Fulda und die Weltchronik des Marianus Scottus

Auf Einladung der bürgerschaftlichen Initiative „Konrad I. – der König, der aus Hessen kam“ referierte Privatdozentin Dr. Lotte Kéry (Universität Bonn) am 14. Mai 2009 ergänzend zur Ausstellung „Konrad I. – der König, der in Fulda ruht“ im Dommuseum Fulda, die noch bis zum 14. Juni 2009 besichtigt werden kann, über „Fulda und die Weltchronik des Marianus Scottus“. Die Veranstaltung fand im Vortragsraum der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars statt und wurde von der genannten Initiative gemeinsam mit der Bibliothek des Priesterseminars, dem Vonderau-Museum und dem Stadtarchiv Fulda durchgeführt und von Stadtarchivar Dr. Thomas Heiler moderiert.

Wie Frau Dr. Kéry in ihrem „Werkstattbericht“ über eine von ihr angestellte „quellenkrische Untersuchung“ hervorhob, ist die Weltchronik des Marianus Scottus für die Geschichte des Klosters Fulda nicht nur von Interesse, weil ihr Verfasser, ein irischer Mönch und Priester, von 1059 bis 1069 als Inkluse am „Ort des Geschehens“ lebte – und damit als Repräsentant der Fuldaer Geschichtsschreibung und des Fuldaer Geisteslebens in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zu gelten hat. Eine spezielle Bedeutung kommt dieser Chronik auch deshalb zu, weil Marianus Scottus als einziger Geschichtsschreiber die genaue Lage der Grabstelle König Konrads I. (911-918), des „Königs, der aus Hessen kam“ in der Fuldaer Klosterkirche bezeichnet.

Marianus Scottus ging es in seinem dreiteiligen Werk, dessen wichtigster Textzeuge, der Vaticanus Palatinus lat. 830, in einem Faksimilie in der Ausstellung präsentiert wird, vor allem darum, seine Korrektur an der bisherigen Zeitrechnung darzulegen. Er ist in erster Linie an der chronologischen Einordnung der Geschehnisse interessiert und weniger an deren historischer Darstellung oder politischen Hintergründen. Zudem kennt man – was für das Mittelalter ganz außergewöhnlich ist – in seinem Fall nicht nur den Namen des Verfassers, sondern dieser teilt auch Einzelheiten aus seiner Biographie in seinem Werk mit. Auf seine besondere Beziehung zu Fulda weist Marianus vor allem durch seinen Bericht hin, wie er die Nachfolge des einige Jahrzehnte vor ihm dort lebenden iroschottischen Inklusen Animchad angetreten habe, dessen Heiligmäßigkeit er betont.

Eine genauere quellenkritische Analyse anhand von drei Beispielen – den Nachrichten über Konrad I. und seine Zeit sowie über die Äbte von Fulda und die Darstellung des Bonifatius in der Weltchronik des Marianus Scottus – zeigt jedoch, dass der irische Inkluse deutlich weniger, als man auf Grund seines langen Aufenthaltes in Fulda erwarten könnte, über die Geschichte dieses bedeutenden Königsklosters und seine Bonifatius-Tradition berichtet. Auf Grund seines vordringlichen Interesses für die Chronologie hat Marianus Scottus andere Schwerpunkte gesetzt. Trotzdem können über die bisher bekannten Vorlagen hinaus einige Quellen namhaft gemacht werden, die ihm zusätzliche Informationen geliefert haben, die auch unübersehbare Beziehungen zu Fulda aufweisen, aber nicht mit letzter Sicherheit als in Fulda vorhanden oder gar entstanden nachgewiesen werden können.

Außerhalb der Daten über die Amtszeiten der Äbte erhält man aus der Weltchronik des Marianus Scottus jedoch nur wenige Nachrichten über Vorgänge und Ereignisse, die sich in Fulda abgespielt haben. Selbst in dem Teil, der seine eigene Lebenszeit betrifft, wird Marianus in dem, was er über Fulda berichtet, nur dann ausführlicher, wenn es um Ereignisse geht, die seine eigene Person betreffen. Hier und da streut er kleinere Nachrichten ein, über Kirchenbau und Kirchweihe, erwähnt einen Kaiser- und Papstbesuch, ohne jedoch Näheres mitzuteilen. Dagegen zeigt sich auch schon in enger Verbindung mit den Nachrichten über Fulda ein erhebliches Interesse des Chronisten für Vorgänge, die den Mainzer Metropolitansitz und dessen herausragende Stellung betreffen und damit für die Kirche und den Ort, an dem Marianus seit 1069 im Anschluss an seinen Aufenthalt in Fulda als Klausner den Rest seines Lebens verbrachte.

An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an, in der unter anderem die praktische Seite des Inklusentums beleuchtet wurde: Der Klausner lebte eingemauert in einer kleinen Zelle; der Kontakt mit der Außenwelt beschränkte sich auf die Essensaufnahme – bei dieser Gelegenheit konnte ein kleiner Informationsaustausch stattfinden, viel mehr aber nicht. Danach bestand für die knapp 40 Personen, die sich zum Vortrag eingefunden hatten, bei einem Glas Wein die Gelegenheit zum Gedankenaustausch.

Kontakt
Stadtarchiv Fulda
Dr. Thomas Heiler 
Bonifatiusplatz 1+3
36037 Fulda
Tel.: 0661 / 1 02 – 14 50
Fax: 0661 / 1 02 – 24 51
stadtarchiv@fulda.de

Dommuseum Fulda 
Domplatz
36037 Fulda
Tel.: 0661 / 87 – 207
dommuseum@bistum-fulda.de

Quelle: Pressemeldung Bistum Fulda, 25.5.2009

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