Ausstellung über drei Eisenacherinnen aus der Goethezeit im Thüringer Museum

Gleich drei berühmte Frauen aus dem Umfeld des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethes kamen aus Eisenach: Charlotte von Stein, Luise von Göchhausen und Julie von Bechtolsheim. Diesen drei Frauen aus dem Umfeld Goethes ist die Ausstellung „Der Strahl der Dichtersonne fiel auf sie …“ gewidmet, die vom 27. Mai bis zum 27. September 2009 im Thüringer Museum Eisenach zu sehen ist. Anlass für die Ausstellung ist der 260. Geburtstag Goethes, der in diesem Jahr gefeiert wird. Veranstalter sind das Thüringer Museum und die Goethe-Gesellschaft Eisenach e.V. Zu sehen sind kulturelle Zeitzeugnisse wie Möbel, Gemälde, Plastiken, Grafik sowie Porzellane, Gläser und Bücher, Zeichnungen, Briefe, aber auch Gedichtniederschriften und Billetts, die von Goethe und den drei Eisenacherinnen angefertigt wurden. Die Ausstellung im Erdgeschoss des Schlosses und im Marstall ist montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Der Hauptteil der Exponate stammt aus dem Thüringer Museum, dem Goethe-Museum Düsseldorf, der Stiftung Weimarer Klassik und dem Stadtarchiv Eisenach. Freundlicherweise stellten auch weitere Museen und Privatpersonen Leihgaben zur Verfügung. Anhand der Urkunden und des Schriftguts sowie der Preziosen lässt sich das Leben und Wirken der drei Frauen in Eisenach aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Eröffnet wurde die Ausstellung im Marstall des Stadtschlosses am Markt am 27. Mai 2009. Zur Eröffnung sprachen Oberbürgermeister Matthias Doht und die stellvertretende Direktorin des Goethe-Museums Düsseldorf, Dr. Heike Spies. Die Goetheschule Eisenach und die Musikschule „Johann Sebastian Bach“ sorgten für die Umrahmung. Im Laufe der Ausstellung wird in einem facettenreichen Begleitprogramm auf biografische Besonderheiten der drei Eisenacherinnen aus der Goethezeit eingegangen. 

Gemeinsam ist Charlotte von Stein, Louise von Göchhausen und Julie von Bechtolsheim ihre biografische Nähe zu Eisenach – und dabei insbesondere der direkte Bezug zum barocken Schloss im Zentrum der Stadt, das Mitte des 18 Jahrhunderts nach Plänen von Gottfried Heinrich Krohne errichtet wurde. Das Stadtschloss am Markt bietet also einen authentischen Rahmen für die Ausstellung. 1742, als Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar und Eisenach den Bau des Schlosses veranlasste, wurde Charlotte von Schardt, die später verheiratete von Stein in Eisenach geboren. Zehn Jahre später kam am gleichen Ort Louise von Göchhausen zur Welt. Julie von Bechtolsheim, die Gattin des Kanzlers, eines der höchsten Repräsentanten des Herzogtums in Eisenach, verbrachte Jahrzehnte ihres Lebens im Palais am Jacobsplan in unmittelbarer Nähe zum Schloss. In dem Gebäude befindet sich heute die Städtische Wohnungsgesellschaft. 

Charlotte von Stein, Louise von Göchhausen und Julie von Bechtolsheim waren hochgebildete Frauen. Sie nahmen teil am Leben des Weimarer Hofes und standen auf vertrautem Fuße mit Herder, Wieland, Goethe und Schiller. Ihre Biografien sind geprägt von den turbulenten Ereignissen des Jahrhunderts und verwoben mit dem Geschick Eisenachs. Zu Recht nehmen sie einen herausragenden Platz in der deutschen Literaturgeschichte ein. In der Ausstellung wird den Spuren, die sie hinterließen, nachgegangen. Zudem werden die vielfältigen Beziehungen Goethes zu Eisenach dokumentiert. Zahlreich belegt sind seine Aufenthalte in der Stadt und ihrer Umgebung, über die er in einem Brief schwärmte, dass sie so herrlich und wild sei. Die Ausstellung konnte dank einer Förderung durch das Thüringer Kultusminsterium und die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen realisiert werden. 

Charlotte Albertine Ernestine von Stein 

\“Sie hat große schwarze Augen von der höchsten Schönheit. Ihre Stimme ist sanft und bedrückt […] Ihre Wangen sind sehr rot, ihre Haare ganz schwarz, ihre Haut italienisch wie ihre Augen, der Körper mager, ihr ganzes Wesen elegant […]\“, so beschrieb ihr Leibarzt einst Charlotte von Stein. Kühl, reserviert, scharfsinnig und höchst empfindsam – so urteilen andere über sie. Am 25. Dezember 1742 wurde sie als Tochter des Hofmarschalls Christian von Schardt in Eisenach geboren. Sie wuchs in Weimar auf und war, als sie dort Goethe kennen lernte, Hofdame der Herzogin Anna Amalia.
Goethe fühlte sich von ihr magisch angezogen, obwohl sie fast sieben Jahre älter war als er. Überdies war sie verheiratet und hatte bereits sieben Kinder zur Welt gebracht. Goethes erstes Weimarer Jahrzehnt ist entscheidend von seiner Liebe zu Charlotte von Stein geprägt. 1700 \“Zettelgen\“ und unzählige Briefe des Dichters künden von dieser Leidenschaft, geben aber auch Auskunft, was er in dieser Zeit über Dichtung, Naturwissenschaft und Politik gedacht hat. Die Briefe Goethes aus Eisenach und von der Wartburg sind ein Beispiel dafür. Die Liebe Goethes zu Charlotte von Stein war untrennbar verbunden mit der höfisch- aristokratischen Atmosphäre und Lebenshaltung am Weimarer Hof. Als ihm diese zu eng wurde und er ohne Abschied zu einer fast zweijährigen Reise nach Italien aufbrach, endete ihre Beziehung. In späteren Jahren verkehrten sie freundschaftlich-distanziert miteinander. Charlotte von Stein starb am 6. Januar 1827 in Weimar. Kurz vor ihrem Tod verbrannte sie ihre eigenen Briefe an den Freund, die sie nach dem Zerwürfnis von ihm zurück gefordert hatte. Mit seinen Briefen an Charlotte von Stein aus den Jahren 1776 bis 1820 hat Goethe ihr ein Denkmal gesetzt und sie literarisch unsterblich gemacht. 

Louise Ernestine Christiane Juliane von Göchhausen 

Louise von Göchhausen war eine kunstsinnige, geistreiche Freundin Goethes, seine \“mobile Feder\“, von der er sich durchaus die briefliche Anrede \“Liebster aller Geheimen Räthe!\“ gefallen ließ. Am 13. Februar 1752 kam Louise von Göchhausen im Eisenacher Stadtschloss zur Welt – als Tochter des angesehenen aber wenig begüterten Schlosshauptmanns. Ihre Kindheit und frühe Jugend verbrachte sie in Eisenach. Schwer hatte sie an körperlichen Gebrechen zu tragen. Sie war kleinwüchsig und rachitisch verwachsen. Bitter für die junge Louise war die Erkenntnis, dass sie keinen Ehemann finden würde. Mit 16 Jahren kam sie an den Hof der Markgräfin Luise von Baden (1723-1783) nach Karlsruhe. Die Markgräfin war außergewöhnlich gebildet und vielseitig interessiert. Unter ihrer Obhut wurde Louise in ihren zahlreichen Talenten gefördert und zu einer Hofdame ausgebildet. Ihren Lebensunterhalt erwarb sich Louise als Gesellschafterin zunächst bei der Markgräfin, danach bei der verwitweten Herzogin Anna Amalia in Weimar. 1783 wurde sie deren Erste Hofdame.

Ihr scharfer Verstand, ihre Kenntnisse – sie sprach beispielsweise perfekt Englisch, Französisch und Italienisch – und ihre brillante Unterhaltungsgabe ließen viele Geistesgrößen ihrer Zeit wie Goethe, Herder und Wieland freundschaftlichen Umgang mit ihr pflegen. Zu Goethe hatte sie ein besonders herzliches Verhältnis. Er überließ ihr gern seine Manuskripte zur Abschrift. Am 9. September 1807 starb Louise von Göchhausen in Weimar. Auf Grund einer testamentarischen Bestimmung wurden ihre umfangreichen Aufzeichnungen vernichtet. Erhalten geblieben sind ihre zahlreichen Briefe an Freunde. Diese geben uns Auskunft über ihr Leben und das Leben am Weimarer Hof. Zufällig wurde 80 Jahre nach ihrem Tod in ihrem Nachlass eine von ihr abgeschriebene Fassung eines frühen \“Faust\“-Manuskripts gefunden, dessen Original von Goethe vernichtet worden war. Unter der Bezeichnung \“Urfaust\“ sind diese Texte und damit auch Louise von Göchhausen in die Literatur- und Theatergeschichte eingegangen – sie hat mit ihrer Abschrift das Werk für die Nachwelt gerettet. 

Julie von Bechtolsheim 

Julie von Bechtolsheim wurde 1752 als Tochter des Geheimen Rats Dietrich von Keller in Gotha geboren. Sie gehört in den Kreis von Goethes Musen aus Eisenach, weil sie hier in dauerhafter brieflicher und persönlicher Verbindung mit ihm siebzig Jahre lang lebte. Aufgewachsen ist Julie in Stedten bei Erfurt. Mit 24 Jahren kam sie als junge Mutter mit ihrem Mann und dem kleinen Sohn Emil nach Eisenach. Ludwig von Bechtolsheim begann hier seine Tätigkeit als Vizekanzler und blieb dann als Kanzler bis 1806 der höchste Beamte im Eisenacher Landesteil des Herzogtums. Julies Söhne Gustav und Louis kamen in Eisenach zur Welt. Die Familie verlebte im Palais am Jakobsplan dreißig glückliche Jahre. Ihre literarischen und musischen Neigungen verwirklichte Julie von Bechtolsheim, indem sie ihren Gefühlen dichterischen Ausdruck gab, einen umfangreichen Briefwechsel mit bedeutenden Persönlichkeiten führte und den Salon im Palais zum geistigen Zentrum Eisenachs werden ließ. Da ging „…kein durchreisender Gelehrter, kein Künstler, Welt- und Staatsmann von einiger Bedeutung…“ vorbei, schreibt ein Zeitzeuge.

Getragen von tiefem christlichen Glauben wuchs Julie von Bechtolsheim nach schweren Schicksalsschlägen über sich selbst hinaus, indem sie sich unermüdlich für die Menschen einsetzte, die durch den Krieg gegen Napoleon in Not und Elend geraten waren. Sie gründete das „Patriotische Fraueninstitut“ in Eisenach und förderte die Bildung von Frauenvereinen in der Stadt und auf den Dörfern. Damit junge Mädchen kostenlos Nähen, Stricken und andere Tätigkeiten lernen konnten, entstand durch ihre Bemühungen eine „Arbeitsschule“. Sie richtete eine „Armenspinnerei“ und ein Altersheim für fünfzig verarmte Dienstboten ein. Für unverschuldet in größte Not geratene Eisenacher erbat sie vom Großherzog Carl Friedrich und von der Großfürstin Maria Pawlowna in Weimar erfolgreich finanzielle Hilfe. Bis in ihr hohes Alter wurden ihr von allen Seiten Liebe und Verehrung entgegen gebracht für ihre Wohltätigkeit, Leutseligkeit und Warmherzigkeit, die sich auch in ihren Gedichten ausdrückten. 

Johann Wolfgang von Goethe und Eisenach 

Eisenach und die Wartburg haben in Goethes Leben eine bedeutsame Rolle gespielt. Insgesamt achtzehn Mal weilte er in der Stadt, die zu seinen Zeiten die Nebenresidenz des Herzogtums Sachsen-Weimar und Eisenach war. Seine Aufenthalte trugen sowohl dienstlichen als auch privaten Charakter. Aus der jugendlich-freundschaftlichen Bindung Goethes an den jungen Herzog Carl August war bald ein von gegenseitiger Achtung geprägtes Dienstverhältnis geworden. In Eisenach erlebte Goethe den Arbeitsalltag eines herzoglichen Staatsmannes und dessen Schwierigkeiten bei der Minderung sozialer Missstände. Er klagte über die Eisenacher \“Sauwirtschaft\“ und den \“Mansch\“, an dem man noch lange werde leiden müssen. „Gar nicht lieb\“ hatte er auch das Stadtschloss (in dem jetzt die Ausstellung „Der Strahl der Dichtersonne fiel auf sie“ gezeigt wird). Ein ganz anderer Goethe begegnet uns auf der Wartburg und in der \“überherrlichen\“ Natur rund um Eisenach. Mit den Familien von Bechtolsheim und Streiber aber auch mit \“charmanten Misels\“ genoss er die Unbeschwertheit des Lebens. Daneben ging er bei seinen Besuchen in der Region seinen vielfältigen naturwissenschaftlichen Neigungen und Interessen nach. Sie lagen in der Botanik, der Medizin, der Morphologie, Mineralogie, Geologie, Meteorologie, der Farbenlehre sowie der sich entwickelnden Technik am Beginn des 19.Jahrhunderts. Den Aspekt dieser Tätigkeiten in Eisenach will die Ausstellung in besonderer Weise hervorheben. 

Kontakt
Thüringer Museum im Residenzschloss
Markt 24
99817 Eisenach
Tel.: 0 36 91 / 670 – 4 50 
Fax: 0 36 91 / 670 – 9 45 

Stadtarchiv Eisenach
Am Markt 24 
99817  Eisenach 
Tel.: 03691 / 670 132 -135 
Fax: 03691 / 670 – 913 
archiv@eisenach.de 

Quelle: Pressemeldung Stadt Eisenach, 18.5.2009; Susanne Reinhardt,  Thüringer Landeszeitung, 28.5.2009

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