Eines moralischen Tiefpunktes der Bocholter Stadtgeschichte, der Deportation von 25 Bocholtern jüdischen Glaubens im Jahre 1941, gedachte die Stadt Bocholt am 10. Dezember 2011. – Am 10. Dezember 1941 begann die Verschleppung von 25 Bocholtern in die Ghettos und Konzentrationslager in den osteuropäischen Staaten. Wie brutal die Deportation an besagtem Morgen vor sich ging, daran erinnert sich Luzi Sundermann, die damals vor dem Haus, Niederbruch 20, stand. "Mir fiel sofort eine Gruppe Männer auf, die vor dem Haus der Familie Metzger stand. Die Männer hatten Abzeichen am Arm. Als ich näher kam, sah ich, dass sie Metzgers aus dem Haus holten. Dabei wurden sie geschlagen. Die Frauen weinten. In den Gesichtern der Juden stand Angst, sie sträubten sich. Doch die Männer schrieen sie an. Sie schlugen noch die Scheiben ein. Die Juden mussten in den Bus einsteigen."
So wie hier mussten auch vor den so genannten Judenhäusern Bahnhofstraße 16 und Stiftstraße 32 sowie an der damaligen Polizeidirektion Münsterstraße 76 Menschen in den Deportationsbus nach Münster steigen. Von hier wurden die 25 Bocholterinnen und Bocholter jüdischen Glaubens in das Ghetto der lettischen Hauptstadt Riga gebracht. Sieben von ihnen erlebten die Auflösung des Ghettos 1943. Nur zwei – Henny Hochheimer und Meta Metzger – überlebten die danach folgenden KZs und kehrten im Sommer 1945 nach Bocholt zurück.
Fotos eines Besuches von Schülern der Hohe-Giethorst-Schule in der Gedenkstätte Riga-Bikernieki, hier wurden viele der aus Bocholt Deportierten in den Jahren 1941-1944 ermordet, werden derzeit vom VHS-Arbeitskreis Synagogenlandschaften im Foyer der Stadtbücherei Bocholt, Hindenburgstraße 5, gezeigt.
Lehrer Klaus Held erinnert sich an seine Eindrücke: "Als wir im Juni 2010 in Riga den Wald von Bikernieki erreichten, fragte einer seiner Schüler, ob dies die Stelle sei, an der der kleine Leo Landau erschossen wurde. Seine Lebensgeschichte hatten wir im Unterricht gelesen. Ich hatte schon das Gefühl, dass ihn diese Frage ernsthaft berührte, besonders in dem Moment, als wir zwischen den Steinen, die an die erschossenen Juden erinnerten, standen. Die Litauer hatten uns Grabkerzen mitgebracht, so dass wir zusammen Kerzen anzünden konnten, die wir am Stein \’Bocholt\‘ und der zentralen Gedenkstätte aufstellten." Mit vorbereiteten Texten und mit einer Schweigeminute gedachten die Bocholter den verschleppten und ermordeten Bocholter Juden, aber auch der Toten aus den vielen anderen Städten wie Vreden und Coesfeld.
Die Ausstellung geht am 15. Dezember 2011 mit einem Erinnerungsabend zu Ende. Schüler und Lehrer der Hohe-Giethorst-Schule werden über ihre Eindrücke in Biekerniki berichten.