Durch den kürzlichen Besuch von Bundespräsident Horst Köhler ist das Lemgoer Stadtarchiv auch in der Bürgerschaft stärker ins Bewusstsein gerückt worden. Eine Einrichtung der Stadt mit vielen interessanten Dokumenten, teilweise auch Familiennachlässen. Jüngst wurde nun der Nachlass des „Familienarchiv Wilhelm Süvern“ – Rektor und Heimatforscher in Lemgo, 1892-1980 durch ein EDV-Findbuch erschlossen.
Wilhelm Süvern, geboren am 22.10.1892 in Langenholzhausen, war bis zur seiner Pensionierung 1958 Volksschullehrer und Rektor an der Lemgoer Bürgerschule. Süvern hat sich auf verschiedene Weise für die Heimatgeschichte engagiert: Er setzte sich mit ihrer pädagogischen Vermittlung auseinander, war von 1954 bis 1964 Kreisheimatpfleger des Landkreises Lemgo und von 1960 bis 1966 Vorsitzender des Lippischen Heimatbundes. Im Jahr 1963 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Neben zahlreichen Veröffentlichungen zur Heimatgeschichte, deren Schwerpunkt auf seinem Geburtsort Langenholzhausen lag, ermittelte er umfassende Informationen zu seiner Familiengeschichte.
Von Beginn seiner seit ca. 1920 einsetzenden familiengeschichtlichen Forschung an führte Wilhelm Süvern im Bemühen, familiäre Verbindungen zu knüpfen, aufrechtzuerhalten und die Verwandten an der genealogischen Forschung zu beteiligen, rege Korrespondenzen mit allen lebenden Familienangehörigen und initiierte Familientreffen.
Abb.: Besuch aus Amerika: Verlon Berkemeyer und Estelle Lettmann in der Heimat ihrer Vorfahren 1954 vor der Schule in Langenholzhausen
Nicht nur die Lebenslinien der in Lippe und ganz Deutschland ansässigen Süverns, sondern auch die Entwicklung der Anfang des 19. Jahrhunderts nach Amerika ausgewanderten Familien Helmingsmeier, Hansmeier, Berkemeyer und Meier verfolgte Wilhelm Süvern. Er sicherte Briefe aus dem 19. Jahrhundert, die die Bedingungen und Strapazen der Auswanderung offenbaren. Aus verschiedenen Orten der USA schilderten Nachfahren der Auswanderer Wilhelm Süvern bereitwillig ihren Alltag und das ihrer Familien. Und wie der Satz von Emil Berkemeyer „when you write tell me lots of Germany there is nothing that would not interrest me.“ („wenn Du schreibst, erzähl mir viel von Deutschland, es gibt nichts, das mich nicht interessieren würde“) beweist, dass die Wissbegier an dem Land der Väter und Urgroßväter groß war. Aus den Briefen ist zu lesen, dass eine Verbundenheit mit Deutschland, obwohl die Verwandten in Amerika geboren waren, empfunden wurde. Weil zahlreiche Briefe – wie der mit Emil Berkemeyer – nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ausgetauscht wurden, steht dahinter auch die Auseinandersetzungen mit Deutschland unter Hitler und den Verbrechen in Deutschland. In den Schreiben lässt sich die Hilflosigkeit und Ambivalenz gegenüber ihrem Herkunftsland herauslesen, zumal, wenn sie von anderen Amerikanern auf Deutschland und die verübten Verbrechen angesprochen wurden. Der Sohn von Emil Berkemeyer besuchte 1954 als amerikanischer Soldat Lippe. Besuche von amerikanischen Verwandten erhielt Wilhelm Süvern häufiger und blieb mit ihnen über Jahrzehnte hinweg in Austausch. Als Ergebnis seiner 60jährigen Sammel- und Forschungstätigkeit konnte er 1980 kurz vor seinem Tod seine Publikation \“To Sodeburen-Süvern 1368-1980\“ als ein genealogisches Portrait einer lippischen Familie der Öffentlichkeit bekannt machen.
Nach seinem Tod ging das Familienarchiv an seine Tochter Sieglinde Stark, geb. Süvern, über, die es 1995 dem Stadtarchiv Lemgo übergab. „Nur dort“, so Sieglinde Stark in einem Brief an die Familie, „besteht meines Erachtens die Gewähr, dass es für spätere Generationen erhalten bleibt.“
Stadtarchivarin Dr. Anikó Szabó macht deutlich: “Zu verdanken ist die Ordnung des Bestandes und die Fertigstellung des Findbuches Sabine Lehr, Archivstudentin aus Potsdam.“ Wie schon im vergangenen Jahr das Familienarchiv Wippermann sorgte sie nun in ihrem zweiten Lemgoer Praktikum u. a. für die Neuverzeichnung und die Erstellung des Findbuches „NL 18 – Familienarchiv Wilhelm Süvern“. Diese Neuverzeichnungen mit Hilfe einer EDV-Datenbank werden im Stadtarchiv Lemgo seit Anfang 2007 vorangetrieben und sollen weiter fortgeführt werden, um die Benutzung der Unterlagen zu erleichtern.
Kontakt:
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Quelle: Pressemitteilung der Alten Hansestadt Lemgo, 24.10.2008