Seminar zur Familienforschung im Archiv der Lippischen Landeskirche

Da herrschte drangvolle Enge im kleinen Benutzerraum des Archivs der Lippischen Landeskirche: Familienforschung stand im Mittelpunkt eines Seminars, zu dem die Volkshochschule Lippe-West und das Verkehrsamt Lage eingeladen hatten. Die Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, um mit Archivarin Maja Schneider über die Geschichte der Personenstandserfassung in Lippe ins Gespräch zu kommen.

\"DieAbb.: Die Besucher konnten einen Blick in alte Kirchenbücher werfen, um sich einen Eindruck von den Handschriften und dem charakteristischen Papier zu verschaffen. Dafür mussten sie spezielle Handschuhe tragen. Archivarin Maja Schneider (Mitte) stand für Fragen zur Verfügung.

Maja Schneider erklärte die Bestände und den Zuständigkeitsbereich des Archivs und erläuterte die Geschichte der Kirchenbücher und der Kirchenbuchführung. Anhand von ausgewählten Kirchenbucheintragungen machte sie deutlich, welch spannende oder skurrile Geschichten sich oft hinter nüchternen Daten verbergen. Neben den Kirchenbüchern als nach wie vor wichtigste Personenstandsquelle nannte sie unter anderem auch Zehntregister, Kirchensteuerhebelisten, Kirchenstuhl- oder Armenregister. Diese Quellen reichen im Archiv der Lippischen Landeskirche teilweise zurück bis zum Ende des 16. Jahrhunderts und geben Informationen über die bloßen Lebensdaten hinaus.

Nach der Theorie kam die Praxis: Die Besucher durften einen Blick in Kirchenbücher werfen, um sich einen Eindruck von den alten Handschriften und dem charakteristischen Papier zu verschaffen. „Es hat sich eine lebhafte Diskussion entwickelt“, freut sich Schneider. „Viele von ihnen haben angekündigt, dass sie wiederkommen.“ Das Archiv der Lippischen Landeskirche besteht seit 1972 und ist unter anderem zuständig für die Bewahrung und Erschließung der schriftlichen Überlieferung der kirchenleitenden Organe, der landeskirchlichen Einrichtungen, Ämter und Dienste.

Kontakt:
Landeskirchliches Archiv der Lippischen Landeskirche
Leopoldstraße 27
32756 Detmold
Tel.: 05231/976-803
Fax: 05231/976-850
archiv@lippische-landeskirche.de

Quelle: Lippische Landeskirche, Pressemitteilung, 18.3.2011

Ende einer Nachkriegs-Odyssee: Halberstädter Urkunden in Lübeck aufgetaucht

Am 22. März 2011 übergab der Leiter des Archivs der Hansestadt Lübeck, Dr. Jan Lokers, sechs Urkunden Halberstädter Provenienz an Frau Prof. Dr. Ulrike Höroldt, Leiterin des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Beide zeigten sich glücklich, dass damit die Odyssee von wertvollen Archivstücken, die am Ende des Zweiten Weltkriegs entfremdet worden waren, ihr Ende gefunden hat.

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Abb.: Die wieder aufgetauchten Halberstädter Urkunden

Die Vorgeschichte der Übergabe ist spannend und zugleich nicht untypisch für die Geschichte der Archive im Zweiten Weltkrieg: 2008 erhielt das Archiv der Hansestadt Lübeck einen Anruf eines betagten Privatmannes in Lübeck-Travemünde, der dem Archiv mehrere mittelalterliche Urkunden kostenlos anbot. Bei der Übergabe stellte es sich heraus, dass es sich tatsächlich um Urkunden aus den Jahren von 1362 bis 1538 handelte. Wie aber kamen diese in Privatbesitz?

Als junger Mann hatte der Anbieter gegen Kriegsende die Stücke von Personen angekauft, die in einer im Salzbergwerk Stassfurt (heute in Sachsen-Anhalt gelegen) untergebrachten Flugzeugwerft arbeiteten. Dorthin waren auch die Unterlagen des Preußischen Provinzialarchivs Magdeburg ausgelagert worden. Auf eine nicht geklärte Weise kamen diese Personen an Urkunden des Provinzialarchivs, wobei aus den Siegeln nach Aussage des Abgebenden zum Teil Kerzen hergestellt worden seien.

Eine längere Nachforschung über Inhalt und Herkunft der Stücke begann, die schließlich damit endete, dass die Urkunden als Teile des Bestands des Stifts Unser Lieben Frauen zu Halberstadt, heute Bestand U 7, des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt, Abt. Magdeburg identifiziert werden konnten. Nach dem Krieg waren diese als fehlend festgestellt worden.

Die Nachricht aus Lübeck über das Auftauchen der verloren geglaubten Urkunden löste in Magdeburg natürlich große Freude aus. Wegen der angespannten Haushaltslage der beiden Archive (auch mit Dienstreisen ist in diesen Zeiten sparsam umzugehen!) konnte ein Austausch erst jetzt stattfinden. Dass Urkunden und Siegel (soweit noch vorhanden) in einem sehr guten Zustand sind, vergrößerte die Freude noch. Das glückliche Ende einer Odyssee!

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Abb.: Prof. Dr. U. Höroldt, Magdeburg, und Dr. Jan Lokers, Lübeck, bei der Übergabe der Urkunden in Lübeck

25. Archivpädagogenkonferenz in Münster

Unter den vielfältigen Gründen, die das Archiv als außerschulischen Lernort für Schülerinnen und Schüler attraktiv machen, steht das forschend-entdeckende Lernen ganz oben. Im Archiv können Kinder und Jugendliche zu aktiven Forschern werden, auf historische Spurensuche gehen und eigene Ergebnisse zusammentragen. Im Rahmen des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten spielt dieser Ansatz die entscheidende Rolle, aber auch in verschiedenen kleineren und größeren Projekten kommt er zum Tragen.

Die 25. Archivpädagogenkonferenz am 3./4. Juni 2011 in Münster hat sich das Thema gegeben: Spurensucher unterwegs – Forschend-entdeckendes Lernen in der Praxis am Beispiel des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten. Auf der Tagung werden Fachvorträge den Ansatz des forschend-entdeckenden Lernens zunächst genauer entfalten. Im Mittelpunkt stehen dann konkrete Praxisbeispiele, wobei die unterschiedlichen Perspektiven von Archivaren und Archivpädagogen, Lehrern und Schülern gleichrangig in den Blick genommen werden sollen.

Vorgestellt und diskutiert werden auch die unterschiedlichen Möglichkeiten in kleinen und größeren Archiven. Die Tagung möchte damit einen Beitrag leisten zum Austausch, zur Reflexion und zur Weiterentwicklung von konkreten Ansätzen des forschend-entdeckenden Lernens im Archiv.

Vorprogramm am 2. und 3. Juni 2011
Donnerstag, 2. Juni 2011
16-18 Uhr Geschichtsort Villa ten Hompel, Kaiser-Wilhelm-Ring 28,  4814 Münster
Der Geschichtsort „Villa ten Hompel“, ehemals Sitz der Ordnungspolizei in der Zeit des Nationalsozialismus und des Dezernates für Wiedergutmachung im Nachkriegsdeutschland, bietet ein vielfältiges Angebot zur Auseinandersetzung mit Themen zwischen Erinnerungskultur und Demokratieförderung (www.muenster.de/stadt/villa-ten-hompel) anschl. Möglichkeit zum gemeinsamen Abendessen in der Stadt

Freitag, 3. Juni 2011
11-12 Uhr Geschichte in der Werkstatt (Techn. Zentrum des Landesarchivs NRW, An den Speichern 11, 48157 Münster)
Vorgestellt und ausprobiert wird ein archivpädagogisches Projekt, bei dem Schü-lerinnen und Schüler die Aufgaben und Möglichkeiten der Restaurierung und Konservierung kennen lernen können.
(www.archivundjugend-restaurierungswerkstatt.de)
12-13 Uhr Mittagessen in der Speicherstadt.

Link: Programm und Anmeldung

Anmeldungen bis 27.05.2011 + weitere Informationen:
Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Dr. Wolfhart Beck: Tel.: 0251 4885-131; E-Mail: wolfhart.beck@lav.nrw.de

Stadtarchiv Münster, Roswitha Link: Tel.: 0251 492-4703;
E-Mail LinkRoswitha@stadt-muenster.de

Stadtarchiv Erlangen dokumentiert Reichspogromnacht 1938

Die Reichspogromnacht vom 9./10. November 1938 verlief in Erlangen teilweise anders als in anderen Städten. Aber auch dort wurden die Jüdinnen und Juden verhaftet und schikaniert, ihre Wohnungen und Geschäfte geplündert und zerstört.

Unter dem Titel „In der Nacht, in der die Judenaktion stattfand …“ dokumentiert Erlangens Stadtarchivar Dr. Andreas Jakob auf der Basis von Prozessakten die Ereignisse der so genannten „Reichskristallnacht“ vom 9./10. November 1938 und ihre juristische Aufarbeitung in den Jahren 1946 bis 1950 in der Hugenottenstadt. Er zeichnet so ein bislang weitgehend unbekanntes Bild dieses hässlichsten Kapitels in der Erlanger Stadtgeschichte.

Zu der 240 Seiten starken, faktenreichen und mit zahlreichen Fotografien illustrierten Untersuchung steuerten auch der Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, Josef Schuster, sowie Oberbürgermeister Siegfried Balleis Grußworte bei. Jakob stellt das Buch und seine Entstehungsgeschichte am Freitag, 25. März, um 17:00 Uhr in der Buchhandlung Thalia (Hugenottenplatz 6) vor. Der Eintritt ist frei.

Quelle: Stadt Erlangen, Rathausreport, 23.3.2011

63. Westfälischer Archivtag in Siegen

In drei Archivkartons dokumentiert das Stadtarchiv Siegen die Geschichte des Förderkreises Siegerland-Theater e. V. Die Unterlagen reichen bis ins Jahr 1971 zurück, als der Vorläufer des Förderkreises, der Verein zur Förderung des Theater- und Konzertbaues, für den Kernraum des Siegerlandes gegründet wurde. Die Dokumente geben Aufschluss über die Arbeit des Förderkreises in den Jahren seines Bestehens (1986-2003). „Die hier verwahrten Unterlagen des Förderkreises dokumentieren ausführlich das bürgerschaftliche Engagement, das schließlich zur Errichtung des Apollo-Theaters durch die Stadt Siegen führte“, so Stadtarchivar Ludwig Burwitz. „Solche Quellen gehören zu den Kronjuwelen eines jeden Archivs“, ergänzt Kreisarchivar Thomas Wolf: „Denn sie informieren über wichtige Aspekte der lokalen und regionalen Geschichte, die sich in der amtlichen Überlieferung der öffentlichen Archive nicht finden lassen.“

Um genau solche Dokumente – so genanntes „nichtamtliches Archivgut“ – geht es beim 63. Westfälischen Archivtag, der am 22. und 23. März 2011 in der Siegerlandhalle stattfindet. Zum „nichtamtlichen Archivgut“ gehören Überlieferungen der Vereine, von Bürgerinitiativen und den Ortsvereinen der politischen Parteien. „In Zeiten knapper personeller und finanzieller Ressourcen ist das Einwerben und Bearbeiten dieser ‚Kronjuwelen’ ein Drahtseilakt für die westfälischen Kommunalarchive zwischen der Bewältigung der gesetzlichen Pflichtaufgaben und dem archivischen Ziel, die kommunalen Lebenswelten umfassend zu bewahren“, so Burwitz und Wolf.

Als zentrale Fortbildungsveranstaltung des LWL-Archivamtes für Westfalen dient der Westfälische Archivtag seit 1949 der Weiterbildung und dem fachlichen Erfahrungsaustausch. Ca. 150 bis 200 Archivare aus Westfalen-Lippe und benachbarten Bundesländern nehmen jährlich teil. Nach 1981 – damals in Freudenberg und Hilchenbach – findet der Archivtag jetzt erstmals wieder in Siegen-Wittgenstein statt. Damit folgt das westfälische Archivamt einer Einladung der Stadt Siegen und des Kreises Siegen-Wittgenstein.

Link:

Quelle: Kreis Siegen-Wittgenstein, Pressemitteilung, 16.3.2011

Vom Sumpfgebiet zur Freizeitoase. 350 Jahre Aasee in Münster

Es herrschten unruhige Zeiten, als die Aa vor gut 350 Jahren zum ersten Mal gestaut wurde. Der See, der dabei vor den Toren Münsters entstand, war keineswegs als Freizeitparadies gedacht. Er diente allein militärischen Zwecken. Die Geschichte des Aasees nimmt der Themenabend am Donnerstag, 24. März 2011 (18 Uhr) im Stadtarchiv Münster in den Blick. Es bleibt dabei nicht nur bei einem Ausflug in die Historie: Auch die aktuelle Diskussion um eine zeitgemäße Nutzung der grünen Oase spielt eine Rolle.

Urheber des Sees war 1660 Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen. Er belagerte Münster, wollte die Stadt von der Lebensader „Wasser“ abschneiden und sie sich so seinem Willen und seinen Plänen unterwerfen. Doch dieser See war nicht von Dauer. Ein breites Sumpfgebiet dehnte sich bald wieder beidseitig der Aa aus.

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Idylle pur: Der Bootsanleger der Segelschule Overschmidt in den 1950er Jahren. Im Hintergrund erheben sich die Türme der Antoniuskirche an der Weseler Straße (Foto: Stadt Münster).

Mit vielen historischen Ansichten, Plänen und Fotografien wird Kunsthistorikerin Karina Hansen markante Etappen der Aasee-Geschichte beleuchten. Die Referentin hat als Kuratorin die große Aaseeausstellung im Stadtmuseum Münster mit gestaltet.

Fast 230 Jahre sollten vergehen, ehe Professor Hermann Landois die Idee zu einem See wieder aufgriff. Viel Überzeugungsarbeit musste noch geleistet werden, bis sich im Dezember 1931 dann endlich das Bassin mit Wasser füllte und der heute als „Kleiner Aasee“ bezeichnete Teil fertig war. Nun aber zum Schutz der Stadt vor Hochwasser und zum Freizeitvergnügen der Münsteraner. Der Eintritt zum Themenabend im Stadtarchiv ist frei.

Kontakt:
Stadtarchiv Münster
An den Speichern 8
48157 Münster
Tel. 02 51/4 92-47 01
Fax 02 51/4 92-77 27
archiv(at)stadt-muenster.de
www.muenster.de/stadt/archiv

Quelle: Stadt Münster, Pressemitteilung, 21.3.2011

Gestapo-Akten des Ruhrkaplans

Rund 71.000 Akten der Stapoleitstelle Düsseldorf beherbergt das Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland in Düsseldorf. Durch Zufall konnten die Akten, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in einer Scheune in Westfalen ausgelagert waren, vor ihrer Vernichtung durch die Gestapo gerettet werden. Amerikanische Truppen übergaben sie an die Britische Militärregierung, 1952 gelangten die Akten ins damalige Staatsarchiv Düsseldorf. Dort wurden sie in den 1960er Jahren erschlossen und dienen seitdem für Forscher aus dem In- und Ausland als wichtige Quellen zur NS-Geschichte.

In beeindruckender Weise spiegeln die Akten wider, wie gnadenlos das NS-Regime seine Gegner verfolgte. Zu diesen gehörte auch der als „Ruhrkaplan“ bekannte Carl Klinkhammer (1903-1997), zu dem zwei Gestapo-Akten vorliegen. Schon früh geriet der unter anderem in der Pfarre St. Johannes in Altenessen tätige Klinkhammer ins Visier der Gestapo. Selbst „Redeverbote“ und Verhaftungen beeindruckten ihn nicht. Die Akten sprechen von Schutzhaft wegen staatsfeindlicher Betätigung und Beleidigung der Reichsregierung sowie von Redeverboten wegen „Kanzelmissbrauchs“.

Trotz aller Drangsalierung, mehreren Verhaftungen und Zwangseinsatz als Wehrmachtssoldat im Krieg gegen die Sowjetunion blieb Klinkhammer bei seiner Abneigung gegen das totalitäre Regime. Nach dem Krieg, nunmehr als Pfarrer in Düsseldorf-Heerdt, in der Bunkerkirche St. Sakrament, tätig, wandte er sich ebenso entschieden gegen den Kommunismus und den sittlichen Verfall. Dazu gehörten jugendbetreuerische Maßnahmen gegen Desorientierung und Verwahrlosung sowie sein Kampf gegen Schmutz und Schund.

Quelle: NRZ, Lokalausgabe Duisburg, 17.3.2011; http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Klinkhammer (28.1.2011, 14:11)

Stadtarchiv Lingen mit neu verzeichneten Beständen im Archivportal Niedersachsen

Das Stadtarchiv Lingen ist nun mit seinen neu verzeichneten Beständen im Archivportal Niedersachsen vertreten. Die Daten aus dem Stadtarchiv sind über das Archivportal www.archivportal.niedersachsen.de abrufbar. Sie sind einerseits über den Gesamtbestand recherchierbar, in dem alle Archivalien der Teilnehmer am Archivportal zentral vorgehalten werden. Andererseits gibt es im Archivportal eine Unterseite, auf der nur die Daten des Stadtarchivs Lingen erreichbar sind (www.archivportal.niedersachsen.de/StadtA_LIN).

Ein Bestand des Stadtarchivs Lingen sticht in der Beständeübersicht mit einer längeren "Kurzbeschreibung" direkt ins Auge: der 114 Verzeichnungseinheiten umfassende Bestand "Eisenbahnausbesserungswerk Sammlung Rehring". Der Bestand "Eisenbahnausbesserungswerk" (EAW) ist eine Materialsammlung, die Bernhard Rehring, letzter Werksleiter des EAW, für eine Publikation zusammengestellt hat.

Bernhard Rehring schreibt zur Geschichte des Eisenbahnausbesserunsgwerkes: »Im Mittelpunkt dieses Rückblicks und der Erinnerung steht die faszinierende Geschichte des Eisenbahnausbesserungswerkes in Lingen. Hier war im Altkreis Lingen mehr als ein Jahrhundert der eigentliche industrielle Schwerpunkt. Noch zu Zeiten des Königreichs Hannover wurden mit der Inbetriebnahme der Hannoverschen Westbahn 1856 auch die Werkstätten für den Betrieb der Westbahn eingerichtet. Es waren die "Königlichen Bahnhofswerkstätten" zu Lingen, die sich im Laufe der Zeit zu einem modernen Fertigungsbetrieb entwickelten. So wurde bereits 1919 die 200m lange und 50m breite "Lokrichthalle" mit einer Taktfertigung für die Dampflokinstandhaltung in Betrieb genommen. Es war dies ein hochtechnisiertes Eisenbahnwerk mit einer vorbildlichen Lehrlingsausbildung. Das EAW Lingen bestand aus zwei großen Werken: das südlich gelegene Wagenwerk ("Mühle" genannt) und das eigentliche Lokwerk. Erst mit dem Strukturwandel der Bahn in den 70er Jahren wurden die Dampflokwerke ihrer Existenz beraubt und viele Werke geschlossen. Das Wagenwerk wurde bereits 1954 geschlossen und die Stadt Lingen erbaute hier später die Emslandhallen. Mit einer getakteten Güterwageninstandhaltung, einem Stahlbau und den Wartungsarbeiten der DB-Container-Krananlagen, mit der Reparatur von Güterwagendecken, der Instandsetzung von Druckmessern, einer Stempelfertigung, einer Feuerlöscherwerkstatt und einer Logistikleistung für das VW Werk Emden gelang es, nach dem Auslaufen der Dampflokzeit ab 1972 die nächsten Jahre sozialverträglich zu meistern. In Abhängigkeit vom jeweiligen Personalbestand wurden immer wieder Fertigungszweige aufgelassen, so dass zum Jahresende 1995 die noch verbliebene Stempelfertigung sowie die Feuerlöscherwerkstatt zu einer Sonderwerkstatt nach Osnabrück verlagert wurden. Ein Jahr später kam dann das "Aus" für die im Werk Lingen noch vorhandene Tischlerwerkstatt mit der bundesweiten Fertigung von Inneneinrichtungen der Fahrkartenausgaben und einer Schlosserei der ehemaligen Bahnmeisterei Lingen. 142 Jahre nach Gründung der "Königlichen Bahnhofswerkstätten Lingen" war kein Eisenbahner mehr im ehemaligen Eisenbahn-Ausbesserungswerk beschäftigt.«

Kontakt:
Stadtarchiv Lingen
Dr. Stephan Schwenke
Baccumer Straße 22
49808 Lingen (Ems)
Tel.: 0591 9167111
Fax: 0591 9167140
s.schwenke@stadtarchiv-lingen.de

Kulturstaatsminister Neumann zum Leiterwechsel in der BStU

Staatsministers Bernd Neumann würdigte in seiner Rede die Arbeit von Marianne Birthler als Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Zur Amtseinführung von Roland Jahn als neuem Bundesbeauftragten betonte Staatsminister Neumann, dass es für die Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen keinen Schlussstrich geben darf.

Rede von Kulturstaatsminister Bernd Neumann zur Verabschiedung von Marianne Birthler und Amtseinführung von Roland Jahn:
»In einem Interview mit dem Deutschlandradio antwortete Marianne Birthler vor kurzem auf die Frage, ob die Stasi-Unterlagenbehörde – also die BStU – Deutschland verändert habe, folgendes: "Die Möglichkeit des Aktenzugangs ist – glaube ich – sehr wirkmächtig gegen die Tendenz, die Decke des Vergessens über die Vergangenheit zu breiten. Das halte ich für das Wichtigste." Dieser Satz ist in seiner Gradlinigkeit typisch für Marianne Birthler. Sie hat diese Eigenschaft schon 1992 bewiesen, als sie sich – nach kaum zwei Jahren – aus dem Kabinett Stolpe zurückzog und ihr Ministeramt aufgab.

Schon seinerzeit gehörten Sie, liebe Marianne Birthler, zu denen, die die Vergangenheit der SED-Diktatur auf keinen Fall ruhen lassen wollten – und der diese Vergangenheit selbst keine Ruhe ließ. In diesem Bewusstsein haben Sie in den letzten zehn Jahren die Stasi-Unterlagenbehörde geführt. Mit Recht verbindet man heute Ihren Namen mit der Aufarbeitung. Es braucht Rückgrat, Glaubwürdigkeit und einen klar ausgerichteten Kompass, um eines der sicher auch menschlich schwierigsten Ämter zu leiten, das wir in der Bundesrepublik haben. Bei der Stasi-Unterlagenbehörde geht es ja nicht nur um die fortlaufende Aktenerschließung und den Aktenzugang – auch wenn dies Kernaufgaben sind, von denen wir nicht abrücken werden. Es geht auch um Aufklärung in einem weiteren Sinn.

Wir sehen heute, über 20 Jahre nach dem Ende der DDR, dass es immer noch, oder vielmehr leider wieder Tendenzen gibt, die Diktatur zu verharmlosen und den DDR-Alltag in ein rosarotes Licht zu stellen. Das können wir nicht zulassen! Die SED-Diktatur darf nicht mit Hilfe der Unwissenheit und des Verleugnens weich gespült werden! Eines der wichtigsten Ziele der Aufarbeitung unserer Geschichte ist es, insbesondere den Jüngeren zu vermitteln, dass das Leben in der Diktatur ein Leben in Bevormundung und Entrechtung war. Es ist auch ein Verdienst von Marianne Birthler, dass unter ihrer Leitung die Bildungsarbeit der BStU verstärkt und auf die nachkommende Generation fokussiert wurde.

Meine Damen und Herren,
mit der Entscheidung, eine eigene Stasi-Unterlagenbehörde zu gründen, bewegte sich Deutschland auf Neuland – historisch wie juristisch. Heute ist sie Vorbild in ganz Europa und für die Demokratiebewegungen in der Welt. Kein Land hatte jemals zuvor direkt nach dem Untergang einer Diktatur die Hinterlassenschaften einer Geheimpolizei deren Opfern zugänglich gemacht. Die damalige Entscheidung beruhte entscheidend auf dem Engagement der Bürgerrechtsbewegung in der DDR und trug einem gesellschaftlichen Bedürfnis nach Aufklärung unmittelbar Rechnung. Dieses Bedürfnis ist auch 20 Jahre später ungebrochen. Rund 90.000 Anträge auf Akteneinsicht allein im vergangenen Jahr sprechen eine deutliche Sprache. In den letzten 20 Jahren wurden insgesamt rund 1,8 Millionen Bürgeranträge auf Akteneinsicht gestellt.

Unverändert ist die Frage nach individueller Schuld und Verantwortung aktuell; wollen Opfer und Betroffene Klarheit in ihren Lebensweg bringen. Das ist ein wesentlicher Grund, weshalb wir das Stasi-Unterlagengesetz derzeit erneut novellieren. Wichtige Punkte sind dabei die generelle Verbesserung der Zugangsregelungen sowie – und das ist aus meiner Sicht zentral – die Verlängerung der Möglichkeit, Angehörige des öffentlichen Bereichs zu überprüfen. Dazu zählen auch Regierungsmitglieder und Abgeordnete.

Es kann gar keine Frage sein: Für die Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen darf es keinen Schlussstrich geben. Sie ist noch längst nicht beendet. Es ist selbstverständlich, dass den Besonderheiten dieser Unterlagen auch zukünftig Rechnung getragen wird, da sie rechtsstaatwidrig, oft aufgrund von Bespitzelung, Zwang und brutalen Verhören entstanden sind. Der Bundestag wird zu gegebener Zeit entscheiden, wie diese Aufgaben später einmal vom Bundesarchiv übernommen werden können. Die BStU wird aber erst einmal für längere Zeit ihre Arbeit fortsetzen.

Heute gilt es Marianne Birthler aus ihrem Amt als Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zu verabschieden.
Liebe Frau Birthler, Sie haben eine öffentliche Einrichtung mit rund 2.000 Mitarbeitern 10 Jahre lang verantwortungsvoll geleitet. Sie, liebe Frau Birthler, waren immer für Ihre Mitarbeiter da und haben sich vor sie gestellt, wenn man diese aus Ihrer Sicht ungerechtfertigt kritisierte. Natürlich kommen in einer so großen Behörde auch Pannen vor. Sie mussten fragwürdige Personalentscheidungen bewältigen, die vor Ihrer Amtszeit getroffen wurden.

Und, meine Damen und Herren, lassen Sie mich gerade an dieser Stelle eine Bemerkung zu den Beschäftigten der BStU machen. Die übergroße Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leistet seit vielen Jahren eine engagierte, glaubwürdige Arbeit und hat zur Aufarbeitung unserer Geschichte einen unverzichtbaren Beitrag geleistet. Dafür sage ich Ihnen allen an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön! Sie, liebe Frau Birthler, haben mit Umsicht, Klugheit, Unaufgeregtheit, Kompetenz und vor allem mit großem, auch innerem Engagement Ihre Aufgabe wahrgenommen. Ihre moralische Rigorosität hat mir immer gefallen. Ich habe gern mit Ihnen zusammengearbeitet. Im Namen der Bundesregierung danke ich Ihnen herzlich.

Meine Damen und Herren,
die BStU wird auch weiterhin in guten Händen bleiben. Mit Roland Jahn haben wir einen neuen Leiter gefunden, der, wie auch Marianne Birthler, mit seiner Biographie für das bürgt, was die BStU leisten soll. Sein Name steht seit vielen Jahren für Opposition und Widerstand gegen das DDR-Regime. Nach seiner brutalen Zwangsausbürgerung aus der DDR 1983 hat er als Journalist immer wieder über die Situation in der DDR berichtet: packend und erschütternd. Ich freue mich, dass das Bundeskabinett am 30. November 2010 meiner Empfehlung folgte, Roland Jahn dem Deutschen Bundestag als nunmehr dritten Bundesbeauftragten vorzuschlagen. Es war ein wichtiges Signal, dass der Deutsche Bundestag am 28. Januar dieses Jahres Roland Jahn – fraktionsübergreifend – mit überwältigender Mehrheit gewählt hat. Dies ist ein Vertrauensvorschuss auf seine Arbeit, den er, da bin ich mir sicher, auch einlösen wird.

Lieber Herr Jahn, Sie haben nie aufgehört, das Unrecht anzuprangern. Wenn ich so sagen darf: Nicht umsonst wurden Sie bis zum Ende der DDR vom Ministerium für Staatssicherheit bespitzelt. Sie wissen, wie es sich anfühlt, wenn man als Verfolgter einem Stasi-Mitarbeiter gegenübersitzt. Ich bin mir darum sicher, dass Sie mit der gebotenen Sensibilität dazu beitragen werden, dass ehemalige Täter und Verstrickte nicht auch heute wieder über die Opfer von damals befinden können. Das gilt insbesondere für die in der Vergangenheit wie auch kürzlich bekannt gewordenen Fälle, nach denen es Mitarbeiter der BStU gibt, die früher für das MfS tätig waren. Diese Sachlage ist schwer nachvollziehbar, schon gar nicht für Stasi-Opfer. Die arbeits- und dienstrechtlichen Vorschriften setzen für mögliche Konsequenzen leider strikte Grenzen.

Der Ruf der Stasi-Unterlagenbehörde darf durch solche Einzelfälle keinen Schaden nehmen. Ich zähle hier auch auf Roland Jahn, der – so, wie wir ihn kennen – immer auch unbequeme Wahrheiten ansprechen und schlicht nicht locker lassen wird. Ich wünsche Ihnen, lieber Herr Jahn, für Ihre zukünftige Aufgabe viel Kraft und Energie. Ich bin mir schon heute sicher: Aus der Birthler-Behörde, die zuvor eine Gauck-Behörde war, wird recht schnell eine Jahn-Behörde werden. Auch Ihr Name wird in kürzester Zeit ein Synonym für die Aufarbeitung der SED-Diktatur – in einer Reihe mit Ihren verdienten Vorgängern!«

Links:

Quelle: Bundesregierung, Pressemitteilung: Rede von Kulturstaatsminister Bernd Neumann zur Verabschiedung von Marianne Birthler und Amtseinführung von Roland Jahn, 14.3.2011

Münsters Archive stellen sich mit neuer Broschüre vor

Münsters Archive bergen wahre Schätze. Die früheste Urkunde aus dem Jahr 813 zum Beispiel. Oder die Wappentafel der Gilden anno 1598. Sie bewahren die Sammlung Kardinal von Galen ebenso wie ein Werkbuch des Lyrikers Ernst Meister. Zu einer historischen Entdeckungsreise durch Münsters vielfältige Archivlandschaft lädt ein neuer Archivführer ein. Er informiert über Bestände, beschreibt Aufgaben und Arbeitsweise und macht mit zahlreichen Fotos und Abbildungen Geschmack auf einen Besuch der Einrichtungen.

Seit Jahrhunderten verwahren die großen Archive einzigartige historische Quellen im Original. Sie alle stehen Interessierten offen. Doch nicht immer erschließt sich auf den ersten Blick, wer welches Archivgut bereithält.

Der anschauliche Wegweiser stellt in Wort und Bild jede Institution vor: das Stadtarchiv Münster mit seinen Dokumenten zur Geschichte Münsters, das Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen mit Archivalien aus den Regierungsbezirken Münster und Arnsberg, das Bistumsarchiv Münster mit den Schriften der bischöflichen Zentralverwaltungen und diözesanen Einrichtungen sowie fast 400 Pfarrarchiven. Das LWL-Archivamt für Westfalen ist zuständig für die Überlieferung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe. Doch wer hätte vermutet, dass dort auch 100 Adelsarchive betreut und ihre Bestände zugänglich gemacht werden? Die Geschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität und ihrer Vorgängereinrichtungen dokumentiert das Universitätsarchiv Münster.

Eine Übersicht nennt dazu weitere 18 Archiv- und Dokumentationsstellen. Auch sie stellen ihre Unterlagen bereit, damit an Stadtgeschichte Interessierte forschen können. Dazu gehört zum Beispiel der Chorverband Münster Stadt und Land oder die Frauenforschungsstelle e.V.

Die Rückseite des Archivführers erinnert buchstabengetreu von A bis Z an die deutsche Schreibschrift, die dem Leser in vielen Akten, Briefen und Protokollen aus dem 19. und 20. Jahrhundert begegnet. Der Archivführer Münster ist kostenfrei in den genannten Archiven und in der Stadtbücherei Münster erhältlich.

Quelle: Stadt Münster, Pressemitteilung, 15.3.2011