Fördermittel ermöglichen dem Kreisarchiv Saalfeld-Rudolstadt die Restaurierung von Archivgut

Mehrere Personenstandsregister und das Unterweißbacher Pfarrarchiv profitieren von engagierter Arbeit des Kreisarchivs und den Möglichkeiten der Digitalisierung.

Man könne sehr zufrieden damit sein, was das Kreisarchiv Saalfeld-Rudolstadt „mit der Restaurierung und Rettung von wichtigem Kulturgut des Landkreises im vergangenen Jahr geleistet hat“, sagt Landrat Marko Wolfram angesichts der Vorstellung des Jahresberichts 2022 aus dem Kreisarchiv. Davon profitierten im vergangenen Jahr mehrere Personenstandsregister und ein historisches Pfarrarchiv, wie Kreisarchivar Martin Gretscher jetzt zusammenfasste. Über eingeworbene Fördermittel konnten 2022 aufwendige Restaurierungs- und Digitalisierungsprojekte realisiert werden.


Abb.: Das Team des Kreisarchivs Saalfeld-Rudolstadt. Hauptamtsleiterin Nicole Heidrich (Mitte) mit v.li. Anne Hahn, Martin Gretscher, Juliane Rauhöft und Petra Wenig. Im Bild auch die restaurierte Wittenberger Johann-Ernst-Bibel von 1618 (Foto: Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt). 

So bewahrte die Restaurierung durch eine Leipziger Fachfirma ein stark beschädigtes Meuselbacher Geburtenregister aus dem 19. Jahrhundert vor dem drohenden Zerfall. Parallel dazu konnten weitere historische Personenstandsregister aus Oberweißbach, Döschnitz, Unterwellenborn und anderen Orten systematisch und in hoher Qualität digitalisiert werden. Durch die hohe Nutzungsfrequenz dieser Register sind die über 100 Jahre alten Bücher langfristig in ihrer Erhaltung gefährdet, so dass die Digitalisierung hier eine originalschonende und flexible Alternative in der Nutzung bietet.

Etwas Besonderes war eine Aktion wie im Februar 2022, als durch den Einsatz des Kreisarchivs in Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv Rudolstadt und dem Landeskirchenarchiv Eisenach ein historisches Pfarrarchiv auf einem Unterweißbacher Dachboden gesichert werden konnte. Dort lagerten, von einigen Jahrzehnten Staub bedeckt, über ein Dutzend große Kartons mit zahlreichen historischen Akten. Bei der näheren Betrachtung stellte sich rasch heraus, dass es sich hierbei offenbar um das ehemalige Pfarrarchiv der Kirchgemeinden Unterweißbach und Sitzendorf handelte. Martin Schiebe, der enge familiäre Beziehungen nach Unterweißbach hat, war auf alte Dokumente auf dem Dachboden eines kurz vor dem Verkauf stehenden Hauses aufmerksam geworden und hatte das Thüringer Staatsarchiv in Rudolstadt entsprechend informiert.


Abb.: Blick auf ein paar der sichergestellten Akten aus dem Pfarrarchiv Unterweißbach. So sind für Unterweißbach beispielsweise Rechnungsbücher aus den Jahren 1566-1569 erhalten (Foto: Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt).

Durch den Einsatz der Archivmitarbeiter konnten u.a. zahlreiche Dokumente zur Ortsgeschichte bewahrt werden, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. So sind für Unterweißbach beispielsweise Rechnungsbücher aus den Jahren 1566-1569 erhalten, die neben den einzelnen Abgaben auch die Namen der Einwohner des Ortes in dieser Zeit aufführen. Auch die mit Akribie geführten Protokolle zu unehelichen Geburten im 19. Jahrhundert sind vielleicht nicht nur für Familienforscher von Interesse. Eine systematische Erfassung des Bestandes dürfte vermutlich noch manche weitere Überraschung zutage fördern. Die Akten wurden nach der Begutachtung zuständigkeitshalber dem Landeskirchenarchiv übergeben.

Dazu hat Martin Gretscher einen Appell an alle Bürger im Landkreis „Die Sicherung des Unterweißbacher Pfarrarchivs zeigt deutlich, wie wichtig aufmerksame Einwohner sind, die sich der Bedeutung „alter, verstaubter Akten“ für die Geschichte ihrer Orte bewusst sind. Nicht nur in Unterweißbach, sondern auch in manchem anderen Ort im Landkreis dürften sich auf diesem oder jenem Dachboden, in dieser oder jener Kammer noch historische Unterlagen finden, die für die Ortsgeschichte hochinteressant sind. Bevor sie vielleicht eines Tages für immer verloren gehen, sollte rechtzeitig mit einem Archiv Kontakt aufgenommen werden.“

Hinweis:
Das Kreisarchiv Saalfeld-Rudolstadt befindet sich im Haus III des Landratsamtes in Rudolstadt, in dem bis 1902 errichteten Gebäude, in dem sich über mehrere Jahrzehnte das Schwarzburgische Ministerialgebäude des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt befunden hatte.

Kontakt:
Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt
Kreisarchiv
Schwarzburger Chaussee 12
07407 Rudolstadt
Tel.: 03671 / 823-880
Fax: 03671 / 823-370
kreisarchiv@kreis-slf.de

Quelle: Martin Modes (Presse- und Kulturamt), Landkreis Saalfeld-Rudolstadt » Kultur und Tourismus, Nachrichten, 2.2.2023

Heimatverein unterstützt Stadtarchiv Harsewinkel bei Digitalisierungsprojekt

Zu den bekanntesten Schätzen des Stadtarchivs Harsewinkel zählt sicherlich der Nachlass des Fotoateliers Jäger. Der Nachlass dokumentiert in mehr als 2.000 Glasplattennegativen die Geschichte Harsewinkels für einen Zeitraum von über 100 Jahren. Ein bedeutsamer Teil dieses fotografischen Nachlasses wird heute im LWL-Medienzentrum für Westfalen in Münster aufbewahrt. Aufnahmen jüngeren Datums, ab 1930, befinden sich im Stadtarchiv Harsewinkel. Hierzu zählen neben Glasplatten, zahlreichen Passbildern und Rollbildfilmen auch die Kleinbildfilme. Diese Kleinbildfilme dokumentieren vor allem örtliche Veranstaltungen, besonders die Schützen- und Vereinsfeste.


Abb.: Johann Hermann Jäger (1845-1920) um 1900 (Foto: LWL-Medienzentrum, 0000_0242_19_27)

Mit Hilfe des Bürgerschützen- und Heimatvereins Harsewinkel (BSV) ist das Stadtarchiv Harsewinkel in der Erschließung dieses Bestandes einen wichtigen Schritt vorangekommen. BSV-Archivar Gunnar Elbeshausen bot sich Anfang des Jahres 2020 an, die mehr als 12.500 Negative zu digitalisieren. Mit Übergabe der Digitalisate auf einer Festplatte ist das nun mehrjährige Digitalisierungsprojekt abgeschlossen. Interessierte können die Bilder über eine Archivsoftware zukünftig schnell und unkompliziert im Büro der Archivarin einsehen.


Abb.: Harsewinkels Stadtarchivarin Nicole Kockentiedt und Gunnar Elbeshausen vom Bürgerschützen- und Heimatverein Harsewinkel freuen sich, dass der erste Meilenstein des Digitalisierungsprojektes geschafft ist (Foto: Stadt Harsewinkel).

Die Zusammenarbeit zwischen dem Heimatverein und dem Stadtarchiv ist jedoch noch nicht beendet, denn im Magazin des Stadtarchivs warten zahlreiche weitere Bildbestände auf ihre Digitalisierung. „Da liegt noch reichlich Arbeit vor uns“, versichert Stadtarchivarin Nicole Kockentiedt: „Der Aufbau des (digitalen) Bildarchivs befindet sich noch ganz am Anfang.“ Ziel ist es, die digitalisierten Bilder eines Tages auch im WorldWideWeb zu präsentieren.

Das Geschäft der Familie Jäger wurde 1845 von Johann Heinrich Jäger zunächst als Buchbinderei und Buchhandel gegründet. Erst der Sohn Johann Hermann Jäger führte im Jahr 1884 die Fotografie als Geschäftszweig ein. In den folgenden hundert Jahren dokumentierten drei Generationen der Familie fotografisch den Wandel des Stadtbildes. Zu den Aufnahmen gehören wichtige öffentliche Ereignisse genauso wie private Feiern und Portrait- und Passbildaufnahmen. Um die zweite Jahrtausendwende wurde das Geschäft vom Nachkommen Viktor Hüfken aufgelöst. Ein Teil des fotografische Erbes befindet sich heute als Dauerleihgaben im Stadtarchiv Harsewinkel.

Kontakt:
Stadtarchiv Harsewinkel
Nicole Kockentiedt
Rathaus II, Zimmer 208
Münsterstraße 14
33428 Harsewinkel
Telefon: 05247 935-166
nicole.kockentiedt@harsewinkel.de

Bürgerschützen- und Heimatverein Harsewinkel von 1845 e.V.
Dechantsfeld 26
33428 Harsewinkel
https://www.bsv-harsewinkel.de/

Quelle: Stadt Harsewinkel, Pressemitteilung, 15.2.2023

Info-Stelen ordnen Kriegerdenkmale in Münster kritisch ein

Fünf Kriegerdenkmale stehen an Münsters Promenade auf städtischem Grund und Boden. Sie wurden zwischen 1905 und den 1960er-Jahren aufgestellt und ehren Kriegsgefallene als Helden, zeigen Kampfszenen und Siegessymbole. Gleichzeitig verklären sie die Schrecken des Krieges, ignorieren den Tod ziviler Opfer und lassen die Verbrechen während der Kolonialzeit unerwähnt. Passend zum Jubiläumsjahr 375 Jahre Westfälischer Frieden will die Stadt Münster mit Informations-Stelen sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Gäste der Stadt zu einer kritischen Beschäftigung mit den Krieger-Denkmalen anregen. Die Texte auf den geplanten Stelen erläutern die verwendeten Symboliken und Inschriften und problematisieren das einseitige Gedenken an die Kriege und Soldaten.


Abb.: Die Visualisierung zeigt eine der künftigen Info-Stelen an Münsters Kriegerdenkmalen an der Promenade. Visualisierung: Büro Arndt&Seelig (Bielefeld) (Foto: Stadt Münster). 

Durch eine Spendenaktion können sich Münsteranerinnen und Münsteraner im Jubiläumsjahr des Westfälischen Friedens an der Realisierung der Stelen beteiligen und ein Zeichen gegen Kriegsverherrlichung setzen: Über die Plattform „betterplace.org“ läuft eine Sammlung für die Stele am „Stalingrad“-Denkmal, die die Neubewertung der Wehrmachtsverbrechen thematisiert. Zu erreichen ist die Spendenaktion online über betterplace.org/p118620.

Am Dreizehner-Denkmal (1925) in der Nähe des Aasees, am Mauritz-Denkmal (1909), Kürassier-Denkmal (1930, Wiederaufbau 1964), Stalingrad-Denkmal (1961) und Train-Denkmal (1925) werden die knapp zwei Meter hohen Stelen aus jeweils drei dunkelgrauen Aluminium-Hohlkörpern aufgestellt. Ihr Mittelelement ist leicht versetzt zum oberen und unteren Teil. „Die gebrochene Form greift die Neubewertung von Krieg und Kriegerdenkmalen im Laufe der Zeit auf und stellt eine gut sichtbare, kritische Intervention an den Denkmalen dar“, erläutert Münsters Kulturdezernentin Cornelia Wilkens.

Der Entwurf für die Stelen stammt aus dem Design-Büro Arndt&Seelig (Bielefeld). Die einordnenden Texte wurden von Dr. Alexandra Bloch Pfister (Büro für Geschichte & historische Kommunikation, Münster) zusammen mit dem Stadtarchiv Münster erarbeitet. Sie werden auf Deutsch und Englisch zu lesen sein. Ein QR-Code leitet zu weiterführenden Informationen im Internet, die sich Blinde und sehbehinderte Menschen vorlesen lassen können. Außerdem werden alle Stelen barrierefrei zugänglich sein.

Eine sechste Stele, die sich durch eine helle Farbgebung von den Stelen an den Kriegerdenkmalen unterscheidet und aus einem durchgehenden Element besteht, wird auf dem Hügel am Kanonengraben aufgebaut. Dort stand von 1905 bis 1942 ein Bronzedenkmal, das an den Westfälischen Friedensschluss von 1648 erinnerte. Es zeigte die aus der griechischen Sagenwelt entlehnte Friedensgöttin Eirene mit einem Ölzweig als Zeichen des Friedens. Zu ihren Füßen legte ein Reitersoldat seine Waffen nieder. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Denkmal für die Herstellung von Waffen und Munition eingeschmolzen und danach nicht wiederaufgebaut.

Dass es einordnende Informationstafeln geben soll, geht zurück auf Anregungen der Ratsfraktionen und schließlich einen Ratsbeschluss aus dem Juni 2020. Hier entschied das Gremium über ein Konzept zum Umgang mit Kriegerdenkmalen an der Promenade. Im Juni 2022 folgte die Entscheidung zum Aufbau der Informationsstelen in ihrer jetzt vorgesehenen Form. Gut 30.000 Euro sind für die Realisierung veranschlagt. Geplant ist, dass die Stelen vor Beginn der Feierlichkeiten zum Jubiläumsjahr des Westfälischen Friedens aufgestellt werden.

Eine feierliche Einweihung der Info-Stele am Train-Denkmal ist geplant: Im Beisein des Rats der Stadt Münster möchte man sich hier zur deutschen Verantwortung für koloniales Unrecht und die Völkermorde im heutigen Namibia bekennen. Darüber hinaus sind Führungen des Münsteraner Stadtarchivs zu den Kriegerdenkmalen unter anderem am Tag des offenen Denkmals (10. September 2023) beabsichtigt.

Kontakt:
Stadtarchiv Münster
An den Speichern 8
48157 Münster
Tel. 02 51/4 92-47 01
Fax 02 51/4 92-77 27
archiv@stadt-muenster.de

Quelle: Stadt Münster, Pressemitteilung, 10.2.2023

Nachrichten aus dem Stadtarchiv Gera 1/2023

In der ersten Ausgabe 2023 des Informationsbriefes „Nachrichten aus dem Stadtarchiv Gera“ werden wieder einige Jubiläen und Facetten aus der Stadtgeschichte Geras in den Blick genommen. Unter anderem wird in einem Beitrag über „Musikinstrumente aus Gera“ auf die weniger bekannte, aber lange Tradition der Herstellung von Musikinstrumenten verschiedenster Art eingegangen. In einem zweiten Artikel steht die Gründung des ersten gesamtdeutschen „Arbeiter-Turner-Bundes“ in Gera vor 130 Jahren im Fokus der Betrachtungen. Zwei kleinere Beiträge skizzieren die Eröffnung des als „Zitronenpresse“ in Gera bekannten „Café Rendezvous“ vor 45 Jahren sowie die Einweihung des ersten „Dorint-Hotels“ der neuen Bundesländer in Gera vor 30 Jahren.

Textilproduktion, Maschinenbau und Elektrotechnik haben Gera zur Großstadt gemacht. Weniger bekannt ist, dass auch der Bau von Musikinstrumenten hier eine lange Tradition hat und zu den wichtigen Industriezweigen zählte. Bezeichnend für den Instrumentenbau in Gera ist, dass die Protagonisten es wiederholt verstanden, kurzfristig und innovativ auf Trends zu reagieren. Sie erzielten damit – zumindest für jeweils einige Jahrzehnte – enorme wirtschaftliche Erfolge und landesweite Aufmerksamkeit. Doch was ist davon geblieben?

Pyramidenflügel nach einem Kupferstich von Christoph Müller aus dem Jahr 1745 (Foto: Stadtarchiv Gera, Bildsammlung A, Nr. 2873)

Den ersten Höhepunkt des Musikinstrumentenbaus in Gera bildete die Orgel- und Klavierbauwerkstatt Friederici. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gab es schon vor den Friedericis eine bescheidene örtliche Produktion von Musikinstrumenten. Fassbar wird die Tradition in Gera jedoch erst mit der Gründung einer Werkstatt durch den aus Meerane stammenden Orgelbauer Christian Ernst Friederici im Jahr 1737. Gemeinsam mit seinem Bruder Christian Gottfried fertigte er in den ersten Jahrzehnten vor allem Kirchenorgeln, von denen einige bis heute überdauert haben. Überregional bekannt wurde die Werkstatt allerdings durch die hier entstandenen Tasteninstrumente. Bereits in den 1740er Jahren entwickelte der Firmengründer eine völlig neue Form des Klaviers, den Pyramidenflügel.

LinkNachrichten aus dem Stadtarchiv Gera 1/2023

Der Informationsbrief wird per E-Mail versandt und kann auf der Internetseite im Downloadbereich heruntergeladen werden. Durch eine formlose E-Mail mit dem Betreff „Informationsbrief“ an stadtarchiv@gera.de können die „Nachrichten aus dem Stadtarchiv Gera“ kostenlos abonniert werden.

Kontakt:
Stadtarchiv Gera
Gagarinstraße 99/101
07545 Gera
Tel. 0365/838-2140 bis 2143
stadtarchiv@gera.de
www.gera.de/stadtarchiv

Ein entnazifiziertes Schild?

Fundstück des Monats Februar 2023 der Villa ten Hompel.

Am 26. Mai 1945, also 18 Tage nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, gab der damalige Bürgermeister der Stadt Münster, Fritz-Carl Peus (1871-1950), dem Polizeipräsidenten folgende Anweisung: „1. Alle Inschriften der NSDAP müssen entfernt werden. […] 3. Beauftragen Sie die Polizei, alle ansässigen Bürger aufzufordern, solche Inschriften an privaten oder Geschäftshäusern zu entfernen oder unkenntlich zu machen. […]“


Abb.: Bürgermeister an Polizeipräsident in Münster, 26.5.1945 (Foto: Stadtarchiv Münster)

Das „Objekt des Monats Februar 2023“ des Geschichtsorts Villa ten Hompel in Münster kann als Sinnbild dieser Entnazifizierung der öffentlichen Infrastruktur gesehen werden: Es handelt sich um ein Glasschild mit der Beschriftung „Verkehrslokal NSDAP“. Solche „Verkehrslokale“ waren Gaststätten, deren Wirtsleute und Stammpublikum in der Regel Parteimitglieder waren.


Abb.: Fundstück NSDAP-Schild (Foto: Karolin Baumann)

Die rechte Seite des Schildes ist vollständig erhalten, auf der linken Seite jedoch wurde das Hakenkreuz teilweise abgebrochen. Vermutlich hatten die damaligen Inhaber der Gaststätte „Dorfschenke“ in Wolbeck das Schild nach Kriegsende entfernt und zerbrochen, bevor es über Jahrzehnte auf dem Dachboden verschwand. 2013 wurde es dort wiederentdeckt. Seit 2015 ist es in der Ausstellung „Geschichte – Gewalt – Gewissen“ zu sehen.

Auf die Entnazifizierung von Gebäuden und Straßen folgte die personelle Entnazifizierung der ehemaligen NSDAP-Parteimitglieder: Zunächst auf unterschiedliche Weise in den Besatzungszonen durchgeführt, erfolgte ab Januar 1946 durch den Alliierten Kontrollrat der Versuch einer Standardisierung der Richtlinien. Hohe Parteifunktionäre, aber auch Helferinnen und Helfer, Nutznießerinnen und Nutznießer wurden mithilfe eines Fragebogens in fünf Gruppen eingeteilt: 1. Hauptschuldige, 2. Belastete, 3. Minderbelastete, 4. Mitläufer und 5. Entlastete. Der Anspruch, die Besatzungszonen von Nationalismus und Militarismus zu befreien, konnte aber nur in Teilen umgesetzt werden. Zum Vergleich: In der amerikanischen Besatzungszone reichten zwar dreizehn Millionen Menschen einen Entnazifizierungsbogen ein, doch nur etwa zehn Prozent von ihnen wurden schließlich verurteilt. Weniger als 1 Prozent der zu Entnazifizierenden erhielt tatsächliche Strafen oder dauerhafte Nachteile.

Schilder und Inschriften konnten leicht zerbrochen oder abgetragen werden, aber das nationalsozialistische Gedankengut aus den Köpfen zu eliminieren, war sicher eine Herausforderung größeren Ausmaßes.

Kontakt:
Geschichtsort Villa ten Hompel
Kaiser-Wilhelm-Ring 28
48145 Münster
Tel. 02 51/4 92-71 01
Fax 02 51/4 92-79 18
tenhomp@stadt-muenster.de

https://www.stadt-muenster.de/villa-ten-hompel/startseite.html

Stadt Püttlingen erhält historische Akten vom Landesarchiv Saarland

Im Rahmen eines Pressetermins am 30.1.2023 stellte Dr. David Schnur, stellvertretender Leiter des Landesarchivs Saarland, gemeinsam mit Püttlingens Bürgermeisterin Denise Klein und Stadtarchivar Stefan Handfest den wissenschaftlichen Nachlass des Püttlinger Heimatforschers Willibald Meyer vor.


Abb.: (v.l.n.r.) Püttlingens Bürgermeisterin Denise Klein mit Archivar Stefan Handfest und Dr. David Schnur vom Saarländischen Landesarchiv (Foto: Stadt Püttlingen).

Bisher wurden die historischen Akten, insgesamt rund 3 laufende Meter, im Landesarchiv Saarland gelagert. Die Unterlagen befanden sich zunächst im Privatbesitz von Willibald Meyer. Im Jahr 2014 übergaben seine Erben die Unterlagen an das Landesarchiv. Nun wurden diese auf Initiative von Archivar Stefan Handfest an die Stadt Püttlingen übergeben.

Besonders interessant und wertvoll sind die beiden historischen Bannbücher aus dem Jahr 1790. Im Bestand des Püttlinger Stadtarchivs befanden sich bisher nämlich nur 6 der insgesamt 8 Bannbücher, in denen die Grenzverläufe der damaligen Gemeinde Püttlingen beschrieben wurden. Was heute digital im Geoinformationssystem beim Katasteramt geführt wird, wurde früher in den sogenannten Bannbüchern handschriftlich festgehalten. Damals nutzte man selbstangemischte Eisengallustinte und Papier aus Hadern (textile Fasern). Eine gute Kombination, denn besagte Tinte ist wasserunlöslich, lichtecht und lässt sich chemisch nicht vom Papier entfernen, das robuste Hadernpapier ist nahezu unbegrenzt lagerbar.


Abb.: Auch die Karten zu den Bannbüchern werden im Archiv der Stadt Püttlingen verwahrt. Hier zu sehen die Karte zum Tractus II. Diese zeigt u. a. den Flur „In den Mühlwiesen“, das heutige Wohngebiet „Am Schlehbach“ (Foto: Stadt Püttlingen)

Die Stadtverwaltung Püttlingen hat sich zum Ziel gesetzt, sukzessive historische Unterlagen, die nach Ablauf einer Schutzfrist veröffentlicht werden dürfen, zu digitalisieren und so der Öffentlichkeit über ein Archiv-Portal zugänglich zu machen. Mit der Umsetzung dieses Vorhabens wäre Püttlingen damit Vorreiter-Kommune im Saarland was die Digitalisierung und Veröffentlichung von historischem Archivgut betrifft. In einem ersten Schritt werden die Beschlussbücher ab dem Jahr 1869 der damaligen Gemeinde Püttlingen durch ein Unternehmen professionell digitalisiert. „Das Herzstück der kommunalen Archive“, so von Dr. David Schnur treffend beschrieben, denn die Beschlussbücher enthalten die Niederschriften mit sämtlichen wichtigen Entscheidungen in der Geschichte Püttlingens.

Mit Unterstützung von Dr. Schnur wird Stefan Handfest dann in einem nächsten Schritt die Veröffentlichung vorantreiben.

Kontakt:
Stadtarchiv Püttlingen (Saar)
Rathausplatz 1
66346 Püttlingen (Saar)

Quelle: Stadt Püttlingen, Pressemitteilung, 7.2.2023

Historisches Kreislexikon Mettmann ist online

Ein neues Angebot im Rahmen der Historischen Bildungsarbeit im Kreis Mettmann ist nach zwei Jahren Vorbereitung ab sofort für alle Interessierten im Internet zugänglich. Unter der Adresse www.kreislexikon-mettmann.de ist ein historisch-kulturelles Informationssystem entstanden, das in kompakter und übersichtlicher Form einen Zugang zu lokal- und kreisbezogenen historischen Informationen schaffen will.


Zum Start stehen rund 150 Beiträge bereit, die durch die Historikerin Dr. Andrea Niewerth als Projektbearbeiterin konzipiert und zusammengestellt wurden. Man kann das Historische Lexikon Kreis Mettmann über eine Volltextrecherche durchsuchen, oder sich über vorstrukturierte Zugänge (INSTITUTIONEN – ORTE – PERSONEN – ARTIKEL A-Z) gleichsam stöbernd durch das Online-Angebot bewegen. – Eine großzügige Förderung erhielt das Lexikon durch die Regionale Kulturförderung des Landschaftsverbands Rheinland.

Die Geschichte des Kreises Mettmann und seiner Vorgängerkreise reicht bis 1816 zurück, die Geschichte der Gemeinden und Städte teilweise bis ins Mittelalter. Historische Informationen darüber sind oft schwer auffindbar und nur auf komplizierten Wegen zu recherchieren. Hier soll das neue Lexikon, das vom Arbeitskreis der Archive im Kreis Mettmann unter Federführung von Kreisarchivar Joachim Schulz-Hönerlage herausgegeben wird, Abhilfe schaffen. Es bietet Informationen über geschichtlich bedeutende Ereignisse und Persönlichkeiten, Geschichten von Orten und Institutionen, Denkmälern oder Bauwerken sowie Beiträge aus den Bereichen Kultur, Sport, Politik, Wirtschaft und Brauchtum. Verlinkungen mit Geschichts- und Bibliotheksportalen sowie Quellen- und Literaturhinweise sorgen dafür, dass Benutzer auch weiterführende Informationen finden können.


Abb.: Mettmanns Kreisarchivar Joachim Schulz-Hönerlage und Historikerin Dr. Andrea Niewerth (Foto: Kreis Mettmann)

Für die Weiterentwicklung des Lexikons sucht das Kreisarchiv Mettmann Autorinnen und Autoren mit entsprechenden Fachkenntnissen, die selbstständig einen Beitrag für das Lexikon erarbeiten und schreiben wollen. Vorschläge sind herzlich willkommen. Für nähere Informationen können sich Interessierte gerne an das Kreisarchiv Mettmann wenden.

Kontakt:
Kreisarchiv Mettmann
Goethestr. 23
40822 Mettmann
Tel. 02104 992031
kreisarchiv@kreis-mettmann.de
https://archivekme.hypotheses.org/arbeitskreis-der-archive

Quelle: Kreis Mettmann, Pressemitteilung, 9.2.2023

Stadtarchiv Darmstadt umzugsbedingt bis Ende März 2023 geschlossen

In Darmstadt wird der Neubau des Kunstdepots in der Mainzer Straße 83 wird am 1.3.2023 in Betrieb genommen; im April 2023 wird das Kunstdepot offiziell eröffnet und seiner Bestimmung übergeben. Die Einlagerung von Kultur- und Kunstgegenständen erfolgt nach und nach. Als erstes wird das Stadtarchiv Darmstadt sein Archivgut einlagern. Es ist daher von Montag, 20.2.2023, bis einschließlich Freitag, 31.3.2023, für die Öffentlichkeit geschlossen.

„Das neue Kunstdepot der Wissenschaftsstadt Darmstadt dient dem Ver- und Bewahren der bedeutendsten Kultur- und Kunstgegenstände sowie Archivalien unserer Stadt. Daher erfüllt der Neubau die hohen Anforderungen, die bei der Einlagerung von Kultur- und Kunstgegenständen wie Plastiken, Gemälde, Grafiken, Papiersammlungen, Fotos, Filmmaterial und digitalen Medien heute gestellt werden. Mit dem für diesen Neubau gewählten Passivhausstandard, der Dachbegrünung und Photovoltaikanlage machen wir zugleich deutlich, dass wir dem Klimawandel auch hier Rechnung tragen und das neue Depot als weiteren Baustein zum Gelingen der Energiewende betrachten. Vor diesem Hintergrund freut es mich sehr, dass dieses wichtige Gebäude im April offiziell eröffnet werden kann“, so Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch.


Abb.: Das Stadtarchiv Darmstadt ist vom 20. Februar bis einschließlich 31. März 2023 in Vorbereitung und zur Durchführung des Umzugs von Archivbeständen in das neue „Kunstdepot“ in der Mainzer Straße für die Öffentlichkeit geschlossen (Foto: Stadt Darmstadt).

In dem oben genannten Zeitraum findet keine Beratung durch das Personal des Stadtarchivs statt; es wird auch kein Archivgut bereitgestellt. In diesem Zeitraum eingehende Anfragen und Rechercheanträge können nur zeitlich verzögert beantwortet werden. Dringende Anliegen, die aufgrund von Fristen keinen Aufschub zulassen, können per Mail an das Stadtarchiv gerichtet werden (E-Mail: stadtarchiv@darmstadt.de).

Bereits bestelltes Archivgut kann aber während dieser Zeit im Lesesaal im Haus der Geschichte genutzt werden. Bestellungen zur Einsichtnahme während der beratungsfreien Wochen nimmt das Stadtarchiv per Mail oder über ihr Archivinformationssystem bis Donnerstag, 16. Februar 2023, entgegen. Der Lesesaal im Haus der Geschichte ist wie gewohnt geöffnet; der Dienstbetrieb der übrigen, im Haus der Geschichte ansässigen Archive ist von den oben genannten Einschränkungen nicht betroffen.

Vom Umzug betroffenes Archivgut steht voraussichtlich von Mitte Februar bis Ende Mai 2023 nicht für eine Nutzung zur Verfügung; dies betrifft vor allem einen Großteil der Bestände der Stadtverwaltung nach 1945, die Karten- und Plakatsammlung sowie Vereinsarchive. In Zweifelsfällen gibt das Stadtarchiv Darmstadt Auskunft.

Die Informationen zu den beratungsfreien Wochen und zum Umzug können auch über den Blog des Stadtarchivs Darmstadt nachgelesen werden: https://dablog.hypotheses.org/tag/neubau.

Auch nach der Inbetriebnahme des Depotneubaus verbleibt der Hauptsitz des Stadtarchivs im Haus der Geschichte am Karolinenplatz. Die analoge Nutzung von Archivgut des Stadtarchivs wird vorerst auch weiterhin im dortigen Lesesaal stattfinden.

Hauptnutzer des neuen städtischen Kultur- und Kunstdepots werden das Institut Mathildenhöhe und das Stadtarchiv Darmstadt sein. Hinzu kommen das Hessische Landesmuseum, das Internationale Musikinstitut und das Jazzinstitut Darmstadt.

Kontakt:
Stadtarchiv Darmstadt
Haus der Geschichte
Karolinenplatz 3
64289 Darmstadt
Telefon 06151/1621766
Telefax 06151/13-475566
stadtarchiv@darmstadt.de

Quelle: Stadt Darmstadt, Pressemitteilung, 7.2.2023

ZeitRaum Brentano

Der virtuelle Escape-Room ist im Aschaffenburger Digitalladen präsentiert worden.

Ein Sprung in die digitale Welt lohnt sich auch bei Angeboten, die auf die Vermittlung komplexerer Zusammenhänge ausgelegt sind und historische Objekte beinhalten. Das wurde am 9.2.2023 im Aschaffenburger Digitalladen bei der Vorstellung des Projekts „ZeitRaum Brentano“ mehr als deutlich.


Abb.: Am 9.2.2023 wurde im Digitalladen das Projekt „ZeitRaum Brentano“ vorgestellt – eine virtuelle Zeitreise in die Epoche der Romantik. Screenshot der Internetseite „ZeitRaum Brentano“ (Foto: Julia Kraus / Stadt Aschaffenburg).

„ZeitRaum Brentano“ lädt alle Interessierten zu einer virtuellen Zeitreise in die Epoche der Romantik ein. Die virtuellen Räume können ganz ähnlich einem analogen Escape-Room bespielt werden. Möglich ist dies durch die Anlage des Escape-Rooms als virtuellem Interaktionsraum: Die Teilnehmer*innen können sich als sogenannte „Videobubbles“ in der „romantischen Welt“ frei bewegen und sich über Mikrofon oder Headset direkt miteinander austauschen, wie Dr. Danica Brenner-Orthmann und Dr. Vaios Kalogrias für das Aschaffenburger Projektteam erläuterten. Neben zahlreichen historischen und phantastischen Objekten und multimedialen Angeboten erwarten die Spielenden auch ausgesuchte Vertreter*innen der Epoche der Romantik, darunter Angehörige der Aschaffenburger Brentano-Familie.

Carsten Köchel als Vertreter des beteiligten Dienstleisters bot den Teilnehmenden einen „Live“-Rundgang durch die virtuellen Räume von „ZeitRaum Brentano“. Interessierte können sich unter https://aschaffenburgzweinull.stadtarchiv-digital.de/projekt/zeitraum-brentano/ informieren und anmelden.

Dieses Vorzeige-Projekt der digitalen Vermittlung sei, so Aschaffenburgs Bürgermeister und Digitalreferent Eric Leiderer, „eines von vielen digitalen Vorhaben, die die Stadt Aschaffenburg gerade umsetzt. Sie alle passen zur Digitalstrategie Aschaffenburgs als ‚Dialog City‘. Der Name ist Programm und setzt sich zusammen aus ‚digital‘ und ‚analog‘ für unsere Stadt. Wir wollen eine dialogorientierte Digitalisierung, die Menschen abholen, und mit ihnen gemeinsam den Weg in die digitale Transformation gehen.“

Archivleiter Dr. Joachim Kemper wies ergänzend darauf hin, dass am Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg bereits Ende 2022 ein weiteres digitales Vermittlungsprojekt zur Epoche der Romantik gestartet war: Die virtuelle Archivausstellung „Dialog Romantik“, die sich vornehmlich an Schulklassen ab Klassenstufe 8 richtet.

Escape Rooms zählen zu einem bei allen Altersgruppen beliebten Unterhaltungsphänomen. Sie werden auch zunehmend von Kultureinrichtungen als Vermittlungsmedium eingesetzt, und das mit teils großem Erfolg. Auch digitale, also virtuelle Escape-Rooms erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, unter anderem, weil sie ortsunabhängig erkundet werden können, ohne dabei auf den direkten Austausch mit den Mitspielenden verzichten zu müssen.

Das digitale Vermittlungsangebot „ZeitRaum Brentano“ wurde ermöglicht durch eine Förderung in Höhe von 174.600 Euro durch „dive in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Programm NEUSTART KULTUR. Dive in unterstützt die Umsetzung von Vorhaben der digitalen und hybriden Vermittlung an Kulturinstitutionen. Dabei werden innovative digitale Anwendungen entwickelt und erprobt, die zur Ansprache eines breiten Publikums geeignet sind.

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Dr. Joachim Kemper
Tel. 06021 330-2420
joachim.kemper@aschaffenburg.de
https://aschaffenburgzweinull.stadtarchiv-digital.de/projekt/zeitraum-brentano/

Quelle: Stadt Aschaffenburg, Pressemitteilung, 10.2.2023

Neues Stadtarchiv Bonn entsteht im Einklang mit Denkmalschutz

Der Umbau der ehemaligen Pestalozzischule als künftiger Standort des neuen Stadtarchivs Bonn ist in vollem Gange und aktuell im Zeitplan. Zurzeit wird die Baugrube für den Neubau ausgehoben, der später das Magazin des Archivs beherbergen wird. Mit dem Rohbau soll ab Mai 2023 gestartet werden.


Abb.: Einen Einblick in die Arbeiten gaben bei einem Pressetermin am 8.2.2023 Margit Ventulett (1.v.l.) und Volker Assenmacher (1.v.r.) aus der Abteilung Neubau beim Städtischen Gebäudemanagement (SGB) zusammen mit Constanze Falke (Mitte), Denkmalberaterin SGB, Stadtarchiv-Leiterin Dr. Yvonne Leiverkus (2.v.l. und Dr. Philipp Hoffmann (2.v.r.), Leiter Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen Bonn (Foto: Bundesstadt Bonn/Sascha Engst).

Verwaltung, der Bereich für die Nutzerinnen und Nutzer sowie die Werkstatt des Stadtarchivs Bonn sollen im denkmalgeschützten Altbau, in dem sich seit 1911/1912 die erste Berufsschule Bonns befand, untergebracht werden. Beim Umbau wird eng mit der Unteren Denkmalbehörde zusammengearbeitet, da viele Details zu beachten sind.

Erhalten bleiben etwa die glasierten braunen Fliesen im Eingangsbereich, die die Wände von unten bis etwa zur Hälfte bedecken. Die Treppenstufen des großzügigen Haupttreppenhauses, welches die vier Stockwerke miteinander verbindet, sind mit rotem, weißem und schwarzem Terrazzo-Boden belegt. Die geschwungenen Handläufe aus Gusseisen sind bis heute erhalten. Die markanten Stützen werden oben von Kapitellen abgeschlossen.

All diese typischen Gestaltungselemente des Historismus (Baustil des späten 19./ frühen 20. Jahrhunderts) werden erhalten und restauriert. Auch das Eichenholzparkett in den ehemaligen Klassenräumen bleibt und wird aufgearbeitet. Genauso wie die vielen Türen und Nischenschränke, von denen letztere zwar in den vorigen Jahrzehnten zum Großteil mit Farbe übermalt wurden, die jedoch davon befreit werden, um ihr eigentlich dunkles Holz wieder zum Vorschein zu bringen.

Die Außenfassaden werden ab Mai 2024 instandgesetzt, dabei bleiben die denkmalprägenden historischen Holzfenster zum Großteil erhalten. Da die Fenster noch eine Einfachverglasung aufweisen, werden auf der Innenseite sogenannte Kastenfenster ergänzt. Dabei handelt es sich um ein zweites Fenster, das gewährleistet, dass das historische Fenster auf der Außenseite erhalten bleibt und künftig die Anforderungen an heutige energetische Standards erfüllt.


Abb.: Drohnenaufnahme der Pestalozzischule Bonn. Hinter der Schule wird die Baugrube für den viergeschossigen Neubau ausgebhoben (Bundesstadt Bonn/ Giacomo Zucca)

Wiederentdeckte Elemente und Details aus der Bauzeit
Bei den vorbereitenden Arbeiten in dem mehr als 100 Jahre alten Gebäude kamen auch überraschende Baudetails wieder zum Vorschein: So etwa die „Oculi“, ovale Fenster, die sich über den Zugangstüren der Klassenräume befinden und über die Zeit zugemauert wurden. Viele dieser Fenster wurden freigelegt und tragen zu einer guten Lichtdurchflutung des gesamten Gebäudes bei.

„Aus Sicht des Denkmalschutzes ist die Pestalozzischule ein spannendes Projekt, weil wir vielfältige Erkenntnisse über die Gestaltung der Erbauungszeit erfahren haben. Dass ein Großteil der Oberflächen und der Ausstattung des Schulbaus, wie er 1912 aussah, bis heute erhalten sind, ist ein wahrer Glücksfall“, so Constanze Falke, Denkmalberaterin und Bauforscherin beim Städtischen Gebäudemanagement (SGB). „Durch den Erhalt und die Restaurierung dieser Originalteile können wir zeigen, mit welcher Wertigkeit die erste Berufsschule Bonns damals ausgestattet wurde. An den Stellen, an denen die Details bereits verloren sind oder aufgrund von Anforderungen der heutigen Zeit nicht erhalten werden können, achten wir darauf, zumindest Ausschnitte zu erhalten: Durch die Schadstoffsanierung musste der gesamte Putz an Wänden und Decken abgetragen werden, dadurch sind die Zeugnisse der früheren Farbgestaltung verloren gegangen. Vorab wurden daher sogenannte ‚Befundfenster‘ in den Räumen definiert – kleine Reste der Wandfassungen, die die verschiedenen Farbaufträge an den Wänden überliefern.“

Dr. Philipp Hoffmann, Leiter des im März 2022 gegründeten Zentrums für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen, sagt: „Den Instituten des Zentrums stehen allesamt Umzüge und Veränderungen bevor – ob der Gedenkstätte, dem Stadtmuseum oder natürlich dem Stadtarchiv. Bei ersteren sind wir noch am Anfang mit den Planungen oder Machbarkeitsstudien zu möglichen Gebäuden. Ich freue mich, dass es mit der alten Pestalozzischule bereits einen geschichtsträchtigen Bonner Ort für das Stadtarchiv gibt, den wir nach Fertigstellung mit neuem Leben füllen können.“

Dr. Yvonne Leiverkus, Leiterin des Stadtarchivs Bonn ergänzt: „Bis wir ins neue Stadtarchiv umziehen können, dauert es zwar noch etwas, trotzdem freut es mich, dass die Arbeiten an dem Projekt so gut laufen. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen beim SGB herzlich für ihren Einsatz beim Um- und Neubau. Das fertige Gebäude wird einen sicheren und modern ausgestatteten Ort für unser Archiv bieten.“

Neues Stadtarchiv Bonn in Zahlen
Der Neubau entsteht als Anbau an den Altbau der ehemaligen Schule. Dieser ist als viergeschossiges Gebäude geplant und bietet genug Platz für die Akten und Objekte des Archivs. Der nicht denkmalgeschützte Anbau aus den 50er Jahren wurde dafür abgerissen und wird mit angepassten Geschosshöhen wiederhergestellt. Hier sind die Anlieferung des Magazins, weitere Magazinräume und ein Treppenhaus mit Lastenaufzug geplant.

Die Nutzfläche des sanierten denkmalgeschützten Altbaus beträgt 3.350 Quadratmeter, die des Archivneubaus 3.750 Quadratmeter. Die Lauflänge der Regale im neuen Archivgebäude bemisst sich auf 30.500 Meter. Es werden 80 Kartenschränke sowie diverse Medienschränke eingebaut. Die Archivfläche ist auf einen Zuwachs von 25 Jahren ausgelegt.

Die denkmalpflegerischen Arbeiten im Altbau werden durch Fördermittel in Höhe von 408.000 Euro durch das Denkmalförderprogramm des Landes NRW unterstützt. Weitere Fördermittel wurden bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz beantragt. Die neue doppelgeschossige Rollregalanlage im Magazinneubau des Stadtarchivs wird mit Fördermitteln in Höhe von 220.000 Euro aus dem Programm der Regionalen Kulturförderung des LVR unterstützt.

Die Gesamtkosten für das Projekt Stadtarchiv betragen gemäß politischem Beschluss zur Entwurfsplanung (Rat vom 18. Juni 2020) rund 29 Millionen Euro. Darin eingerechnet ist eine Baukostensteigerung von vier Prozent pro Jahr und ein Risikozuschlag von 30 Prozent, da im Bestand gebaut wird und vor allem in Bezug auf die Baugrube mögliche Risiken einkalkuliert wurden.

Die bauliche Fertigstellung des Stadtarchivs Bonn ist für Ende 2024 geplant. Die Inbetriebnahme erfolgt voraussichtlich im Frühjahr 2025.

Kontakt:
Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn
Berliner Platz 2
53111 Bonn
Tel.: 0228 / 772410
stadtarchiv@bonn.de

Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen
Adenauerallee 18-22
53113 Bonn

Quelle: Bundesstadt Bonn, Pressemitteilung, 8.2.2023