Vom Stadtarchiv ins Kulturamt Bietigheim-Bissingen

Stefan Benning, Leiter des Stadtarchivs Bietigheim-Bissingen, wechselt auf den Chefposten ins Kultur- und Sportamt. Seinem letzten Bericht zufolge bleibt im Archiv noch viel zu tun. Im Laufe des letzten Jahres wurden die letzten Akten aus der Zeit des früheren Oberbürgermeisters Manfred List dem Stadtarchiv übergeben.

Nun müssen die insgesamt sechs Meter der Registratur archiviert werden. „Wir laufen den Akten nicht hinterher, daher kommen sie meist erst dann zu uns, wenn Platz benötigt wird. So war es auch in diesem Fall“, sagt Stefan Benning. Insgesamt zwölf laufende Meter sind zu bearbeiten. Neben den Akten wurde dem Archiv ein Protokoll der SPD-Ortsgruppe aus den Jahren 1945 bis 1951 überreicht. Fotoalben mit alten Aufnahmen der Kammgarnspinnerei und persönliche Unterlagen wie Feldpostbriefe kommen auch noch hinzu. Das Stadtarchiv verfügt zur Zeit über 1,2 Kilometer Verwaltungsakten und 150 laufende Meter nichtamtliches Archivgut sowie 67.000 analoge Bilder.

Weil das Archiv nur 2,5 Mitarbeiter hat, ist ein Teil des Materials immer noch nicht aufgearbeitet. Zu den Aufgaben der Mitarbeiter zählt auch die Betreuung von Schülern, bei denen das Stadtarchiv sehr beliebt ist. Jedes Jahr kommen die Bissinger Realschüler, um nach vermissten Opfern der Weltkriege zu suchen. Auch Gymnasiasten sind regelmäßige Besucher. Da bleibt das Archivieren teilweise auf der Strecke.

„Für uns bedeutet das ein bis zwei Stunden Betreuung pro Tag und pro Schüler. Das ist sehr zeitintensiv“, sagt Benning. Letztes Jahr kamen 321 Besucher an 252 Öffnungstagen. Bei so weinigen Mitarbeitern muss man sich zwischen Kundenbetreuung oder Archivierung entscheiden. „Das ist ein Teil unserer Aufgabe. Und es macht Spaß, mit den jungen Leuten zu arbeiten“, sagt der bald ehemalige Leiter. Also muss das Gemeindearchiv aus Bietigheim und Bissingen noch ein wenig warten. Zudem erscheint einmal im Jahr die Publikation „Bietigheim vor 100 Jahren“.

Mittlerweile gibt es einige ehrenamtliche Mitarbeiter im Stadtarchiv. „Das ist uns im Lauf der Zeit zugewachsen und hat kontinuierlich zugenommen“, so Benning. Insofern werden Aufgaben erledigt, die das Archiv allein nicht schaffen würde.

Kontakt:
Stadtarchiv Bietigheim-Bissingen
Hauptstraße 61-63
74321 Bietigheim-Bissingen
Tel. 07142 / 7 43 62 oder 7 43 64 oder 7 43 65
Fax 07142 / 7 43 53
stadtarchiv(at)bietigheim-bissingen.de

Quelle: Andreas Feilhauer, Ludwigsburger Kreiszeitung (LKZ), 8.1.2013; Hilke Lorenz, Stuttgarter Zeitung, 27.12.2012

Trauer um kulturelle Persönlichkeiten in Weimar

Weimar hat zwei namhafte Köpfe verloren. Der Maler Philip Oeser, der mit bürgerlichem Namen Helmut Müller hieß, starb vergangenen Donnerstag, 3.1.2013, im Alter von 83 Jahren. Und Professor Gerhard Schmid verstarb an Neujahr 2013 in seinem 85. Lebensjahr.

Professor Gerhard Schmid prägte Generationen von Archivaren. Er war langjähriger Leiter des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar, in den Jahren 1991 bis 1993 war er der Direktor des Archivs. Außerdem war er auch als Dozent und Professor für Archivwissenschaften tätig. Zu seinem 80. Geburtstag wurde ein Buch mit dem Titel „Archivar von Profession“ von seinem Kollegen Friedrich Beck herausgegeben, der Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam war. In dem Werk hielt er die Spuren Schmids fest, die er in seiner Zeit in Weimar und am Deutschen Zentralarchiv in Potsdam hinterlassen hatte. Neben der Tätigkeit als Archivar und Dozent engagierte sich Schmid zusammen mit seiner Ehefrau als Mitglied der SPD-Fraktion in den Weimarer Stadtrat.

Der Maler und ehemalige Chefrestaurator der Kunstsammlungen zu Weimar, Philip Oeser, wurde zu seinem 80. Geburtstag von der Galerie Profil mit einer Einzelausstellung geehrt. Dort wurden keine Erinnerungen aus alter Zeit, sondern „Neue Arbeiten“ gezeigt.

Die Kunsthistorikerin Cornelie Becker-Lamers arbeitete damals die „Apokalypse“ als Oesers großes Thema der letzten Jahre heraus. 2007 stellte er den 24-teiligen Zyklus fertig, 2009 wurde er ausgestellt. Hier war er aufgrund einer längeren Erkrankung schon nicht mehr anwesend. Der Chefrestaurator war mit der früheren Leiterin des Goethe-Nationalmuseums, Renate Müller-Krumbach, verheiratet. Zuletzt zeigte das Neue Museum 2011 im Rahmen seiner Ausstellung "Die Thüringer Sezession" Arbeiten von Philip Oeser.

Kontakt:
Klassik Stiftung Weimar
Stiftung des öffentlichen Rechts
Burgplatz 4
99423 Weimar
Tel.: +49-(0)3643-545-0
poststelle@klassik-stiftung.de 
www.klassik-stiftung.de

Quelle: TLZ Weimar, 7.1.2013

Jüdische Gemeinde Wien fordert Archiv zurück

Der israelischen Zeitung „Haaretz“ zufolge fordert die Wiener jüdische Gemeinde die Rückgabe ihres historischen Archivs. Dies wurde von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien bestätigt. Die Wiener jüdische Gemeinde will dafür vor dem Obersten Gerichtshof in Israel streiten.

Ein Jerusalemer Bezirksgericht urteilte über den Verbleib der teilweise über 300 Jahre alten Dokumente. Diese wurden dem Israelischen Staatsarchiv zugesprochen. Gegen dieses Urteil liegt bereits Einspruch vor. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Staatsarchiv angesichts der ungewissen Zukunft der Wiener Gemeinde nach Israel ausgelagert worden.

Der Leiter des Israelischen Staatsarchivs, Lozowick, berief sich in den Verhandlungen darauf, dass die Entfernung von Material aus öffentlichen Archiven in Israel ohne Zustimmung des Chefarchivars gesetzlich als Straftat einstuft wird. Darauf bezog sich auch das Gericht bei seiner Entscheidung Mitte November 2012 (siehe Bericht vom 21.10.2012).

Die Kultusgemeinde aus Wien argumentiert insofern dagegen, dass der Archivleiter dieses Gesetz nicht auf Archivalien anwenden kann, die einer ausländischen Institution gehören. In dem Streit um das Archiv geht es um 200 Container mit Dokumenten über das Leben der jüdischen Gemeinde in Wien vom 17. Jahrhundert bis 1945.

Kontakt:
Israelitische Kultusgemeinde Wien
Seitenstettengasse 4
A-1010 Wien
Tel. +43/1/531 04-0
Fax. +43/1/531 04-108
service@ikg-wien.at
www.ikg-wien.at

Quelle: Die WELT, 4.1.2013

Archiv und Wirtschaft 4/2012

Die seit 1967 vierteljährlich erscheinende Zeitschrift "Archiv und Wirtschaft" erscheint dieser Tage mit seiner Ausgabe 4/2012. Sie beinhaltet wiederum Fachbeiträge, Neuerscheinungen auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte, des Archivwesens sowie verwandter Gebiete.

Inhaltsverzeichnis "Archiv und Wirtschaft" 4/2012

Aufsätze

Barbara Eggenkämper: Vom Markt zum Plan und zurück – Eine Archiv- und Forschungsgeschichte der Versicherung in Ostdeutschland (1945–2010) (172-180)

Jürg Hagmann: Records Management – Paradigmenwechsel oder neue Orthodoxien? (181-193)

Wirtschaftsarchiv des Jahres

Michael Horchler: Markenarchiv der Freudenberg Gruppe – Kooperation des Archivs mit den Unternehmensbereichen Recht, Patente und IT (194-200)

Berichte

Jürgen Hertel: Von der Registratur zum Dokumentenmanagement. Herausforderungen und Wandel (201-205)

Martin Walgenbach: Jahrestagung des Arbeitskreises Chemie und Pharmaarchive innerhalb der VdW vom 11. bis 12. November 2012 in Jena (206-208)

Rezensionen

Hannah Ahlheim: "Deutsche, kauft nicht bei Juden!" Antisemitismus und politischer Boykott in Deutschland 1924 bis 1935 (Wolfgang Thomsen) (208-209)

Werner Bachmeier und Udo Achten: Arbeitswelten. Einblicke in einen nichtöffentlichen Raum (Ulrich Heß) (209-211)

Hartmut Berghoff, Jürgen Kocka und Dieter Ziegler (Hrsg.): Wirtschaft im Zeitalter der Extreme. Beiträge zur Unternehmensgeschichte Österreichs und Deutschlands. Im Gedenken an Gerald D. Feldman (Klaus Wisotzky) (211-213)

Stephen Broadberry und Kevin O’Rourke (Hrsg.): The Cambridge Economic History of Modern Europe, Bd. 1: 1700–1870 und Bd. 2: 1870 to the Present (Niklas Hellmich) (213-214)

David Gerken: Die Selbstverwaltung der Stadt Würzburg in der Weimarer Zeit und im "Dritten Reich" (Christian Wolfsberger) (214-215)

Die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung. Bd. 20: 1967, hrsg. für das Bundesarchiv von Hartmut Weber, bearbeitet von Walter Naasner und Christoph Seemann (Werner Bührer) (215-216)

Manfred Rasch, Astrid Dörnemann und Arbeitskreis Filmarchivierung (Hrsg.): Filmarchivierung. Sammeln – Sichern – Sichten – Sehen (Christian Wolfsberger) (216-218)

Rezensionsliste (218-219)

Impressum (220)

Kontakt:
Redaktion "Archiv und Wirtschaft"
Dr. Martin Münzel
c/o Bertelsmann SE & Co. KGaA
Corporate History and Communication
Carl-Bertelsmann-Straße 270
33311 Gütersloh
Telefon: 030-25561150
Telefax: 05241-80689992
Martin_Muenzel@Yahoo.com
www.wirtschaftsarchive.de/veroeffentlichungen/zeitschrift

Bestände der Historischen Bibliothek in Quedlinburg werden gereinigt

Die Schätze der Historischen Bibliothek der Stadt Quedlinburg werden für ein neues Depot gereinigt. Neben der Reinigung arbeiten Helfer intensiv daran die Bücher zu sichten und anschließend zu katalogisieren.

Etwa 38.000 Bücher der Historischen Bibliothek sind insgesamt zu sichten und zu säubern. Über 2.500 Bücher wurden mittlerweile von den Helfern gereinigt. Sie stehen bereits in den Regalen des Archivs. Im Rahmen des Quedlinburger "Stadtumbaus Ost" wurde im sog. Fördergebiet Kaserne das Gebäude Halberstädter Straße 46 als Stadtarchiv, historische Bibliothek und Archiv für Gemälde und Kunstgegenstände hergerichtet.

Als nächstes erfolgt dann die Katalogisierung der Bestände des Städtischen Archivs und der Historischen Bibliothek. Alle Bestände sollen digitalisiert in den Computer aufgenommen werden, damit sie für wissenschaftliche Arbeiten unkompliziert bereitgestellt werden können.

Als Berater stehen dem Sammlungsleiter Dirk Hoffmann und dem Archivar Friedhelm Hahn zwei Mitarbeiter des Ateliers für Papierrestaurierung Feremann aus Köln zur Seite. Sie haben eine Expertise erstellt, wie bei der Aufarbeitung der Bände vorgegangen werden muss. In Abständen kommen sie nach Quedlinburg um die Vorgänge zu kontrollieren.

Kontakt:
Historische Bibliothek der Stadt Quedlinburg
Schloßberg 1
06484 Quedlinburg
Tel.: 03946-2730

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung, 28.12.2012

Lückenloser genealogischer Datenbestand in Meppen

Genealogen finden in Meppen im Emsland einen lückenlosen Datenbestand vor. Die katholische Familienforschungsstelle und das Kreisarchiv Emsland verfügen über umfangreiche Datenbestände, außerdem gibt es in der Bücherei des Emsländischen Heimatbundes die Fachstelle des Arbeitskreises Familienforschung der Emsländischen Landschaft.

Die Datenschutzregeln sind hier längst nicht so streng wie beispielsweise in Standesämtern. Die Daten sind den Forschern auf einfache Art zugänglich, sagt Kreisarchivar Heinrich-Wilhelm Schüpp. Ende 2012 wurde im Kreisarchiv Meppen ein großer Datenbestand aus den 20 emsländischen Standesämtern komplett zur Nutzung freigegeben. Fast 5.000 Einheiten wurden registriert, geordnet und für die Forschung aufbereitet. Im Kreisarchiv wurde dafür extra Platz geschaffen.

Durch das Personenstandsrechtsreformgesetz von 2009 stehen Informationen aus Geburtsregistern, die älter als 110 Jahre, Ehestandsregister älter als 80 Jahre und Sterberegister älter als 30 Jahre sind der Öffentlichkeit zur Verfügung. Nach dieser Regelung sollen die Standesämter die ältesten Aufzeichnungen an die Archive übergeben. In diesem Zusammenhang gehen jedes Jahr etwa 60 Registerbände neu beim Kreisarchiv ein.

Seitdem im 19. Jahrhundert das Führen der Zivilstandsregister in staatliche Hand übergeben wurde, sind im heutigen Landkreis Emsland 104 Standesämter entstanden. Davor hatten die Kirchengemeinden die Einwohnerverzeichnisse geführt. Diese kirchlichen Aufzeichnungen sind für das katholische Bistum Osnabrück von ihrem Beginn 1650/1700 bis 1875 in der Familienforschungsstelle Meppen einsehbar.
Die Standesbeamten haben aus Sicherheitsgründen Erstregister bei den Gemeinden und Zweitregister bei den Landkreisen angelegt. Wenn eines der Exemplare nun verloren geht, sei es durch Feuer oder andere Katastrophen, ist es möglich aus dem Zweitexemplar eine Abschrift anzufertigen. Aus diesem Grund kann das Kreisarchiv heute einen lückenlosen Bestand vorweisen.

Ab diesem Jahr sollen nun die Findbücher zu den Standesamtsdaten online im System des Niedersächsischen Landesarchivs unter http://aidaonline.niedersachsen.de zur Verfügung stehen.

Kontakt:
Landkreis Emsland
Kreisarchiv Meppen
Herzog-Arenberg-Str. 9
49705 Meppen
Tel.: 05931 / 598345
Fax: 05931 / 598347
kreisarchiv.emsland@ewetel.net

Quelle: Meppener Tagespost / NOZ, 28.12.2012

Neue Direktorin und neuer Archivleiter beim ITS Bad Arolsen

Die neue Direktorin und der neue Archivleiter des Internationalen Suchdienstes (ITS) in Bad Arolsen nehmen ihre Arbeit auf. Professor Rebecca Boehling will die Forschung im Archiv des ITS stärker voranbringen. „Wir wollen das Archiv noch besser zugänglich machen für die Wissenschaft. Ich möchte klarmachen, welche Schätze sich hier im Archiv heben lassen und welche Forschungsmöglichkeiten bestehen. Die Geschichte der Opfer der NS-Verfolgung ist eine internationale, die auch heute noch viele Menschen weltweit bewegt“, sagt sie.

Bisher war Boehling Direktorin des Dresher Center for the Humanities an der University of Maryland Baltimore County (UMBC) und Professorin in den Fachbereichen Geschichte, Jüdische Studien und Genderforschung. Sie ist Expertin in der Holocaust-Forschung und der Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Mehrere Jahre unterstützte sie die US-Regierung als Beraterin in einer Historikerkommission über Kriegsverbrecher. Mit „Life and Loss in the Shadow of the Holocaust“. Zusammen mit Uta Larkey veröffentlichte sie„Life and Loss in the Shadow of the Holocaust“. Darin geht es um die Geschichte einer jüdischen Familie aus Essen.

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Abb.: Dr. Helge Kleifeld und Professor Rebecca Boehling (Foto:_ITS)

Im Mai 2012 wurde Boehling vom Internationalen Ausschuss für den ITS einstimmig ernannt. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hatte sich Ende 2012 aus der Leitung des ITS zurückgezogen, weshalb die Neubesetzung des Direktorenpostens notwendig wurde. Das Bundesarchiv ist der neue institutionelle Partner des ITS.

Der neue Archivleiter des ITS, Dr. Helge Kleifeld, nahm seine Arbeit jetzt ebenfalls auf. Zuletzt leitete er das Archiv im Institut für Zeitgeschichte in München. Davor war er Geschäftsbereichsleiter Documents der Neschen AG und Mitarbeiter im Historischen Archiv Krupp. Der 41-jährige Historiker, Geograph, Politologe und Archivar veröffentlichte mehrere Beiträge zu den Themen Bestandserhaltung, Digitalisierung und Massenentsäuerung.

Kontakt:
Internationaler Suchdienst (ITS)
Große Allee 5 – 9
34454 Bad Arolsen
Telefon: +49 (0)5691 629-0
Telefax: +49 (0)5691 629-501
email[at]its-arolsen.org

Quelle: ITS, Pressemitteilung, 2.1.2013; HNA, 2.1.2013

Bilder-Schätze im Münchner Völkerkundemuseum

Auf Ausstellungen sind sie oft nur stückweise zu sehen, dabei verfügt das Münchner Völkerkundemuseum über eines der größten Bild-Archive in Deutschland. Etwa 135.000 historische Fotos lagern dort.
Historische Dokumente aus aller Welt sind in dem Bild-Archiv zu finden. So zum Beispiel eines von 1890. Darauf sind Indianer zu sehen. Prinz Ruprecht von Bayern bestand auf dieses Foto. Die Abgelichteten lächeln nicht, das war damals nicht üblich. Zu dieser Zeit galten Fotos als Beweisstücke.

Als Archivarin im Münchner Völkerkundemuseum hat Anka Krämer täglich mit alten Aufnahmen zu tun. Das Bildarchiv ist eines der umfangreichsten in Deutschland. Einzigartige Motive aus Asien, Afrika und dem Amazonasgebiet werden hier aufbewahrt, allein 66.000 aus der Zeit vor 1945. Allerdings haben viele Bilder schon seit vielen Jahren kein Tageslicht mehr gesehen.

Der älteste Bestand sind Fotos, die der Arzt und Naturforscher Philipp Franz von Siebold einst aus Japan mitbrachte. Sie wurden auf 1872 datiert, sind schätzungsweise aber wohl noch älter. Bisher galten sie als verschollen, untergegangen in den Wirren der beiden Weltkriege.

Die Aufgabe der Archivarin beginnt an dieser Stelle. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Karin Guggeis sichtet sie den großen Bestand, sortiert, dokumentiert und digitalisiert ihn. „Wir ordnen das Chaos“, sagt sie. In sieben wuchtigen Rollschränken lagern Originalabzüge, Fotomappen, Dias und Glasplättchen, die in der Zeit um die Jahrhundertwende als Negative dienten. In einem weiteren Raum werden nur Objekt-Fotografien aufbewahrt, von den Beständen, die sich derzeit im Keller befinden ganz zu schweigen.

Seine Schätze verdankt das Völkerkundemuseum Abenteurern wie Lucian Scherman. Der ehemalige Leiter des Museums, der 1933 von den Nazis zwangssuspendiert wurde, brachte von seinen Reisen viele Fotos mit nach München. Leider sind aber nicht alle Bilder in einwandfreiem Zustand. Feuchtigkeit und Hitze lösten teilweise die Fotoschicht ab. Mit diesem Problem kämpft das Museum auch heute noch. Die empfindlichen Plättchen lagern bei 40 Prozent Luftfeuchtigkeit und relativ konstanten 20 Grad in Holzkistchen. Nach und nach sollen sie eingescannt und damit gerettet werden, sagt Krämer, wenn auch bekannt ist, dass digitale Dokumente lange nicht die Qualität eines Originals besitzen.

Für die Arbeit ist jedenfalls kein Ende in Sicht. Regelmäßig erhält das Museum Nachschub in Form von Nachlässen. Manche Fotos werden auf diversen Ausstellungen gezeigt. Ob die Fülle der anderen Fotos überhaupt je einmal ausgestellt wird lässt sich derzeitig nicht sagen. Dies beinhaltet auch immer eine Budget- und eine Zeitfrage.

Kontakt:
Staatliches Museum für Völkerkunde München
Maximilianstraße 42
D-80538 München
Telefon +49 (0)89 210 136 100
Telefax +49 (0)89 210 136 247
museum.voelkerkunde@mfv.bayern.de
www.voelkerkundemuseum-muenchen.de

Quelle: Münchner Merkur, 30.12.2012

Bottroper Archiv-Ausstellung zum Ersten Weltkrieg

Im Stadtarchiv Bottrop sind in erster Linie amtliche Akten und Dokumente der früheren Gemeinde- und heutigen Stadtverwaltung von großer Bedeutung. Sie werden systematisch gesammelt. Doch die Sammlungen von Privatpersonen sind nicht weiniger wichtig, sie ergänzen die offiziellen Dokumente.

Gegenstand der nächsten Präsentation wird der Erste Weltkrieg sein. 2014 ist der Ausbruch des Krieges 100 Jahre her. Dem Stadtarchiv ist es wichtig zu zeigen, welche Auswirkungen der Krieg in Bottrop hatte und wie Bürger ihn erfahren haben. Einige Dokumente sind bereits eingegangen. So hat eine Bottroperin dem Archiv Fotos ihrer Großmutter und persönliche Briefe, die ihr Mann auf Schlachtfeldern an sie geschrieben hat, übergegeben. 1916 ist er in Verdun gefallen, und seine Frau musste als junge Witwe mit zwei kleinen Kindern das Leben alleine meistern.

Bruno Blümke hat dem Stadtarchiv kürzlich ein großformatiges Album des „Deutschen Lehrervereins“ überreicht. Es enthält Fotos und Lebensläufe von Bottroper und Osterfelder Lehrern, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind. Junge Männer, der Älteste war 29, der Jüngste gerade mal 20 Jahre alt. Stadtarchivarin Heike Biskup hofft, dass das Stadtarchiv unter diesen Aspekten noch weitere persönliche Dokumente von Nachfahren bekommt.

Aufgrund der guten Beziehung zum Archiv in der Partnerstadt Tourcoing in Nordfrankreich entstand die Idee in der Ausstellung nicht nur die Ereignisse des Ersten Weltkrieges in Bottrop zu zeigen, sondern auch was in Tourcoing geschehen ist. Wilfried Krix hat dem Stadtarchiv eine Mappe mit zwölf Postkarten aus Tourcoing geschenkt, die verschiedene Ansichten der Stadt zeigen, freut sich die Stadtarchivarin. Vermutlich sind sie in der Zeit um den Ersten Weltkrieg entstanden, wie die Menschen, die auf den Fotos abgebildet sind, annehmen lassen. Gerade die Menschen lassen die Geschichte lebendig werden. Dies soll auch in der geplanten Ausstellung vermittelt werden.

Das Stadtarchiv versteht sich als Dokumentations- und auch als Informationsstelle für die Bottroper Geschichte. Eine Aufgabe ist es, durch Ausstellungen Themen der Bottroper Geschichte aufzuarbeiten und zu zeigen. „Momentan arbeiten wir schon an der übernächsten Ausstellung, die 2014 gezeigt werden soll“, sagt die Leiterin des Stadtarchivs, Heike Biskup.

Kontakt:
Stadtarchiv Bottrop
Blumenstraße 12-14
46215 Bottrop
Telefon: +49 2041 70-3754
Telefax: +49 2041 70-3833
stadtarchiv@bottrop.de

Quelle: WAZ, 28.12.2012

Jahrhundertealtes Wissen im Mertinger Gemeindearchiv

Im Dachgeschoss der Antonius-von-Steichele Grundschule in Mertingen wird ein neues Gemeindearchiv aufgebaut. Seit 15 Monaten kümmert sich der ehemalige Pädagoge Dr. Franz Xaver Ries um die Dokumente des Gemeindearchivs und will „das Gedächtnis der Gemeinde sortieren“.

Seit seinem Rückzug in den Ruhestand ist der ehemalige Lehrer Archivpfleger. Nach und nach werden Akten aus dem Rathaus in die neuen Räume angeliefert, die die Kommune jetzt für den Aufbau des Gemeindearchivs geschaffen hat. Das Sortieren der Dokumente ist die Leidenschaft des 65-jährigen. „Ich habe mich schon immer für alte Schriften interessiert und historische Sprachwissenschaften studiert“, erzählt Ries. Neben der Katalogisierung soll der Bestand in einer Computerübersicht festgehalten werden. Nach der Sichtung im Rathaus erfolgt nun die Kennzeichnung mit einer Signatur, die Einordnung im Magazin und die Registrierung im PC „unter optimalen Bedingungen“.

Die ältesten Akten der Metrtinger Gemeinde stammen aus dem 18. Jahrhundert. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Bibliothek mit mittlerweile 1150 Titeln. In ihr befinden sich „überwiegend historische und geschichtswissenschaftliche Werke“, sagt der Archivar.

Die Bürger unterstützen ihn in seiner Arbeit und geben immer wieder alte Dokumente zu Aufbewahrung bei ihm ab. Loni Rusch ist eine davon. Erst kürzlich hat sie dem Archiv vier Bände aus dem Jahr 1819 hinterlassen. Darin geht es um die Geschichte des Klosters Heilig Kreuz in Donauwörth. „Diese Bände findet man vielleicht noch mit viel Glück in Universitätsbeständen“, schwärmt Ries.

Neben Forschungen zur Geschichte von Mertingen und seinen Ortsteilen Druisheim und Heißesheim, ist ein weiteres Projekt ein großes Anliegen des Archivars: das „Archiv der Erinnerungen“. Viele ältere Bürger der Gemeinde haben bereits die Möglichkeit genutzt, ihre Lebenserinnerungen zu erzählen. Die Gespräche speichert Ries zunächst auf einer CD, um sie dann zu bearbeiten. Mehrseitige Niederschriften sind so bereits entstanden. In diesem Zusammenhang ermuntert er dazu ihn im Archiv zu besuchen und Anfragen zu starten. Die Baugeschichte der Brauerei und die Erschließung des Baugebietes „Lotusblüte“ sollen ebenfalls dokumentiert werden.

Neben der Aufgabe als Gemeindearchivar ist Dr. Ries auch Heimatautor. Er hat mehrere Bücher über Mertingen verfasst. Dazu zählen besinnliche und witzige Texte aber auch Vorträge, beispielsweise über den Russlandfeldzug von 1812.

Quelle: Augsburger Allgemeine, 28.12.2012