Archivprojekt kids@hiz in Remscheid

Im Rahmen des Wettbewerbs "Archiv und Jugend" des Landes Nordrhein-Westfalen arbeiten Schüler der Albert-Einstein-Gesamtschule Remscheid seit vier Monaten mit dem Archiv der Stadt Remscheid und der Museumspädagogik des Deutschen Werkzeugmuseums zusammen. Das Projekt trägt den Titel "kids@hiz – podcast und radio" und verknüpft klassische Archivbereiche mit interaktiven Interview-Elementen und medialer Präsentation. Schwerpunkt ist die Beschäftigung der Jugendlichen mit der Remscheider Mundart, dem "Remscheder Platt". Die Ergebnisse sollen später in einer von den jungen Leuten selbst erstellten Radiosendung verwertet werden.

Remscheider Platt ist für alle der teilnehmenden Jugendlichen eine "fremde" Sprache – sowohl für die Schüler, deren Wurzeln nicht im deutschen Sprachraum liegen, als auch für solche ohne Migrationshintergrund. Am Samstag, den 28. Mai 2011, von etwa 10 bis 12 Uhr wollen die Projektteilnehmer im Remscheider Alleecenter ihre neu erworbenen Fähigkeiten in Interview-Situationen anwenden

Es soll gezeigt werden, wie die Jugendlichen mit dieser fremden Art zu sprechen umgehen und testen, ob sie im außerschulischen Raum mit den erlernten Ausdrücken verstanden werden. Nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Passanten wollen die Schülerinnen und Schüler auf Remscheider Platt ansprechen. Die gesamte Aktion wird von den Mitwirkenden an dem Projekt audiovisuell festgehalten; die Ergebnisse werden später für die Radiosendung verwendet und in Form einer Videokollage zur Projektdokumentation verarbeitet.

Zeitgleich wird das Historische Zentrum der Stadt Remscheid – Bereich Stadtarchiv – als Ansprechpartner für Interessierte mit einem Stand im Alleecenter präsent sein und für Fragen zum Projekt zur Verfügung stehen.

Das Projekt wurde als besonders innovativ bewertet und vom Land NRW mit einem namhaften Betrag gefördert. Die Restmittel, die vom Historischen Zentrum nicht selbst finanziert werden können, steuert die durch Werner Schaaf vertretene Remscheider Eugen Moog Stiftung bei.

Kontakt:
Archiv
Historisches Zentrum der Stadt Remscheid
Hastener Str. 100-102
Postfach: 42849
D- 42855 Remscheid
Telefon: 0 21 91 – 16 25 19
Telefax: 0 21 91 – 16 20 55
werkzeugmuseum-hiz@str.de

Quelle: Presseinformation der Stadt Remscheid, 24.5.2011

Das HÖRBAR-Mobil. Akustische Archivinhalte auf Reisen

Das Rheinische Literaturarchiv (RLA) im Heinrich-Heine-Institut möchte – nach „Box it! Literatur und Jugend“ (2009) und „Starschnitt Archiv. Das Archivieren des Gegenwärtigen“ (2010) – im Mai 2011 erneut ein archivpädagogisches Projekt starten. Das „HÖRBAR-Mobil“, das im Rahmen des Wettbewerbs „Archiv und Jugend“ von der Landesregierung NRW unterstützt wird, bringt Archivinhalte in ansprechender Form direkt an Orte, wo Jugendliche tatsächlich sind. Um ihrem Rezeptionsverhalten entgegenzukommen, sollen den Jugendlichen hier speziell akustische Bestände des Archivs, historische Reden und Dichterlesungen, aber auch neueste „Stimmen“ aus dem Pop- und Poetry-Slam-Bereich, nahe gebracht werden.

Das „HÖRBAR-Mobil“ ist ein auffällig gestaltetes Werbefahrrad, mit dem die Projekt-Mitarbeiter (jüngere Mitarbeiter und Honorarkräfte) überall dorthin fahren und sich installieren können, wo die Jugendlichen sich aufhalten: in Jugendzentren, Schulen, Kinos, in der Fußgängerzone. Über eine Reihe von präparierten iPods können die Jugendlichen sich mit den Archivinhalten vertraut machen, aber auch selber aktiv werden.

Das Angebot des „Hörbar-Mobils“ teilt sich in drei Bereiche:

  1. Geräuscheraten: Wir bieten ein kleines Gewinnspiel an, bei dem Jugendliche sich ganz dem Hörsinn anvertrauen müssen, um zu erkennen, welche Geräusche wir vorbereitet haben. Die Teilnehmer erhalten eine kleine Belohnung.
  2. Hörarchiv: zu Themen wie Liebe, Schule, Freundschaft, Humor, Politik, Nationalsozialismus, Pop und Spoken Word, Klanglandschaften werden Archivinhalte aus dem Heine-Institut aufbereitet und kommentiert. Damit kombiniert ist ein Quizspiel, bei dem bestimmte Informationen aus den Klangbeispielen herausgefiltert werden müssen. Als Gewinn winkt ein iPod nano.
  3. Kreativbar: Hier können die Jugendlichen eigene Clips erzeugen, entweder vor Ort mit unserem Aufnahmegerät oder auch mit dem eigenen Handy – es gibt drei Kategorien:
  • a) Rezitation: Lese Deinen Lieblingstext vor oder einen der Texte, die das „Hörbar“-Team mit bringt (Kategorie: Bester Vortrag).
  • b) Eigener Text: Lese einen Text, den du selbst verfasst hat – Gedichte, Geschichten Raps (Kategorie: Bester Text).
  • c) Klanglandschaften: Welchen Klang hat die Stadt? Nimm auf, was Dich umgibt. Hier wird die beste kreative Idee gesucht (Kategorie: Freestyle).

Die Clips der Jugendlichen, die ihre Beiträge auch zu Hause produzieren und per Mail an das Heinrich-Heine-Institut schicken können, werden auf den Instituts-Webseiten im Internet präsentiert und nehmen am „Sound-Clip-Award“ des Heinrich-Heine-Instituts Teil.

27. August 2011, 18-22 Uhr: Abschlussparty mit Adrian Pauly
Bei der offiziellen Preisverleihung im Heinrich-Heine-Institut wird der Düsseldorfer Songwriter Adrian Pauly auftreten. Bei freien Getränken werden hier die besten Soundbeiträge vorgestellt, der iPod nano wird dem oder der glücklichen Gewinner/in übergeben und nicht zuletzt werden Geldpreise von insgesamt 500 EUR unter den Gewinnern des „Sound-Clip-Awards“ aufgeteilt!

Projektleitung und Kontakt:
Dr. Enno Stahl (enno.stahl@duesseldorf.de), Tel: 0211-899-5986

Internetkoordination:
Elena Camaiani (elena.camaiani@duesseldorf.de)

Projektteam:
Jan-Birger von Holtum, Gaby Köster, Dennis Palmen, Martin Willems

Dokumentationsprofil kultureller Überlieferungen

Eine Kooperationstagung des Rheinischen Literaturarchivs im Heinrich-Heine-Institut und des Westfälischen Literaturarchivs im LWL-Archivamt für Westfalen, Heinrich-Heine-Institut 30.6. und 1.7.2011

Was sind bewahrungswürdige Überlieferungen? Woran erkennen Archivare heute, welche Bestände gesichert werden müssen, welche nicht? Welche Teile solcher Überlieferungen sind zu sichern, welche nicht? Diese Fragen stehen unmittelbar im Zentrum des archivarischen Handelns. Erst in den letzten Jahren aber haben die Archive hier eine systematische Grundlagenforschung betrieben, um allgemeine Dokumentationsprofile zu erstellen, anhand derer sich die Arbeit ausrichten kann [vgl. dazu Robert Kretzschmar: Auf dem Weg ins 21. Jahrhundert: archivische Bewertung, Records Management, Aktenkunde und Archivwissenschaft. In: Archivar 63. (2/2010), S. 144-150]. Für bestimme Archivtypen sind bereits erste Arbeitshilfen für eine erfolgreiche Bestandssicherung formuliert worden, insbesondere für die Kommunalarchive, die bei ihrer Bundeskonferenz 2008 eine „Arbeitshilfe zur Erstellung eines Dokumentationsprofils für Kommunalarchive“ verabschiedeten [Irmgard Christa Becker: Arbeitshilfe zur Erstellung eines Dokumentationsprofils für Kommunalarchive. Einführung in das Konzept der BKK zur Überlieferungsbildung und Textabdruck. In: Archivar 62 (2/2009), S. 122-131].

Auch die Hochschularchive haben 2006 eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit dieser Frage befasste [Max Plassmann: Das Dokumentationsprofil für Archive wissenschaftlicher Hochschulen. In: Archivar 62 (2/2009), S. 132-137]. Für Kulturarchive gibt es eine solche Arbeitshilfe bislang nicht – sie wäre jedoch ein echtes Desiderat, gerade weil kulturelle Überlieferungen einem immensen Bedeutungswandel erleben: Zum Einen ist Kultur im gesellschaftlichen Kontext sehr viel wichtiger geworden, sie ist gewissermaßen omnipräsent auf verschiedensten Vermittlungsstufen – von der Kneipenlesung bis zum Mega-Event; damit verbunden ist auch eine gewachsene ökonomische Bedeutung des Sektors „Kulturwirtschaft“. Für die Archive ergibt sich aus dem fulminanten Anwachsen kultureller Äußerungsformen zwangsläufig ein Selektionsproblem.

Zum Anderen ändern sich auch die Inhalte kultureller Bestände nachhaltig: Die neuen Medien haben nicht nur zu einer Digitalisierung des Schriftguts, sondern auch zu einer generellen Diversifizierung der Bestandsinhalte geführt, die zunehmend visuelle und akustische Daten bergen [vgl. dazu Sabine Brenner-Wilczek/Enno Stahl: Sammeln und Bewahren im elektronischen Zeitalter. Die Neudefinition der Literatur- und Kulturarchive, in: Archive und Öffentlichkeit. 76. Deutscher Archivtag 2006 in Essen / Red.: Heiner Schmitt in Verb. m. Andreas Pilger, Clemens Rehm, Udo Schäfer, Katharina Tiemann und Klaus Wisotzky, Fulda: Selbstverl. d. VdA, 2007 (=Tagungsdokumentationen zum Deutschen Archivtag ; 11)]. Die Vorarbeiten aus dem öffentlichen Archivsektor liefern ein hervorragendes Beispiel auch für kulturelle Archive, die auf bestimmte Ergebnisse zurückgreifen können, die aber gleichzeitig den spezifischen Bedingungen kultureller Bestandsbildung angepasst werden müssen.

Die Tagung, ausgerichtet vom Rheinischen Literaturarchiv im Heinrich-Heine-Institut in Verbindung mit dem Westfälischen Literaturarchiv Münster, soll erste Schritte hin zu einer Definition eines eigenen Dokumentationsprofils für Kulturarchive formulieren. Sicher wird es auch hier darum gehen müssen, als Erstes – quasi deduktiv – Dokumentationsziele zu ermitteln, denen die Entwicklung der Bestände Rechnung tragen sollte. Das bedeutet, man muss ermitteln, welche Überlieferungen gebraucht werden, um das jeweilige Dokumentationsziel zu erfüllen.

Da auch die Kommunalarchive in ihrer “Arbeitshilfe“ die Kultur als eine notwendige Kategorie der lokalen Lebenswelt auffassen, die es zu dokumentieren gilt [vgl. Becker, Arbeitshilfe zur Erstellung eines Dokumentationsprofils für Kommunalarchive. Einführung in das Konzept der BKK zur Überlieferungsbildung und Textabdruck. In: Archivar 62 (2/2009), S. 124], wird die Abgrenzungsfrage ebenfalls zu thematisieren sein: Welche kulturellen Überlieferungen gehören in ein Kommunal-, welche in ein spartenbezogenes Kulturarchiv (also Literatur-, Kunst-, Musikarchiv)?

Einen weiteren Diskussionspunkt stellt die Problematik digitaler Nachlassformen dar: Heute begegnet der Kulturarchivar an Stelle handschriftlicher Manuskripte und Briefwechsel digitalisierten Texten in verschiedenen Programmversionen und Email-Korrespondenzen, alles gesichert auf Festplatten oder anderen Speichermedien mit geringer Haltbarkeit, vom „Migrationsproblem“ veralteter Softwaretypen gar nicht zu reden. Vermehrt wird diese Schwierigkeit um die oben erwähnten audiovisuellen Daten, bei denen erheblich dringlicher zu klären ist, ob und wie lange diese noch abrufbar sein werden – bezogen auf Hardware ebenso wie auf Software.

Das hat Folgen für den „Wert“ solcher Überlieferungen – indem die Authentizität der Originalhandschrift verschwindet, müssen die Dokumentationsentscheidungen verstärkt inhaltlicher Natur sein. Das heißt, dass die Qualität eines Nachlasses nicht unbedingt mehr allein von der Bedeutung des jeweiligen Schriftstellers oder Künstlers, sondern mehr vom Informationswert des Bestandes abhängt. Wichtige Autoren können – nach Maßgabe ihrer eigenen sammlerischen „Sorgfalt“ – sehr wenig aussagekräftige Nachlässe bilden, dagegen können Nicht-Autoren (Journalisten, Multiplikatoren, Veranstalter) ungemein interessante Überlieferungen zeugen.

Die Fragen, die Wissenschaftler an kulturarchivarische Bestände stellen werden, dürften sich zudem in Zukunft sukzessive verschieben. Manches spricht dafür, dass private Überlieferungen zur Rekonstruktion geschichtlicher Ereignisse und Milieus in ihrer Bedeutung die Verwaltungs- und Regierungsüberlieferungen ablösen werden, da letztere zunehmend von Redundanz geprägt sind. Der Kulturarchivar muss daher diesem Bedürfnis in seiner Sammlungspolitik vorausschauend entsprechen und auch städtische oder regionale kulturelle Bestände einwerben, die in Zukunft mentalitätshistorisch oder soziologisch von Interesse sein könnten (womit umso mehr die Abgrenzungsproblematik zu den Stadtarchiven in den Blick kommt).

Die Tagung „Dokumentationsprofil kultureller Überlieferungen“ soll die inhaltlichen Vorbedingungen klären: Dazu werden Erfahrungsberichte von Archivaren kommunaler oder universitärer Institutionen präsentiert, die an der Ausarbeitung solcher „Dokumentationsdispositive“ beteiligt waren. Außerdem sollen Kulturarchivare verschiedener Sparten, also aus den Bereichen Kunst, Literatur und Musik über ihre jeweilige Übernahme- und Profilierungspraxis berichten. Auf Basis dieser Informationen sollen erste Gedanken formuliert werden hinsichtlich eines Modells, das Übernahmeprozesse systematisieren und bei der Entscheidung helfen könnte, welche Bestände (bzw. welche Teile von Beständen) überlieferungswürdig bzw. -unwürdig sind, welche allgemeinen Dokumentationsprofile Kulturarchive verfolgen müssen und welche nicht. Der gesamte Prozess – von der Nachlassübernahme über eine erste Sondierung, Vorordnung und Verzeichnung bis hin zur Nutzbarkeit – könnte so professionalisiert und beschleunigt werden. Ein Ergebnis der Tagung könnte sein, eine Arbeitsgruppe interessierter Kulturarchive zu gründen, die ein solches Dokumentationsprofil – analog zum Modell der Kommunalarchive – zu entwickeln versucht.

Tagungsprogramm

30. Juni 2011:

14.00: Tagungsbeginn, Begrüßung – Dr. Sabine Brenner-Wilczek (Direktorin Heinrich-Heine-Institut)

Sektion I: Archivische Bewertung und Dokumentationsprofile

Sektionsleitung: Katharina Tiemann (LWL-Archivamt für Westfalen)
14.15 – 15.00: Dr. Peter Weber/Jan Richarz M.A. (LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum, Brauweiler): Dokumentationsprofile in der nichtstaatlichen Überlieferungsbildung. Entwicklung und Anwendung
15.00 – 15.45: Dr. Gisela Fleckenstein (Historisches Archiv der Stadt Köln): Ein Nachlass für das Historische Archiv der Stadt Köln? Übernahmekriterien und Bewertung auf der Grundlage eines Dokumentationsprofils

15.45-16.15 Kaffeepause

16.15 – 17.00: Dr. Enno Stahl (Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf): Übernahme literarischer Bestände. Prolegomena zu einer Systematisierung. Impulsreferat

Danach Diskussion.

1. Juli 2011:

Sektion II – Literaturarchive und ihre Übernahmepraxis

Sektionsleitung: Dr. Jochen Grywatsch (Westfälisches Literaturarchiv im LWL-Archivamt für Westfalen)
10.00 – 10.45: Dr. Ulrich von Bülow (Deutsches Literaturarchiv, Marbach): Erwerbungen in Marbach: Sammlungsprofil und aktuelle Praxis

10.45 – 11.15 Kaffeepause

11.15 – 12.00: PD Dr. Volker Kaukoreit (Österreichisches Literaturarchiv, Wien): Erwerbungsstrategien, Erwerbungsprobleme. Beispiele aus dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
12.00 – 12.45: Dr. Sabine Brenner-Wilczek (Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf): Erwerbspolitik und Bestandsbildung im Heinrich-Heine-Institut

12.45 – 14.00 Mittagspause

Sektion III – Andere Kulturarchive und ihre Übernahmepraxis

Sektionsleitung: Prof. Dr. Bernd Kortländer (Heinrich-Heine-Institut)
14.00 – 14.45: Sabine Wolf (Akademie der Künste Berlin): Was bleibt? Die multidisziplinären Archive der Akademie der Künste im Spannungsfeld Maßstab – Bewertung – Auswahl
14.45 – 15.30: Prof. Dr. Günter Herzog (Zentralarchiv des Internationalen Kunsthandels, Köln): Erste Erfahrungen aus einer jüngst entstandenen Archivgattung

15.30 – 16.00 Kaffeepause

16.00 – 16.45: Huub Sanders (Internationales Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam): Das Internationale Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam: Kontinuität und neue Aussichten im Sammlungsprofil
16.45 – 17.30: Julia Landsberg (Deutsches Komponistenarchiv, Dresden): Jenseits aller Genres – Die Übernahmepraxis des Deutschen Komponistenarchivs

Danach Abschlussdiskussion

Kontakt:
Heinrich-Heine-Institut
Dr. Enno Stahl
Bilker Str. 12-14
40213 Düsseldorf
Tel.: 0211-8995986
enno.stahl@duesseldorf.de
Tel.: 0211/899-5986
www.duesseldorf.de/heineinstitut
www.literatur-archiv-nrw.de 
www.rheinische-literaturnachlaesse.de

Heut gehn wir ins Archiv – Erlebniswelt und Lernort Landeskirchliches Archiv Kassel

„Alle Aktivitäten, die junge Benutzer ins Archiv holen, sollten Vorrang haben vor solchen Aktivitäten, die wieder vom Archiv wegführen oder das Arbeiten im Archiv überflüssig machen“. Der von dem Detmolder Archivpädagogen Wolfgang Müller formulierte Grundsatz hat auch im Landeskirchlichen Archiv Kassel Gültigkeit.

Nach dem Archivgesetz der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck wirkt das Landeskirchliche Archiv Kassel an der Erforschung und Vermittlung der von ihm verwahrten historischen Quellen mit. Das Landeskirchliche Archiv ist bemüht, als Haus der Geschichte diesem Auswertungs- und Vermittlungsauftrag gerecht zu werden. Es orientiert sich hierbei am so genannten „Detmolder Modell“, einer Grundrichtung der Archivpädagogik, die sich besonders der Einführung in die Archivbenutzung und der Arbeit mit originalen Archivbeständen verpflichtet fühlt.

\"Erlebniswelt

Die Handreichung "Erlebniswelt und Lernort Landeskirchliches Archiv Kassel" will Konfirmanden und Konfirmandinnen, Pfarrern und Pfarrerinnen, Schülern und Schülerinnen, Lehrern und Lehrerinnen, Studenten und Studentinnen und allen Interessierten den Zugang zur Arbeit im Landeskirchlichen Archiv Kassel erleichtern und vorhandene Berührungs- und Schwellenängste überwinden. Sie soll Mut machen, den ersten Besuch zu wagen und die Welt der Archive zu erleben und zu nutzen. Die Faszination der Originalmaterialien, die Menge der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel, die Atmosphäre und die besonderen Arbeitsmethoden machen das Landeskirchliche Archiv zu einem Lernort, an dem die Schlagworte von vernetztem Forschen, handlungsorientiertem Lernen und praxis- und lebensnaher Ausbildung ideal verwirklicht werden können.

Ziel sollte sein, jeden Konfirmanden und jede Konfirmandin, jeden Schüler und jede Schülerin einmal ein Archiv besuchen und den Atem der Geschichte hautnah erleben zu lassen.

Diese Publikation löst den „Lernort Landeskirchliches Archiv Kassel“ aus dem Jahr 2005 ab, der inzwischen vergriffen ist.

Inhalt

Historische Bildungsarbeit – Archivführungen

Erlebniswelt Landeskirchliches Archiv Kassel

  • Grundschüler erobern das Archiv
  • Konfirmanden lernen Gedächtnis der Landeskirche kennen
  • Religions-AG besucht das Archiv
  • Kinder-Benutzungsantrag
  • Lernort Archiv

Der erste Besuch

  • Die Recherche – Wie komme ich an die Akten?
  • Von der Beständeübersicht zur Akte
  • Datenbankrecherche

Digitale Erschließung

„Das kann ich ja gar nicht lesen!“ – Deutsche Schrift

Archivpädagogische Aufgaben

Literatur

Schriften und Medien des Landeskirchlichen Archivs

Info:
Bettina Wischhöfer,
Erlebniswelt und Lernort Landeskirchliches Archiv Kassel
(Schriften und Medien des Landeskirchlichen Archivs Kassel 29),
Kassel 2011, 53 Seiten, 5,- €, ISBN 978 – 3 – 939017 – 10 – 3.

Skandale-Ausstellung im Rathaus Greven

Im zweijährigen Rhythmus schreiben die Körber-Stiftung (Hamburg) und der Bundespräsident einen spannenden Geschichtswettbewerb für Jugendliche aus. Das Thema des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten 2010/11 hieß "Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte". Dazu haben fünf Schülerinnen des Gymnasium Augustinianum Greven und der Marienschule, Bischöfliches Mädchengymnasium Münster ihre Forschungsarbeiten eingereicht.

Die Themenpalette, die Stefanie Aufderhaar, Franziska Frische, Kathrin Frönd, Lena Knoll und Laura Krebs bearbeitet haben, beleuchtet skandalträchtige Ereignisse aus Greven, Schmedehausen, Ladbergen, Saerbeck und Nordwalde vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zur heutigen Zeit. Grund genug, die Leistungen mit einer Ausstellung zu honorieren. Am Dienstag, 24. Mai 2011, wird sie um 17 Uhr im Rathausfoyer durch Bürgermeister Peter Vennemeyer eröffnet. Für das Gymnasium Augustinianum wird Schulleiter Dr. Volker Krobisch ein Grußwort sprechen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

"Wie schon beim Wettbewerb 2008/09 sind fünf Arbeiten eingereicht worden. Das ist ein schönes Ergebnis und vielleicht ein Anreiz, dass am nächsten Wettbewerb 2012/13 noch mehr Jugendliche Interesse zeigen. Da hoffen wir wieder auf Unterstützung durch die Schulen", betonen Dr. Stefan Schröder und Angelika Haves vom Stadtarchiv Greven, die sich neben den Tutorinnen der beiden Schulen als sachkundige Ansprechpartner zur Verfügung gestellt und mit einer Archivführung im vergangenen Herbst erste Anregungen gegeben hatten. Mitte Juli werden die Landessieger aus Nordrhein-Westfalen prämiert. Möglicherweise geht es auch dabei mit Grevener Beteiligung weiter – noch ist alles offen. Im November steht zuletzt noch die Ehrung der Bundessieger durch Bundespräsident Christian Wulff an, der in diesem Wettbewerb die Besten aus bundesweit über 1100 Beiträgen mit rund 3000 Teilnehmern beglückwünscht.

Die Ausstellung kann vom 24. Mai bis zum 17. Juni in den Öffnungszeiten des Rathauses Greven besucht werden.

Kontakt:
Rathaus Greven
Rathausstr. 6
48268 Greven
Telefon: 02571 920-342
Telefax: 02571 920-525
www.greven.net

Quelle: Stadt Greven, Pressemitteilung, 18.5.2011

Der blaue Kobold – Bestandserhaltung. Ein Ratgeber für Verwaltungen, Archive und Bibliotheken

Maria Kobold (Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden) und Jana Moczarski (Institut für Stadtgeschichte Frankfurt/M.) ist ein umfassendes Nachschlagewerk auf dem Gebiet der Bestandserhaltung in Archiven und Bibliotheken gelungen. Sehr schön gestaltet, wird dieses Buch im augenfälligen Querformat ein unverzichtbarer Ratgeber für die alltägliche Arbeit sein. Dass sich eine Archivarin und eine Restauratorin gemeinsam ans Werk gemacht und das Fachwissen beider Berufszweige zusammengeführt haben, trägt gute Früchte in dem außerordentlichen Detailreichtum der vorgestellten Maßnahmen. Doch nicht nur Archive und Bibliotheken sind die Zielgruppen. Die Autorinnen beziehen sich vielmehr auf sämtliche Entstehungs- und Bearbeitungsphasen von Schriftgut und richten sich damit auch an Verwaltungen und Registraturen, denn Bestandserhaltung beginnt bereits präventiv bei der Auswahl geeigneter Materialien und Lagerungsbedingungen im Vorfeld. Andererseits, so heben es Maria Kobold und Jana Moczarski einleitend hervor, erschöpft sich Bestandserhaltung nicht nur in fachgerechter Handhabung und Verpackung von Archivalien, Büchern oder Registraturgut, sondern impliziert als grundlegende Langzeitaufgabe zur Erhaltung unseres Kulturgutes auch die Lagerung und deren ständige Überwachung.

\"Bestandserhaltung.

Abb.: Bestandserhaltung. Ein Ratgeber für Verwaltungen, Archive und Bibliotheken

Die ersten vier Kapitel des Ratgebers Bestandserhaltung befassen sich mit der vorarchivischen und -bibliothekarischen Bearbeitung, der Übernahme und Aufbereitung und schließlich der endgültigen Lagerung und Benutzung von Archiv- und Bibliotheksgut. Drei weitere Kapitel sind der Behandlung von bereits entstandenen Schäden gewidmet, dem Umgang im Leihverkehr und bei Ausstellungen sowie der Notfallvorsorge. Zur einfachen und schnellen Handhabung sind alle sieben Kapitel durch Registermarken am Seitenrand gekennzeichnet. Nach einem Einführungstext in jedem Kapitel fassen Merkkästen die wichtigsten Punkte kurz zusammen, so dass auch der eilige Leser sich schnell orientieren kann.

Danach folgen ausführliche Tabellen. Auch wenn die systematische Gegenüberstellung hier gelegentlich an ihre Grenzen stößt, lassen sich Vor- und Nachteile verschiedener Maßnahmen oder Materialien sowie mögliche Schäden sehr gut nachschlagen. Neben dem Schriftgut in Akten- oder Buchform werden auch alle anderen Archivaliengattungen und Materialien berücksichtigt wie Pergamenturkunden, Siegel, fotografische Materialien, audiovisuelle Medien und digitale Datenträger. Nicht gespart wurde in dem Band mit Illustrationen und Bildern, was zusätzlich zum Blättern einlädt. An der einen oder anderen Stelle werden auf diese Weise Sachverhalte veranschaulicht, die sich eben besser über Bilder erklären.

Sehr hilfreich für Ausstellungen ist z.B. die gezeichnete Anleitung für die einfache Herstellung einer Buchwiege aus Karton. Trifft doch früher oder später jedes Archiv oder jede Bibliothek auf das Problem, dicke Folianten im aufgeschlagenen Zustand lesbar und dennoch schonend in Ausstellungsvitrinen präsentieren zu wollen! Wie elegant und unauffällig diese Lösung sein kann, zeigen Fotos in dem Kapitel. Darüber hinaus hält die Veröffentlichung Musterverträge und -formulare bereit, so zur Benutzung, Archivalienausleihe oder für die Vereinbarung eines Notfallverbundes.

Dass dieses Buch sich als Ratgeber für die alltägliche Praxis bewähren wird, haben die Kolleginnen mit der ansprechenden und sehr übersichtlichen Gestaltung erreicht. Und mehr noch, auch der Anspruch, sich an weniger geschulte Mitarbeiter in kleineren und mittleren Kommunalarchiven und Bibliotheken zu wenden, lässt sich sicherlich erfüllen, denn über ein ausführliches Glossar am Ende des Buches erklären sich viele Fachbegriffe.

Die beiden Autorinnen haben ein grundlegendes Werk verfasst. „Der blaue Kobold“, wie das Buch im Gespräch unter Kollegen bereits getauft wurde, dürfte in Zukunft in keinem Handapparat von Archivaren und Bibliothekaren fehlen. In ihrem Fazit betonen die Autorinnen, dass vielfach weit reichende und teure Schäden an Büchern und Archivalien bereits durch entsprechende Fachkenntnisse der präventiven Konservierung und deren Anwendung vermieden werden könnten. Dies sollte, wenn man die Empfehlungen von Maria Kobold und Jana Moczarski beherzigt, wohl gelingen!

Info:
Maria Kobold und Jana Moczarski: Bestandserhaltung. Ein Ratgeber für Verwaltungen, Archive und Bibliotheken, Herausgeber: Kreisarchiv Hochtaunuskreis, Bad Homburg v.d. Höhe, Archivberatungsstelle Hessen, Darmstadt und Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt am Main, Vertrieb: Hessische Historische Kommission, Darmstadt; 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-88443-058-3, 252 S.

Ingrun Osterfinke (Landeskirchliches Archiv Bielefeld)

Einblick ins Stadtarchiv Gronau

Das vor 20 Jahren in städtischer Regie neu eröffnete Stadtarchiv Gronau hat sich im Laufe der zwei Jahrzehnte zur ersten Adresse für die Geschichte der Stadt entwickelt. Anlass genug, nach zwanzig Jahren eine Bestandsaufnahme der historischen Überlieferung des Stadtarchivs vorzunehmen.

Darum lädt das Stadtarchiv Gronau seine Nutzer und lokalhistorisch Interessierte ein, sich einen Überblick über die Bestände und die Arbeit des Stadtarchivs zu verschaffen. Anhand einer Führung durch die Magazine, der Begutachtung ausgesuchter Dokumente und eines Vortrags über die Aufgaben des Stadtarchivs soll erläutert und anschließend beraten werden, welche Möglichkeiten und Perspektiven die archivische Überlieferung Gronaus der lokalhistorischen Forschung heute bietet.

Die gebührenfreie Veranstaltung findet statt am Dienstag, 17. Mai 2011 um 16.30 Uhr im Stadtarchiv Gronau.

Anmeldungen nimmt die Euregio-Volkshochschule unter der Rufnummer 02562/12-666 oder über das Internet www.vhs-gronau.de entgegen.

Quelle: Stadt Gronau, Pressemitteilung, 13.5.2011

Historische Standesamtsregister jetzt im Stadtarchiv Peine einsehbar

Am 1. Januar 2009 ist bundesweit das neu gestaltete Personenstandsgesetz in Kraft getreten, das grundlegende Veränderungen mit sich gebracht hat (Link). Das Schriftgut aus der Registratur der Standesämter in Niedersachsen wurde nach Ablauf der gesetzlichen Fristen Archivgut und wanderte aus dem Bereich der Standesämter in die Zuständigkeit der Archive.

Seit 1874 wurden Geburten, Sterbefälle und Eheschließungen vom Standesamt am Ort des Ereignisses beurkundet und aufbewahrt. Das neue Personenstandsrecht regelt nun die Abgabe der Bücher nach Ablauf bestimmter Fristen an die zuständigen Archive: Für die Geburtsregister gilt eine Frist von 110 Jahren, für die Eheregister von 80 Jahren und für die Sterberegister von 30 Jahren.

289 Bücher hat nun auch das Stadtarchiv Peine in diesem Zusammenhang jetzt insgesamt mit den dazugehörigen Namensverzeichnissen übernommen; folgende für die Familienforschung maßgebliche Quellen sind jetzt im Stadtarchiv einsehbar:

40 Bände Geburtsregister 1874-1900
79 Bände Heiratsregister 1874-1930
170 Bände Sterberegister 1874-1980

Zukünftig werden jährlich die Folgebände, deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind, an das Stadtarchiv Peine übergeben.

Alle Registerbände können nach dem Niedersächsischen Archivgesetz ab sofort im Stadtarchiv für Recherchen genutzt und während der Öffnungszeiten persönlich im Benutzerrraum des Stadtarchivs eingesehen werden. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich. Für die die persönliche Benutzung der Standesamtsunterlagen sind 5,50 Euro pro Tag zu entrichten.

Es werden auch Auskünfte erteilt. Die dafür zu erhebenden Gebühren richten sich nach der Entgeltordnung des Stadtarchivs: Schriftliche Auskünfte aus Unterlagen des Archivs werden nach dem Zeitaufwand berechnet und kosten 16,00 Euro je angefangene halbe Stunde. Fotokopien werden angefertigt, sofern der Erhaltungszustand der Originale es zulässt. Eine DIN A 4 Kopie kostet 0,10 € und eine DIN A 3 Kopie 0,60 €.

Öffnungszeiten:
Mo, Di, Mi, Fr: 08.30 – 12.00 Uhr; Do: 14.00 – 18.00 Uhr

Kontakt:
Stadtarchiv Peine
Windmühlenwall 26
31224 Peine
Tel.: 05171 / 49538
Fax: 05171/49-390
stadtarchiv@stadt-peine.de

Quelle: Stadt Peine, Pressemitteilung, 13.5.2011

Bilder eines an Demenz erkrankten Künstlers im kirchlich-diakonischen Archivzentrum Bielefeld

Vom 6. bis zum 29. Mai 2011 zeigen das Landeskirchliche Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen und das Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel die Wanderausstellung „Ich will Freiheit beim Malen!“ mit Bildern des an Demenz erkrankten Künstlers Eberhard Warns (1927-2007). Die Ausstellung ist in den Archiven am Bethelplatz, im kirchlich-diakonischen Archivzentrum, zu sehen.

Eberhard Warns war Pfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen. Nach beruflichen Aufgaben als Gemeinde-, Schul- und Studentenpfarrer war er von 1980 bis 1989 Leiter der Westfälischen Diakonenanstalt Nazareth und im Vorstand der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. 1927 in Wassenberg im Rheinland geboren, wuchs er seit 1930 in Gütersloh auf, besuchte dort die Schule und wurde als 17-jähriger junger Mann als Soldat in den Zweiten Weltkrieg eingezogen. Erst 1947 konnte er Abitur machen, dann folgte das Theologiestudium. Seine erste berufliche Station führte ihn nach Wetter an der Ruhr, dann war er langjährig als Landeswart der Schülerbibelkreise tätig, später wurde er Gemeindepfarrer in Soest. Als Studentenpfarrer und Religionslehrer am Gymnasium hatte er sich besonders der Pädagogik verpflichtet gefühlt. Seine letzte berufliche Station führte ihn schließlich nach Bethel, als Leiter der Diakonenanstalt Nazareth und Mitglied im Vorstand der heutigen v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Im Ruhestand blieb er zusammen mit seiner Ehefrau in Bielefeld wohnen; hier entstanden auch die Bilder, die in der Ausstellung zu sehen sind. Im Jahr 2007 verstarb Eberhard Warns. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof in Bethel.

\"Else

Abb.: Else Natalie Warns, dieWitwe des Künstlers, vor einem Bild ihres Mannes bei der Ausstellungseröffnung in Bethel am 6. Mai (Foto: Paul Schulz/Bethel)

Sein umfangreicher Nachlass mit persönlichen Briefe, Fotos, Alben und Familiendokumenten wird im Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen verwahrt. Neben den Bildern von Eberhard Warns werden in der Ausstellung auch Dokumente und Objekte, die v.a. aus den 1940er Jahren stammen, aus seinem Nachlass gezeigt.

Schon kurz nach seinem Ruhestand erleidet Eberhard Warns im Jahr 1990 einen ersten Schlaganfall; seit 1993 machen sich Verhaltensauffälligkeiten und Gedächtnisverlust bemerkbar, zunehmend verliert er das Gespür für Raum und Zeit. Die Anzeichen seiner demenziellen Erkrankung werden immer deutlicher sichtbar: Wahnvorstellungen, Weglaufen, große Unruhe, ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus, er verliert zeitweise seine Sprachfähigkeit. Eberhard Warns bleibt jedoch aktiv. Mit Unterstützung seiner Ehefrau nimmt er weiterhin an Tagungen und Kongressen teil, veröffentlicht, etwa zum Bibliodrama, ein Themenbereich, in dem er und seine Frau sich einen Namen gemacht haben. Nach einer schweren Hirnblutung im Stammhirn im Jahr 2003 entstehen die Bilder, die in der Ausstellung zu sehen sind. Bereits früher, vor allem in den Ferien, hatte Warns gemalt, meistens Landschaften mit gegenständlichen Darstellungen. Daran will seine Frau anknüpfen. Sie regt ihn zum Malen an, allerdings wie aus seinem vorherigen künstlerischen Schaffen gewohnt, zunächst in kleinen Formaten. Nach seinem nächtlichen Ausruf „Ich will Freiheit beim Malen!“ entstehen seine abstrakten, meist sehr großformatigen Werke.

Gegenläufig zu seiner immer mehr voranschreitenden Krankheit entfaltet Eberhard Warns seine künstlerische Ausdrucksfähigkeit immer weiter und entwickelt ein enormes Potential. Während er unter schwerer Unruhe, Wutausbrüchen und Warnvorstellungen leidet, immer orientierungsloser wird und häufig wegläuft, erlebt er an der Staffelei eine innere Freiheit, wird ein ausdrucksfähiger Mensch und findet zu einer sonst kaum mehr vorhandenen körperlichen Energie und Konzentrationsfähigkeit.

In der Künstlerhaus Lydda in Bethel erfährt Warns professionelle Anleitung bei seiner künstlerischen Gestaltung. Er kann seine Begabung immer weiter fortentwickeln und findet neue künstlerische Ausdrucksformen. Das Malen begleitet ihn stets, ob in der Tagespflege, in der Psychiatrie, im Pflegeheim oder bei der Pflege im häuslichen Umfeld.

Die Bilder in der Ausstellung zeigen sieben verschiedene Formate, in denen Eberhard Warns gemalt hat. Häufig entstanden großformatige Bilder im Ausmaß 100×140 cm, mit formatfüllenden Kompositionen. Kräftige Pinselstriche aus Acrylfarben, feine Linien, oft mit Ölpastellkreise, kennzeichnen viele seiner Werke. Hell-dunkel Kontraste dominieren. In seinen Bildern drücken sich Stationen seines Lebens aus: seine Beziehung zu seiner Frau und seiner Familie. Aber auch traumatische Erlebnisse während des Nationalsozialismus und der Kriegszeit als junger Soldat leiten ihn bei seiner Malerei. Hierzu werden in der Ausstellung ergänzende Dokumente aus seinem Nachlass gezeigt. Die Botschaft seiner Bilder wird von vielen Betrachtern ähnlich wahrgenommen.

Else Natalie Warns (geboren 1930) initiierte noch zu Lebzeiten ihres Mannes eine erste Ausstellung. Als Theaterpädagogin selbst mit künstlerischen Ausdrucksformen bestens vertraut, hat sie die Malerei ihres Mannes stets gefördert und ihn ermutigt. Seit der ersten Ausstellung 2004 wurden die Bilder von Eberhard Warns an vielen Orten im In- und Ausland gezeigt.

Else Natalie Warns hat ihren Mann über die vielen Jahre seiner Demenz stets begleitet und gepflegt, unterstützt von ihren vier Kindern und deren Familien. Mit der Ausstellung möchte sie zur Auseinandersetzung mit dem Thema Demenz anregen und all denen Mut und Hoffnung machen, die privat oder beruflich mit Menschen mit demenziellen Erkrankungen zu tun haben. Ihr Ehemann hat mit der Malerei einen Weg gefunden, trotz der schweren Erkrankung ein positives Lebensgefühl zu behalten und eine neue Ausdrucksform für seine Persönlichkeit zu finden. Sein künstlerisches Schaffen hat ihm geholfen sein Selbstwertgefühl zu behalten und mit seiner Krankheit umzugehen. Der Ehefrau, seiner Familie und seinen Freunden hat die Malerei eine neue Möglichkeit zur Kommunikation eröffnet – wegen des Sprachverlustes auch ohne Worte, im nonverbalen Austausch.

Die Ausstellungseröffnung am 6. Mai in Bethel wurde vorgenommen von Pastor Bernward Wolf (stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Bethel), Kerstin Stockhecke (Leiterin des Bethel-Archivs), Dr. Jens Murken (Leiter des Landeskirchlichen Archivs), Else Natalie Warns (Witwe des Künstlers) und Jürgen Heinrich vom Künstlerhaus Lydda in Bethel.

Ausstellungstitel
Eberhard Warns: „Ich will Freiheit beim Malen!“ Bilder eines an Demenz erkrankten Künstlers

Ausstellungsort
Archive am Bethelplatz
– Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
– Landeskirchliches Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen
Bethelplatz 2
33617 Bielefeld
Telefon: 0521/144-3506

Ausstellungszeitraum
6. bis 29. Mai 2011

Öffnungszeiten
Mo-Fr 9.00-16.00 Uhr. Zum Abschluss ist die Ausstellung auch am Wochenende geöffnet: Samstag, 28. Mai von 9.30-17.00 Uhr und Sonntag, 29. Mai von 12.00-16.00 Uhr.

Jasskarten aus dem 16. Jahrhundert im Staatsarchiv Nidwalden entdeckt

Während der routinemäßigen Restaurierung eines Gerichtsprotokolls aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts fand die Restauratorin, die im Auftrag des Staatsarchivs Nidwalden arbeitet, ein fast vollständiges und gut erhaltenes Spiel mit 500-jährigen Jasskarten. Die Jasskarten waren in den Buchdeckeln versteckt und dienten der Verstärkung des Einbandes. Funde von mittelalterlichen Jasskarten sind selten. Die ersten Erwähnungen von Kartenspielen in der Schweiz stammen aus dem 14. Jahrhundert. Aus dem 16. Jahrhundert sind nur wenige Jasskarten überliefert.

Die Jasskarten wurden in einem Protokollband des Nidwaldner Elfergerichts gefunden. Der Protokollband umfasst Gerichtsurteile aus den Jahren 1528 bis 1535 und ist somit der älteste Band des Elfergerichts und das älteste Protokoll einer Nidwaldner Kantonsbehörde.

\"it\'s

Es ist nicht unüblich, dass in mittelalterlichen Buchdeckeln spannende Funde gemacht werden. Bis in die frühe Neuzeit war Papier selten und teuer. Die Buchbinder verwendeten zur Herstellung neuer Buchdeckel oft alte, nicht mehr benötigte Schrift- und Papierstücke wieder. Die Buchdeckel können so Fragmente mittelalterlicher Urkunden, Blätter aus handgeschriebenen Bibeln oder eben Spielkarten enthalten.

Die Spielkarten gelangten wahrscheinlich bereits bei der Herstellung des Protokollbandes in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Buchdeckel. Vielleicht wurde der Band auch später, im Verlauf des 16. oder zu Beginn des 17. Jahrhunderts, neu gebunden und mit einem neuen Deckel versehen.

Das Bild der entdeckten Spielkarten passt ins 16. Jahrhundert. Es ist vom so genannten "Basler Typ". Damals wurden in Basel Spielkarten massenhaft hergestellt und in den deutschen Sprachraum exportiert. So ist auf einigen der Spielkarten, auf der Schilten-Farbe, das Basler Wappen zu erkennen.

Jassen hat in Nidwalden eine lange und lebendige Tradition. Erstmals wird das Tarockspiel – in Nidwalden "Troggen" genannt – 1572 erwähnt. Dies ist die älteste Erwähnung des Spiels in der Schweiz. Die Landsgemeinde erlaubte damals ausdrücklich drei Kartenspiele: "Die nachfolgend dry Spil als namlichen Trogen, Muntern und Keyssern, die sindt erloupt". Kaiseren wird in Nidwalden heute noch gespielt, und jährlich finden Kaisermeisterschaften statt.

Auch Jassverbote haben eine lange Tradition. Nicht zufällig wurden 1572 drei Spiele vom allgemeinen Verbot ausgenommen. Während Jahrhunderten versuchte die Obrigkeit wenig erfolgreich das als lasterhaft geltende Kartenspielen, das mit Trunk- und Spielsucht verbunden wurde, zu verbieten.

Unter diesem Gesichtspunkt mutet es wie eine Ironie der Geschichte an, dass die ältesten erhaltenen Jasskarten der Innerschweiz ausgerechnet für den Einband eines Gerichtsprotokolls verwendet wurden – und dort nach fast 500 Jahren wieder auftauchen.

Kontakt:
Staatsarchiv Nidwalden
Stansstaderstrasse 54
6371 Stans
Telefon: 041 618 51 51
Telefax: 041 618 51 55
staatsarchiv@nw.ch
www.staatsarchiv.nw.ch

Quelle: Kanton Nidwalden, Amtsmitteilung, 10.5.2011