Im Mittelpunkt von Ausstellungen und einer Veranstaltungsreihe stehen die nach Bayerisch-Schwaben vertriebenen Sudetendeutschen und die Landschaften, die sie nach dem Zweiten Weltkrieg verlassen mussten. Der Augsburger Lehrstuhl für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte (Prof. Dr. Marita Krauss) lädt in dieser Woche zu einem spannenden Blick über die Grenzen ein: In Kooperation mit der tschechischen Bürgerinitiative Antikomplex und gemeinsam mit Studierenden und Gästen veranstaltet er vom 25. bis zum 28. Mai 2009 im Staatsarchiv Augsburg eine kompakte Reihe mit Diskussionen, Vorträgen und einer Lesung. Berichtet wird in dieser Reihe über erste Ergebnisse eines großen Zeitzeugenprojektes. Parallel wird die von der tschechischen Bürgerinitiative "Antikomplex" erarbeitete Ausstellung "Das wiederentdeckte Erzgebirge" gezeigt.
Bevor in diesem Jahr in Augsburg an Pfingsten der 60. Sudetendeutsche Tag stattfindet, nähern sich die Landeshistoriker der Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln: Diesseits und jenseits der nunmehr offenen Grenzen werden mehr und mehr junge Menschen auf das Sudetenland aufmerksam. Interessieren sich junge Tschechen – wie etwa die Mitglieder der Bürgerinitiative Antikomplex – mehr für die Veränderungen der Landschaften und Orte, so fragen sich Augsburger Studierende der Landesgeschichte, von welchen Lebenswegen die Vertriebenen in Bayerisch-Schwaben zu berichten haben. Das 2008 angelaufene, von Prof. Dr. Marita Krauss und Sarah Scholl-Schneider M.A. geleitete Interview- und Dokumentationsprojekt untersucht am Beispiel von Sudetendeutschen in Bayerisch-Schwaben, am Beispiel der Geschichte ihrer Familien und ihrer Herkunftsorte Fragen des Zusammenlebens, des Miteinanders und Gegeneinanders von Deutschen und Tschechen sowohl in den Böhmischen Ländern bis zur Vertreibung als auch in der neuen Heimat in Bayerisch-Schwaben nach 1946/47 und im heute zusammenwachsenden Europa.
Eröffnet wurde die Veranstaltungsreihe am Montag, dem 25. Mai 2009, um 19.00 Uhr mit einer Podiumsdiskussion zwischen Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen. Die ungewöhnliche Konstellation der Diskutierenden gab interessante Einblicke in vollkommen unterschiedliche biographische Erfahrungen. Am selben Abend wurde die Ausstellung "Das wiederentdeckte Erzgebirge" des tschechischen Kooperationspartners Antikomplex eröffnet. Sie ist bis zum 28. Mai 2009 im Foyer des Staatsarchivs Augsburg zu besichtigen. Der Dienstagabend ist einer Projektvorstellung von Biographien aus dem Erzgebirge gewidmet. Ihre Forschungsergebnisse präsentieren unter anderem zwei Studentinnen der Landesgeschichte. Am Mittwoch liest die 1971 geborene Autorin Emma Braslavsky aus ihrem Roman "Aus dem Sinn". Kommentiert wird dieses junge und subtile Beispiel von Erinnerungsliteratur der dritten Generation durch einen Studenten. Am Donnerstagabend schließlich findet um 18.15 Uhr eine Diskussion zwischen Prof. Dr. Marita Krauss und Mgr. Blanka Mouralova, der Direktorin des Collegium Bohemicum in Usti nad Labem/Aussig, statt. Beide befassen sich mit musealen Konzepten zur Geschichte der Sudetendeutschen und werden Parallelen und Unterschiede zwischen Deutschland und Tschechien diskutieren.
Auch auf dem Sudetendeutschen Tag am 30./31. Mai 2009 im Messezentrum präsentiert das Augsburger Projekt seine Ergebnisse. Dort wird zudem die zweite Ausstellung von Antikomplex, "Das verschwundene Sudetenland", gezeigt. Sie widmet sich insbesondere den signifikanten Veränderungen der von den Sudetendeutschen verlassenen Landschaften im Laufe der Jahrzehnte. Mit Bilderpaaren von damals und heute verdeutlicht sie die Folgen der Vertreibung für gewachsene Kulturlandschaften. Vom 2. bis zum 29. Juni 2009 ist auch diese Ausstellung dann im Foyer des Staatsarchivs Augsburg zu besichtigen. Sie wird am 29. Juni 2009 um 19 Uhr mit einem Rundgespräch über Chancen und Grenzen von Zeitzeugenprojekten in Deutschland und Tschechien beendet. Alle Veranstaltungen finden, sofern nicht anders angegeben, im Staatsarchiv Augsburg statt. Die Teilnahme an den Veranstaltungen und der Besuch der Ausstellungen sind kostenlos. Die Ausstellungen sind am Montag, Mittwoch und Donnerstag von 8.00 bis 16.00, am Dienstag von 8.00 bis 19.00 Uhr und am Freitag von 8.00 bis 13.30 Uhr zugänglich, ebenso während der Abendveranstaltungen.
Info: Das Programm im Überblick
Montag, 25.Mai 2009, 19.00 Uhr
Ausstellungseröffnung "Das wiederentdeckte Erzgebirge" und Podiumsgespräch mit Zeitzeugen
Dienstag, 26. Mai 2009, 19.00 Uhr
Projektvorstellung
Biographien und Erinnerungskultur zwischen Erzgebirge, Allgäu und Augsburg.
Mittwoch, 27. Mai 2009, 19.00 Uhr
Lesung Emma Braslavsky: Aus dem Sinn (2007)
Donnerstag, 28. Mai 2009, 18.15 Uhr
Podiumsdiskussion
Aktuelle Entwicklungen in der Museumslandschaft in Deutschland und der Tschechischen Republik. Parallelen und Unterschiede
Samstag, 30. Mai 2009, 13.30 Uhr, im Rahmen des Sudetendeutschen Tages im Messezentrum Augsburg, TC Ebene 2, Raum 2.24 A
Vortragsveranstaltung der Sudetendeutschen Stiftung
Erinnerungskultur und Lebensläufe: Auf dem Weg zum Sudetendeutschen Museum in München
Montag, 29. Juni 2009, 18.15 Uhr
Finissage der Ausstellung "Das verschwundene Sudetenland" und Rundgespräch
Chancen und Grenzen von Zeitzeugenprojekten Deutschland und Tschechien
Kontakt:
Universität Augsburg
Lehrstuhl für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte
Sarah Scholl-Schneider M.A.
86135 Augsburg
Tel.: 0821 / 598 – 5465
sarah.scholl-schneider@phil.uni-augsburg.de
Staatsarchiv Augsburg
Salomon-Idler-Str. 2
86159 Augsburg
Tel.: 0821 / 599 63 – 30
Fax: 0821 / 599 63 – 333
poststelle@staau.bayern.de
Quelle: Pressemitteilung Uni Augsburg, 21.5.2009