Mehr »Objekte des Monats« von Stadtbibliothek und Stadtarchiv Trier

Die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier hütet bibliophile Schätze von höchstem Wert und internationalem Rang. Eine herausragende Stellung besitzen der zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gehörende „Codex Egberti“, das „Ada-Evangeliar“ oder die „Trierer Apokalypse“. Die kostbaren Handschriften markieren den künstlerischen Höhepunkt der ottonischen und karolingischen Epoche. Sie zählen zum kulturellen Erbe des Mittelalters. Mit ihrer „Schatzkammer“ steht allen historisch Interessierten ein faszinierender Blick in die Kunst und Kultur von Mittelalter und früher Neuzeit offen. Modernste Medientechnik, ein eigener Schulungs- und Seminarraum sowie ein ergänzendes Programm für Kinder erweitern das Angebot auf breiter Front.

Blick in die Trierer „Schatzkammer“ auf YouTube: Die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier verfügt über bedeutende und wertvolle Bestände aus Mittelalter und Neuzeit. Sie besitzt insgesamt über 430.000 Bände, darunter ca. 3.000 Handschriften, 95.000 Druckschriften bis 1850, darunter ca. 3.000 Inkunabeln), 38.000 Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts, 2.000 Autographen und 6.500 Grafikblätter und Porträts. – Im Hause Weberbach 25 finden sich unter einem Dach die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier, das Stadtarchiv und die Schatzkammer von Stadtbibliothek und Stadtarchiv Trier.

Seit mehr als zwei Jahren präsentiert die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier insbesondere ein „Buch des Monats“, aber hin und wieder auch einen „Autor des Monats“ oder ein „Foto des Monats“. Die auf der Webseite der Wissenschaftlichen Bibliothek und des Stadtarchivs Trier zu findenden Beiträge werden zudem seit Mai 2020, als Reaktion auf die conorabedingten Besucherbeschränkungen, auch als Podcast angeboten. Seit Beginn des Jahres 2022 erweitern die Wissenschaftliche Bibliothek und das Trierer Stadtarchiv ihr Angebot „des Monats“ und präsentieren künftig monatlich ein interessantes Buch, ein Archivale oder ein Objekt. Sie möchten auf diese Weise die vielfältigen Bestände im Haus an der Weberbach vorstellen. Das Stadtarchiv Trier ist organisatorisch mit der Stadtbibliothek Trier verbunden.

Archiv präsentiert kostbares Glückwunschschreiben für Reichskanzler Bismarck
Das Überbringen von Glückwünschen zu einem Ereignis ist ein besonderes Zeichen der Verbundenheit und der Wertschätzung für eine Person. In der heutigen Zeit, in der Glückwünsche in Schriftform oftmals nur noch als flüchtige SMS oder Whatsapp-Nachricht verschickt werden, scheint eine so genannte Glückwunschadresse, wie sie vom 16. bis ins beginnende 20. Jahrhundert üblich war, eine übersteigerte Form der Gratulation zu sein. Doch wurde sie von den damaligen Zeitgenossen als angemessen empfunden und fand weite Verbreitung.


Objekt des Monats Januar 2022: Diese sogenannte „Glückwunschadresse“ fertigte der Trierer Wilhelm Thyssen für Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck zu dessen 70. Geburtstag (Foto: Stadtarchiv Trier)

Das Stadtarchiv Trier verwahrt ein besonders interessantes Exemplar einer Glückwunschadresse, das 1885 zum 70. Geburtstag von Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck angefertigt wurde. Das aufwändig gestaltete Schmuckblatt zeigt im Zentrum die eigentliche Widmung an den Empfänger und darunter ein Zitat aus dem Schauspiel „Torquato Tasso“ von Johann Wolfgang von Goethe, in dem die selbstlosen Verdienste des Dichterhelden auf Bismarck übertragen werden. Widmung und Text sind von einem Rahmen aus Rollwerk und seitlichen Ornamentfüllungen eingefasst, die stilistisch auf den Dekor des 16. Jahrhunderts zurückgehen, der im späten 19. Jahrhundert sehr beliebt war.

Das Medaillion im oberen Rahmenbogen mit dem Porträt des Reichskanzlers wird vom preußischen Adler bekrönt und von zwei speerwerfenden Jünglingsfiguren flankiert, die aus Rankenwerk erwachsen, Auf deren Schilden sind die Worte „Liebe des Volkes“ und „Stolz des Volkes“ zu lesen. Auch die weiblichen Assistenzfiguren in den seitlichen Füllungen dienen der Programmatik des Blattes. Die links stehende bläst eine Fanfare in Richtung von Bismarck und trägt Lorbeerkränze als Symbol von Sieg, Ruhm und Ehre. Die rechts sitzende, geflügelte Figur im antiken Gewand dürfte ebenfalls als eine Personifikation des Sieges in der Darstellung der Göttin Victoria aus der römischen Mythologie zu interpretieren sein. Indem sie den Namen Bismarck auf eine Schriftrolle verewigt, verweist sie auf den Sieg Deutschlands über die Franzosen und die sich daran anschließende Gründung des deutschen Kaiserreichs 1870/71, welche maßgeblich auf Bismarcks Politik zurückgeht. Dieser Deutung entsprechen auch die über den Figuren angebrachten Inschrifttafeln „Ruhm“ und „Geschichte“.

Am meisten verblüfft jedoch die im unteren Bereich des Blattes angebrachte Autorschaft. Man mag kaum glauben, dass der „technische Eisenbahn Secretair zu Trier“ Wilhelm Thyssen aus der Saarstraße – noch dazu katholischer Konfession – als Entwerfer und Zeichner für eine solch dichte Programmatik und künstlerisch ansprechende Ausführung verantwortlich zeichnet. Im unteren Bogenfeld ist das Verwaltungsgebäude des Königlichen Eisenbahnbetriebsamts in Trier mit Dampflok im Hintergrund zu sehen. Die Inschriften in den Bogenzwickeln und die eingerückten Wappen des Königreichs Preußen und der Stadt Trier links und rechts darüber sind als dezidiertes Bekenntnis einer Zugehörigkeit zur preußischen Rheinprovinz anzusehen, der man einen industriellen Aufschwung und Wohlstand nach dem Anschluss an das Eisenbahnnetz 1856 und besonders nach der Reichsgründung zu verdanken hatte. Die damit verbundenen Vorteile lassen offenbar die Konflikte des erst 1878 überwundenen Kulturkampfes, in dem gerade das katholische Trier als Hochburg des päpstlichen Katholizismus Federn lassen musste, in den Hintergrund treten.

Die aquarellierte Federzeichnung als Einzelblatt und nicht als Druck vervielfältigt, war nur für ihren Empfänger bestimmt. Bismarck erhielt als Reichskanzler und erst recht nach seiner Entlassung 1890 täglich beutelweise solche Verehrungsbekundungen, was nach seinem Tod 1898 in einem regelrechten Bismarck-Kult gipfelte. Über den Auktionshandel fand dieses aussagekräftige Stück 2014 wieder zurück in seine Trierer Heimat. Über die zahlreichen historischen Inhalte hinaus ruft es dazu auf, vielleicht auch einmal wieder zu Papier und Stift zu greifen, um einer nahestehenden Person einen handgeschriebenen Glückwunsch zu schicken, der auf diese Weise der Nachwelt erhalten bleibt.

Kontakt:
Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier
Weberbach 25
54290 Trier
Tel: 0651/718-1429
Fax: 0651/718-1428
www.stadtbibliothek-weberbach.de

Stadtarchiv Trier
Weberbach 25
54290 Trier
Tel.: 0651/718-4420/21/22
Fax: 0651/718-4428
www.stadtarchiv-trier.de

Quelle: Stadt Trier, Nachrichten, Mai 2020; Stadt Trier, Pressemitteilung, 14.1.2022

Kein Scherz! Stadtarchiv Amberg verwahrt Witzesammlung

Worüber wir lachen und worüber nicht, verrät viel über uns. Der Sinn für Humor ist nicht nur bei den einzelnen Menschen sehr unterschiedlich, sondern auch über die Zeiten hinweg ständigen Veränderungen unterworfen. Eine Kulturgeschichte des Humors verspricht viele Aufschlüsse über unsere Vorlieben und Abneigungen, über unsere Tabus und Befindlichkeiten. Das zeigt auch die Witzesammlung, die der Ende 2010 verstorbene Amberger Journalist und Theaterberater Joachim Kubeng zusammengetragen hat.


Abb.: Joachim Kubeng (1919-2010), 1994 Kulturpreisträger der Stadt Amberg (Foto: Familie Kubeng)

Die Sammlung ist Teil seines Nachlasses, der dem Stadtarchiv Amberg übergeben wurde und dort aufbewahrt wird. Seine Unterlagen bieten reichhaltiges Material zur Geschichte des Amberger Kulturlebens und insbesondere des Stadttheaters Amberg, das nun auf eine Auswertung wartet. In den Beiträgen spiegelt sich aber auch die Persönlichkeit von Joachim Kubeng wider.

Nicht nur auf den Brettern, die die Welt bedeuten, hat ihn der Humor stets begleitet. Jahrzehntelang hat der Kulturliebhaber Witze, Anekdoten und launige Ansprachen aus Zeitungen ausgeschnitten oder nach Hörensagen aufgeschrieben und in einem umfangreichen Ordner abgelegt. Ganze Hundertschaften von Witzen und Anekdoten sind so dem Vergessen entkommen und können nun im Lesesaal des Stadtarchivs Amberg nachgelesen werden.

Diese Tatsache ist umso wertvoller, als der auf der Straße oder in Gesellschaft erzählte Witz nur selten schriftlich festgehalten wird und dadurch kurioserweise zu den bedrohten Kulturgütern zählt. Ganz im Gegensatz zu Komikern wie Heinz Erhardt, Loriot oder Otto Waalkes, die fest in den Erinnerungen vieler Menschen verwurzelt und in verschiedenen Medien überliefert sind. Interessenten und vor allem Interessentinnen wird dennoch so manches Mal das Lachen im Halse stecken bleiben, denn was seinerzeit der Belustigung diente, würde heute oftmals ein „No Go“ darstellen.


Abb.: Oberbürgermeister Michael Cerny (sitzend) zusammen mit dem Leiter des Stadtarchivs Amberg Dr. Andreas Erb bei der Durchsicht der Witzesammlung, die Joachim Kubeng dem Archiv unter anderem hinterlassen hat (Foto: Susanne Schwab, Stadt Amberg)

Darauf machte der Leiter des Amberger Stadtarchivs, PD Dr. Andreas Erb, zusammen mit Oberbürgermeister Michael Cerny aufmerksam. Dieser war im Archiv vorbeigekommen, um sich über das Vermächtnis von Joachim Kubeng zu informieren. „Dass es sich hier um eine andere Zeit und andere Gepflogenheiten handelt, merkt man am Beispiel des Humors auf sehr subtile Weise“, stellte der Stadtarchivar in diesem Zusammenhang fest. Nichtsdestotrotz war man sich einig, dass auch dieser Teil des Nachlasses ein wichtiges Kulturzeugnis darstellt, das den nachfolgenden Generationen einen wertvollen Eindruck aus dem Leben und Denken dieser Jahre vermittelt.

Kontakt:
Stadtarchiv Amberg
Leiter: Dr. Andreas Erb
Paulanerplatz 17
92224 Amberg
Tel. 09621 10-1267 oder 10-1827
Fax 09621 37600-267
stadtarchiv@amberg.de

Quelle: Stadt Amberg, News, 12.1.2022

Stadtarchiv Lahr erstellt erste Beständeübersicht

Rund zwei Kilometer Unterlagen von mittelalterlichen Urkunden über Amtsbücher bis hin zu modernen Akten und Karteikarten werden im Stadtarchiv Lahr verwahrt. Im Jahr 1890 erstellte Theodor Müller im Auftrag der Badischen Historischen Kommission ein erstes, nach Pertinenzprinzipien geordnetes Bestandsverzeichnis einschließlich einer Kurzregestierung der vorhandenen Urkunden der Stadt Lahr. Die Professionalisierung des Archivwesens in der einstigen Druckerstadt am Schwarzwald erfolgte erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts. 1979 trat erstmals ein hauptamtlicher Archivar, Joachim Sturm, sein Amt an. Ihm folgte 1989 Gabriele Bohnert. Im Jahr 2002 bezog das Stadtarchiv Lahr neue Räume im neuerbauten Rathaus Nordflügel, nun erstmals mit klimatisierten Magazinräumen und großzügigem Leseraum und Mitarbeiterbüros.

Damit sich Besucherinnen und Besucher bereits im Vorfeld einen Überblick über die im Stadtarchiv verwahrten Archivalien verschaffen können, hat Stadtarchivar Thorsten Mietzner jetzt eine komplette Beständeübersicht erstellt, die alle nutzbaren Archivbestände gegliedert auflistet. Die Archivbestände der Lahrer Ortsteile werden hier genauso beschrieben wie die verschiedenen Aktenüberlieferungen, Bildsammlungen und Zeitschriften.

Im Stadtarchiv Lahr kann in folgenden Beständen recherchiert werden:

  • Urkunden von 1305 bis 1806
  • Feuerversicherungsbücher
  • Rechnungsbücher, Steuerkataster
  • Akten und Amtsbücher der Stadt Lahr (ab 1527), der Gemeinden Dinglingen (bis 1933), Hugsweier, Sulz, Kuhbach und Langenwinkel (bis 1972)
  • Nachlässe
  • Sammlungen zu verschiedenen Teilbereichen der Stadtgeschichte
  • Foto- und Postkartensammlung
  • Lahrer Zeitung seit 1796
  • Lahrer Anzeiger/Badische Zeitung seit 1868; Lahrer Anzeiger seit 2006
  • Periodika: Der Altvater, Die Ortenau, Geroldsecker Land, ZGO und mehr
  • Literatur von Lahrern, zu Lahr, zur Herrschaft, zur Geschichte und zur Archivkunde

Eine kleine Geschichte des Stadtarchivs rundet die Beständeübersicht als unentbehrliches Hilfsmittel für den Archivbesuch ab. Es kann als PDF-Datei über die Internetseite der Stadt Lahr runtergeladen werden oder wird auf Wunsch vom Stadtarchiv Lahr per E-Mail zugeschickt.

Stadtarchivar Thorsten Mietzner (Foto: Stadt Lahr)

Kontakt:
Stadtarchiv Lahr
Thorsten Mietzner
Rathausplatz 4
77933 Lahr
07821 / 910-0417
07821 / 910-70 410
stadtarchiv@lahr.de
thorsten.mietzner@lahr.de

Quelle: Stadt Lahr, Pressemitteilung, 13.1.2022; Stadt Lahr: Stadtarchiv.

Thünen-Institut will Nationales Tierstimmen-Archiv aufbauen

Das Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde plant den Aufbau eines Nationalen Tierstimmen-Archivs. Man wolle mit dem Forschungsansatz „Bioakustik“ vergleichen, welche Tiere man jetzt und welche man in 20 Jahren hört, erklärte Thünen-Projektleiter Franz Kroiher gegenüber dem rbb. Dadurch könne man erkennen, ob die Tierstimmen sich verändert hätten, ob neue hinzugekommen oder welche fortgefallen seien.

Um das Ganze vergleichbarer zu machen, sollen die Tierstimmen mit Metadaten verknüpft werden. Bezugsgrößen seien u.a. die Art des Waldes und der Waldbewirtschaftung, die Jahres- und Tageszeit und meteorologische Verhältnisse. Ein Schwerpunkt soll auf dem Klimawandel liegen, da man beispielsweise beobachten könne, dass durch die Klimaerwärmung die Brunft immer später einsetzt. Ein erstes Projekt in Richtung Nationales Tierstimmen-Archiv seien jedoch Wolfsstimmen, die man mit Rekordern in der Schorfheide aufzeichne, um herauszufinden, wie die Rudel sich in der Landschaft bewegen. Bis ins Frühjahr 2022 hinein werde man gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Museums für Naturkunde Berlin mit Mikrofonen und Rekordern auf der Pirsch sein.

Das Naturkundemuseum in Berlin betreibt bereits seit Jahren ein Tierstimmen-Archiv und verfügt über eine der ältesten und umfangreichsten Sammlungen von Tierstimmen weltweit. Etwa 120.000 Tonaufnahmen von 1.800 Vogelarten, 580 Säugetierarten sowie zahlreichen Fisch-, Amphibien-, Reptilien- und Insektenarten bilden das Tierstimmen-Archiv. Die Tonaufzeichnungen stammen aus zoologischen Gärten, experimentellen Untersuchungen und aus dem Freiland in vielen Teilen der Welt.


Abb.: Datenbank des Tierstimmen-Archivs des Museums für Naturkunde Berlin

Die umfangreiche Tierstimmensammlung steht grundsätzlich Wissenschaftlern aller Fachrichtungen offen und wird mit stetig zunehmender Dichte in Form einer Online-Datenbank, die derzeit mehr als 75.000 Einträge umfasst, jedem Interessierten weltweit zugänglich gemacht. Mehr als 40.000 Tonaufnahmen sind über die Datenbank bereits frei zugänglich.

Aus diesem Grunde suchen die Forscher des Eberswalder Thünen-Instituts die Unterstützung der Berliner Kollegen. Deren selbst entwickelte Software zur automatischen Auswertung der Aufnahmen stellt das Museum für Naturkunde Berlin zur Verfügung. Die „Bioakustik“ erwuchs in den 1950er Jahren als Forschungsfeld aus den technischen Möglichkeiten der Schallspeicherung und Schallübertragung und band die Tontechnik als epistemisches Werkzeug in ihren Forschungsalltag ein. Seither helfen Tonaufnahmen der Biologie, die akustische Kommunikation von Tieren zu studieren und deren auditive Wahrnehmungsformen zu ergründen.

Auf das Wolfsprojekt sollen ab 2023 eine Machbarkeitsstudie in Brandenburger Kiefernwäldern über sämtliche Tierstimmen sowie anschließend Audioaufnahmen in hessischen Buchenwäldern folgen. Die Finanzierung soll über eine Förderung des Bundeslandwirtschaftsministerium geschehen.

Kontakt:
Thünen-Institut
Institut für Waldökosysteme
Alfred-Möller-Straße 1, Haus 41/42
16225 Eberswalde
Telefon: +49 3334 3820 300
Fax: +49 3334 3820 354
wo@thuenen.de
https://www.thuenen.de/de/wo/

Franz Kroiher (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)
Telefon +49 3334 3820 309
Fax +49 3334 3820 354
franz.kroiher@thuenen.de

Quelle: rbb/Antenne Brandenburg, Antenne am Nachmittag, 5.1.2022; Thünen aktuell, in: Twitter, 6.1.2022; Judith Willkomm: Tiere, Töne: Tatsachen? Zur Rolle von Medientechnologien in bioakustischer Feldforschung, in: Auditive Medienkulturen, 26.1.2013; BMUV: Das Tierstimmenarchiv des Museums für Naturkunde Berlin, o.D.; Webseite „Tierstimmenarchiv“.

Super-8-Filme vom Willy Nöthlichs im Stadtarchiv Kelheim

Bewegte und bewegende Bilder aus Kelheims Stadtgeschichte.

Das Stadtarchiv Kelheim hat einen weiteren historisch wertvollen Schatz aus der Stadtgeschichte der Nachkriegszeit erhalten: Insgesamt mehr als 40 Super-8 Dokumentarfilme, gut die Hälfte davon vertont und in Spielfilmlänge, sowie die dazugehörigen Tonbänder, Textdokumentationen und Abspielgeräte. Der engagierte Amateurfilmer Willy Nöthlichs hatte es sich in den 1970er Jahren zur Aufgabe gemacht, Geschichte und Alltagsleben in seiner Heimatstadt Kelheim filmisch zu dokumentieren. Er hatte seine Dokumentarfilme, in damals sehr beliebten Veranstaltungen, auch öffentlich vorgeführt.


Abb.: Willy Nöthlichs mit Frau Adelheid und Kamera (Foto: Stadtarchiv Kelheim)

Seine Enkelin und sein Urenkel Heidemarie und Martin Kirner haben nun Willy Nöthlichs filmisches Lebenswerk dem Stadtarchiv Kelheim übergeben. Stadtarchivar Dr. Wolf Kulke schätzt sich glücklich, die mittlerweile sehr umfangreiche Film- und Fotosammlung des Kelheimer Stadtarchivs mit Nöthlichs beeindruckenden Dokumentarfilmen bereichert zu sehen.


Abb.: Nöthlichs Urenkel Martin Kirner und seine Frau Manuela bei der Übergabe im Stadtarchiv Kelheim (Foto: Dr. Wolf Kulke)

Willy Nöthlichs war 1908 in Heinsberg im Rheinland geboren worden und ist in den 1930er Jahren als Monteur in die damals neu errichtete Zellwollefabrik nach Kelheim gekommen. Dort hatte er auch seine Frau Adelheid kennengelernt, die ihn später auch bei seinen Filmprojekten unterstützte. Sie lebten im Kelheimer Mitterfeld und waren begeisterte Hobby-Gärtner und -Imker. Willy Nöthlichs ganz besonderes Interesse galt dem in Kelheim und Umgebung noch heute so deutlich sichtbaren Zusammenspiel von Landschaft und Geschichte, seine Aufnahmen sind daher wirkliche Heimat-Filme im besten Sinne des Wortes. Nöthlichs Filme sind nicht zuletzt auch deshalb von ganz besonderem dokumentarischen Wert für die Kelheimer Stadtgeschichte, weil sie genau in der Zeit des größten städtebaulichen und landschaftlichen Umbruches um 1980 mit der Durchführung des Rhein-Main-Donau-Kanals anstelle der naturbelassenen Altmühl entlang der historischen Altstadt entstanden sind. Nöthlichs Filmdokumentationen zeigen sowohl die traditionelle Fischerei mit hölzernen Zillen und handgeknüpften Netzen auf der Altmühl als auch den gewaltigen Eingriff der Kanalbaustelle mit dinosauriergleichen, riesigen Baggern in beeindruckenden Bildern. Zugleich hat Willy Nöthlichs auch die umfangreichen archäologischen Ausgrabungen im Rahmen des Kanalbaues filmisch dokumentiert.


Abb.: Einige der 8mm-Filme Tonbänder und Geräte aus dem Nachlass von Willy Nöthlichs (Foto: Dr. Wolf Kulke) 

Die Themen seiner Filme sind vielfältig und reichen von historischen Dokumentationen wie „Kelheim – eine Stadt und ihre Geschichte“ und „Zeugen der Vergangenheit“ über Landschaftsfilme wie „Das stille Tal der Altmühl“ und „Kelheim und der RMD-Kanal“ bis hin zu Naturfilmen über Blumen und Bienen, sozialen Themen unter dem Titel „Der Feierabend“ zum Leben der Senioren in Kelheim, bis hin zum regen Alltagsleben der 1970er Jahre in „Eine Fahrt durch die Stadt“, „Eine Stadt feiert“ und „Bildnis einen kleinen Stadt“.

Die Stadt Kelheim plant für 2022 eine öffentliche Vorführung mit Filmen von Willy Nöthlichs, zusammen mit anderen bislang unveröffentlichten Nachkriegs-Filmen aus Kelheims Wirtschaftswunder-Zeit der 50er und 60er-Jahre aus der Filmsammlung des Stadtarchivs Kelheim.

Kontakt:
Stadtarchiv Kelheim
Dr. Wolf-Heinrich Kulke
Alleestraße 22
93309 Kelheim
Tel.: 09441-1745086
wolf.kulke@kelheim.de

Quelle: Stadt Kelheim, Pressemitteilung, 2021 (Dank an Yvonne Kandziora)

Die Archive der jüdischen Gemeinden Griechenlands kehren heim

Gegen Ausgleichsleistungen gibt Russland Dokumente der jüdischen Gemeinden des Landes zurück.

Fast 80 Jahre nach dem Raub durch die deutschen Nationalsozialisten am 11. Juli 1942 kehren die Archive der jüdischen Gemeinden Griechenlands sowie Kultusgegenstände und Bücher aus jüdischen Stiftungen in ihre Heimat zurück, wie die Jüdische Allgemeine berichtet. Diese Überlieferung befand sich seit Mai 1945 zunächst im Besitz der Sowjetunion und später der Russischen Föderation.

Das Archiv zum jüdischen Leben in Griechenland war von Soldaten der Roten Armee durch Zufall entdeckt worden. Verhandlungen auf höchster Ebene entwickelten sich im Lauf der vergangenen Jahrzehnte zu einer Prestigefrage für Russland wie für Griechenland. Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis konnte bei seinem Besuch in Moskau im Dezember 2021 zusammen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Schlusspunkt unter das schwierige Kapitel setzen.


Abb.: Der russische Präsident Wladimir Putin kündigt während einer Pressekonferenz am 8.12.2021 mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis die Übergabe der Archive der jüdischen Gemeinden an, die 1945 nach Moskau verbracht worden waren (Foto: KIS.gr)

Griechenland muss dafür, dass das russische Militärarchiv in Moskau das Archiv der griechischen Juden jahrzehntelang »aufbewahrt« hat, Entschädigungszahlungen an Moskau leisten. Und Griechenland wird im Gegenzug für die Rückgabe der jüdischen Archivalien das Archiv des zaristischen Konsulats in Chania auf der Insel Kreta an Russland übergeben. – Das Archiv wird, wenn das Holocaust-Museum in Thessaloniki fertiggestellt sein wird, allen Interessierten zur Verfügung stehen. Die Geschichte des Judentums in Griechenland reicht mehr als 2500 Jahre zurück.

Heute leben noch rund 5.000 Juden in Griechenland. Während der Schoa wurden 70.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder, knapp 70 Prozent der damaligen Gemeindemitglieder, ermordet. Am schlimmsten traf es die zu fast 95 Prozent ausgelöschte Gemeinde von Thessaloniki. „Für uns, die Israelitische Gemeinde Thessalonikis, ist die Rückkehr der Archive aus Moskau etwas sehr Wichtiges, es ist unsere Geschichte. Wir alle müssen wissen, was passiert ist, das Verbrechen, wie es passiert ist, und wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir florierende Gemeinden, die eine große Rolle im Handel, in der Buchproduktion und in der Musik spielen, fast vollständig verloren haben“, kommentierte der Vorsitzende des Zentralrats und der Gemeinde von Thessaloniki, David Saltiel, gegenüber der Nachrichtenagentur AMNA die frohe Kunde von der Rückkehr des Archivs.


Abb.: Erfassung jüdischer Männer zur Zwangsarbeit, Propagandaaufnahme der Wehrmacht (Juli 1942) (Bundesarchiv, Bild 101I-168-0894-19A / Dick / CC-BY-SA 3.0)

Die Archivbestände, Bücher und Kultgegenstände der jüdischen Gemeinde waren von deutschen Einheiten am 11. Juli 1942 geraubt worden, als 30 Synagogen, Bibliotheken und Gemeindeeinrichtungen in Thessaloniki geplündert worden sind. – Am 7. Juli 1942 hatte der Befehlshaber Saloniki-Ägäis, General Curt von Krenzki, die Anordnung zur Zwangsarbeit für alle männlichen unbeschäftigten Juden griechischer Staatsangehörigkeit im Alter von 18 bis 45 Jahren erlassen. Am 11. Juli 1942, einem Sabbath, hatten sie sich auf dem Freiheitsplatz zur Musterung und Erfassung zur Zwangsarbeit versammeln („Schwarzer Sabbath“). Etwa 3.500 von rund 8.000 Juden, die kein Beschäftigungsverhältnis nachweisen konnten, wurden zwangsverpflichtet und vorwiegend im Straßenbau eingesetzt, dafür in malariaverseuchte Sümpfe geschickt, oder sie mussten Schwerarbeit in Chrombergwerken leisten. Die gesamte Aktion trug alle Merkmale der „Vernichtung durch Arbeit“.

Quelle: Wassilis Aswestopoulos: Ein Archiv kehrt heim, in: Jüdische Allgemeine, 3.1.2022; greekreporter.gr, 8.12.2021; The Central Board of Jewish Communities in Greece / KIS.gr, 8.12.2021; Central Board of Jewish Communities in Greece, Pressemitteilung, 9.12.2021; Israelischer Botschafter in Griechenland begrüßt die Rückgabe der Archive der jüdischen Gemeinden (engl.), in: ANA-MPA, 9.12.2021; Art. Jüdische Gemeinde Thessaloniki, in: Wikipedia, 17.6.2021; Holocaust Memorial Thessalonikis, in: Gedenkorte Europa.eu

Unterrichtsmaterialien zu den Wahlen der Weimarer Republik in Coesfeld

Wer war die erste Coesfelderin, die in ein Parlament gewählt wurde? Gab es auch schon vor 1933 Nationalsozialisten in der Stadt? Wie unterschied sich eine katholische geprägte preußische Kreisstadt im ländlichen Westfalen vom Deutschlandtrend? – Antworten auf diese und weitere Fragen liefert das Unterrichtsmaterial „Wahlen der Weimarer Republik in Coesfeld (1919-1933)“, das von der Website des Stadtarchivs Coesfeld abgerufen werden kann.


Abb.: Dr. Hendrik Lange (Bild) hat gemeinsam mit dem Coesfelder Stadtarchivar Norbert Damberg Informationen zu den Wahlen der Weimarer Republik in Coesfeld erarbeitet (Foto: Stadtarchiv Coesfeld).

Geschichtslehrer Dr. Hendrik Lange und Stadtarchivar Norbert Damberg haben sich dafür ein weiteres Mal zusammengesetzt: „Wir bauen unsere digitalen Unterrichtsmaterialien kontinuierlich aus. Die neue Handreichung ergänzt sehr gut unsere bisherigen Veröffentlichungen zum Kriegsende 1918 und zur Nachkriegszeit nach 1945“, erläutert Norbert Damberg. Und Dr. Hendrik Lange ergänzt: „Mit den Anregungen kann ein guter und kompetenzorientierter Unterricht erfolgen. Gerade der lokale Fokus ergänzt das Schulbuch um wichtige Fragestellungen. Die Grundinformationen richten sich aber auch an allgemein historisch Interessierte.“

In dem Material sind Forschungsergebnisse auf lokaler und regionaler Ebene gebündelt; das ausführliche Literaturverzeichnis dient als Ausgangslage für weitere Forschungen. Neben den reinen Wahlergebnissen gibt es Informationen zu einzelnen Politikern und Parteien. Dank des übersichtlichen Inhaltsverzeichnisses findet sich schnell das passende Material. Die zehn didaktischen Anregungen bieten einen abwechslungsreichen Aufgabenpool. So kann jede Lehrkraft individuell schauen, welche Aufgaben sie auswählt.

„Die Beschäftigung mit lokalen Wahlergebnissen ist nicht nur etwas für die Freunde der Statistik. Es geht um die Frage von Kontinuität und Wandel“, erklärt Oberstudienrat Dr. Hendrik Lange, der an der Gesamtschule Gescher unterrichtet. Er sieht einen klaren Gegenwartsbezug: „Die Themen Antisemitismus, Rechtsextremismus oder Frauen in der Politik sind auch heute noch aktuell.“

Das Unterrichtsmaterial steht wie die bisher schon veröffentlichten kostenlos als PDF-Download zur Verfügung.

Kontakt:
Stadtarchiv Coesfeld
Walkenbrückenstr. 25
48653 Coesfeld
Tel: 02541-939-3010 / -3014
stadtarchiv@coesfeld.de
https://stadtarchiv.coesfeld.de

Quelle: Stadtarchiv Coesfeld: Weimarer Republik, Aug. 2021

Spurensuche Bielefeld 1933-1945

Mitte Dezember 2021 ist das neue Onlineportal „Spurensuche Bielefeld 1933-1945“ an den Start gegangen. Es ermöglicht einen geographischen Zugang zu vielfältigen Ergebnissen der Erinnerungskultur in Bielefeld. In sogenannten „Spuren“ werden Opfer, Täter und Strukturen der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in Bielefeld sowie die ‚Spuren‘ der direkten Vorgeschichte und Nachwirkungen sichtbar.

Das Onlineportal startet mit etwa 110 Spuren in einer interaktiven Karte der Stadt Bielefeld. Enthalten sind erstmals 80 Biogramme der deportierten Jüdinnen und Juden, die in Bielefeld als wohnhaft registriert waren und am 13. Dezember 1941 nach Riga deportiert wurden. Weitere Spuren betreffen die Verfolgung von Homosexuellen, Sinti und Roma, SPD- und KPD-Mitglieder, Bibelforscherinnen und Bibelforscher sowie die Rolle der Stadt- und Finanzverwaltung u.v.m.

Ne­ben dem „Na­tio­nal­so­zia­lis­mus in Bie­le­feld“ gibt es wei­te­re, breit­ ge­stal­te­te Zu­gän­ge und ver­schie­de­ne in­halt­li­che Schwer­punk­te der Er­in­ne­rungs­kul­tur. Sie rei­chen von As­pek­ten der De­mo­kra­tie­ge­schich­te des 19. und 20. Jahr­hun­derts, über den Ko­lo­nia­lis­mus, dem vor­mo­der­nen und mo­der­nen jü­di­schen Le­ben, die Ver­fol­gung und par­ti­el­ler Gleich­stel­lung von Ho­mo­se­xu­el­ler und Trans­gen­der bis zur In­te­gra­ti­on von Sin­ti und Soma, der sog. „Gast­ar­bei­ter“, ver­schie­de­ne Mit­bür­ger/in­nen mit Flucht- und Mi­gra­ti­ons­er­fah­rung u.v.m. Sie wer­den in den nächs­ten Jah­ren Ein­gang in das On­lin­e­por­tal fin­den.

Die Inhalte werden partizipativ von Erinnerungsinitiativen, interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie Bildungs- und Kulturinstitutionen erarbeitet. Die ersten 29 Autorinnen sind Historikerinnen und Historiker, fachkundige Bürgerinnen und Bürger sowie Studierende, Schülerinnen und Schüler. Weitere Spuren werden derzeit geschrieben und befinden sich in Vorbereitung. Ei­nen Über­blick über mög­li­che wei­te­re The­men und „Spu­ren“ fin­det man un­ter der Rubrik „Weiße Flecken“. Das Informationsangebot wird stetig erweitert. Für den Redaktionsprozess und die inhaltliche Qualitätssicherung ist das Stadtarchiv Bielefeld zusammen mit einer zivilgesellschaftlich-partizipativ besetzten Redaktion verantwortlich.

Alle Interessierten sind eingeladen, „Spuren zu legen“, Inhalte bereit zu stellen oder sich über die Erinnerungskultur in Bielefeld zu informieren.

Link: https://spurensuche-bielefeld.de

Kontakt:
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld
Kavalleriestraße 17
33602 Bielefeld
Tel.: +49 521 518516
jan-willem.waterboehr@bielefeld.de
https://www.stadtarchiv-bielefeld.de/

Quelle: Jan-Willem Waterböhr, Meldung für Nachrichtensammlung Westfaelische-Geschichte, 21.12.2021; Über das Onlineportal „Spurensuche Bielefeld 1933-1945“, Dez. 2021

Stadtarchiv Karlsruhe erhält Förderung für die Digitalisierung von Akten des Tiefbauamts

Stadtbaugeschichte Karlsruhe 1715–2000 erschienen.

Das Stadtarchiv Karlsruhe erhält im Rahmen des Förderprogramms „WissensWandel. Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive“ als Teil des Rettungs- und Zukunftsprogramms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien eine finanzielle Unterstützung zur Digitalisierung des Archivbestandes des Tiefbauamtes.


Abb.: Eine einzigartige Quelle stellen die Akten des Karlsruher Tiefbaumts dar: Bald kann online zur baulichen Entwicklung, etwa wie hier zur „Trümmerbahn“, recherchiert werden (Foto: Stadtarchiv Karlsruhe).

Für die Anfertigung von Scans der insgesamt 926 Akten bis einschließlich Oktober 2022 stellt der mit der Koordination beauftragte Deutsche Bibliotheksverband dem Karlsruher Stadtarchiv mehr als 40.000 Euro an Fördergeldern zur Verfügung.

„Damit setzt das Stadtarchiv die erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln in den Bereichen Bestandserhaltung und Digitalisierung fort“, sagt Dr. Katrin Dort, Leiterin des Stadtarchivs. So konnten beispielsweise in diesem Jahr über dasselbe Förderprogramm 2.296 Akten des Bestandes der Hauptregistratur mit einer Fördersumme von nahezu 100.000 Euro in die digitale Welt überführt werden.

Neustart Kultur
Seit Sommer 2020 läuft das Rettungs- und Zukunftsprogramm NEUSTART KULTUR. Mit mittlerweile über 70 Programmlinien und Mitteln in Höhe von zwei Milliarden Euro hilft die Bundesregierung, den Kulturbetrieb und die kulturelle Infrastruktur dauerhaft zu erhalten.

Stadtbaugeschichte Karlsruhe 1715–2000
Nicht unpassend zum Förderprojekt „Tiefbauamtsakten“ präsentiert das Stadtarchiv Karlsruhe mit der „Stadt­bau­ge­schichte Karlsruhe“ erstmals eine ­Ge­samtschau der Karlsruher Stadt­ent­wick­lung von der Stadt­grün­dung im Jahr 1715 bis ins Jahr 2000. Schon der Beginn war außer­ge­wöhn­lich: Mit dem Schlos­sturm als Zentrum wurde das Karlsruher Umland durch 32 Alleen in alle Himmels­rich­tun­gen er­schlos­sen. Zwischen den neun südlichen „Strahlen“ entstand die ur­sprüng­li­che Stadt des 18. Jahrhun­derts als „Fächer­stadt“.

Seitdem hat Karlsruhe, insbe­son­dere seit Beginn des 19. Jahr­hun­derts, eine gewaltige bauliche Entwick­lung erlebt. Im Stadt­zen­trum entstand mit der „Via Trium­pha­lis“ vom Schloss­platz ­zum Ettlinger Tor eine zentrale Stadtachse. Umfang­rei­che Ein­ge­mein­dun­gen seit Ende des 19. Jahrhun­derts, schließ­lich die Anlage neuer Siedlungen und ganzer Stadtteile im 20. Jahrhun­der­t ­ga­ben der Stadt ihr heutiges Bild.

Das Buch „Stadt­bau­ge­schichte Karlsruhe 1715-2000“ von Harald Ringler beschäf­tigt sich mit diesen Expan­sio­nen der Stadt nach außen und mit Verdich­tun­gen im Inneren sowie mit der Entwick­lung ­der Infra­struk­tur. Daneben werden charak­te­ris­ti­sche Gebäude der ein­zel­nen Zeitab­schnitte, aber auch Persön­lich­kei­ten aus dem Gebiet der Archi­tek­tur und Stadt­pla­nung, die das Stadt­bild präg­ten, vorge­stellt.

Zum Autor:
Dr.-Ing. Harald Ringler, geboren 1948, Studium der Archi­tek­tur, Raum­pla­nung und Raumord­nung TU Wien, Wissen­schaft­li­cher ­Mit­ar­bei­ter am Öster­rei­chi­schen Institut für Raumpla­nung in Wien, Promotion Univer­si­tät Stuttgart, Stadt­pla­ner im Stadt­pla­nungs­amt Karlsruhe, Geschäfts­füh­rer des Zentrums für Kunst und Medien­tech­no­lo­gie Karlsruhe (ZKM) 1989-1994, Leiter des Stadt­pla­nungs­am­tes der Stadt Karlsruhe 2004-2013, Lehr­be­auf­trag­ter am KIT, Stadt­di­rek­tor a.D., Publi­ka­tio­nen zur Stadt­pla­nung sowie zur Stadt­bau­ge­schichte von Karlsruhe.

Info:
Harald Ringler: Stadt­bau­ge­schichte Karlsruhe 1715-2000, Ubstadt-Weiher u.a. 2021 (Veröf­fent­li­chun­gen des Karls­ru­her ­Stadt­ar­chivs Band 36), 424 Seiten, ca. 300 Abbil­dun­gen, fester Ein­band, Verlag Regio­nal­kul­tur, Ubstadt-Weiher 29,80 €

Kontakt:
Stadt­ar­chiv Karlsruhe
Mark­gra­fen­straße 29
76133 Karlsruhe
Tel. 0721 133-4225
Fax 0721 133-4299
archiv@kultur.karlsruhe.de

Kontakt für die Reser­vie­rung eines Arbeits­plat­zes im Le­se­saal:
Tel. 0721 133-4277
archiv2@kultur.karlsruhe.de

Quelle: Stadt Karlsruhe, Stadtzeitung, 6.1.2022; Stadtarchiv Karlsruhe, Stadtgeschichte, Publikation: Stadtbaugeschichte, 2021; Stadt Karlsruhe, Neues Führungsteam, 26.5.2021; Stadt Karlsruhe, Pressemitteilung, 14.12.2021; Staatsministerin für Kultur und Medien, Programm/Coronahilfen „Neustart Kultur“.

Forschungsprojekt zu den Opfern des Nationalsozialismus in Ingolstadt

Die Zeit des Nationalsozialismus in Ingolstadt aufarbeiten und vor allem den Opfern der Nazi-Diktatur ein Gesicht geben, das ist das Ziel einer neuen Forschungsgruppe, die am Stadtarchiv Ingolstadt angesiedelt ist. Die Aufgabe übernommen haben Lutz Tietmann und Janina Rummel.


Abb.: Lutz Tietmann und Janina Rummel bei der Eröffnung der Ausstellung »KZ überlebt« (Foto: Ulrich Roessle/Stadt Ingolstadt)

Zwar hat es zu den Ingolstädter Opfern des Nationalsozialismus in der Vergangenheit bereits Forschungen gegeben, die sowohl von städtischen Einrichtungen als auch von engagierten Bürgerinnen und Bürgern unternommen wurden. Diese Forschungen beschränkten sich jedoch bewusst auf ausgewählte Opfergruppen und häufig exemplarisch auf einzelne Personen. Über viele Opfergruppen – beispielsweise die der NS-„Euthanasie“ – liegen allerdings bis heute nur wenige bis gar keine Informationen vor. Dementsprechend groß ist die Lücke auch bei der Aufarbeitung und Vermittlung von Opferbiographien.

Um ein Zeichen für eine zukunftsgerichtete Erinnerungskultur zu setzen, wurde im Frühjahr 2021 durch den Ingolstädter Stadtrat einstimmig die Einrichtung einer Forschungsgruppe zur Aufarbeitung der vielfältigen Schicksale der „Opfer des Nationalsozialismus in Ingolstadt“ beschlossen. Die Projektgruppe ist im Stadtarchiv Ingolstadt verortet und bearbeitet seit Juli 2021 als zentrale Handlungsfelder den Dreiklang aus Forschung, Dokumentation und Vermittlung der Geschichte der Opfer des Nationalsozialismus.

Das Projekt konzentriert sich auf alle Personen, die vor, während oder nach ihrer Verfolgung in Stadt und Landkreis Ingolstadt entweder geboren sind, gewohnt oder gearbeitet haben oder hier gestorben sind. Die bisherige Beschäftigung mit Opfern der NS-Zeit in Ingolstadt rückte primär die Todesfälle in den Fokus. Für die neue Forschungsgruppe werden als „Opfer“ alle Menschen verstanden, die durch das NS-Regime ihrer Menschenwürde beraubt wurden, Schaden an Leib und Leben, Schaden an ihrem Eigentum, den Verlust ihrer Existenzgrundlage oder den Verlust ihrer Heimat erlitten haben.

Ziele des Projektes sind eine möglichst umfassende Identifikation aller Ingolstädter Opfer und Opfergruppen der NS-Zeit, aufbauend auf einer Sichtung und Revision der bereits schon vorhandenen Ergebnisse, allen voran der Arbeiten von Dr. Theodor Straub. Die Rekonstruktion der jeweiligen Schicksale sowie die Dokumentation von Biographien und Quellen in Form einer archivischen Datenbank sollen als Grundlage für die Konzeption von Vermittlungsangeboten für Schülerinnen und Schüler sowie für Erwachsene dienen.

Das Forschungsprojekt hat eine Laufzeit bis Ende 2026 und wurde mit zwei neuen Kräften besetzt. Lutz Tietmann, Diplom-Soziologe mit dem Schwerpunkt betriebliche Weiterbildung, ist den Themen des Projekts seit über dreißig Jahren tief verbunden und engagierte sich in Ingolstadt insbesondere in den Bereichen der Forschungs- und Vermittlungsarbeit, auch im Rahmen der „Initiative für Mahn- und Gedenkstätten in Ingolstadt“. Seine Themenschwerpunkte lagen bisher im Bereich der NS-Wehrmachtsjustiz und der jüdischen Geschichte Ingolstadts. Er trat die Stelle im Forschungsprojekt im Juli 2021 an.

Im August 2021 folgte ihm die Kunsthistorikerin Janina Rummel, die die Forschungsgruppe vervollständigte. Nachdem sie im Stadtarchiv Nürnberg ein Projekt mit stadthistorischem Schwerpunkt betreute, war sie zuletzt für die Museen der Stadt Nürnberg im Bereich der Sammlungsstrategie und der Entwicklung digitaler Vermittlungsformen tätig. Zudem war sie als Kuratorin an verschiedenen analogen sowie digitalen Ausstellungsprojekten beteiligt. Rummel besetzt nun die Stelle mit Schwerpunkt auf Dokumentation und Vermittlung der Forschungsergebnisse.

Als erste öffentlichkeitswirksame Maßnahme betreuten die beiden die neue Sonderausstellung des Stadtmuseums Ingolstadt „KZ überlebt – Porträts von Stefan Hanke“ (s. Abb. oben), die noch bis 27. März 2022 zu sehen ist. Zudem sollen bereits im Frühjahr 2022 erste Forschungsergebnisse in Form eines Online-Gedenkbuches veröffentlicht werden.

Die Ausstellung „KZ überlebt – Porträts von Stefan Hanke“ widmet sich Überlebenden der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager: Wie lebten diese Menschen mit den erlittenen physischen und psychischen Zerstörungen weiter? Diese Frage begleitete den Regensburger Fotografen Stefan Hanke, als er von 2004 an zehn Jahre lang Betroffene aufsuchte. In seinem Projekt „KZ überlebt“ porträtierte er 121 von ihnen in sieben europäischen Ländern. Das Stadtmuseum Ingolstadt zeigt eine Auswahl von 52 Fotografien aus diesem Konvolut, darunter zwei Porträts von Ingolstädter Überlebenden.

Das Stadtarchiv Ingolstadt befindet sich zusammen mit dem Stadtmuseum, dem Spielzeugmuseum und der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek in einem ehemaligen Festungsbau aus dem Jahre 1838/43, dem Kavalier Hepp.

Kontakt:
Stadtmuseum, Stadtarchiv, Wissenschaftliche Stadtbibliothek
Kavalier Hepp
Auf der Schanz 45
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Fax: 0841 305-1888
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85049 Ingolstadt
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Fax: 08 41/3 05-18 88
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Quelle: Stadt Ingolstadt, Aktuelle Meldungen, 5.1.2022; Stadtmuseum Ingolstadt, Ausstellung „KZ überlebt“