugänglichkeit und den Quellenwert von Verschlusssachen zu diskutieren. Tausende solcher Unterlagen lagern noch in den Registraturen des Verfassungsschutzes des Bundes und der Länder, bei der Polizei und in den Justizbehörden. Die Modalitäten ihrer Abgabe an die staatlichen Archive sind in vielen Fällen rechtlich und organisatorisch unzureichend geklärt. Strenge normative Vorgaben und aufwändige Verfahren erschweren oftmals die Nutzung und Auswertung der Unterlagen in den Behörden wie in den Archiven.

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Foto: Der Freiburger Historiker Josef Foschepoth und die Leiterin des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen Mathilde Koller (Foto: Landesarchiv NRW)

Nach einer Begrüßung durch den Leiter der Abteilung Rheinland des Landesarchivs NRW, Frank M. Bischoff, widmete sich der erste Teil der Tagung dem Quellenwert von Verschlusssachen für die Zeitgeschichte. Der Journalist Wolfgang Buschfort (Bocholt) gab in seinem Vortrag einen Überblick über die Anfänge des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen. Er zeigte auf, wie der Verfassungsschutz zusammen mit der britischen Besatzungsmacht, teilweise aber auch an der Besatzungsmacht vorbei und mit eigenen Vorstellungen der Landesregierung aufgebaut wurde; der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen habe als Muster und Vorbild für einen Verfassungsschutz auf Bundesebene und in den anderen Ländern gedient. Buschfort, der seine Ergebnisse auch in einer größeren Publikation veröffentlicht hat, konnte ausgiebig Quellen des Verfassungsschutzes selbst nutzen, in dessen Auftrag er seine Untersuchung erarbeitete; Hindernisse bei der Zugänglichkeit von Quellenmaterial gab es in diesem Fall kaum, nachträgliche Anonymisierung und Streichungen im fertigen Manuskript nur ganz selten.

Auch der zweite Referent, der Historiker Josef Foschepoth (Freiburg), stützte sich in seinem Vortrag über das Spannungsverhältnis von Staatsschutz und Grundrechten in der Adenauerzeit in starkem Maße auf eine Auswertung von Geheimakten. Foschepoth vertrat die These, dass in der Interessenabwägung zwischen dem Schutz der Grundrechte und dem Schutz des Staates, letzterer in der Frühzeit der Bundesrepublik überwogen habe. Der Staat sei nicht von der Demokratie, sondern die Demokratie vom Staat her gedacht worden. Foschepoth belegte seine These anhand zahlreicher Beispiele für die Beobachtung und Verfolgung vor allem linksextremer Personen und Organisationen durch den Verfassungsschutz und die Justiz; die ergriffenen Maßnahmen hätten vielfach in einem Missverhältnis zum eigentlichen Gefährdungspotential der betroffenen Gruppen gestanden und vorrangig der Formierung und inneren Stabilisierung des westdeutschen Staates in der Epoche des Blockbildung und des Kalten Krieges gedient.

Die Situation rechtsextremistischer Gruppierungen in dieser Phase bundesrepublikanischer Geschichte thematisierte Uwe Schimnick (Osnabrück) am Beispiel der Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS e.V. (HIAG). Für die interne Organisation und die personelle Situation dieses 1951 gegründeten Verbandes, nicht zuletzt auch für die Frage nach der Herausbildung und Pflege rechtsextremer Netzwerke, bildeten die Akten des Verfassungsschutzes mit ihren Beobachtungsberichten Schimnick zufolge eine wichtige, wenn auch nicht die einzige Quelle. Die Chancen und den Erkenntnisgewinn einer differenzierenden Betrachtung extremistischer Organisationen und Randgruppen durch Einbeziehung und Auswertung der Akten des Verfassungsschutzes illustrierte schließlich auch Jens Niederhut (Landesarchiv NRW, Düsseldorf) in seinem Referat über die Ferienaktion der DDR „Frohe Ferien für alle Kinder“. Bis 1961 nutzten jährlich mehrere Tausend westdeutsche Kinder die Möglichkeit, zu Ferienaufenthalten in der DDR (Höhepunkt der Aktion 1955 mit 55.000 Teilnehmern). Organisiert wurde die Aktion von einer Arbeitsgemeinschaft, die politisch der KPD nahe stand und mit ihr kooperierte. Auch wenn damit aus Sicht der Organisatoren die Ferienaktion vor allem dem propagandistisch-ideologischen Ziel einer Mobilisierung und eines Ausbaus des kommunistischen Milieus in der Bundesrepublik diente, greift die einfache Deutung der Arbeitsgemeinschaft als kommunistische Tarnorganisation zu kurz. Bei weitem nicht alle Mitwirkenden waren Mitglieder der KPD; in vielen Fällen waren – wie gerade auch die genaue Lektüre der Akten des Verfassungsschutzes deutlich macht – starke karitative Impulse ausschlaggebend für eine Beteiligung an der Ferienaktion, die sich ihrerseits beschleunigend auf den Auf- und Ausbau des Ferienhilfswerks in Nordrhein-Westfalen auswirkte.

Im zweiten Teil der Tagung stand die Frage nach der Zugänglichkeit von Verschlusssachen für die Forschung im Mittelpunkt. Der Journalist Georg Bönisch (Düsseldorf) und der Historiker Foschepoth diskutierten auf dem Podium mit dem Archivar Michael Hollmann vom Bundesarchiv (Koblenz) und der Leiterin des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen Mathilde Koller; die Moderation der Diskussion übernahm Uwe Zuber vom Landesarchiv NRW. Koller erläuterte im Rahmen der Diskussion das Modell der Zugänglichkeit von Akten des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen; das Verfahren sieht fallbezogen jeweils eine Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers und eine genaue Prüfung der beantragten Unterlagen durch den Verfassungsschutz vor. Da auf diese Weise zumindest ein Großteil der VS-Unterlagen für die Forschung zugänglich gemacht werden kann, unterstützte und empfahl auch Zuber die nordrhein-westfälische Lösung als ein sinnvolles und zugleich pragmatisches Verfahren, um bei Anerkennung und Berücksichtigung berechtigter Sicherheitsinteressen des Landes trotzdem eine Zugänglichkeit zu den Unterlagen für die Forschung zu gewährleisten; vor allem jenen Bundesländern, die bislang keine Regelungen über die Zugänglichkeit von VS-Unterlagen besäßen, könne das Verfahren aus Nordrhein-Westfalen durchaus empfohlen werden. Forschepoth und vor allem Bönisch forderten dennoch langfristig eine liberalere Regelung für die Benutzung von VS-Schriftgut. Zu diesem Zweck sei es wünschenswert, wenn VS-Unterlagen generell vor der Übergabe an das Archiv herabgestuft werden könnten bzw. – wie von Bönisch gefordert – die VS-Einstufung automatisch nach einer Frist von 30 Jahren erlöschen würde. Koller, die Verständnis für eine solche Forderung zeigte, machte deutlich, welche praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten einer liberaleren Regelung entgegenstehen. Zum einen seien die Sicherheitsinteressen (z. B. der Schutz der Informanten) zu gravierend, als dass eine pauschale Freigabe nach einem Fristenmodell zu verantworten sei; zum anderen seien die personellen Ressourcen der Behörden nicht ausreichend, um in großem Umfang Unterlagen vor Abgabe ins Archiv zu prüfen und zu deklassifizieren; auch enthielten die Akten umfangreiches Material „befreundeter Dienste“ und militärischer Stellen des Auslandes, die nach den bisherigen Erfahrungen kaum bereit und in der Lage seien, in eine Herabstufung von Unterlagen einzutreten. In der Bilanz blieb es deshalb bei unterschiedlichen Positionen auf Seiten der Behörden und der Forschung. Trotz dieser Unterschiede zeugte jedoch die Diskussion von einem ausgeprägten gegenseitigen Verständnis und einer großen Bereitschaft zur Suche nach pragmatischen Lösungen im Einzelfall. Auf dieser Basis können weitere Gespräche aufbauen.

In seinem Schlusswort würdigte der Präsident des Landesarchivs NRW, Wilfried Reininghaus, die Tagung als eine archivische „Sternstunde“ und dankte allen Mitwirkenden und Zuhörern. Das wichtige Thema der Verschlusssachen sei zum ersten Mal ausführlicher innerhalb der Fachgemeinschaft der Archivarinnen und Archivare diskutiert worden; die Teilnahme zahlreicher Vertreter anderer Landesarchivverwaltung zeige, welcher Diskussionsbedarf auf diesem Feld bestehe.

Kontakt:
Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland
Mauerstr. 55
40476 Düsseldorf
Telefon: 0211-22065-0
Telefax: 0211-22065-55-501
rheinland@lav.nrw.de

Quelle: LAV NRW/Meinolf Woste, 2.6.2010

Mülheimer Postkartensammlung fürs Archiv

Das Schönste aus Mülheim zeigen die Postkarten von Heinz Hohensee. Wichtiger noch ist aber der dokumentarische Wert der Sammlung von mehr als 100 Jahren. Daher hat sich das Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr gefreut, als es diese angeboten bekam, sagt Archivleiter Dr. Kai Rawe. Er bescheinigt der Sammlung eine hohe Qualität. Rund 80 Prozent der 2.200 Exemplare sollen die bereits archivierten 3.200 Postkarten über Mülheim ergänzen.

Modern wurde das kurze „Hallo“ auf Papier Ende des 19. Jahrhunderts, so Rawe. Gerade diese Stücke hatten bald Sammlerwert. Selbst wenn manches Motiv wohl eher der Fiktion als der Realität entsprang, wie Hohensee verrät: Auf einer Karte etwa ließ man ein Leuchtfeuer auf dem noch unfertigen Rathausturm glimmen, „der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt“, merkt der Sammler mit Augenzwinkern an.

Eine Fotokarten-Serie von 1915-18 gibt Einblicke in die frisch eingerichteten Rathauszimmer: Bücherei, Erfrischungsraum, Eingangshalle – für das Stadtarchiv ein dokumentarischer Augenschmaus. Andere Karten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zeigten hingegen Lazarette oder Kriegsgefangenenlager. „Man hatte das Gefühl, die Zeitgeschichte festhalten zu müssen“, so Rawe. Und wollte dokumentieren, dass man sich um die Verletzten kümmert – Propaganda. Und auch Karten der Friedrich-Wilhelms-Hütte wollten nicht nur „schön“ sein, sondern sagen: „Hier passiert der Fortschritt.“

Die wenigsten Exemplare seiner Postkartensammlung sind Heinz Hohensee persönlich geschickt worden. Er ergatterte sie auf Börsen und in Antiquariaten, „Hauptsache Mülheim“, sagt er, denn die Stadt hat es ihm angetan.

Quelle: Dennis Vollmer, WAZ, 29.5.2010

Weitere Bergung in Köln steht bevor

Der vergangene kalte Winter machte lange Zeit die weitere Sicherung der Einsturzgrube des Kölner Stadtarchivs unmöglich. Inzwischen ist die Böschung, die seit Herbst 2009 abzurutschen drohte, mit einer Betonauflage gestützt. Danach konnte mit den Vorbereitungen für das Bergungsbauwerk begonnen werden, wozu unter anderem eine asphaltierte Zufahrt und Arbeitsfläche gehören sowie eine Bohrschablone, in die passgenaue Schalengreifer hineinfahren.

Ab dem 1. Oktober 2010 übernimmt der Gutachter Prof. Hans-Georg Kempfert die Kontrolle über die Unglücksstelle am Waidmarkt und soll endlich die Ursache der Katastrophe am 3. März 2009 klären. Archivalien, die bis dahin nicht geborgen sind, werden wahrscheinlich tief im Untergrund vermodern. Derzeit liegen noch 10 bis 15 Prozent des Gesamtbestandes im Grundwasser. Dr. Ulrich Fischer, der stellvertretende Leiter des Historischen Archivs der Stadt Köln, hofft, dass die Bergung nun endlich in der ersten Junihälfte beginnen kann.

Dann werde wieder rund um die Uhr gearbeitet, in drei Schichten und an sieben Tagen in der Woche. Drei bis fünf Mitarbeiter des Archivs werden ständig vor Ort sein. Unterstützt von rund 30 Hilfskräften sorgen sie dafür, dass die geborgenen Archivalien schnell gereinigt, verpackt und schockgefroren werden. Später werden die Dokumente unter Vakuum aufgetaut, damit sich das Eis sofort in Gas verwandelt und keine Nässe zurückbleibt.

Das Stadtarchiv Köln rechnet damit, dass rund fünf Prozent des Gesamtbestandes am Ende endgültig verloren sein werden. Von den bisher geborgenen Materialien haben 35 Prozent schwerste Schäden, 50 Prozent mittlere bis schwere, 15 Prozent nur leichte Schäden.

Kontakt:
Historisches Archiv der Stadt Köln
Heumarkt 14
50677 Köln
Tel. 0221/221-24455
HistorischesArchiv@stadt-koeln.de

Quelle: Werner Grosch, Kölnische Rundschau, 27.5.2010

Teure Indiskretion bei NRW-Landesarchiv-Planung?

Am 12. April 2010 stellte ein Frankfurter Detektiv Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft Duisburg, um seinem Verdacht auf Betrug zum Nachteil des Landes NRW und zum Nachteil der Stadt Duisburg nachzugehen.

Durch eine Reihe von Kaufverträgen bestehe der Verdacht des „Geheimnisverrates im Staatsdienst an die Firma Kölbl und Kruse“. Hierdurch sei es dem Essener Unternehmen möglich gemacht worden, dem Land NRW das Grundstück für den Neubau des Landesarchivs NRW auf dem Gelände des alten denkmalgeschützten RSWG-Speichers am Duisburger Innenhafen vor der Nase wegzuschnappen. Später hätten die Unternehmer dem Land NRW das Objekt zu einem Vielfachen wiederverkauft. Der dadurch entstandene Schaden: bis zu 25 Millionen Euro.

Die Staatsanwaltschaft, so die Forderung, müsse diese Verträge rückabwickeln und dem Land, seinem Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) sowie der Stadt die gezahlten Summen zurückführen.

Quelle: Stefan Endell, derwesten/WAZ, 28.5.2010

Cartoonlobby präsentiert Klassiker der ostdeutschen Karikatur in Lübben

Derzeit zeigt die „Vertikale Galerie“ im Landratsamt Lübben elf der besten Zeichnerinnen und Zeichner aus dem Umfeld der Satirezeitschrift für Humor und Satire »Eulenspiegel« mit Beispielen ihrer Arbeit: Heinz Behling, Manfred Bofinger, Henry Büttner, Peter Dittrich, Barbara Henniger, Heinz Jankofsky, Lothar Otto, Harri Parschau, Louis Rauwolf, Karl Schrader und Reiner Schwalme.

Jeweils ca. 50 Blätter aus fünf Jahrzehnten spiegeln die Entwicklung der Karikatur von der DDR in die neuen Bundesländer. Die Ausstellung wird in zwei Teilen präsentiert. Zur Mitte ihrer Dauer wird noch einmal das gesamte Bildmaterial ausgetauscht. Somit ein doppelter Anlass für den Besuch im Landratsamt. Ausgestellt werden »Klassiker«, die über ihren historischen Anlass hinaus nicht an Aktualität verloren haben und die auf kurzweilige Art Zeitgeschichte näher bringen.

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Abb. zur Ausstellung "Je oller, je doller!", © Karl Schrader, 1981

Zur Auswahl gehören Karikaturen die alle ausnahmslos im »Eulenspiegel« veröffentlicht worden. Sie dokumentieren nicht nur ein Stück DDR-Alltag, sondern auch die politische Wende in der DDR und das Hineinwachsen in ein anderes Gesellschaftssystem.

Die bundesweite Vereinigung Cartoonlobby e.V., mit Sitz in Königs Wusterhausen, nimmt die Ausstellung zum Anlass einer Vorausschau auf die Möglichkeiten und das Potential eines zukünftigen „Museums für Humor und Satire“ in der Region. Gerade wurde von ihr die Gründung der Sammlung für ein solches Museum abgeschlossen, deren Grundstock das Erbe ostdeutscher Karikaturisten bilden wird. Dies war möglich durch das unermüdliche Engagement der Cartoonlobbyisten und die Unterstützung der Stiftung Dahme-Spreewald der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam sowie des Landkreises Dahme-Spreewald.

Inzwischen umfasst der Bestand der Sammlung an die 20.000 treuhänderisch übernommene Arbeiten und eine Bibliothek von weit über 2.500 Fachbüchern. Auch konnten erste wichtige Ankäufe getätigt werden, die ebenfalls teilweise in der Ausstellung mit vertreten sind. Ende 2010 wird die „Sammlung_Museum für Humor und Satire“ ihr vorläufiges zu Hause im Kreisarchiv in der Stadt Luckau finden. Die unermüdliche Suche nach einem geeigneten Haus für ein Museum ist damit noch lange nicht abgeschlossen. Als Publikumsmagnet und Forum für die visuellen Formen von Humor und Satire, braucht dieses nicht nur das Archiv. Größere Räumlichkeiten für Dauer- und Sonderausstellungen, eine öffentliche Bibliothek und Veranstaltungen werden benötigt. Derzeit ist der Verein damit beschäftigt, eine „Stiftung Museen für Humor und Satire in Berlin/Brandenburg“ zu errichten. Stifter, Förderer und Mitstreiter sind immer gern gesehen.

Info:
Ausstellung „Je oller – je doller!“ – Cartoonlobby präsentiert Klassiker der ostdeutschen Karikatur

Dauer der Ausstellung: 19. Mai bis 12. August 2010
TEIL 1 — 19. Mai – 21. Juni …
TEIL 2 — 22. Juni – 12. August

Ort:
VERTIKALE GALERIE
Landratsamt, Beethovenweg 14, 15907 Lübben (Spreewald)

Öffnungszeiten:
Montag – Donnerstag von 7-18 Uhr …
Freitag von 7-16 Uhr

Kontakt:
Cartoonlobby e.V.
Ansprechpartner: Andreas Nicolai (Geschäftsführer)
Seestraße 37
15711 Königs Wusterhausen
Telefon: 03375 / 21 41 57
www.cartoonlobby.de

Quelle: Newsmax, 27.5.2010