Digitale Info-Stele fürs Stadtarchiv Leverkusen

Ab sofort präsentiert das Stadtarchiv Leverkusen auf einer Info-Stele die ersten Informationen und Inhalte digital. Im Eingangsbereich finden die Nutzerinnen und Nutzer dort nun die Ansprechpartner für ihr Anliegen und einige Informationen mehr. Nach und nach sollen weitere Inhalte abgebildet werden. Gesponsert wurde die Stele von der Bezirksvertretung II im Rahmen der „Kleinen Investitionsmaßnahmen“.


Abb.: Nahmen die Stele am 1. Dezember in Betrieb: Archivar Hardy Trautwein, Bezirksbürgermeister Heinz-Jürgen Pröpper, Leiter des Stadtarchivs Leverkusen, Dr. Julius Leonhard (v.l.) (Foto: Stadt Leverkusen)

Bezirksbürgermeister Heinz-Jürgen Pröpper nahm am 1.12.2022 die Einweihung vor. Er öffnete zeitgleich auch das erste Türchen des digitalen Adventskalenders des Leverkusener Stadtarchivs. Dort werden weitere 23 Motive zur Stadtgeschichte, Originelles und Kurioses aus einer bunten Mischung aus alten Postkarten, Bildern und Gegenständen bis Weihnachten präsentiert.

Erarbeitet wurde der Adventskalender von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stadtarchivs Leverkusen gemeinsam mit dem Kurs „Regionalwissenschaften“ der 9. Jahrgangsstufe des Lise-Meitner-Gymnasiums unter Leitung von Christian Drach. Der digitale Adventskalender ist auch auf Instagram (@stadtarchivleverkusen) und auf Facebook unter „Stadtarchiv Leverkusen“ zu sehen.

Kontakt:
Stadtarchiv Leverkusen
Landrat-Trimborn-Platz 1
51379 Leverkusen
Telefon(0214) 406-4251
Telefax(0214) 406-4252
stadtarchiv@kulturstadtlev.de

Quelle: Stadt Leverkusen, Meldung, 1.12.2022

Preis für Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsgeschichte 2023 und Nachwuchspreis

Das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsarchiv e.V. (BBWA) mit Sitz in Berlin lobt 2022 den „Preis für Berlin Brandenburgische Wirtschaftsgeschichte“ zum fünften Mal aus. Das BBWA spricht mit diesem Wettbewerb Studierende und Absolventen von Universitäten und Fachhochschulen an. Damit möchte das Wirtschaftsarchiv die Erforschung der regionalen Wirtschaftsgeschichte und Industriekultur Berlins und Brandenburgs befördern.

Der Preis soll für die interdisziplinäre Förderung der Auseinandersetzung mit Wirtschaftsgeschichte und Industriekultur Anreiz sein. Das heißt, es können sich Abschlussarbeiten aus der Geschichtswissenschaft, aber z.B. auch der Literaturwissenschaft, Soziologie, Betriebswirtschaft, Kunstgeschichte, Touristik, Denkmalschutz etc. eingereicht werden.

Einzureichen sind wirtschaftsgeschichtliche Studien in Form einer Master- oder Bachelorarbeit. Die Themen der einzureichenden Arbeiten sollen sich auf die Wirtschaftsgeschichte in der Region Berlin und Brandenburg beziehen. Die Arbeiten sollen sich mit wirtschafts-, unternehmens-,  gesellschaftsgeschichtlichen Themen befassen, den Forschungsstand widerspiegeln sowie den Erkenntnis- und Wissensstand auf dem Gebiet der regionalen Wirtschaftsgeschichte und Industriekultur bereichern. Arbeiten, die Archivquellen auswerten, sind besonders willkommen. Preisverleihung und Pressekonferenz zum Wettbewerb werden nach Abschluss des Projektes stattfinden. Die beste Arbeit wird in geeigneter Form veröffentlich. Zusätzlich wird ein Preisgeld von 1.000 EUR gezahlt. 2023 wird ein besonderer Nachwuchspreis für die beste Bachelorarbeit ausgelobt, der ebenfalls mit 1.000 EUR dotiert ist.

Schirmherr
Michael Müller, ehemalige Regierender Bürgermeister von Berlin, hat die Schirmherrschaft für den
Preis übernommen.

Teilnehmer
Der Wettbewerb richtet sich an Studierende und Absolventen aller Disziplinen an Universitäten und Fachhochschulen. Man kann nur mit einem Beitrag am Wettbewerb teilnehmen.

Termine
• 30.04.2023 Einsendeschluss (Poststempel)
• 31.05.2023 Vorprüfung
• 15.08.2023 Auswertung und Abstimmung der Jury
• September 2023 feierliche Preisverleihung

Preis
Es wird eine Arbeit mit der Veröffentlichung in geeigneter Form prämiert. Zusätzlich wird ein Preisgeld von 1.000 EUR gezahlt.

Kontakt:
Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv e.V.
Björn Berghausen (Geschäftsführer)
Eichborndamm 167, Haus 42
13403 Berlin
Telefon 030 41190698
Telefax 030 41190699
mail@bb-wa.de
https://www.bb-wa.de/

Quelle: BBWA, Pressemitteilung, 1.12.2022

Wechsel in der Leitung des Stadtarchivs Luzern

Auf Daniela Walker folgt eine Co-Leitung mit Susanna Kraus Casutt und Florian Fischer.

Im Jahr 1998 übernahm Daniela Walker (Jahrgang 1961) die Leitung des Stadtarchivs der Stadt Luzern. Das Stadtarchiv war damals im ewl-Gebäude untergebracht. Heute befindet es sich im Stadtteil Littau. Daniela Walker wirkte als treibende Kraft bei der Projektierung und Realisierung des sechsstöckigen und über 20 Meter hohen quadratischen neuen Stadtarchivs mit seinen über 2.400 Quadratmetern Geschossfläche. Aktuell bewahrt das Stadtarchiv in Reussbühl in seinen Magazinen rund sieben Laufkilometer Akten auf und speichert rund 1,2 Terabyte an digitalen Daten.


Abb.: Von links: Daniela Walker (bisherige Leiterin Stadtarchiv Luzern), Susanna Kraus Casutt und Florian Fischer (neue Co-Leitung Stadtarchiv ab 1.1.2023) im Stadtarchiv Luzern (Foto: Stadt Luzern).

Das Stadtarchiv Luzern ist als Bereich der Stadtkanzlei das zentrale Archiv der überlieferungswürdigen Unterlagen der öffentlichen Organe und somit das Gedächtnis der Stadt Luzern. Es leistet mit der dauernden Aufbewahrung und der Aufbereitung von Unterlagen einen Beitrag zur Rechtssicherheit, zur Schaffung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit des staatlichen Handelns sowie zur Bereitstellung von Grundlagen für die Forschung. Die Bestände des Stadtarchivs figurieren aufgrund ihrer Bedeutung für Identität und Selbstverständnis Luzerns als Zentrum der Zentralschweiz im Schweizerischen Inventar der Kulturgüter.

Als ausgebildete Kulturwissenschafterin hat sich Daniela Walker während ihrer langen Tätigkeit als Stadtarchivarin mit gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Themen auseinandergesetzt. Dabei hat sie die Zukunft stets antizipiert und das Archiv auf den Weg der digitalen Transformation geführt.

Stadtschreiberin Michèle Bucher dankt Daniela Walker für ihre grosse Arbeit und ihr immenses Engagement zugunsten des Stadtarchivs und seiner Weiterentwicklung. Gleichzeitig freut sie sich, dass die Nachfolge von Daniela Walker bereits geregelt ist: Am 1.1.2023 übernehmen Susanna Kraus Casutt (Jahrgang 1974) und Florian Fischer (Jahrgang 1983) gemeinsam die Leitung des Stadtarchivs Luzern. Susanna Kraus arbeitet bereits seit zehn Jahren als wissenschaftliche Archivarin beim Stadtarchiv, Florian Fischer seit fünf Jahren.

Kontakt:
Stadtarchiv Luzern
Ruopigenstrasse 38
CH-6015 Luzern
Telefon: +41 41 208 73 80
stadtarchiv@stadtluzern.ch

Quelle: Stadt Luzern, Medienmitteilung, 30.11.2022

Aschaffenburger Projekt »Dialog-Romantik«

Schulen und Bildung im digitalen Fokus.

Digitalisierung von und für Schulen bedeutet keineswegs nur, Schulen besser digital auszurüsten oder Klassen mit Tablets auszustatten. Dies wurde am 25.11.2022 im Aschaffenburger Digitalladen bei der Vorstellung des Projekts „Dialog Romantik“ mehr als deutlich. Die Schüler*innen wachsen ja mit der digitalen Technik auf und sind oft in deren Nutzung geübt. Umso wichtiger sind daher digitale Angebote, die digital-virtuell und in möglichst spielerischer Weise Wissens-Inhalte vermitteln.


Abb.: Stellten das Projekt „Dialog-Romantik“ vor: (Von links nach rechts) Dr. Danica Brenner, Projektleiterin im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg; Eric Leiderer, Bürgermeister und Digitalreferent; Carsten Köchel, Agentur Comkom; Dr. Joachim Kemper, Leiter Stadt- und Stiftsarchiv (Foto: Stadt Aschaffenburg)

„Dialog Romantik“ ist als virtueller Interaktionsraum konzipiert. Besucher*innen, Gruppen und ganze Schulklassen samt Lehrer*innen können sich als sogenannte „Videobubbles“ in der „romantischen Welt“ der Brentanos bewegen, wie Dr. Danica Brenner-Orthmann und Dr. Vaios Kalogrias für das Aschaffenburger Projektteam erläuterten. Die virtuellen Räume erstrecken sich, ergänzt um multimediale Angebote, über ein Foyer mit einführenden Lernstationen und folgen dann der Epoche der Romantik sowie Räumen, die Vertreter*innen der Familie Brentano gewidmet sind. Für den intensiven Austausch ist eine virtuelle „Lounge“ vorgesehen, in dem Besucher*innen den Bildschirm teilen und Notizen hinterlassen können. Auch ein umfangreiches Begleitmaterial für Lehrer*innen steht ab demnächst zur Verfügung.

Als Vorzeige-Projekt der digitalen Vermittlung bezeichnete Bürgermeister und Digitalreferent Eric Leiderer den neuen virtuellen Interaktionsraum von „Dialog Romantik“: „Mit Dialog Romantik haben wir ein weiteres innovatives „Mitmach“-Projekt, rund um unsere Digitalstrategie, der „Dialog City“. Dieses basiert auf dem Leitgedanken der analog-digitalen Mitnahme aller Bevölkerungsgruppen, von jung bis alt. Und unsere „Dialog City“ ist jetzt sogar namengebend im Rahmen eines internationalen EU-Projekts unter Koordination der Stadt und des Stadt- und Stiftsarchivs Aschaffenburg. Wir wollen die Menschen bei der Digitalisierung nicht alleine lassen. Dialog Romantik lässt die für Aschaffenburg und weit darüber hinaus wichtige Familie Brentano im Hier und Jetzt wieder erstehen.“

Carsten Köchel als Vertreter des beteiligten Dienstleisters bot anschließend den Teilnehmenden einen „Live“-Rundgang durch die virtuellen Räume von Dialog Romantik. Archivleiter Dr. Joachim Kemper wies ergänzend darauf hin, dass im Rahmen von „Dialog Romantik“ auch das komplette Archiv der Familie Brentano im Stadt- und Stiftsarchiv digitalisiert werden konnte. Im Verlauf des Jahres 2022 sei außerdem, so Kemper und Leiderer unisono, ein virtueller Escape-Room zur Romantik entwickelt worden, der Anfang des Jahres 2023 als sogenannter „ZeitRaum Brentano“ der Öffentlichkeit präsentiert werden kann.

Das digitale Vermittlungsangebot „Dialog Romantik“ wurde durch eine Förderung in Höhe von 128.850 Euro durch das Programm „WissensWandel. Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive innerhalb von Neustart Kultur“, ermöglicht. „Dialog Romantik“ ist dabei im Rahmen des Förderprogramms des Jahres 2022 als „Leuchtturmprojekt“ unterstützt worden. „WissensWandel“ fördert Maßnahmen zur Schaffung und Ausbau von nachhaltigen digitalen Angeboten in öffentlich zugänglichen Bibliotheken und Archiven, mit dem Ziel, ein vielfältiges Angebot breit und zeitgemäß zugänglich zu machen – unabhängig von der physischen Öffnung der Einrichtung. Der Förderschwerpunkt liegt auf der Einführung und dem Ausbau innovativer Angebote und Services sowie neuer Nutzungsmöglichkeiten von Bibliotheken und Archiven.

Erklärvideo:
https://youtu.be/EwAhXU423-c

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Tel. 06021 330-2420
stadtarchiv@aschaffenburg.de
https://aschaffenburgzweinull.stadtarchiv-digital.de/projekt/dialog-romantik/

Quelle: Stadt Aschaffenburg, Pressemitteilung, 28.11.2022

Per Adventskalender und Webseite auf zeitgeschichtliche Zeitreise in Wedel

Das Stadtarchiv Wedel bietet nicht nur zur Adventszeit zahlreiche Möglichkeiten, sich auch online auf Zeitreise in Wedels Vergangenheit zu begeben. Stadtarchivarin Anke Rannegger hat dafür einen Fokus auf die 1950er Jahre gelegt. An jedem der Adventssonntage 2022 wird das Stadtarchiv Wedel Interessierte in ein Themenfeld der 1950er Jahre entführen.


Abb.: Baracken und Wohnblock-Neubau. Architektonische Gegensätze im Wedel der 1950er Jahre (Foto: Stadtarchiv Wedel)

Die 1950er Jahre bedeuten Wiederaufbau und Wirtschaftswunder, aber auch Wiederbewaffnung. Die Wedeler feierten gern und ausgelassen, lebten aber teilweise noch in Baracken. Schulen mussten schnell erbaut werden, da die Bevölkerung rasch anwuchs. Im öffentlichen Dienst galt die 45-Stunden-Woche, und die Beschäftigten arbeiten auch am Samstag. Moto-Cross-Rennen in der Kies­grube von Otto Dörner an der Holmer Straße zogen zahlreiche Schaulustige an.

Darüber hinaus gibt es in der Rubrik „Frisch abgestaubt“ Ausführungen über verschiedenes Wedeler Gebäude zum Thema Denkmalschutz, aber auch zu Hebammen, Ärzten und Lehrern. Und in der Rubik „Wer war wer in der NS-Zeit“ versammelt Archivarin Rannegger eine Reihe von Kurzbiographien damaliger Akteure. Stadtgeschichte sei nicht vollständig ohne einen Blick auf die Biographien der handelnden Personen.

Die vorgestellten Personen lebten während der NS-Zeit in Wedel, und deren Wirken und Handeln – in die eine oder die andere politischen Richtung – hat sich in Akten, Zeitungen oder Schriften niedergeschlagen. Aus diesen Unterlagen sind die biographischen Daten zusammengetragen worden. Unter diesen finden sich Personen, die lange Jahre im Konzentrationslager litten, wie auch Mitglieder von SS-Formationen und der Ortsgruppe der NSDAP.

Die Hamburger Datenbank „Die Dabeigewesenen“ der Landeszentrale für politische Bildung ist dafür Vorbild gewesen. – Weitere Kurzbiographien können folgen.

Links:

Kontakt:
Stadtarchiv Wedel
Anke Rannegger
Zimmer 22
Rathausplatz 3-5
22880 Wedel
Telefon: 04103/707 215
Telefax: 04103/707 88 215
stadtarchiv@stadt.wedel.de

Schätze aus dem Archiv des Deutschen Museums in München

Das Archiv des Deutschen Museums gehört zu den bedeutendsten Spezialarchiven für die Geschichte der Naturwissenschaft und der Technik weltweit. Auf 4,7 Regalkilometern verwahrt es herausragende Dokumente aus neun Jahrhunderten, darunter mehrere Nobelurkunden und -medaillen, die frühesten Zeichnungen des Flugpioniers Otto Lilienthal oder das Laborbuch von Otto Hahn mit der Entdeckung der Kernspaltung.

Der langjährige Leiter des Archivs des Deutschen Museums, Dr. Wilhelm Füßl, konnte nach anderthalb Jahren im Ruhestand mit seinem Buch „Schatzkammer für Technik und Wissenschaft. Das Archiv des Deutschen Museums“ nunmehr ein erstes Produkt, das im Rahmen seines neuen Lebens- und offenkundig auch Arbeitsabschnittes entstanden ist, auf einer gut besuchten Pressekonferenz vorstellen.

In der Publikation greift Autor Dr. Füßl, bis 2021 Leiter des Archivs, die eingangs erwähnten und andere Einzelstücke aus dem riesigen Fundus heraus und erzählt dazu spannende Geschichten: Wer war die erste Fotografin der Weltgeschichte? Was hat es mit dem Wurmpapier auf sich? Gibt es wirklich einen Film über die ersten Flüge Lilienthals? Was kann uns die Mitgliedskarte Albert Einsteins erzählen? Ist Raubgut in den Archiven des Hauses versteckt? Und warum sind Läuse im Archiv willkommen?

In seinem Buch geht es Wilhelm Füßl zudem darum, die Arbeit der Archivarinnen und Archivare des Deutschen Museums in ausgewählten Exkursen zu veranschaulichen. Wie funktioniert das Sammeln? Wie werden die wertvollen Stücke konservatorisch und restauratorisch behandelt? Wie funktionieren die Erschließung der Bestände und eine moderne Digitalisierung? Auch diese Fragen beantwortet der Autor anschaulich und vermittelt so ein eindrucksvolles Bild von der Arbeit im Archiv.

Die einzelnen Kapitel sind mit Aufnahmen des Fotografen Hans-Joachim Becker hervorragend illustriert.

Info:
Wilhelm Füßl:
Schatzkammer für Technik und Wissenschaft. Das Archiv des Deutschen Museums
München 2022, 228 Seiten mit 151 Abbildungen
ISBN 978-3-948808-11-2
Buchhandelspreis 29,90 €

Am 29.11.2022 findet eine öffentliche Buchpräsentation im Deutschen Museum statt.

Zehn Schätze aus dem Archiv des Deutschen Museums

1. Geheimdokumente zum deutschen Atomprogramm

Das größte Aufsehen in seiner Karriere hat Füßl wohl mit der Veröffentlichung der Papiere zum deutschen Atomprogramm der Nazizeit erregt. Am 18. Dezember 1998 konnte das Archiv des Deutschen Museums die Geheimdokumente übernehmen. Die Originale wurden 1944 und 1945 von einem Spezialkommando der US-Streitkräfte namens „Alsos“ in Deutschland beschlagnahmt – oder sind auf die Verhöre durch jenes Spezialkommando zurückzuführen.
Diese Dokumente umfassen heute 11.602 Seiten. Dazu gehört auch ein Bericht des Physikers Carl Friedrich von Weizsäcker vom 17. Juli 1940 mit dem Titel „Eine Möglichkeit der Energiegewinnung aus 238U“, den er für das Heereswaffenamt der Nazis geschrieben hat. Darin beschreibt er unter anderem, dass in Kernreaktoren ein neues spaltbares Element entstehen müsse – schon Monate, bevor Plutonium in den USA entdeckt wurde. Weizsäcker weist auch darauf hin, dass das neue Element einmal zum Bau sehr kleiner Maschinen, dann als Sprengstoff sowie durch Beimischung zur Umwandlung anderer Elemente in großen Mengen verwendet werden könne: „Er erkannte also das Potenzial der Kernspaltung für den Bau von Atomwaffen und maß dem Plutonium eine entscheidende Rolle als Spaltmaterial bei der Waffenproduktion zu“, sagt Füßl. Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Geheimhaltung der Dokumente beibehalten. Dies zeigen die Stempel „Restricted data“ und „Caution“, die 1946 auf den Papieren angebracht wurden.

2. Das Spionagetagebuch von Georg von Reichenbach

Wilhelm Füßls Lieblingsstück im Archiv ist das „Spionagetagebuch“, ein Skizzenbuch von Georg von Reichenbach. Der Münchner Ingenieur ist als junger Mann im Jahr 1791 nach England gefahren und hat dort Industriespionage im Auftrag der bayerischen Regierung betrieben. Vor allem die Dampfmaschinen von James Watt hatten es ihm angetan. Er verschaffte sich heimlich Zugang zu englischen Fabriken – „mutmaßlich mit Bestechung in Form von Whisky“, sagt Füßl – und zeichnete eine Watt‘sche Dampfmaschine ab. Heute sind die Reichenbachstraße und die Reichenbachbrücke in München nach von Reichenbach benannt. Füßl: „Eine steile Karriere für einen Ex-Spion.“

3. Das älteste Stück im Archiv

Das älteste Stück ist eine Pergamenthandschrift des hochmittelalterlichen Universalgelehrten, Philosophen, Theologen und Bischofs Albertus Magnus (1193– 1280). Das Physicorum Libri VIII mit 129 Blatt stammt aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und wurde vom Deutschen Museum im Jahr 1910 bei einem Münchner Antiquariat gekauft: „Für die heute lächerlich niedrig anmutende Summe von 500 Mark“, sagt Füßl.

4. Der schwimmende Bote

Ebenfalls in der Handschriftensammlung findet sich ein „Feuerwerksbuch“ von 1480 – hier werden verschiedene Ideen für das Kriegshandwerk präsentiert. Darin findet sich auch die Zeichnung eines „Schwimmenden Boten“. Das Blatt zeigt einen Mann, der eine Botschaft über einen See transportiert – den versiegelten Brief hält er mit ausgestrecktem Arm aus dem Wasser heraus. Um den Körper trägt der Bote einen Schwimmreifen, der es ihm erlaubt, das Wasser zu überqueren, ohne unterzugehen.

5. Das Laborbuch von Otto Hahn

Das unscheinbare Notizbuch mit Lack-Einband und 94 Blättern dokumentiert eine wissenschaftliche Leistung mit unabsehbaren Folgen: die Entdeckung der Kernspaltung im Jahr 1938. Die Protagonisten, die Chemiker Otto Hahn und Fritz Straßmann sowie die Physikerin Lise Meitner, wollten durch die Bestrahlung von Uran Elemente erzeugen, die schwerer als das Ausgangsmaterial sind. Der entscheidende Versuch fand in der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember 1938 statt. Dabei wurde eine Uranprobe mit Neutronen bestrahlt, was zur Entstehung mehrerer neuer radioaktiver Isotope führte. Bei den darauffolgenden, als „Indikatorversuche“ bekannt gewordenen Experimenten stellte sich heraus, dass es sich bei den beobachteten Elementen nicht um Isotope des vermuteten Radiums handelte, sondern überraschenderweise um radioaktive Isotope von Barium – einem Element also, das wesentlich leichter als Uran ist.
Die Messergebnisse waren für Hahn und Straßmann unerklärlich. Hahn wandte sich daher an Lise Meitner mit der Bitte: „Vielleicht kannst Du irgendeine fantastische Erklärung vorschlagen.“ Meitner lieferte an Weihnachten 1938 die revolutionäre Interpretation des Indikatorversuchs, nämlich, dass der Urankern durch das Eindringen von Neutronen in zwei etwa gleich große Fragmente gespalten worden sei, wobei sich die beiden Atomkerne wegen ihrer positiven Kernladung abgestoßen und eine hohe Energie freigesetzt hätten. Für diese Entdeckung erhielt Otto Hahn nach Kriegsende den Nobelpreis.
Im Laufe des Jahres 1939 wiederholten weltweit Wissenschaftler den Berliner Versuch, wobei schnell die waffentechnische Dimension der Entdeckung klar wurde – letztlich führte das Experiment zum Atombombeneinsatz in Hiroshima.
Otto Hahn hat sein Laborbuch 1960 dem Deutschen Museum geschenkt. Verpackt war es bei der Übergabe in einem Umschlag, der von dem Nobelpreisträger in seiner kleinen Handschrift eigenhändig erläutert ist: „Originalheft des Indikatorversuchs. Dezember 1938, sehr wichtig Otto Hahn“ steht hier geschrieben. „Wir glauben ihm das!“, schreibt Füßl dazu.

6. Das erste Foto von München

1,4 Millionen Fotos werden im Archiv des Deutschen Museums verwahrt. Den kleinsten, aber wertvollsten Teil des Bildarchivs bildet der Rarissima-Bestand. Dazu zählen einige Highlights aus der Frühzeit der Fotografie in Deutschland. Es handelt sich um Bilder, die Carl August von Steinheil und Franz von Kobell im Jahr 1839, dem Jahr des Bekanntwerdens der ersten fotografischen Aufnahmen von Daguerre, in München angefertigt haben. Forschungen haben gezeigt, dass die beiden Pioniere mit verschiedenen selbstkonstruierten Kameras gearbeitet haben. Das Papiernegativ zeigt eine Ansicht der Neuhauser Straße in München. Gut zu erkennen sind im Vordergrund die Fassade der Kirche St. Michael und die daran anschließende Augustinerkirche. Aufgefunden wurden diese Bilder im Jahr 1994 in einem unscheinbaren Umschlag im Firmenarchiv Steinheil.

7. Die erste Fotografin der Weltgeschichte

Bei den Ausräumarbeiten in den Museumsdepots kam 2018 eine Aufnahme zum Vorschein, die weder eine Inventarnummer trug noch einem Objektbestand zugeordnet werden konnte. Heute zählt sie zum Rarissima-Bestand des Archivs. Es handelt sich um eine sehr frühe Daguerreotypie. Sie gehört zum Nachlass des Chemikers Eilhard Mitscherlich, den sein Sohn Alexander Mitscherlich dem Deutschen Museum vermachte.
„Allein schon den Porträtierten zu identifizieren, war eine detektivische Recherche“, sagt Füßl. Einer findigen Archivmitarbeiterin gelang es, eine teilweise überklebte handschriftliche Anmerkung zu entziffern: „Astronom“ stand dort. In mühevoller Kleinarbeit sah die Mitarbeiterin eine Serie von 74 Ordnern mit Porträts durch, die sich im Archiv befanden – und wurde fündig: Unter der Bildnummer 33 118 ist hier die Reproduktion einer Lithografie des Astronomen Johann Franz Encke (1791–1865) vorhanden, die unverkennbar die Person auf der Daguerreotypie darstellt.


Abb.: Porträtfotografie des Astronomen Johann Franz Encke, ca. 1840/41, Deutsches Museum, Archiv, BA-Rar 0013 (Foto: Deutsches Museum, Hans-Joachim Becker)

Ein Brief von Alexander Mitscherlich von 1905 brachte die Erklärung zur Entstehungsgeschichte: „Die Aufnahmen stammen aus der Zeit nach der Erfindung Daguerres, welcher mit meinem Vater befreundet war und ihm einen Apparat verschaffte.“ Auch die Urheberin der Aufnahmen geht aus einem weiteren Brief Mitscherlichs hervor: „Ich habe ganz übersehen, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß ich Daguerreotypien besitze von dem berühmten Mineralogen Gustav Rose und dem Astronomen Enke [sic!], welche von meiner Mutter nach Anleitung von Daguerre hergestellt sind.“ Ziemlich sicher hat Laura Mitscherlich ihre ersten Daguerreotypien noch 1839 angefertigt; denkbar, dass Daguerre persönlich der Frau seines Freundes das Fotografieren beigebracht hat. Laura Mitscherlich ist damit die erste namentlich bekannte deutsche Fotografin, vielleicht sogar die erste Fotografin weltweit.

8. Otto Lilienthals Werkstattzeichnung

Besonders stolz ist Füßl auf eine frühe Zeichnung des Flugpioniers Otto Lilienthal aus dem Jahr 1893 – verständlich, denn die Einwerbung des Lilienthal-Nachlasses hat ihn zehn Jahre Zeit gekostet. 1891 hob Lilienthal erstmals mit einem von ihm konstruierten Gleiter ab. Bis zu seinem tödlichen Absturz im August 1896 absolvierte er mehrere hundert Flüge mit unterschiedlichen Flugapparaten.
Auf einer seiner Werkstattzeichnungen, die sich im Archiv des Deutschen Museums befinden, ist ein zusammenklappbares Modell seines Fluggeräts skizziert. Lilienthal musste seine Gleiter nämlich mühsam auf einen Berg tragen, um von dort aus zu starten – und konstruierte deshalb einen klappbaren Gleiter, was es ermöglichte, den Flugapparat leichter zu transportieren und zu lagern. Das Konzept bewährte sich: Lilienthal ließ es patentieren und bot die Konstruktion zum Kauf an. Auch die Rückseite des Blatts hat Lilienthal genutzt – für die Skizze eines Schlagflügelapparats und für verschiedene Berechnungen.

9. Die Rede des Grafen Zeppelin an das deutsche Volk

Auf dem ältesten Tonträger des Archivs ist eine Rede von 1908 festgehalten: „Ein Wort des Grafen Zeppelin an das deutsche Volk“. Sie ist auf zwei Schallplatten gepresst, die in einer Schmuckkassette aufbewahrt sind – innen mit Samt bezogen und außen mit vergoldeten Verschlüssen gesichert. Der Durchmesser beträgt 30,5 Zentimeter; abzuspielen sind die Schallplatten mit einer Geschwindigkeit von 78 Umdrehungen in der Minute. Es handelt sich um Schellackplatten, die ab 1895 Verbreitung fanden. Eine Besonderheit der Zeppelin-Platten liegt darin, dass es sich bei ihnen um sogenannte Inside-outside-Platten handelt. Das heißt, die Nadel tastet die Rillen von innen nach außen ab – anders als bei üblichen Schallplatten. Bei der Ansprache Zeppelins handelt es sich um eine Dankrede für die „Zeppelinspende des deutschen Volkes“. Hintergrund war der Absturz des Starrluftschiffs LZ 4 in Echterdingen am 5. August 1908, der die weiteren Entwicklungen zu stoppen drohte. Durch einen anonymen Aufruf für eine „Zeppelinspende“ kamen sechs Millionen Mark zusammen. Sie ermöglichten dem Grafen den Bau weiterer Luftschiffe. In der Rede bedankte sich Graf Zeppelin für die Spenden und versprach: „Meine Luftschiffe werden bald zu den betriebssichersten Fahrzeugen zählen, mit welchen weite Reisen bei verhältnismäßig geringster Gefahr für Leib und Leben der Insassen ausführbar sind.“

10. Die Tonbänder von Oskar Sala

„Lässt man bei Archivführungen den Namen Oskar Sala fallen, blickt man in der Regel in ratlose Gesichter. Fragt man, ob jemand den Film „Die Vögel“ von Alfred Hitchcock kenne, sieht man eifriges Nicken“, erzählt Wilhelm Füßl. „Fügt man dann noch hinzu, dass das Geschrei der Vögel nicht echt ist, sondern auf einem Musikinstrument, dem Trautonium, künstlich erzeugt wurde und dass es Oskar Sala war, der dem Trautonium diese markdurchdringenden Geräusche entlockt hat, stößt man sofort auf die Begeisterung der Zuhörer.“ Sala gilt als Pionier der elektronischen Musik, entwickelte das von Friedrich Trautwein im Jahr 1930 vorgestellte Trautonium systematisch weiter und war bis zu seinem Tod der einzige, der das Instrument spielen konnte. Seinen Nachlass vermachte Oskar Sala dem Deutschen Museum – darunter fast 2000 Tonträger. Um sinnvoll mit den Tonbändern arbeiten zu können, mussten diese digitalisiert werden – was ihr Zustand zunächst nicht erlaubte. Die Schachteln waren korrodiert, Bänder waren von der Spule, dem „Bobby“, gefallen. Dabei waren die Tonbänder äußerst wichtig – Sala hatte nur wenige Noten hinterlassen; die Bänder waren sozusagen sein Werkverzeichnis. Aber das große Werk gelang: Im Laufe der Digitalisierung entstanden insgesamt rund 20 700 Dateien mit einem Datenvolumen von etwa vier Terabyte. Und auch die Archivierung des Original-Bandmaterials glückte.

Zum Autor:
Dr. Wilhelm Füßl ist Historiker und war nach verschiedenen beruflichen Stationen im In- und Ausland von 1992 bis 2021 Leiter des Archivs des Deutschen Museums.

Er publizierte u. a. 2005 das Werk Oskar von Miller (1855–1934). Eine Biographie. Er ist Herausgeber bzw. Mitherausgeber der Bücher bzw. Ausstellungskataloge Biographie und Technikgeschichte (1998), Geschichte des Deutschen Museums. Akteure, Artefakte, Ausstellungen (2003), Wirklichkeit und Illusion. Dioramen im Deutschen Museum (2017), 100 Jahre Konrad Zuse – Einblicke in den Nachlass (2010), Konstruierte Wirklichkeit. Philipp Lenard (1862–1947). Biografie – Physik – Ideologie (2012), Licht und Schatten. Ernst Mach | Ludwig Mach (2017) sowie Fotografie im Dienst der Wissenschaft. Aspekte der Visual History (2021). Mehrere seiner Bücher wurden mit Preisen ausgezeichnet.

Kontakt:
Archiv des Deutschen Museums
Museumsinsel 1
80538 München
Telefon +49 89 2179 220
archiv@deutsches-museum.de

Quelle: Matthias Röschner, Archiv des Deutschen Museums: Neuerscheinung zum Archiv des Deutschen Museums von Wilhelm Füßl, in: Archive in der Leibniz-Gemeinschaft. Gemeinschaftsblog des Arbeitskreises Archive in der Leibniz-Gemeinschaft, 17.11.2022 [https://leibnizarc.hypotheses.org/3635]; Deutsches Museum, Pressemitteilung, 22.11.2022.

Von der krummen Grafschaft Ottersberg bis zur Gebietsreform

Jahrbuch für den Landkreis Verden 2023 erschienen.

Es ist die Zeitschrift für die Geschichte der Region: Das Jahrbuch für den Landkreis Verden ist mit seinem 66. Band erschienen. Seit Ende der 1950er Jahre ist es ein bewährter Begleiter durch die Geschichte der Region. Der neue, redaktionell vom Kreisarchiv Verden zusammengestellte Band für 2023 präsentiert auf 368 Seiten wieder zahlreiche Beiträge aus der Geschichte des heutigen Landkreises Verden. Die Arbeiten spannen einen weiten Bogen, sowohl räumlich, indem Geschichte zwischen Bollen, Thedinghausen, Verden und Dörverden erzählt wird, als auch zeitlich. Denn die Texte behandeln rund 1.000 Jahre Geschichte, sie tauchen ein in Zeiträume vom 11. bis in das 20./21. Jahrhundert.

Dass die Schatzkammer der Historischen Bibliothek am Domgymnasium Verden noch für so manche Überraschung gut sein dürfte, zeigen Uwe Haats, Reinhard Nitsche und Konrad Rudolph mit ihren Texten über den Teilbestand der Schulprogrammheftsammlung. In kaum einer anderen historischen Schulbibliothek dürfte eine so umfangreiche, weit zurückreichende Sammlung vorhanden sein.

Hermann Deuter bleibt der Serie verbunden und startet zwei neue Aufsatzreihen, die sich einerseits mit der Geschichte der Sportvereine und andererseits mit der Geschichte des SPD-Ortsvereins in Langwedel beschäftigen.

Reinhard Dietrich beschäftigt sich mit der wechselvollen Geschichte der Bebauung des Bollener Esch an der Weser.

Bis in das Mittelalter zurück blickt Manfred Ringmann, der sich auf die Spuren einer mittelalterlichen (Frei-)Grafschaft Ottersberg begibt und danach fragt, ob es bereits im 11. Jahrhundert eine Ottersberger Herrschaftsbildung gegeben hat.

Heinz-Dieter Böcker berichtet aus den Quellen über eine Hofübernahme im Dörverden des 17. Jahrhunderts. Plattsnackers und Freunde der Lyrik finden sich in der Geschichte über einen Einkauf in Bremen sowie in den Gedichten von Karin Feldmann wieder.

Aus dem Bereich Thedinghausen sind in diesem Jahr gleich vier Texte enthalten. Karl-Heinz Rengstorf schreibt über die Gemeinschaftsgefrieranlage Oiste. Der Samtgemeindearchivar Klaus-Dieter Schneider befasst sich mit einer sehr heiteren und einer eher düsteren Seite der Geschichte. Joachim Woock schließlich untersucht die überall in der heutigen Samtgemeinde vorhandenen Kriegsgefangenen-Arbeitskommandos der Zeit zwischen 1939 und 1945.

Joachim Woocks weitere Aufsätze untersuchen einmal die SA-Standarte 14 in Verden sowie das Rätsel um die verschollene Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Männer aus Verden. Mit der Geschichte Verdens setzen sich auch weitere Texte auseinander. Hans-Werner Posdziech setzt seine Reihe zum Ersten Weltkrieg fort. Insbesondere der thematische Teil zur Gebietsreform vor 50 Jahren sei hier hervorgehoben. Nach einer Einführung von Stadtarchivarin Wencke Hinz steuern die Verdener Ortsteile ihre Sichtweise auf die Reform und die Entwicklung seither bei.

2022 ist darüber hinaus auch für das Kreisarchiv Verden selbst ein Jubiläumsjahr, denn die öffentlich zugängliche Einrichtung startete vor 60 Jahren noch in den alten Kreishäusern an der Bremer Straße, zog dann ein in das damals neu errichtete Kreishaus (heute Finanzamt) und ist seit 1998 an der Lindhooper Straße untergebracht.

Das neue Jahrbuch für den Landkreis Verden 2023 ist ab sofort im regionalen Buchhandel oder direkt beim Kreisarchiv Verden zum Preis von 9 Euro erhältlich.

Weitere Informationen:
Inhalt

Kontakt:
Dr. Florian Dirks
Landkreis Verden
Der Landrat
Fachdienst Kultur
Kreisarchiv
Lindhooper Straße 67
27283 Verden (Aller)
Telefon: +49 (4231) 15-200
www.Landkreis-Verden.de

Fürther Ausstellung zu 50 Jahren Bobby-Car

Es rollt und rollt und rollt. Seit das BOBBY-CAR vor 50 Jahren fahren gelernt hat, veränderte es sich optisch nur wenig und ist inzwischen ein Design-Klassiker. Eine bunte Auswahl zusammen mit der Geschichte des BOBBY-CARS zeigt eine Ausstellung des Stadtmuseums Fürth vom 24. November 2022 bis 16. April 2023.


Abb.: BIG Bobby-Car (Modell April 1998) mit grünem Anhänger (Modell März 2000) – beides bedauerlicherweise ohne Flüsterreifen (eig. Foto)

Kurz nachdem der „Rutscher“ 1972 zum ersten Mal von der Fürther Firma BIG-SPIELWAREN GmbH & Co. KG auf der Spielwarenmesse Nürnberg präsentiert wurde, eroberte er die Kinderzimmer im Sturm, wie auch die ein oder andere Garage und so manche Rennpiste. Denn auch bei Erwachsenen besitzen die kleinen Rutschautos inzwischen Kultstatus. Zeitlos ist also auch die Kundschaft. Jene, die früher selbst damit fuhren, sind heute Eltern oder Großeltern, die den Flitzer gerne zur Geburt oder zum ersten Geburtstag verschenken.

Zu Beginn sah es jedoch nicht nach einer Erfolgsgeschichte aus, denn das BOBBY-CAR wurde wegen seiner funktionalen Form mit der ergonomischen Sitzfläche belächelt. Aber das änderte sich bald. Mehr als 20 Millionen BOBBY-CARS sind beim Hersteller BIG, der 2004 von der SIMBA-DICKIE-GROUP GmbH übernommen wurde, bisher vom Band gelaufen. Etwa 2.000 Stück werden täglich im Werk im mittelfränkischen Burghaslach gefertigt. Längst wird aber nicht mehr nur der rote Klassiker produziert. Über hundert verschiedene, zum Teil limitierte Modelle, wurden bislang entwickelt.

Als das BOBBY-CAR auf den Markt kam, gab es für kleine Kinder vor allem das Dreirad. Heute konkurriert es mit Laufrädern, Dreirädern und anderen Rutschautos. Trotzdem ist die Nachfrage nach dem BOBBY-CAR nach wie vor ungebrochen. Es wird noch sehr lange durch Kinderzimmer rollen und Kinderherzen höher schlagen lassen.

Info:
50 Jahre BIG-BOBBY-CAR. Kult im Kinderzimmer
Stadtmuseum Fürth
Ottostraße 2
90762 Fürth
Tel.: (0911) 974 – 3730
Fax: (0911) 974 – 3731
info.stadtmuseum@fuerth.de

Eintritt:
Erwachsene: 2 Euro
Kinder ab 6 Jahre / Ermäßigte: 1 Euro

Ninas Brief aus dem Ghetto Lublin

Das Objekt des Monats November 2022 des Münsteraner Geschichtsortes „Villa ten Hompel“ steht im Zeichen des diesjährigen Orange Days am 25. November – dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Es handelt sich um einen Ausschnitt aus unserer Dauerausstellung „Geschichte – Gewalt – Gewissen“. Der handschriftliche Brief wurde von einer Frau namens Nina, Nachname unbekannt, 1942 im Ghetto Lublin verfasst. Sie berichtet ihrer Familie auf Polnisch: „Meine Lieben (ich schreibe an Euch alle zusammen)! Bei uns braut sich etwas Schreckliches zusammen. […] Bei uns herrscht Panik. Ich habe schreckliche Angst. Ich küsse Euch Nina. Einzelheiten im nächsten Brief.“


Abb.: Brief von Nina, Nachname unbekannt, 1942, Ghetto Lublin  (Foto: Villa ten Hompel)

Der kurze Brief liest sich als bittere Vorausahnung: Kurz nachdem Nina ihre Befürchtungen aufgeschrieben hat, wurde das Ghetto Lublin gewaltsam aufgelöst. Die meisten Ghettobewohnenden, etwa 30.000, wurden zwischen dem 17. März und dem 11. April 1942 in Viehwaggons der Ostbahn durch Ordnungspolizisten des Reserve-Polizeibataillons 101 in das Vernichtungslager Belzec deportiert und dort getötet. Dies bildete den Beginn der „Aktion Reinhard“ – der systematischen Ermordung der im sogenannten „Generalgouvernement“ lebenden Jüdinnen und Juden. Von etwa 45.000 jüdischen Menschen, die vor dem Krieg etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung Lublins ausmachten, überlebten weniger als 300 die nationalsozialistische Besatzung.
Jüdische Menschen wie Nina waren in den Ghettos in Mittel- und Osteuropa der Kontrolle und dem Terror des nationalsozialistischen Regimes schutzlos ausgesetzt. Häufig waren diese lediglich Durchgangsstationen in die Vernichtungslager. Männer und Frauen waren dort ähnlichen Formen der Gewalt ausgesetzt: Misshandlung, Hunger, Zwangsarbeit, Erniedrigung und schließlich Deportation und Tod.

Unzählige Frauen wurden aber zusätzlich Opfer sexualisierter Gewalt, die kein Nebenprodukt des Krieges war, sondern systematisch von den Nazis und ihren Kollaborateuren angewandt wurde. Die gewaltsame und sexualisierte Erniedrigung von jüdischen Frauen war eine Folge der entmenschlichenden Rassenideologie der Nazis und stellte eine scheinbar legitime Bestrafungsmöglichkeit dar, die insbesondere im besetzten Osten zumeist keiner sozialen oder strafrechtlichen Kontrolle unterlag. Auch nationalsozialistische Vorstellungen von hegemonialer Männlichkeit und Dominanz über Frauen trugen zu Sexualverbrechen bei.

Unweit der Platzierung des Briefes von Nina in Raum 3 der Dauerausstellung in der Villa ten Hompel finden sich Feldpostbriefe von im Zweiten Weltkrieg eingesetzten Ordnungspolizisten, die sich aufgrund ihrer Inhalte als Täterdokumente bezeichnen lassen. In den Briefen berichten die Polizisten ihren Familien vom dienstlichen Alltag und sparen dabei die eigene Teilnahme an Massenerschießungen und anderen Kriegsverbrechen, auch Vergewaltigungen, nicht aus. Geradezu schockierend sind dabei Zeugnisse von Massenmord und Gewaltexzessen direkt gefolgt von Liebesbotschaften an die Familie. Die Ehefrauen nahmen diese Schilderungen befürwortend zur Kenntnis und wurden damit zu moralischen Komplizinnen ihrer Männer. Auf diesem Weg konnten die Täter ihre Schuld mit nahestehenden Personen teilen und sich vergewissern, trotz ihrer Handlungen geliebt und akzeptiert zu werden. Dies erleichterte die völlige Normalisierung der Gewalttaten und des Völkermords durch die Nazis.

Die Dauerausstellung „Geschichte – Gewalt – Gewissen“ der Villa ten Hompel erzählt in Anlehnung an die Hausgeschichte von den Verbrechen der Ordnungspolizei im Zweiten Weltkrieg und von den Versuchen der Aufarbeitung in der Nachkriegszeit: Thematisiert werden die enorme Dimension der Beteiligung der uniformierten Polizei am Zweiten Weltkrieg und an den Genoziden gegenüber Juden sowie Sinti und Roma, die öffentliche und personelle Entnazifizierung und Kontinuitäten nach 1945, die juristische Aufarbeitung des NS-Unrechts sowie der bürokratische Versuch einer „Wiedergutmachung“ der Bundesrepublik gegenüber ehemals Verfolgten.

Beim heutigen Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster handelt es sich um eine ehemalige Fabrikantenvilla, den Sitz der Ordnungspolizei im Nationalsozialismus, einen Ort der Entnazifizierung und das Dezernat für Wiedergutmachung im Nachkriegsdeutschland. Heute bietet die Villa ten Hompel Raum für die Auseinandersetzung mit geschichtlichen und aktuellen Themen zwischen Erinnerungskultur und Demokratieförderung am historischen Ort.

Stefan Querl (im Bild; Foto: Kathrin Schulte) wird die Leitung der Villa ten Hompel übernehmen, zunächst befristet bis zum 30.06.2023. Nach Abschluss seines Masterstudiums übernimmt Querl die Leitung unbefristet. Querl ist seit Anfang 2022 kommissarischer Leiter der städtischen NS-Forschungs- und Gedenkstätte. Schon seit 2003 ist Querl als pädagogisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Villa ten Hompel tätig. Der 48-Jährige gehört dem Bundesvorstand von „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ in Berlin und dem Landesvorstand des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Nordrhein-Westfalen an.

Kontakt:
Geschichtsort Villa ten Hompel
Kaiser-Wilhelm-Ring 28
48145 Münster
Tel. 02 51/4 92-71 01
Fax 02 51/4 92-79 18
tenhomp@stadt-muenster.de

Quelle: Geschichtsort Villa ten Hompel – Memorial & Museum, Objekt des Monats November, 11.11.2022; Stadt Münster, Pressemitteilung, 27.10.2022

Pocken, Pest und Pillen in Nordhausen

Eine spannende Zeitreise durch mehr als 500 Jahre Medizingeschichte Nordhausens liefert die erste quellengestützte Darstellung zu Seuchen, Ärzten, Chirurgen, Hebammen, Apotheken und dem wiederentdeckten Anatomiehaus in der ehemaligen Reichsstadt Nordhausen. Die Autorin Dr. Antonia Jäger, ihres Zeichens bekannte Nordhäuser Chirurgin und seit langem medizinhistorisch Forschende, weist die früheste deutsche Pillenmaschine nach, findet die älteste Nordhäuserin in reichsstädtischer Zeit und beschreibt historische Behandlungen: facettenreich, verständlich und lebendig.


Das Buch ist im Michael Imhof Verlag Petersberg erschienen und Band 42 in der Schriftenreihe der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung.

Am 11.11.2022 wurde im feierlichen Rahmen die Publikation „Pocken, Pest und Pillen“ von Antonia Jäger in der Nordhäuser Stadtbibliothek „Rudolf Hagelstange“ präsentiert. An der öffentlichen Veranstaltung nahmen neben der Autorin die Nordhäuser Bürgermeisterin Alexandra Rieger, der Stifter, Stiftungsvorstand und Stiftungsrat der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung sowie fast 200 Gäste aus Nordhausen und Umgebung teil.

Info:
Antonia Jäger
Pocken, Pest und Pillen. Gesundheit, Krankheit und Heilende in Nordhausen 1223 bis 1802
Umfang 17 × 24 cm, 480 Seiten, 44 Farbabbildungen, Hardcover
Petersberg 2022
39,80 Euro
ISBN 978-3-7319-1282-8

Quelle: Stadtarchiv Nordhausen, Neueste Publikationen, Nov. 2022; Nordthüringen, News, 15.11.2022; Stadt Nordhausen, News, 12.11.2022; Lesser-Stiftung, Buchpräsentation, 11.11.2022