Bedeutende Münzsammlung Bissinger im Stadtarchiv Pforzheim neu erschlossen

Aus der Serie „Geschichtsort Archiv“

Die Numismatik oder Münzkunde zählt zu den sogenannten „historischen Hilfswissenschaften“ und befasst sich hauptsächlich mit dem Geld und seiner Geschichte. Neben Münzen und Papiergeld werden auch verwandte Objekte wie Medaillen, Jetons oder Marken von Numismatikern untersucht. Zahlreiche kommunale und staatliche Archive besitzen entsprechende Sammlungen – auch das Stadtarchiv Pforzheim.

„Münzen besitzen einen hohen Wert für die lokale Wirtschafts- und Kulturgeschichte, vor allem wenn aus einzelnen Epochen wenige schriftliche Quellen überliefert sind“, erklärt Harald Katz, zuständig für die stadtgeschichtlichen Sammlungen. Pforzheim mit seiner römischen Vergangenheit hatte Teil an der Geldwirtschaft des Imperiums. Zwischen 1382 und 1431 war die Stadt Münzprägestätte der Markgrafen von Baden. Eine Vielzahl von Erinnerungsmedaillen, beispielsweise zur Einweihung von öffentlichen oder kirchlichen Bauwerken, geben zudem bleibende Eindrücke von Ereignissen der Stadtgeschichte wieder.

Abb. 1

Abb.: Römische Münze von 78 n. Chr. aus der Münzsammlung Bissinger (StadtA PF Katalog-Nr. 313)

„Eine herausragende Bedeutung unter den im Stadtarchiv Pforzheim verwahrten Münzen und Medaillen nimmt die Münzsammlung Bissinger ein“, sagt Katz. Der Geheime Hofrat Karl Bissinger, geboren 1845 in Karlsruhe, starb 1910 in Pforzheim. In seinem Testament vermachte er der Stadt seine schon zur damaligen Zeit exklusive und äußerst wertvolle Sammlung mit 14.000 Münzen. Vertreten sind darin die Antike mit vor allem griechischen und römischen Münzen, das Mittelalter und die Neuzeit mit deutschen Prägungen vor allem aus Baden. Die Sammlung enthält aber auch zahlreiche Münzen aus Europa und Übersee.

Abb. 2

Abb.: Chinesische Münze, 1017–1022, aus der Münzsammlung Bissinger (StadtA PF Katalog-Nr. 1910)

Nach dem Studium begann Karl Bissinger seine Laufbahn am Karlsruher Gymnasium. Über Donaueschingen führte ihn sein Weg nach Pforzheim, wo er 1895 das Direktorat am Reuchlin-Gymnasium übernahm. Die Archivkommission der Stadt erfreute sich 15 Jahre lang seiner tatkräftigen Mitarbeit. Zahlreiche Veröffentlichungen von ihm und über ihn zeugen von seiner ausgewiesenen Kennerschaft und fachlichen Kompetenz vor allem in der Münzkunde. Die Wertschätzung der Stadt zeigte die teilweise Umwidmung der Simmlerstraße: Bereits seit 1913 ist die Bissingerstraße in der Innenstadt zwischen Goethe- und Roßbrücke erwähnt.

Abb. 3

Abb.: Badische Münze, 1867, aus der Münzsammlung Bissinger. (StadtA PF Katalog-Nr. 753)

Aufgrund der großzügigen Stiftung wurde der Raum 11 im Reuchlinmuseum am Schloßberg das „Bissingerzimmer“ genannt. Um 1936 führt Alfons Kern in seinem Büchlein „Das Pforzheimer Reuchlin Museum“ aus, dass die „wertvolle Sammlung ältester Münzen bis zur Neuzeit den Raum völlig beherrscht“. Der Wert der „wohlgeordneten“ Sammlung wurde in einer damaligen Fachzeitschrift mit 20.000 Mark angegeben, was heutzutage rund 100.000 Euro entspräche.

Abb. 4

Abb.: Schulpädagoge, Heimatforscher und Münzsammler: Die wertvolle Sammlung des Geheimen Hofrats Karl Bissinger, dem Pforzheim zur zweiten Heimat wurde, soll in Kürze vollständig erfasst und katalogisiert sein (StadtA PF S1-29-Bissinger-Karl)

Während des 2. Weltkriegs entschloss man sich, die Münzsammlung zusammen mit anderen Unterlagen im Keller des Hilda-Gymnasiums zu deponieren. Der verheerende Luftangriff des 23. Februar 1945 beschädigte den Münzschatz jedoch ganz erheblich: Teilweise waren die Münzen geschmolzen, viele schwer in Mitleidenschaft gezogen. „Dennoch konnten überraschenderweise nach und nach rund 13.500 Münzen in mühseligster Arbeit geborgen werden“, wie Harald Katz erklärt.

Da auch sämtliche Unterlagen verlorengegangen waren, wurden die losen Münzen nach einer ersten fachlichen Säuberung dem Leiter des Münzkabinetts des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe, Prof. Dr. Friedrich Wielandt, für eine Neubestimmung übergeben. Ein fertiggestellter Teilbestand von etwa 2.000 Stücken wurde 1984 dem Heimatmuseum in Brötzingen übergeben und dort ausgestellt. Im Jahr 2005 erfolgte dann anhand der vorhandenen Beschriftung eine Katalogisierung durch den Numismatiker Dr. Holger Komnick von der Universität in Frankfurt am Main; seit 2009 werden die Münzen im Stadtarchiv verwahrt. Als der noch in Karlsruhe verbliebene Teil zwei Jahre später nach Pforzheim zurückkehrte, war die Sammlung wieder vereinigt.

„Die endgültige Wiederherstellung der leider inzwischen unvollständigen Münzsammlung liegt uns sehr am Herzen“, erläutert Sammlungs-Archivar Katz. Sie diene nicht nur der geschichtlichen und numismatischen Forschung, sondern auch der Dokumentation und Würdigung des Lebens und Wirkens von Karl Bissinger. Deshalb wurde Komnick 2013 beauftragt, den zweiten Teil der Münzsammlung, der noch rund 2.800 Münzen umfasst, neu zu bestimmen und zu systematisieren, so dass in Kürze im Stadtarchiv auf den gesamten Bestand zugegriffen werden kann.

Wer mehr über die Münzsammlung und den „Geheimen Hofrat Karl Bissinger“ erfahren möchte, hat am 25. April 2016 um 19 Uhr in der Kronprinzenstr. 24a dazu Gelegenheit: In der Reihe „Montagabend im Archiv“ wird sie Holger Komnick auf Einladung von Stadtarchiv und Löblicher Singergesellschaft vorstellen; der Eintritt ist frei.

Kontakt:
Stadtarchiv Pforzheim –
Institut für Stadtgeschichte
Kronprinzenstr. 28
75177 Pforzheim
07231/39-2899
archiv@stadt-pforzheim.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung, 5.4.2016

Staatsarchiv Nürnberg zeigt „Goldene Bulle“ Kaiser Karls IV.

Im Staatsarchiv Nürnberg ist vom 4. bis zum 10. April eine Sonderausstellung mit einem ganz besonderen Ausstellungsstück geöffnet: dem Nürnberger Exemplar der „Goldenen Bulle“ von Kaiser Karl IV. (1316-1378).

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Abb.: Ein Exemplar der Goldenen Bulle von 1356 zeigt die Kabinetts-Ausstellung im Staatsarchiv Nürnberg (Foto: STA Nürnberg)

Bayerns Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle eröffnete zusammen mit Prof. Dr. Peter Fleischmann, dem Direktor des Staatsarchivs Nürnberg, im Staatsarchiv Nürnberg die „Kabinetts-Ausstellung“ zu herausragenden Quellen der Herrschaft Kaiser Karl IV. „Für mich ist Karl IV. eine Leitfigur einer historisch gewachsenen Verbindung zwischen Bayern und Tschechien, ein Brückenbauer. Nürnberg stellte einen tragenden Pfeiler für den Brückenbau dar“, so Minister Spaenle bei der Ausstellung.

Der böhmische Thronfolger Karl hatte in einer Auseinandersetzung mit Kaiser Ludwig dem Bayern die deutsche Königskrone zunächst als Gegenkönig im Jahr 1346, schließlich 1349 unangefochten erlangt. Er war 1355 in Rom zum Kaiser des Hl. Römischen Reichs gekrönt worden. Bekannt ist Karl IV., der 1365 auch die Krone von Burgund erwarb, aufgrund der Goldene Bulle von 1356, die gern als ein „Grundgesetz“ des Reichs beschrieben wird. In dieser wurde die Wahl des deutschen Königs durch die Kurfürsten geregelt und die Notwendigkeit des Papstes für die Erlangung der Kaiserwürde negiert.

Eine Ausfertigung dieser Urkunde gehört ebenso zu den Exponaten der „Kabinetts-Ausstellung“ wie verschiedene andere Urkunden, mit denen Kaiser Karl IV. auch Privilegien für die Stadt Nürnberg bestätigt hat und die mit Goldsiegel versehen wurden.

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Im Jahr 2013 erklärte die UNESCO die weltweit sieben Exemplare der „Goldenen Bulle“ Kaiser Karls IV. zum Weltdokumentenerbe. Karl IV. wurde 1355 zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt. Er gilt als einer der beeindruckendsten Herrscher des ausgehenden Mittelalters.

Minister Spaenle bezeichnete das Staatsarchiv Nürnberg als „Schatzhaus fränkischer und deutscher Geschichte“. Er erinnerte, dass 1880 das Staatsarchiv Nürnberg als erster reiner Archiv-Zweckbau errichtet worden war. Hier lagert nicht nur historisches Kulturgut aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit, sondern hier werden auch der Nürnberger Kriegsverbrecherprozess und die Nachfolgeprozesse dokumentiert. Derzeit werde das Genehmigungsverfahren zur Generalsanierung des Staatsarchivs in Nürnberg auf den Weg gebracht.

Kontakt:
Staatsarchiv Nürnberg
Archivstr. 17
90408 Nürnberg
Tel. 0911/935190
Fax 0911/9351999
poststelle@stanu.bayern.de

Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Pressemitteilung 095, 3.4.2016; Bayerischer Rundfunk / BR24 Mittelfranken, 5.4.2016

Archiv und Wirtschaft 1/2016

In Kürze erscheint die neueste Ausgabe (1/2016) von „Archiv und Wirtschaft„.

Inhaltsverzeichnis „Archiv und Wirtschaft“ 1/2016

52. VdW-Jahrestagung vom 24. bis 26. April 2016 in Zürich (Programm) (4)

AUFSÄTZE

Christina Loose: Die Balanced Scorecard als zukunftssicherndes Archivmanagement-Instrument (6-13)

Elke Pfnür: RENAFO – das Historische Archiv der HypoVereinsbank übernimmt eine Kernaufgabe (14-18)

Helen Müller: „Unternehmen Oper“ – Das Archivio Storico Ricordi in Mailand (19-24)

BERICHTE

Susanne Witschaß-Beyer und Thorsten Wehber: Das Verbandsarchiv – ein unbekanntes Wesen? Erster Erfahrungsaustausch der Verbandsarchivare am 12. November 2015 in Berlin (25-27)

Natalie Lorenz und Kathrin Wurzer: Einführung in das Wirtschaftsarchivwesen. 82. VdW-Lehrgang vom 11. bis 16. Oktober 2015 in Heidelberg (27-29)

REZENSIONEN

Jan-Otmar Hesse u.a. (Hrsg.): Perspectives on European Economic and Social History – Perspektiven der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte (Svenja Kunze) (29-31)

Martin Kukowski und Rudolf Boch: Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto Union AG Chemnitz im Zweiten Weltkrieg (Benjamin Obermüller) (31-32)

Takahito Mori: Elektrifizierung als Urbanisierungsprozess. Frankfurt am Main 1886–1933 (Manfred Grieger) (32-34)

Nachrichten (35-37)

Rezensionsliste (38-39)

Impressum (44)

Kontakt:
Redaktionsleitung:
Dr. Helen Müller und Dr. Martin Münzel
c/o Corporate History
Bertelsmann SE & Co. KGaA
Carl-Bertelsmann-Str. 270
33311 Gütersloh
Fon: +49 5241/8089992 und +49 30 2093-70571
Fax: +49 5241/80689992
helen.mueller[at]bertelsmann.de
martin_muenzel[at]yahoo.com

Der Feind in der Stadt. Vom Umgang mit Seuchen in Augsburg, München und Nürnberg

Ausstellung der Bayerischen Archivschule

Alles ist hin! So wie dem lieben Augustin aus Wien während einer Pestepidemie im 17. Jahrhundert mag es zahllosen Augsburger, Münchner und Nürnberger Stadtbewohnern vom Mittelalter bis in das 20. Jahrhundert hinein auch vorgekommen sein: Ein Feind war in den geschützten Raum der Stadt eingedrungen. Der Feind hatte zahlreiche Namen wie Pest, Tuberkulose oder Cholera. Für viele brachte er den Tod oder eine lange, qualvolle Krankheitszeit mit sich. Das soziale, kulturelle, wirtschaftliche und politische Gefüge einer Stadt geriet regelmäßig aus dem Gleichgewicht. Wie aber konnte und sollte man auf eine solche Bedrohung reagieren? welche Maßnahmen zur Vorbeugung und Eindämmung einer Seuche konnten ergriffen werden?

Diesen und anderen Fragen geht die kleine Ausstellung der Bayerischen Archivschule in München mit insgesamt 40 Exponaten auf den Grund. Sie gewährt Einblick in kultische, organisatorische und städtebauliche Maßnahmen, mit denen die drei Städte versuchten, mit dieser immerwährenden Bedrohung umzugehen und beleuchten damit einen zentralen Aspekt urbaner Entwicklung.

Info:
Der Feind in der Stadt. Vom Umgang mit Seuchen in Augsburg, München und Nürnberg
Eine kleine Ausstellung der Bayerischen Archivschule.
Bearbeitet von Dominik Feldmann, Andrea Jakoby, Antonia Landois und Bettins Pfotenhauer

Ausstellungsort:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Hauptgebäude Schönfeldstraße 5, 1. OG
80539 München

Ausstellungszeitraum:
15.03.2016 – 29.04.2016
Mo – Do 08:30-18:00, Fr 08:30-13:30
geschlossen an Feiertagen

Der Eintritt ist frei.

Begleitend zur Ausstellung kann ein 67-seitiger, reich illustrierter Katalog gegen eine Schutzgebühr von 1 € im Foyer des Bayerischen Hauptstaatsarchivs erworben werden.

Quelle: Andreas Nestl, Archivliste, 22.3.2016

Neue nestor-AG „Personal Digital Archiving“

Einladung zur konstituierenden Sitzung am 28.04.2016 in Köln

Ziele und Aufgabenstellung
Digitale Langzeitarchivierung betrachten wir in erster Linie im Zusammenhang mit kulturellen, wissenschaftlichen oder administrativen Daten(-sammlungen). Dabei durchdringen digitale Daten heute die gesamte Lebensrealität der modernen Gesellschaft. In Ausbildung, Studium und Beruf sowie in großen Anteilen auch privat werden digitale Daten erstellt, genutzt, geteilt und in irgendeiner Form gespeichert. Hierbei stehen Menschen vor der Herausforderung, einen verantwortungsvollen Umgang mit persönlichen digitalen Daten pflegen zu wollen bzw. zu müssen, ohne dass derzeit ein deutschsprachiges Forum für die entsprechenden Medienkompetenzen zur Verfügung steht.

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Gesetzliche Verjährungs- und Aufbewahrungsfristen betreffen auch Privatpersonen. Angesichts einer zunehmend digitalen Abwicklung von geschäftlichen und behördlichen Belangen rückt die zuverlässige Archivierung von wichtigen privaten Daten damit auch für die breite Gesellschaft in den Fokus. Weiterhin existiert ein erhebliches Eigeninteresse daran, persönliche Daten wie digitale Fotos, Musik, Filme und vieles mehr auffindbar und verfügbar zu halten. Die hierfür notwendigen Kenntnisse müssen meist mühsam selbst erarbeitet und dauerhaft erweitert werden. Hierzu zählt auch ein Bewusstsein für die persönlichen Auswahlkriterien insbesondere dafür, welche Daten relevant sind.

Mit der nestor AG Personal Digital Archiving wollen wir allgemein verständliche Handreichungen für den verantwortungsvollen Umgang mit privaten digitalen Daten erarbeiten und öffentlichkeitswirksam vermitteln. Aufbauend auf bereits bekannten Erkenntnissen und Lösungsansätzen der institutionellen Langzeitarchivierung sollen hierbei möglichst modular konzipierte Vorschläge erarbeitet und unterbreitet werden, die sich für die zahlreichen und sehr heterogenen Anwendungsfälle Einzelner sinnvoll kombinieren lassen. Außerdem sollen weitere Möglichkeiten eruiert werden, wie auf das Thema aufmerksam gemacht werden kann und welche Stakeholder dabei angesprochen werden können.

Leitung der AG:

  • Natascha Schumann (GESIS – Leibniz Institut für Sozialwissenschaften)
  • Martin Iordanidis (Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz))

Die konstituierende Sitzung findet am 28. April 2016 in Köln beim GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften statt. Wir laden alle Interessierten zu Mitarbeit und zur ersten Sitzung ein.

Bei Interesse an einer Mitarbeit in dieser AG schicken Sie bitte eine formlose E-Mail an: Natascha Schumann (natascha.schumann@gesis.org) oder an Martin Iordanidis (Iordanidis@hbz-nrw.de).

Kontakt:
Natascha Schumann
GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften
Archive Operations
Unter Sachsenhausen 6-8
50667 Köln
Tel.: +49-(0)221-47694-423
Natascha.Schumann@gesis.org
www.gesis.org
https://datorium.gesis.org

Quelle: DNB-wiki, 17.3.2016; nestor, Mailingliste, 21.3.2016

Platz für 48.000 Archivkartons der rheinischen Landeskirche

Die Johanneskirche in Moers-Meerbeck war 50 Jahre lang ein Ort für Gottesdienste – bis sich die Gemeinde aus Kostengründen von ihr trennen musste. Nun wird das im Januar 2015 entwidmete Gebäude zum größten Archivmagazin der rheinischen Kirche umgebaut.

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Abb.: Besuch der Baustelle Johanneskirche: (von links) Dr. Stefan Flesch, Gudrun Gotthardt, Bettina Kaiser, Werner Maliska, Andreas Reuber und Marwin Burkhard (Foto: EKiR).

Rund 1,35 Millionen Euro kostet das Bauprojekt, das bis spätestens Herbst 2016 fertig sein soll. „Ein Neubau wäre einfacher gewesen“, sagt Gudrun Gotthardt, stellvertretende Leiterin der Abteilung Finanzen. Dennoch war es der Landeskirche ein besonderes Anliegen, das neue Archivmagazin in einer ehemaligen Kirche einzurichten: „Das ist zum einen der Gedanke der Nachhaltigkeit, ein bestehendes Gebäude neu zu nutzen“, erklärt Gotthardt. „Zum anderen müssen viele Gemeinden aus Kostengründen ihre Kirchen aufgeben und uns war es wichtig, wenigstens einer Gemeinde symbolisch zu helfen.“ So habe man intensiv nach einer baulich geeigneten Kirche im Umkreis des Landeskirchliches Archivs im Düsseldorfer Landeskirchenamt gesucht. Die Wahl fiel schließlich auf die Johanneskirche im schnell erreichbaren Moers-Meerbeck

Die Luftfeuchtigkeit darf nicht über 50 Prozent steigen
Bis im ehemaligen Kirchenraum, der eine Nutzfläche von 1.200 Quadratmetern hat, Akten gelagert werden können, müssen noch zwei zwölf Meter hohe Wände eingezogen werden. „Außerdem brauchen wir eine Heiz- und Lüftungsanlage, die die Raumtemperatur auf optimale 16 Grad bringt und die Luftfeuchtigkeit nicht über 50 Prozent steigen lässt“, sagt Bettina Kaiser, Architektin im Dezernat Bauen und Liegenschaften des Landeskirchenamts.

Vier Etagen mit Regalen – insgesamt etwa 8.000 Regalmeter – sind geplant, sie bieten Platz für 48.000 Archivkartons. Damit wird das Archivmagazin in der Johanneskirche zum größten Archiv der rheinischen Kirche. Es gibt außerdem noch eine Außenstelle mit 1.500 Regalmetern in Boppard, in der Akten aus dem südlichen Gebiet der rheinischen Kirche gelagert werden, sowie die Hauptstelle mit 7.000 Regalmetern, die bereits komplett befüllt sind.

Das Archivmagazin wird erst zu etwa 25 Prozent befüllt
Das neue Archivmagazin ist für die nächsten 30 Jahre ausgelegt und wird nach dem Umzug im Herbst zunächst zu etwa 25 Prozent ausgelastet sein. „Gelagert wird dort Schriftgut aus dem 19. und 20 Jahrhundert“, erklärt Dr. Stefan Flesch, Direktor des Archivs der Evangelischen Kirche im Rheinland. Darunter seien Akten verschiedener kirchlicher Institutionen und Einrichtungen sowie Verwaltungsakten aus dem Landeskirchenamt – alles aber Schriftgut, das nicht häufig eingesehen wird. „Es ist geplant, das Archiv nur einmal pro Woche anzufahren“, sagt Flesch. Eine Sicherheits- und Brandschutzüberwachung gebe es aber rund um die Uhr.

Die Kirche bleibt als Symbol im Stadtteil erhalten
Auch wenn sich im Inneren der Johanneskirche alles verändert, von Außen bleibt sie unangetastet: Der Glockenturm bleibt erhalten, auch die charakteristischen Buntglasfenster bleiben weiterhin sichtbar – und werden zudem noch von Innen beleuchtet. „Dass die Kirche als Symbol im Stadtteil bestehen bleibt, freut uns sehr“, sagt Pfarrerin Barbara Weyand, die mit ihrer Gemeinde seit einem Jahr die Gottesdienste im Gemeindehaus gegenüber der Johanneskirche feiert.

Kontakt:
Evangelische Kirche im Rheinland
Landeskirchliches Archiv
Hans-Böckler-Straße 7
40476 Düsseldorf
Tel. 0211/4562-225
Fax: 0211/4562-421
archiv@ekir-lka.de
www.archiv-ekir.de

Quelle: EKiR, Medienmitteilung, 25.2.2016

68. Westfälischer Archivtag in Lünen

Alles nach Plan? – Umgang mit Karten und Plänen in Archiven

wat68„Mit Karten und Plänen kann ja auf den ersten Blick eigentlich jeder etwas anfangen“, erklärt Fredy Niklowitz, Leiter des Stadtarchivs Lünen. „Deshalb gehören sie in den Archiven zu den meistgenutzten Quellen, egal ob Bauzeichnungen oder alte Stadtpläne.“ Weil das so ist, aber ihre Beschaffenheit und Struktur Archive immer wieder vor Herausforderungen stellt, sind Karten und das Thema beim 68. Westfälischen Archivtag des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Lünen (Kreis Unna).

Unter dem Motto „Alles nach Plan“ tauschten sich Kolleginnen und Kollegen aus rund 280 Archiven aus Westfalen und ganz Deutschland am 15. und 16. März über Karten und Pläne im Archiv aus. Organisiert wurde die Veranstaltung wie in jedem Jahr vom LWL-Archivamt in Münster.

Die Fachleute beschäftigten sich mit Karten und Plänen als historische Quellen und diskutierten, wie man sie richtig ordnet und erfasst. Auch wurde die Arbeit mit dem so genannten Liegenschaftskataster vorgestellt, das für fast alle Menschen im Lauf ihres Lebens einmal eine Rolle spielt, z.B. dann, wenn sie ein Grundstück kaufen. Für die kommunale Überlieferung sind Katasterunterlagen deshalb ein sehr wichtiger Quellenbestand.

Heute werden Karten nicht mehr am Zeichentisch mit Lineal gezeichnet, sondern sie entstehen mit spezieller Software am PC. Deswegen stellte ein weiterer Vortrag speziell die elektronische Kartenüberlieferung vor und erörterte die Frage der dauerhaften Sicherung und Archivierung digitaler Karten.

Aber auch die herkömmlich gezeichneten Karten und Pläne stellen eine große Herausforderung dar, z. B. weil alte Durchschlag- oder Pauspapiere brüchig geworden sind. Gleichzeitig sind alte Karten oft verknickt, eingerissen und verschmutzt. Was man dagegen im Archiv tun kann, ist ebenfalls Thema der Tagung in Lünen.

„In allen Fragen der Bestanderhaltung und Restaurierung von Karten beraten unsere Restauratorinnen die westfälischen Archiven gerne und restaurieren natürlich auch“, betonte Dr. Marcus Stumpf, Leiter des LWL-Archivamtes für Westfalen. „Die Anforderungen an die Konservierung und die Lagerung von Großformaten sind speziell, deshalb ist das Thema einer eigenen Sektion auf dem Archivtag.“

Da er von Haus aus Archivar ist, sei das diesjährige Thema des Westfälischen Archivtags auch sein ureigenes Thema, betonte der stellvertretende Vorsitzende der LWL-Landschaftsversammlung, Michael Pavlicic: „Gut, dass die Kommunen vor Ort mit dem LWL-Archivamt einen kompetenten Ansprechpartner für diese wichtige Quellengruppe haben, der bei fachlichen Fragen weiterhelfen kann.“

Kontakt:
LWL-Archivamt für Westfalen
Jahnstr. 26
48147 Münster
Tel.: 0251/591-3890
Fax : 0251/591-269
LWL-Archivamt@lwl.org
http://www.lwl.org/LWL/Kultur/Archivamt

Quelle: LWL, Pressemitteilung, 15.3.2016

FH Potsdam übernimmt Landesaufgaben

Der Fachbereich Informationswissenschaften übernimmt die Landesfachstelle für Archive und Öffentliche Bibliotheken Brandenburg

Seit dem 1. März 2016 ist die „Landesfachstelle für Archive und Öffentliche Bibliotheken Brandenburg“ als wissenschaftliche Einrichtung in den Fachbereich Informationswissenschaften der Fachhochschule Potsdam (FHP) eingegliedert.

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Die Aufgaben der „Landesfachstelle für Archive und Öffentliche Bibliotheken Brandenburg“ liegen in der Koordination und Beratung beim Aufbau der Informationsinfrastruktur, bei der landesweiten Förderung fachlicher Standards sowie der Fortentwicklung des Archiv- und Öffentlichen Bibliothekswesens. Bisher war die Landesfachstelle am Brandenburgischen Landeshauptarchiv angesiedelt. Mit der Eingliederung in den Fachbereich Informationswissenschaften soll künftig die Verknüpfung von Lehre und Forschung an der Hochschule und von beruflicher Praxis in den Einrichtungen im Land Brandenburg verstärkt werden. Die spezifischen Bedürfnisse in einem Flächenland mit enger Anbindung an eine Metropole nehmen dabei eine besondere Rolle ein.

„Die Landesfachstelle ist eng verbunden mit der kommunalen Lebensrealität und ihre Beschäftigten besitzen genaue Kenntnis über die Möglichkeiten und Bedürfnisse in den Kommunen im Flächenland Brandenburg in einem Zeitalter des demografischen und gesellschaftlichen Wandels“, sagt Prof. Dr. Karin Schwarz, Archivwissenschaftlerin und designierte Dekanin des Fachbereichs. „Die Eingliederung der Landesfachstelle in den Fachbereich Informationswissenschaften ist ein großer Gewinn und fügt sich nahtlos in unsere Forschungsschwerpunkte ein. Auch wenn die Ressourcen der Fachstelle bei praktisch gleichen Aufgaben reduziert wurden, so ergeben sich doch spannende Synergie-Effekte und Zukunftsaussichten für die Zusammenarbeit.“

Künftig werden die Mitarbeitenden der Landesfachstelle im Rahmen ihrer Tätigkeitsschwerpunkte an der Lehre und an Forschungsprojekten des Fachbereichs teilnehmen. Gleichzeitig wird die Landesfachstelle Ergebnisse der Forschung des Fachbereichs in die Praxis der Archive und Öffentlichen Bibliotheken im Land einbringen und damit eine wesentliche Funktion des Wissenstransfers wahrnehmen.

Mittelfristig ist geplant, diese Verbindung zwischen Hochschule und Praxis auch bei der Weiterentwicklung bestehender berufsbegleitender Studiengänge fruchtbar zu machen. Dies soll perspektivisch auch bei der Entwicklung neuer, dualer Angebote, die den Wandel in den Kommunen in den Mittelpunkt stellen, berücksichtigt werden.

Beabsichtigt ist zudem eine engere Verknüpfung der Landesfachstelle mit anderen Einrichtungen und Projekten innerhalb des Fachbereichs, die sich mit der strategischen Ausrichtung und qualifizierten Weiterentwicklung der Informationsinfrastrukturen im Land Brandenburg und darüber hinaus beschäftigen. Ziel ist dabei die Koordinierung und Vernetzung der speziellen Aufgabenfelder der einzelnen Einrichtungen in Hinblick auf die Entwicklung einer nachhaltigen ganzheitlich wirkenden Informationsinfrastruktur-Landschaft.

Hintergrund:
Die Landesfachstelle ist zuständig für die Erarbeitung, Durchführung und fachliche Begleitung von übergreifenden Modellkonzeptionen und Modellprojekten sowie den Wissenstransfer für die Archive und die Öffentlichen Bibliotheken in den Landkreisen, Städten, Ämtern und Gemeinden im Land Brandenburg. Sie unterstützt die Archive und ihre Träger auf dem Gebiet des Archivmanagements unter Berücksichtigung neuer lnformations- und Kommunikationstechnologien in den Bereichen Überlieferungsbildung, Verwahrung und Sicherung sowie Erschließung, Benutzung und Präsentation des Archivguts. Die Öffentlichen Bibliotheken und ihre Träger werden durch die Landesfachstelle auf den Gebieten Bibliotheksmanagement, Einführung neuer lnformations- und Kommunikationstechnologien, Bibliotheksbau und -ausstattung sowie kulturelle und Grundbildung beraten und unterstützt. Zu ihren Aufgaben gehören weiterhin die Förderung der Kooperation von Öffentlichen Bibliotheken durch landesübergreifende Projekte und die Mitwirkung in überregionalen Infrastrukturen durch Einbindung vor allem in fachliche Verbünde sowie die Überwachung der Berufsausbildung zu Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste im öffentlichen Dienst.

Fachstellen für Öffentliche Bibliotheken bestehen in allen deutschen Flächenländern. Die Aufgabe der Beratung der nichtstaatlichen Archive ist in den meisten Ländern mit dem jeweiligen Landesarchiv verbunden. Die Besonderheit in Brandenburg ist die spartenübergreifende Zuständigkeit der Landesfachstelle für Archive und kommunale Bibliotheken. Im Zuge der Reform der Verwaltungsstrukturen und Aufgaben des Landes wurde schon 2013 u.a. empfohlen, neue Trägerschaften für einzelne Einrichtungen des Landes zu finden. Die Umgliederung der Landesfachstelle erfolgt auch in Umsetzung dieser Empfehlung.

Kontakt:
Prof. Dr. Michael Scholz (zukünftiger wissenschaftlicher Leiter, Bereich Archiv): scholz@fh-potsdam.de und
Prof. Dr. Hans-Christoph Hobohm (Bereich Bibliotheken): hobohm@fh-potsdam.de

Quelle: FH Potsdam, Pressemitteilung, 29.2.2016

Steuer- und Güterbücher aus dem 18. Jahrhundert kehren ins Gemeindearchiv Wimsheim zurück

Aus der Serie „GESCHICHTSORT ARCHIV“

Durch den Hinweis des Familienforschers Peter Ziegler konnte eine große Lücke im Gemeindearchiv Wimsheim geschlossen werden: Aus unbekannten Gründen lagerten mehrere Bände aus der Reihe der Steuer- und Güterbücher im Archiv des evangelischen Pfarramts – wo sie Ziegler bei Recherchen zur Familienforschung entdeckte. Nun sind sie in den Besitz der politischen Gemeinde zurückgekehrt.

Weisbrich

Abb.: Freuen sich über eine gelungene Restaurierung der alten Steuer- und Güterbücher von Wimsheim: Bürgermeister Mario Weisbrich und Heike Sartorius  vom Kreisarchiv des Enzkreises mit einem alten Einband und einem der restaurierten Bände (Foto: Enzkreis)

„Wir wissen es sehr zu schätzen, dass der Kirchengemeinderat dem zugestimmt hat“, sagte Bürgermeister Mario Weisbrich bei der Übernahme der alten Bücher. „Diese sieben Bände schließen die Lücke, die wir schon bei der Bearbeitung des Gemeindearchivs Wimsheim in den Jahren 1997/98 bemerkt hatten“, freut sich auch Heike Sartorius. Die Archivarin beim Kreisarchiv des Enzkreises hatte seinerzeit das Gemeindearchiv erfasst und aufbereitet.

Wimsheim

Abb.: Sind nun wieder als komplette Serie für ortsgeschichtlich Interessierte im Rathaus einsehbar: Die wiedervereinten und restaurierten Wimsheimer Steuer- und Güterbücher aus dem 18. Jahrhundert (Foto: Enzkreis).

Die Steuer- und Güterbücher gehen auf einen Erlass des württembergischen Herzogs Ludwig Friedrich aus dem Jahr 1628 zurück. Aufgrund von Klagen über ungerechte Besteuerung ordnete er an, dass in allen Städten und Gemeinden des Herzogtums Württemberg Verzeichnisse über die von den Untertanen zu versteuernden Güter und Gebäude herzustellen seien.

Da die Bücher im Lauf der Zeit durch Streichungen und Ergänzungen von Einträgen sehr unübersichtlich wurden, war es in größeren Abständen notwendig, die alten Bände zu erneuern, also neu anzulegen; dieser Vorgang wurde „renovieren“ genannt. So geschah es auch in Wimsheim, wie im ersten Band des Steuerbuchs von 1750 erklärt wird: Da „das allhießige Steuerbuch so seit Anno 1705 nimmer renovirt worden“ […] und Einträge abgeändert, eingeschoben und angehängt wurden und dadurch die Bände „so verwirrt, confus und verschmiert worden“, wurde es als „unumgänglich nöthig befunden, nunmehr ohne längeren Anstand mit der Renovation eines neuen Steuerbuchs umso mehrers fürzugehen.“ Bestätigt und unterschrieben haben im Jahre 1750 das neuerrichtete Steuerbuch der Schultheiß Hans Michel Bentzinger sowie mehrere Rats-, Gerichts- und Gemeindevertreter.

Alle sieben „Kameraden“ des so lange Zeit einsamen Steuer- und Güterbuches Band VI konnten nun erschlossen und ins Gemeindearchiv übernommen werden, wo sie den Nutzern wieder als komplette Serie zur Verfügung stehen. Die gewichtigen Bände waren allerdings zur Zeit der Auffindung in stark beschädigtem Zustand, weshalb sich Heike Sartorius sehr freut, dass die Gemeinde die Bücher durch eine Fachfirma restaurieren ließ.

Das Verzeichnis zum Wimsheimer Gemeindearchiv, das Findbuch, ist online im Internetauftritt des Kreisarchiv des Enzkreises unter www.enzkreis.de/kreisarchiv einsehbar und nach Stichworten recherchierbar. Die Nutzung des Gemeindearchivs wird durch eine Archivordnung geregelt. „Aber im Prinzip darf jeder, der beispielsweise zu einem ortsgeschichtlichen Thema forscht, die Unterlagen einsehen“, erklärt Bürgermeister Weisbrich. Da die Archivalien im Archivraum im Rathaus in Wimsheim lagern, sollte jedoch zur Einsichtnahme ein Termin bei der Gemeindeverwaltung vereinbart werden.

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung 75/2016, 14.3.2016

Stadtarchiv Zwickau erhält Familienarchiv Fikentscher

Buchlesung am 16. März 2016 im Robert-Schumann-Haus

Im Beisein von Oberbürgermeisterin Dr. Pia Findeiß übergab Dr. Rüdiger Fikentscher am 11.3.2016 dem Stadtarchiv Zwickau den ersten Teil des „Familienarchivs Fikentscher“. Es handelt sich um einen der bedeutendsten Nachlässe, den das Stadtarchiv und damit die Stadt Zwickau für die Zukunft verwahren darf. Dr. Rüdiger Fikentscher, Urenkel von Friedrich Christian Fikentscher (1799-1864), der aus Bayreuth kommend 1845 eine Tonwarenfabrik auf dem Gelände der heutigen Bürgerschachtstraße gründete, verwaltet seit vielen Jahren den umfangreichen und bedeutsamen Nachlass der Familie Fikentscher, die mittlerweile aus mehreren Linien besteht.

Abb.: Das Stadtarchiv Zwickau erhielt jetzt den ersten Teil des „Familienarchivs Fikentscher“. Bei der Übergabe: Oberbürgermeisterin Dr. Pia Findeiß, Dr. Rüdiger Fikentscher und Silva Teichert, die Leiterin des Stadtarchivs (Foto: Stadt Zwickau).

Die Tonwarenfabrik seines Urgroßvaters, der von Haus aus Chemiker war und hier zunächst eine chemische Fabrik betrieb, zählte zu den ersten Fabriken in Deutschland, die Tonröhren insbesondere für die Kanalisation der Städte, für Wasserleitungen und dergleichen herstellte. Dies war ein ungeheurer Fortschritt. Die Firma bildete später den Grundstock für die Keramischen Werke Zwickau.

Auch als Politiker wurde F.C. Fikentscher aktiv: Er war Stadtverordneter in Zwickau und in den Jahren 1854 bis 1859 als Vertreter des 15. städtischen Wahlkreises Mitglied der II. Kammer des Sächsischen Landtages. Er heiratete 1832 Louise Trommsdorff (1813-1850) und nach deren frühem Tod 1851 in zweiter Ehe Rosalie Mensing (1826-1895). Jeder Ehe entstammten fünf Söhne und zwei Töchter. Zu den namhaftesten Vertretern dieser Familie zählen u.a. der Chemiker und Fabrikant Wilhelm Fikentscher (1839-1890) und der Maler Otto Fikentscher (1862-1945), aber auch die 1896 in Zwickau geborene erste Rechtsprofessorin mit einem eigenen Lehrstuhl in Deutschland Gertrud Schubart-Fikentscher.

Rüdiger Fikentscher, seit seinem Studium in Halle lebend, folgte seinem Urgroßvater sowohl beruflich im weitesten Sinne als Arzt und politisch als Vizepräsident i.R. des Landtags von Sachsen-Anhalt. Er hat seine Wurzeln nie vergessen und fühlt sich immer noch mit der Stadt seiner Jugend verbunden. Aus diesem Grund lag es für ihn nahe, den Nachlass des Zwickauer Familienzweiges nach Zwickau zu geben.

In einem ersten Schritt wurden nun v.a. von Gertrud Schubart-Fikentscher und ihrem Mann, dem namhaften Papyrologen Prof. Dr. Wilhelm Schubart (1873-1960), Dokumente wie Briefe, Tagebücher, Fotos und persönliche sowie berufliche Aufzeichnungen und Unterlagen, aber auch Promotions- und Ernennungsurkunden sowie die Urkunde zum „Vaterländischen Verdienstorden in Bronze“ für Gertrud Schubart-Fikentscher dem Stadtarchiv übergeben. Auch Aquarelle von Gertrud gehören zum Nachlass.

Gertrud Schubart-Fikentscher, von der Familie liebevoll Ruth genannt, lebte bis zu ihrem 20. Lebensjahr in Zwickau. Zwischen 1943 und 1946 fand sie zusammen mit ihrem Ehemann als in Berlin Ausgebombte Aufnahme in der Familie. Sie blieb bis zu ihrem Tod 1985 sowohl der Zwickauer Familie als auch der Stadt Zwickau aufs Engste verbunden. Leider geriet sie selbst trotz ihres hervorragenden Rufs in der Wissenschaft ausgerechnet hier in Vergessenheit. Nun kommt zumindest ihr Nachlass in ihre Geburtsstadt zurück!

Auf der Grundlage dieses Nachlasses schrieb Dr. Rüdiger Fikentscher sein Buch „Liebe, Arbeit, Einsamkeit“, welches er im Rahmen einer Veranstaltung des Stadtarchivs am 16. März 2016 um 18 Uhr im Robert-Schumann-Haus vorstellt.

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Quelle: Stadt Zwickau, Pressemitteilung, 11.3.2016