Vor genau 600 Jahren, am 9. März 1411, wurde der Siedlung bei der Burg Cloppenburg das sog. Wigboldrecht verliehen. Der Landesherr, der Bischof von Münster, erhob damit die Siedlung zum Wigbold mit einem Marktrecht, was für die Kaufleute und die Bauern der Umgebung von großer Bedeutung war. Ein Wigbold war im Münsterländischen eine minder große Stadt mit eingeschränkten Privilegien, die aber in dem damals dünn besiedelten Gebiet durch die Wigboldrechte in ihrem Status aufgewertet wurde.
Das Wort Wigbold oder Weichbild meint im gesamten norddeutschen Raum, besonders aber in Westfalen und Niedersachsen, stadtähnliche Gebilde mit eingeschränkten Stadtrechten, die sich aber in der Regel deutlich von Dörfern abhoben; ihre Einwohner wurden meist auch schon als Bürger bezeichnet. Diese Wigbolde wurden oft auch Flecken oder Städtlein genannt und werden in der Terminologie der neueren Stadtgeschichtsforschung gern auch als Minderstädte apostrophiert. Diesen Begriff hatte der Münsteraner Städtehistoriker Heinz Stoob 1956 eingeführt: Er wollte damit ausdrücken, dass die Stadtherren bei diesen neuen Kommunen bewusst eine Qualitätsminderung einplanten, um sie nicht zu selbständig und mächtig werden zu lassen wie viele ältere Städte, mit deren Unabhängigkeitsstreben die Stadtherren zunehmend Probleme bekamen.
Im unmittelbaren Bereich von Burgen bildeten sich sehr häufig Siedlungen von Handwerkern und Kaufleuten, die vor allem für die Versorgung der Burgbesatzung zuständig waren. Solche Freiheiten, Täler oder Burgflecken erhielten dann oft besondere Freiheitsrechte, die sie zu Wigbolden oder Städten, Letzteres nicht selten in einem zweiten Schritt, erhoben. Delmenhorst z.B., das schon 1371 Bremer Stadtrecht erhalten hatte, ist einen ähnlichen Weg wie Cloppenburg gegangen. Dagegen sind für Vechta und Friesoythe, wo ebenfalls Städte in der Nachbarschaft einer Burg lagen, entsprechende Privilegien nicht überliefert. Cloppenburg war strategisch und verkehrsmäßig günstig an der Kreuzung wichtiger Straßen gelegen und bot für eine durch eine landesherrliche Burg geschützte Stadt gute Voraussetzungen.
Abb.: Vor genau 600 Jahren, am 9. März 1411, wurde der Siedlung bei der Burg Cloppenburg das sog. Wigboldrecht verliehen. Der Landesherr, der Bischof von Münster, erhob damit die Siedlung zum Wigbold mit einem Marktrecht. Im Cloppenburger Rathaus wurde die Urkunde mit dem Siegel des Bischofs jetzt präsentiert (Abb.: Stadt Cloppenburg).
Nur 24 Jahre nach der Verleihung des Wigboldrechtes verlieh der Bischof dem Wigbold Cloppenburg die vollen Stadtrechte und erhob es dadurch zur Stadt – ein Ereignis, das im Jahr 2010 in Cloppenburg als Jubiläum gefeiert wurde. Beleg für die Gründung ist eine im Original erhaltene Urkunde, die der aus einem Adelsgeschlecht am Niederrhein stammende Münsteraner Bischof Heinrich von Moers am 5. Januar 1435 für seine lieben Getreuen, Bürgermeister, Rat und Einwohner seiner Stadt und seines Wigbolds zur Cloppenburg ausgestellt hatte.
Darin verlieh er ihnen nicht nur ein Stadtwappen, das dem Wappen seiner eigenen Familie nachgebildet war, sondern auch das Recht der (vormals ravensbergischen, seit 1252 münsterischen) Stadt Haselünne. Als Begründung hierfür gibt der Landes- und Stadtherr an, die Cloppenburger sollten sich künftig, wenn sie sich in Fragen ihres Stadtrechts nicht untereinander verständigen könnten („se under sick des nicht verstentlick genoich enwern“), notfalls an Bürgermeister und Rat von Haselünne wenden. Was diese dann nach dem Stadtrecht von Haselünne erklärten, das sollte die von Cloppenburg gänzlich befolgen.
Quelle: Stadt Cloppenburg, Pressemitteilung, 9.3.2011; Albrecht Eckhardt, Die Entstehung der Stadt Cloppenburg. Vortrag, 21.5.2010