Der Leiter des Stadtarchivs Stuttgart, Dr. Roland Müller, hat am 21. Oktober 2008 im Stuttgarter Rathaus ein neues Quellen- und Arbeitsheft über die \“Reichskristallnacht\“ im November 1938 in Stuttgart vorgestellt. Der Titel lautet: \“Reichskristallnacht\“ – der Pogrom im November 1938 in Stuttgart. Ein Quellen- und Arbeitsbuch für den Geschichtsunterricht. Bearbeitet von Michael Hoffmann, Jürgen Lotterer und Roland Müller in Verbindung mit Karin Winkler. Sonderveröffentlichung des Archivs der Stadt Stuttgart.
Vor 70 Jahren, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, wurden in Stuttgart und Bad Cannstatt die Synagogen von nationalsozialistischen Gewalttätern angezündet – ebenso wie an vielen anderen Orten im Deutschen Reich. Dies geschah mit Billigung und aktiver Unterstützung der staatlichen und kommunalen Behörden. Auf die Zerstörung und Plünderung zahlreicher jüdischer Geschäfte folgte die Verschleppung mehrerer hundert jüdischer Stuttgarter Bürger in das Konzentrationslager Dachau.
Dieser Pogrom ist ein Schlüsselereignis der Deutschen Geschichte und als Stoff in den Lehrplänen der weiterführenden Schulen verankert. Doch je weiter die Zeit voranschreitet, desto dringlicher stellt sich die Frage nach der geeigneten Form der Vermittlung an junge Menschen, die von der \“Erlebnisgeneration\“ durch eine immer größere zeitliche Kluft getrennt sind.
Besser als ritualisiertes Gedenken oder gar einschüchterndes Pathos sind sicherlich authentische Zeugnisse geeignet, die Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung jüdischer Bürgerinnen und Bürger lebendig zu halten und die richtigen Lehren hieraus zu ziehen. Insbesondere Erlebnisberichte entfalten ihre erschütternde Wirkung von ganz allein. Daher hat das Stadtarchiv Stuttgart, zu dessen zentralen Aufgaben auch die historische Bildungsarbeit zählt, in Zusammenarbeit mit Lehrkräften des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums Stuttgart eine Quellensammlung zu den Ereignissen um den 9. November 1938 in Stuttgart zusammengestellt, kommentiert und für den Einsatz in der Schule aufbereitet.
Die 50 Seiten starke Publikation enthält einen einleitenden Aufsatz, der auf der Grundlage der aktuellen historischen Forschung Ablauf und Hintergründe des Novemberpogroms in Stuttgart darstellt und auch den Zusammenhang zu den reichsweiten Ereignissen herstellt. Eine eigene didaktische Einleitung ist der Behandlung des Themas im Schulunterricht gewidmet. Beide Texte gehen auch detailliert auf den anschließenden Quellenteil ein.
Dieser enthält zahlreiche Dokumente zur Vorgeschichte des Pogroms seit 1933, zur Inszenierung und propagandistischen Begleitung der Gewalttaten, zum eigentlichen Verlauf und zu den Folgen sowie einschlägiges Bildmaterial. Die im Stadtarchiv aufbewahrten Zeitzeugenberichte jüdischer Bürgerinnen und Bürger Stuttgarts, die der Verfolgung entkommen konnten, stellen hierbei die wichtigste Quellengruppe dar. Sie werden unter anderem durch amtliche Dokumente und zeitgenössische Pressetexte ergänzt. Die einzelnen Kapitel sind mit unterrichtspraktischen Fragen und Arbeitsanleitungen versehen.
Das Heft ist primär als Arbeitsmaterial für Lehrer an den weiterführenden Schulen Stuttgarts gedacht, ebenso für Menschen, die im Rahmen der Erwachsenenbildung oder an sonstigen außerschulischen Institutionen mit der Vermittlung des Themas beschäftigt sind. Diesen kann es unentgeltlich durch das Stadtarchiv zur Verfügung gestellt werden.
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Quelle: Stadt Stuttgart, Pressemitteilung, 21.10.2008; Stuttgarter Wochenblatt, 21.10.2008