Eine Drehscheiben-Aktion der evangelischen Kirchenarchive in Hessen

Archive – spannend authentisch einzigartig unverzichtbar

Das Zentralarchiv der EKHN in Darmstadt und das Landeskirchliche Archiv Kassel der EKKW haben gemeinsam eine Drehscheibe entwickelt, die schlagwortartig ihre Qualitäten an’s Licht bringt, oder besser gesagt, in’s Sichtbare dreht. Die beiden evangelischen Kirchenarchive wenden sich mit dem Give-a-way an alle Geschichts- und Kulturinteressierten, auch an die, die es noch werden wollen. Sie  werben niederschwellig mit dem Slogan „Besuchen Sie uns … wir freuen uns auf Sie! Ihre Kirchenarchive in Hessen“.

 

Beide Archive sind seit 2010 in das Verzeichnis national wertvoller Archive aufgenommen (http://www.kulturgutschutz-deutschland.de/): „Wir sind national wertvoll. Unser Angebot: Kulturerbe und Geschichte(n) vor Ort.“

Die zu erdrehenden Begriffe wurden möglichst umgangssprachlich gehalten, auf Fachbegriffe wie „unikal“ oder „systemrelevant“ oder „kontinuierliche Überlieferung“ ist bewußt verzichtet worden.

Die Drehscheibe kam erstmals im Rahmen der Jahresversammlung der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung am 4. Mai 2018 in Hanau zum Einsatz, mit gutem Erfolg und positiven Rückmeldungen. Auf dem 27. Süddeutschen Kirchenarchivtag (4. und 5. Juni 2018 in Darmstadt, ausgerichtet vom Zentralarchiv der EKHN) wartet der nächste Auftritt.

Bettina Wischhöfer, Verband kirchlicher Archive

 

Sammlung Christian Meeh jetzt im Kreisarchiv des Enzkreises nutzbar

Fundgrube für die regionale Heimatkunde

Der 1883 in Neuenbürg geborene Hafner und Ofenbauer Christian Meeh interessierte sich Zeit seines Lebens brennend für die bewegte Geschichte seiner Heimatstadt und deren Umgebung. Er sammelte Fotografien, Ansichtskarten, Zeitungsartikel, Gedichte und weitere Informationen, die er in mehrere großformatige Bände handschriftlich eintrug oder liebevoll anordnete und einklebte.

Nach seinem Tod gingen die Bände in den Besitz seines Enkels Hans Haderer über, der in Wurmberg lebte. Von dort stammte Christian Meehs Ur-Urgroßvater, der 1777 nach Neuenbürg geheiratet hatte. Hans Haderers Sohn Oliver übergab die Sammlung bereits vor einiger Zeit dem Kreisarchiv des Enzkreises zur Aufbewahrung. „Dort stehen sie allen heimatkundlich Interessierten zur Einsicht zur Verfügung und können damit Impulse für die weitere Beschäftigung mit der regionalen Geschichte geben“, hofft Oliver Haderer.

Abb.: Liebevoll gestaltet sind die vier Bände der Sammlung Christian Meeh, die Archivleiter Konstantin Huber, Eigentümer Oliver Haderer und Praktikant Raphael Schenkel präsentieren (Foto: Enzkreis).

Dessen ist sich Archivleiter Konstantin Huber sicher: „Das Kreisarchiv besitzt damit neben den Nachlässen Adolf Reile und Rudi Seeger einen weiteren Sammlungsbestand, der reiches Material zur Neuenbürger Geschichte bereithält.“ Huber freut sich, dass es bienenfleißige Sammler wie Christian Meeh gab, die viel Zeit für ihre Interessen aufwendeten und auf diese Weise reichhaltiges Material für die Nachwelt überlieferten.

Inzwischen konnte mithilfe des Praktikanten Raphael Schenkel eine genaue Erschließung der Inhalte erfolgen. Die ersten beiden Bände mit jeweils über 500 Seiten widmen sich ganz der Stadt Neuenbürg. Raphael Schenkel, der Verwaltungswissenschaften in Konstanz studiert, listete die Inhalte Seite pro Seite detailliert auf. Ihn faszinierten besonders Meehs illustrierte Dokumentation der ab etwa 1850 neu aufkommenden Vereine sowie kurzweilige Anekdoten – zum Beispiel die von den letzten amtlich anerkannten (!) Geistern Neuenbürgs von 1780.

Ein dritter Band enthält Informationen über die Orte des bis 1938 als eigener Verwaltungsbezirk bestehenden Oberamts Neuenbürg. Sie sind alphabetisch geordnet – von Arnbach bis Zavelstein. Ein vierter Band schließlich betrifft die Stadt Pforzheim und ihre Geschichte. Enthalten sind darin beispielsweise Informationen über die Flößerei und alte Familien. Der Band blickt aber auch ins Umland, etwa nach Bauschlott, Königsbach und Tiefenbronn.

Wer sich für die Sammlung Meeh interessiert, kann sich zur Einsichtnahme beim Kreisarchiv anmelden.

Kontakt:
Enzkreis – Kreisarchiv und Kultur
Zähringerallee 3
75177 Pforzheim
Tel. 07231 308-9423
kreisarchiv@enzkreis.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung 137/2018, 11.5.2018

Potsdam beendet Erschließung des NS-Archivs der Stasi

In den Jahren 2004 und 2005 übernahm das Brandenburgische Landeshauptarchiv in Potsdam (BLHA) aus dem Bundesarchiv rund 160 lfm Unterlagen aus der Sammlung „NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)“. Sie waren Bestandteil der ehemals zentralen Sammlung, die 1990 in das Bundesarchiv gelangte. 2001 begannen dort Arbeiten an der Sammlung mit dem Ziel ihrer Auflösung durch Einordnung in die Provenienzbestände des Bundesarchivs und der Abgabe der in die Zuständigkeit der Archive der Länder fallenden Unterlagen. Nach intensiven Erschließungsarbeiten im BLHA stehen den Nutzern nun umfangreiche Daten für die Recherche im Bestand zur Verfügung.

Abb.: Rep 161 NS-Archiv des MfS: Ausschnitt aus der Archivplansuche unter recherche.im.blha.de

Die Entstehung dieser Sammlung geht auf den Aufstand des 17. Juni 1953 zurück. In Reaktion darauf führte das MfS alle ihm zugänglichen Unterlagen aus der NS-Zeit in seinem Zentralarchiv in der Freienwalder Straße in Berlin-Hohenschönhausen zusammen. Dort werteten Mitarbeiter des MfS die Unterlagen systematisch nach Material über die vermeintlichen Drahtzieher des Aufstandes, über ehemalige Mitglieder der NSDAP oder über Sympathisanten des NS-Regimes aus. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden für verschiedene Zwecke, für Strafverfahren wegen NS-Verbrechen und insbesondere für die operative Tätigkeit des Geheimdienstes genutzt.

Auswertungsmöglichkeiten für sach- und ortsbezogene Fragestellungen
Nach der Übernahme wurde im BLHA die Grundsatzentscheidung getroffen, die in weiten Teilen aus ihren Entstehungszusammenhängen gerissene Überlieferung zusammen zu belassen und als Pertinenzbestand aufzustellen. Die erforderliche Erschließung der Unterlagen zur Bereitstellung des Bestandes für die Benutzung konnte nunmehr weitestgehend abgeschlossen werden. Trotz der Vorarbeiten des Bundesarchivs nahmen die Arbeiten einen längeren Zeitraum in Anspruch. Zunächst ging es darum, die ohne Verzeichnungsangaben vom Bundesarchiv übergebenen Unterlagen im Umfang von immerhin einem Drittel des Bestandes zu bearbeiten.

Dabei handelte es sich um vom MfS „unregistrierte“ Akten sowie um Teilbestände, die allein mit der Namenserfassung des MfS zugänglich waren. In einem zweiten Schritt mussten die für den größeren Teil der Überlieferung vom Bundesarchiv bereitgestellten Verzeichnungsangaben mit den Personenangaben des MfS zusammengeführt, alle Angaben selbst überprüft, meist noch wesentlich ergänzt werden. Die überarbeitete Verzeichnung und die Einordnung der Unterlagen in eine Klassifikation ermöglichen nun, die einzelnen Dokumente, Vorgänge, Akten oder Dossiers (Unterlagen unterschiedlicher Provenienz zu einer Personenakte zusammengestellt) in ihrem Provenienzkontext sichtbar zu machen. Abseits des rein personenzentrierten Zugriffs wurden damit Auswertungsmöglichkeiten für sach- und ortsbezogene Fragestellungen geschaffen. Damit lassen sich zugleich in vielerlei Richtungen Querverbindungen zu korrespondierenden Überlieferungen in den eigentlichen (Haupt- beziehungsweise Provenienz-)Beständen herstellen.

Biographische Quellen und Sachakten
Im Bestand überwiegen bei weitem personenbezogene Unterlagen. Er enthält aber auch eine Reihe von „echten“ Sachakten. Die Unterlagen stammen etwa zur Hälfte aus staatlichen und kommunalen Behörden sowie von Stellen der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände im Bereich der Provinz Brandenburg. Die andere Hälfte entstand nach dem 8. Mai 1945 bei Behörden und Stellen im Land Brandenburg (1945-1952), vor allem bei Entnazifizierungskommissionen und Polizeibehörden (Landesbehörde der Volkspolizei, Kriminaldienststellen, Volkspolizei-Kreisämter) im Zusammenhang mit der Entnazifizierung und der strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbrechen. Die biographischen Quellen beziehen sich vornehmlich auf Personen und ihr Wirken in der NS-Zeit. Die Unterlagen im Bestand geben auch Auskunft über Opfer und Verfolgte des NS-Regimes sowie über Personen, die gegen die politischen Veränderungen nach 1945 opponierten und dafür polizeilich überwacht oder strafrechtlich belangt wurden.

Die Erschließungsangaben zu den insgesamt 38.517 Verzeichnungseinheiten sind – mit Ausnahme der ca. 270 Akten mit noch bestehenden Schutzfristen – im Lesesaal einsehbar. In der Online-Recherche erfolgt die Anzeige von Aktengruppen mit sehr dezidierten Angaben zu Personen nur auf der Ebene der Klassifikationsgruppe. Dort ist jeweils der Umfang der untergeordneten Akten vermerkt.

Kontakt:
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Am Mühlenberg 3
14476 Potsdam, OT Golm

Postanschrift
Postfach 600449
14404 Potsdam

Telefon: 0331 5674-0
Telefax: 0331 5674-212
poststelle@blha.brandenburg.de

Quelle: BLHA, Aktuelles, 9.5.2018

Gedruckte Bibel von 1528 im Stadtarchiv Recklinghausen entdeckt

In bislang ungeordneten Altbeständen des ehemaligen Vestischen Museums Recklinghausen wurde eine spektakuläre Entdeckung gemacht.

Unter verschiedenen neuzeitlichen Buchtiteln konnte von einer Mitarbeiterin des Instituts für Stadtgeschichte/Stadtarchiv Recklinghausen eine aus mehreren Einzeldrucken zusammengesetzte deutschsprachige Bibel identifiziert werden, deren Entstehung hauptsächlich nach Augsburg, zum Teil vermutlich auch nach Wittenberg weist. Der Band ist etwa 490 Jahre alt und der Textbestand unvollständig, jedoch in vergleichsweise gutem Erhaltungszustand.

Es handelt sich größtenteils um Bearbeitungen von Teilausgaben der Bibelübersetzung Martin Luthers (Altes und Neues Testament). Die in einem neuzeitlichen Einband (circa Mitte des 20. Jahrhunderts) zusammengefassten Drucke stammen somit aus der Lutherzeit selbst. Vorbesitzer war die Recklinghäuser Buchhandlung und Buchbinderei von Hermann und Theodor Vethacke (Löhrhofstraße), die sich vermutlich in den frühen 1950er Jahren von diesem Band getrennt hat. Wie diese Drucke, die ja weit entfernt von Recklinghausen entstanden sind, in den Besitz der Familie Vethacke gelangten, ist nicht bekannt.

Der Band, dessen teilweise fragmentarisch erhaltene Textteile vermutlich zwischen 1523 und 1534 separat gedruckt wurden, hat bis auf Weiteres als das älteste gedruckte Buch zu gelten, das sich aus dem Vest Recklinghausen erhalten hat.

Zweifelsfrei identifizierbar sind (hier im Originaltitel zitiert):

1. Das Funfft Buch Mose (Kap. 8-34)
Vermutlich Wittenberg: Hans Lufft, zwischen 1523 und 1534 (?)

2. Das ander Teyl des Alten Testaments (enthält: Josua, Richter, Samuel, Könige, Chronik, Esra, Nehemia, Esther)
Hagenau: Wilhelm Seltz, 1529

3. Weitere Teile des Alten Testamentes (hier: Hiob, Psalter, Sprüche Salomonis, Hohes Lied) aus:
Das Allte Testament Deütsch
Augsburg: Heynrich Steyner 1529

4. Die Propheten Alle Teutsch […] (enthält: Jesaja, Jeremia, Ezechiel, Daniel Hosea, Amos, Micha, Nahum, Zephania, Maleachi)
Augsburg: Heynrich Steyner; 1532.

5. Das New Testament / Recht gru[n]tlich teutscht […].
Mit schönen vorreden und der schweresten örttern kurtz, aber gut außlegung […]
Augsburg: Heynrich Steyner; 1531
(Fragment, enthält: Matthäus bis Apostelgeschichte, Kap. 23)

Kontakt:
Institut für Stadtgeschichte
Hohenzollernstr. 12
45659 Recklinghausen
Telefon: 02361/50-1902
Fax: 02361/50-91901

Quelle: Stadt Recklinghausen, Pressemitteilung, 7.5.2018

Neue Moerser Stadtarchivarin will mehr mit Schulen zusammenarbeiten

„Archive sind keine geheimen Orte, an die niemand darf. Ich möchte, dass das Moerser Stadtarchiv noch stärker präsent ist.“ Die neue Stadtarchivarin Daniela Gillner setzt dafür beispielsweise auf mehr historische Bildungsarbeit und will die Einrichtung als bürgernahe Kultureinrichtung für Jedermann sichtbarer machen. Zum 1. Mai 2018 hat sie ihre neue Stelle im Eigenbetrieb Bildung angetreten.

Abb.: Die erste Betriebsleiterin Diana Finkele (l.) und Kulturdezernent Wolfgang Thoenes begrüßten Stadtarchivarin Daniela Gillner am neuen Arbeitsplatz. (Foto: pst)

„Ich bin sicher, dass sich auch Grundschüler für Archive interessieren. Sie müssen nur wissen, was sie dort suchen können“, sagte sie bei ihrer Vorstellung am 4.5.2018. Sie versteht das Archiv als Dienstleister nach innen (in die Verwaltung) und nach außen. Kooperationen, z. B. mit der Volkshochschule, dem Museum oder dem Grafschafter Museums- und Geschichtsverein, haben für sie eine große Bedeutung. Auch Soziale Medien und (Fach-)Portale sollen in Zukunft genutzt werden, um eine digitale Präsenz für das Stadtarchiv zu entwickeln.

Einführung der E-Akte
Ein weiterer Schwerpunkt wird das Thema Digitalisierung sein. „Die Einführung der E-Akte und eines Dokumentenmanagementsystems sind wichtige Aufgaben in den nächsten Jahren.“ Das seien „die besten Voraussetzungen, uns in die Zukunft zu führen“, erklärte die Erste Betriebsleiterin Diana Finkele. Daniela Gillner folgt auf Christoph Spilling, der das Amt knapp neun Jahre bekleidete. Der Erste Beigeordnete und Kulturdezernent Wolfgang Thoenes dankte ihm für die geleistete Arbeit. „Herr Spilling hat erfolgreich einen Umzug gemanagt und das Archiv neu aufgestellt. Danken möchte ich auch Alexander Borchert, der den Betrieb als ‚Leihgabe‘ des Museums einige Monate aufrechterhalten hat.“

Perfekte Rahmenbedingungen
Daniela Gillner wurde in Bochum-Wattenscheid geboren, wohnt aber seit vier Jahren mit ihrem Mann und zwei Kindern in Moers-Asberg. Zuvor war sie beim Archiv des Kreises Viersen tätig. Weitere Stationen waren das Stadtarchiv Krefeld und Hauptstaatsarchiv Wiesbaden. Der erste Eindruck der 35-Jährigen in Moers ist durchweg positiv. „Die ersten Tage waren richtig gut. Und im Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrum haben wir die perfekten Rahmenbedingungen für ein Archiv.“

Kontakt:
Stadtarchiv Moers
Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrum
Wilhelm-Schroeder-Straße 10
47441 Moers
Telefon: 0 28 41 / 201-737
Telefax: 0 28 41 / 201-760
Stadtarchiv@Moers.de

Quelle: Stadt Moers, Pressemitteilung, 8.5.2018

Leinennähzwirn nur noch auf Bezugsschein! – Aschaffenburger Schlaglicht Mai 1918

Seit dem hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs werden im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg monatlich wechselnde „Schlaglichter“ in Form einer kleinen Präsentation gezeigt. Ausgewählte Dokumente, Fotografien und Objekte, zumeist aus den Beständen des Archivs (und ab und an auch in Kooperation mit regionalen Sammlern und Heimatforschern) werden über einen Zeitraum von jeweils vier Wochen gezeigt. Die jeweiligen Präsentationstexte sowie ausgewählte Bilder werden seit dem August 2014 über die Homepage des Archivs dokumentiert (Rückblick).

Das aktuelle Schlaglicht behandelt einen Aspekt der Mangelwirtschaft:

Die kriegsbedingte Mangelwirtschaft erfasste im vierten Kriegsjahr auch die allerletzten Lebensbereiche, neben Wohnraum mangelte es zunehmend auch an Bekleidung und Kurzwaren: Anfang Mai 1918 gab der Aschaffenburger Stadtmagistrat bekannt, dass an kinderreiche Familien Leinennähzwirn abgegeben werden könne. Für Baumwollfaden galt die Einschränkung, dass „Familien von 5 und mehr Köpfen, die ihren Baumwollnähfaden bis 17. Mai nicht abgeholt haben“ bei der Verteilung nicht berücksichtigt werden könnten.

Die bereits 1916 in Berlin eingerichtete Reichsbekleidungsstelle regelte die Verteilung der knappen Vorräte, die vor Ort durch die Kommunalverbände durchgeführt werden musste. Es wurden Bedarfsmengen ermittelt, Bezugsscheine und Kundenlisten erstellt, um zum Beispiel „nur solche Verbraucher zu berücksichtigen, die nach ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage und durch besonders starke Inanspruchnahme ihrer Kleidung (z.B. durch schwere Arbeit) Leinennähzwirn zur Instandhaltung der Kleidung besonders nötig haben.“

„Den Personen, die zum Bezuge eines Wickels Leinennähzwirn berechtigt sind, wird vom Magistrat ein mit roter Tinte geschriebener Bezugschein ausgestellt. Mit diesem Bezugschein begeben sich die betreffenden Personen in das Geschäft, wo sie den Faden kaufen wollten, und lassen sich dort in eine aufliegende Kundenliste eintragen. (…) Der Eintrag von Kunden die keinen vorschriftsmäßigen Bezugschein besitzen, ist verboten!“ schrieb die Verwaltung in einem Schreiben an die zum Verkauf zugelassenen Aschaffenburger Geschäfte, zu denen auch das „Kaufhaus Geschwister Mayer“ am Scharfen Eck, „Sailer & Dilsheimer“ am Herstallturm und in der Herstallstraße das „Kaufhaus Löwenthal“ gehörten.

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv
Wermbachstraße 15
63739 Aschaffenburg
Telefon: 06021 45 61 05 0
Telefax: 06021 / 2 95 40
stadtarchiv@aschaffenburg.de
www.archiv-aschaffenburg.de

Neue Jahresausstellung im Stadtarchiv Plauen

“Trauer & Trost – 100 Jahre Hauptfriedhof in Fotografien und Dokumenten“

Die neue Jahresausstellung des Stadtarchivs Plauen zeigt einschlägige Exponaten und ein-drucksvolle Impressionen, ist damit nicht nur Rückblende, sondern zugleich Galerie, die den Blick auf einen besonderen Ort schärft. Zu sehen sind neben Fotografien aus der Zeit der Eröffnung des Hauptfriedhofs, historischen Zeichnungen und Plänen auch aktuelle Aufnahmen des Fotojournalisten Andreas Wetzel. Sie widerspiegeln den stimmungsvollen Wandel der Jahreszeiten in der Parklandschaft des Friedhofs.

Zahlreiche Besucher kamen zur Eröffnung der neuen Jahresausstellung zu 100 Jahre Hauptfriedhof ins Stadtarchiv.

Erinnert wird ebenso an das verheerende Explosionsunglück am 19. Juli 1918 in der Kartuschieranstalt der AEG in Plauen. Die Namen der Plauener Todesopfer und der im Ersten Weltkrieg gefallenen Plauener Soldaten wurden in ein Gedenkbuch geschrieben, dessen Seiten die Besucher digital betrachten können.

Das digitalisierte Totenbuch hält alle 301 Opfer dieser Brandkatastrophe zusammen mit allen Plauener Toten des Ersten Weltkrieges fest. Neben Name, Vorname und Todeszeitpunkt ist auch die Adresse der Gestorbenen in dem Buch festgehalten. Dass diese Publikation von jedem Besucher einzusehen ist und man die Seiten auch durchblättern kann, ist neuer Technik zu verdanken.

„Das ist unsere neue Medienstation“, berichtete Clemens Uhlig, der die Jahresausstellung vorbereitet hat. Die Medienstation werde künftig bei jeder Schau zum Einsatz kommen. Mit einem Wisch auf dem Bildschirm kann man vor- oder zurückblättern. Mit einem Tippen auf die Inhaltsangabe an der Seite kann man zu bestimmten Kapiteln oder in diesem Fall zu einem bestimmten Anfangsbuchstaben der Familiennamen vorspringen. Das Buch enthält 4100 Einträge.

Clemens Uhlig (links) und Andreas Wetzel haben die Ausstellung „Trauer & Trost“ wesentlich gestaltet. Foto: Brand-Aktuell

Clemens Uhlig hat einiges zusammentragen, um die Präsentation interessant zu machen. Selbst eine noch bis 1990 im Einsatz befindliche Urnendeckelprägemaschine ist ausgestellt. Das Gedicht eines Plauener Rechtsanwalts, der im Jahre 1915 im Krieg umgekommen ist und vorher noch diese Zeilen verfasste, kann man nachlesen. Die Original-Entwurfszeichnungen des Stadtbaurates und Architekten Wilhelm Goette aus dem Jahr 1912 sind zu sehen und vieles mehr.

Info:
Ausstellung vom 2. Mai 2018 bis 25. April 2019 im Stadtarchiv, Herrenstraße/Neues Rathaus. – Das Stadtarchiv Plauen versteht sich als die Informations- und Forschungsstätte für Stadt- und Regionalgeschichte der Stadt Plauen im Vogtland.

Öffnungszeiten des Stadtarchivs:
Dienstag von 9 bis 18 Uhr, Mittwoch von 9 bis 15 Uhr, Donnerstag von 9 bis 17 Uhr – außer an Feiertagen.

Kontakt:
Stadtarchiv Plauen
Eingang über Herrenstraße/
Neues Rathaus
Unterer Graben 1
08523 Plauen
Tel: 0 37 41 / 2 91 – 14 41
Fax: 0 37 41 / 2 91 – 3 14 41
stadtarchiv@plauen.de
www.plauen.de/stadtarchiv

Quelle: Stadt Plauen, Plauener Stadtnachrichten, 30.4.2018; Freie Presse, 28.4.2018

Coding da Vinci Rhein-Main 2018

Der Kultur-Hackathon Coding da Vinci Rhein-Main 2018 nimmt in seiner regionalen Ausrichtung diesmal die Rhein-Main-Region mit ihren Hochschul- und Universitätsstädten Aschaffenburg, Darmstadt, Frankfurt/Main, Gießen, Mainz, Offenbach, Wiesbaden und Worms in den Blick. Mit den Städten und ihrem reichen Umfeld von kulturwissenschaftlichen Instituten und Bildungseinrichtungen ist die Region ein idealer Standort für eine weitere Auflage des Kultur-Hackathons.

Aber warum überhaupt ein Kultur-Hackathon? Museen, Bibliotheken und Archive dieser Region verfügen gemeinsam über einen wertvollen Schatz: Ihre umfangreichen Datensammlungen zu den unterschiedlichsten Themen, also unser gemeinsames digitales Kulturerbe. Der breiten Öffentlichkeit ist dies meistens wenig bekannt. Der Kultur-Hackathon Coding da Vinci eröffnet die Möglichkeit, die Daten kennenzulernen, zu nutzen und damit neue Verbindung zwischen den Institutionen, ihrem kulturellen Erbe und der Öffentlichkeit herzustellen.

Was ist aber ein Kultur-Hackathon und was wird dabei getan? Die Teilnehmer*innen entwickeln ausgehend von Datensätzen, die die Kultureinrichtungen zur Verfügung stellen, gemeinsam in kleinen Teams Ideen, die innerhalb von wenigen Wochen bis zum lauffähigen Prototypen ausgearbeitet werden. Der freie und kreative Umgang mit unserem digitalen Kulturerbe steht dabei im Fokus. Die spannendsten Anwendungen, die aus diesem Kultur-Hackathon hervorgehen, werden schließlich in einer Preisverleihung in unterschiedlichen Kategorien prämiert.

Coding da Vinci Rhein-Main 2018 wird gemeinschaftlich von dem mainzed – Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften, der Universitätsbibliothek Mainz, der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, dem Fachinformationsdienst Darstellende Kunst, der Deutschen Digitalen Bibliothek, der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, dem Stadt- und Stiftsarchiv der Stadt Aschaffenburg, dem Historisches Museum Frankfurt, Wikipedia Frankfurt sowie dem NODE Forum for Digital Arts veranstaltet. Es ist der sechste Kultur-Hackathon der Reihe Coding da Vinci seit ihrer Gründung 2014.

Zeitplan:

  • Onboarding 18. Juni 2018
    Hochschule Mainz, Standort Campus Lucy-Hillebrand-Straße 2
  • Kick-Off
    27./28. Oktober 2018
    Universität Mainz
  • Sprint
    5 Wochen, um kooperativ Projekte umzusetzen
  • Preisverleihung
    01. Dezember 2018
    Mainz

Kontakt:
Projektkoordination:
Stephan Bartholmei (DDB), Anja Müller (digiS), Dominik Scholl (WMDE)
codingdavinci@zib.de

Per Mausklick zu Brunnen und Gedenkstätten

Der Enzkreis präsentiert ausgewählte Kleindenkmale online in seinem BürgerGIS

Unglaublich reich ist der Enzkreis an sogenannten Kleindenkmalen: Gedenktafeln, Hausinschriften und Brunnen innerhalb von Ortschaften, Wegkreuze, Unterstände und Steinbrücken in Feld, Wald und Flur. Sie alle erzählen spannende Geschichten aus der Vergangenheit – und helfen dabei, den Alltag unserer Vorfahren zu verstehen.

Abb.: Freuen sich über die Präsentation von Kleindenkmalen im BürgerGIS (v.l.n.r.): Markus Granget, Raphael Schenkel, Konstantin Huber und Helga Schröck (Foto: Enzkreis)

Der Enzkreis verfolgt schon seit vielen Jahren das Ziel, die Kleinode ins rechte Licht zu rücken und damit zu schützen.  Neuerdings werden nun über 300 ausgewählte Objekte auch im kreiseigenen Bürger-GIS präsentiert, das über die Startseite der Homepage des Landratsamtes (www.enzkreis.de) zu erreichen ist. Hier sind raumbezogene Daten und Informationen aus verschiedenen Bereichen des Landratsamts zu finden. Unter der Rubrik „Kultur und Denkmalpflege“ gibt es den Menüpunkt „Kleindenkmale“. Eingeteilt in neun Sachgruppen mit den entsprechenden Symbolen kann man sich Objekte zum Beispiel aus den Bereichen Landwirtschaft und Weinbau, Handwerk und Bergbau oder Ereignisse und Personen anzeigen lassen. „Per Mausklick auf das Symbol findet man dann Fotos und Hintergrundinformationen hinterlegt“, berichtet Markus Granget vom Vermessungs- und Flurneuordnungsamt des Enzkreises.

„Man darf allerdings nicht erwarten, hier alle weit über 5000 Kleindenkmale zu finden, die vor Jahren von ehrenamtlichen Heimatforschern kartiert und dokumentiert wurden. Wir haben eine repräsentative Auswahl getroffen“, erklärt Kreisarchivleiter Konstantin Huber.

  

Abb.: Zwei Kartenausschnitte aus dem BürgerGIS für den westlichen bzw. östlichen Enzkreis mit Symbolen verschiedener Kleindenkmaltypen (Foto: Enzkreis)

Im BürgerGIS steht ein Großteil der Objekte zur Verfügung, die auch in dem 2013 erschienenen Buch „Verborgene Schätze entdecken: Kleindenkmale im Enzkreis“ enthalten sind. Das Buch wurde von Dr. Catharina Raible verfasst und von Barbara Hauser aus Neuenbürg fotografisch gestaltetet. Die Auswahl und Aufarbeitung erfolgte durch den Konstanzer Studenten Raphael Schenkel, der ein zweimonatiges Praktikum im Kreisarchiv ableistete und dabei von Hubers Mitarbeiterin Helga Schröck betreut wurde. „Die Arbeit machte großen Spaß und brachte mir zugleich die Geschichte meiner Heimatregion näher“, berichtet der aus Pforzheim stammende Student. Die dann anknüpfende Umsetzung der Informationen in das BürgerGIS übernahm  schließlich  Markus Granget.

Landratsvize Wolfgang Herz, der als für den Denkmalschutz verantwortlicher Dezernent die Erfassung der Kleindenkmale und die spätere Publikation bereits von den Anfängen im Jahr 2002 an begleitet hatte, freut sich: „Mit dieser zeitgemäßen Präsentation im WebGIS schaffen wir ein Stück „digitale Heimat“ und laden herzlich dazu ein, zunächst elektronisch und dann in natura in- und außerhalb der Ortschaften des Enzkreises auf Entdeckungstour zu gehen.“ Für Fragen und Hinweise steht das Kreisarchiv des Enzkreises gerne zur Verfügung.

Kontakt:
Enzkreis, Kreisarchiv und Kultur
Zähringerallee 3
75177 Pforzheim
Tel. 07231 308-1668
kreisarchiv@enzkreis.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung, 102/2018, 12.4.2018

Der Tod Hans Wiesners an der Westfront – Aschaffenburger Schlaglicht April 1918

Seit dem hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs werden im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg monatlich wechselnde „Schlaglichter“ in Form einer kleinen Präsentation gezeigt. Ausgewählte Dokumente, Fotografien und Objekte, zumeist aus den Beständen des Archivs (und ab und an auch in Kooperation mit regionalen Sammlern und Heimatforschern) werden über einen Zeitraum von jeweils vier Wochen gezeigt. Die jeweiligen Präsentationstexte sowie ausgewählte Bilder werden seit dem August 2014 über die Homepage des Archivs dokumentiert (Rückblick).

Das aktuelle Schlaglicht behandelt den Tod Hans Wiesners an der Westfront:

Hans Wiesner auf einem
vom Aschaffenburger Foto-
Atelier Samhaber
angefertigten Foto,
um 1914 (Privatbesitz)

Am Ostersonntag, den 1. April 1918 schrieb der Stabsarzt Bausewein an seinen Aschaffenburger Kollegen Bernhard Wiesner: „Im Auftrage Ihres Herrn Sohnes muss ich Ihnen leider heute die Nachricht von seiner Verwundung machen. Am 31. III. wurde er an seinem Unterstande von einem in etwa 50 m Entfernung einschlagenden Geschoss durch Splitter an der linken Brustseite, hintere Achsellinie etwa Höhe der 8.-10. Rippe verwundet.“

Diese Nachricht von der Westfront traf erst eine Woche später, am 8. April mit der letzten Post in Aschaffenburg ein. Bernhard Wiesner und seine Frau Elisabeth schrieben umgehend an ihre sechzehnjährige Tochter Marielies, die in Regensburg zur Schule ging: „Da bis jetzt noch keine Nachrichten aus dem Feldlazarett da sind, hoffen wir, daß Hans am Leben bleibt. Sobald wir wissen, wo er liegt, will Vater sehen, die Erlaubniß zur Hinreise zu erhalten.“

Zwei Tage später erfuhr Marielies durch einen weiteren Brief der Mutter vom Tod Ihres älteren Bruders. „Es ist ganz unfassbar und doch ist es ganz wahr: Unser lieber guter Hans ist tot“, schreibt Elisabeth Wiesner und vertraut ihrer Tochter an: „Erinnerst du Dich, daß wir am Ostermontag in der Agathakirche waren. Wir knieten seitlich nahe beim Predigtstuhl. Da mitten im Gottesdienst stand auf einmal Hans vor mir ganz blutüberlaufen. Ich bin entsetzlich erschrocken, habe dabei nur das Gefühl gehabt – o Gott, unserem Hans ist etwas passiert und habe hierauf nur mehr für ihn bitten und flehen können, der l[ie]b[e] Gott möge sich seiner erbarmen und ihn nicht ohne vorherige Aussöhnung mit Ihm aus dem Leben scheiden lassen.“

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv
Wermbachstraße 15
63739 Aschaffenburg
Telefon: 06021 45 61 05 0
Telefax: 06021 / 2 95 40
stadtarchiv@aschaffenburg.de
www.archiv-aschaffenburg.de