Bildungspartner auf dem 45. Rheinischen Archivtag in Remscheid

Am 7. und 8. Juli 2011 fand im Remscheider Schützenhaus der 45. Rheinische Archivtag statt. Sein Oberthema lautete „Archive als Bildungspartner“, was der gesamten Veranstaltung beinahe das angenehme Gepräge einer Archivpädagogenkonferenz gab. Neben zahlreichen Archivarinnen und Archivaren beteiligten sich Lehrkräfte verschiedener Schulen und Schulformen an diesem Archivtag, der an seinem zweiten Tag den offiziellen Startschuss für eine neue Bildungspartnerschaft in Nordrhein-Westfalen gab: Bei der seit 2005 nunmehr sechsten „Bildungspartnerschaft“, einer gemeinsamen Initiative des Landes und der Kommunen in NRW, geht es um „Archiv und Schule“.

Entsprechend orientierte sich das Programm des Archivtags an praktischen Beispielen und bestehenden Kooperationen zwischen Schulen und Archiven sowie an theoretischen und methodischen Hinweisen zur Ausformung von Bildungspartnerschaften. Saskia Handro (Universität Münster) benannte in ihrem Vortrag, für den sie u.a. Arbeitsberichte von Beiträgen zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten ausgewertet hatte, eine Reihe von Desideraten, um die Ziele der Bildungspartnerschaft verwirklichen zu können, nämlich das Wecken von Faszination und Interesse für die Geschichte, den Gewinn von Einsichten in die Eigenlogik und das System „Archiv“ sowie die Förderung von Geschichtsbewusstsein durch unterschiedliche Zugänge des forschenden und entdeckenden Lernens. Es sei notwendig, die gesellschaftliche Bedeutung von Archiven in Sachen Demokratisierung, Datenschutz und Transparenz in exemplarischen Zugängen zu verdeutlichen. Die Rolle der Archive im politischen Prozess (z.B. bei der Wiedergutmachung), bei der Bewertung als Entscheidung über Geschichte und Vergessen (Archive als „Zukunftswerkstätten“), bei der Umdeutung von gesellschaftlichen Debatten (Archive als „Störfaktoren“) und für die Geschichtskultur vor Ort (z.B. bei Straßenumbenennungen und der Gestaltung lokaler Gedenktage) sei genauer zu beachten und Archive hätten hier mitzugestalten. Schließlich wies die Münsteraner Didaktikerin darauf hin, dass die Partnerschaft zwischen Schule und Archiv um die Säule „Universität“ erweitert und die Archivpädagogik noch stärker im Studium verankert werden müsse, um die zukünftigen Lehrkräfte frühzeitig für diese Potenziale historischer Bildung zu sensibilisieren.

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Abb.: Carolin Thielking und Christiane Bröckling, v.l.n.r., präsentieren die Medienberatung NRW, Remscheid, 8.7.2011

Am ersten Tag der Veranstaltung hatte Alfons Kenkmann (Universität Leipzig) bereits die Bedeutung der Archive für die historische Bildung ins Zentrum seines Auftaktvortrags gestellt. Er verdeutlichte, dass die erkennbare Hinwendung der Archive zur breiten Öffentlichkeit als Ausfluss ihres Versuches zur eigenen Standortbestimmung in den vergangenen Jahren durchaus als eine „Riesenchance“ begriffen worden wäre, aber zugleich auch die Gefahr einer „Überfrachtung“ beinhaltete. Die Geschichtspolitik hole sich gleichsam das Archiv und vereinnahme es, so die These des Professors für Geschichtsdidaktik. Der heutige Archivar müsse – gerade angesichts der hohen Anteile von Menschen mit Migrationshintergrund – eine Art Vermittlerrolle zwischen historischen und heutigen Akteuren wahrnehmen, Kommunikator und Navigator der Geschichtsvermittlung sein und zugleich zu deren Enthierarchisierung beitragen. Wichtig sei das Aufgreifen von Gelegenheiten, mit heterogenen Netzwerken zu interagieren („bridging“ statt „bonding“).

Auf dem gelungenen Rheinischen Archivtag traf sich möglicherweise ein in seinen Zielen und Wünschen eher homogenes Publikum und Netzwerk, denn auch die nicht nur mit Grußworten, sondern auch mit Podiumsbeiträgen präsenten Vertreterinnen des NRW-Schul- sowie des NRW-Kulturministeriums versprachen, in den nächsten Jahren weiterhin tatkräftig die Bildungspartnerschaft Archiv und Schule zu fördern, nicht zuletzt angesichts der vielfach kritisierten Streichung von Archiven und anderen außerschulischen Lernorten aus dem Rahmenrichtlinien für die Sekundarstufe II.

Link: www.archiv.schulministerium.nrw.de

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