Das Foto des Monats November 2011 des Stadtarchivs Bocholt zeigt einen noch relativ jungen Mann mit dem im 19. Jahrhundert zeitweise modischen Backenbart. Ungeachtet seiner jugendlichen Gesichtszüge strahlt er doch schon eine große Würde aus. Dies erstaunt weniger, wenn man weiß, dass der Abgebildete mit gerade einmal 29 Jahren zum Bürgermeister von Bocholt gewählt wurde – ein Amt, das er dann ununterbrochen 36 Jahre lang innehatte.
Geboren wurde Bernhard Degener am 16. November 1829 im sauerländischen Arnsberg. Schon früh trat er in den kommunalen Verwaltungsdienst ein. Zunächst als Stadtsekretär in Lüdenscheid tätig, bewarb er sich trotz seines geringen Alters 1859 für das Amt des Bocholter Bürgermeisters und wurde tatsächlich gewählt. Die folgenden 36 Amtsjahre (1860-1896) waren ein langer Zeitraum, vor allem unter den Bedingungen der industriellen Revolution, die damals binnen Kurzem die Stadt Bocholt völlig veränderte.
Abb.: Bernhard Degener, Bocholter Bürgermeister von 1860-1896. (Foto: Stadtarchiv Bocholt)
Fabriken entstanden, Straßen und Eisenbahnlinien wurden neu angelegt, Schulen wurden gebaut und erweitert, die Infrastruktur insgesamt modernisiert. Auch in gesellschaftlicher Hinsicht kam es zu einem deutlichen Wandel: Neben die traditionellen Berufe traten nun Unternehmer und vor allem die Industriearbeiterschaft. Die Zahl der Kinder, die das Erwachsenenalter erreichten, stieg dank Fortschritten in der Medizin deutlich an. Außerdem zog die prosperierende Stadt Menschen aus nah und fern an. Die Folge davon war, dass sich die städtische Bevölkerung in Degeners Amtszeit mehr als verdreifachte – auf schließlich über 17.000 Einwohner. Darauf musste auch die Stadtverwaltung reagieren: Sie tat dies vor allem mit einer stärkeren Ausdifferenzierung ihrer Aufgaben.
All diese Prozesse moderiert, bisweilen auch angestoßen und so den Grundstein für die Bedeutung Bocholts als Bildungs-, Verkehrs-, Verwaltungs- und Industriezentrum im 20. Jahrhundert gelegt zu haben, darin liegt ein bleibendes Verdienst von Bürgermeister Degener. Knapp sieben Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt, am 5. Juni 1903, ist er in Bocholt verstorben. In der Stadt aber geriet er nicht in Vergessenheit, und so würdigte man in der Weimarer Zeit seine Tätigkeit dadurch, dass man eine Straße im Bocholter Norden nach ihm benannte.
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Quelle: Stadt Bocholt, Pressemitteilung, 31.10.2011