Am 30. März 2008 zeigt ARTE die Dokumentation "Fritz Stern – Mein Leben". Die Dokumentation begleitet Fritz Stern (*1926) auf einer Vortragsreise durch Deutschland, besucht ihn in New York und reist mit ihm in seine Heimatstadt Breslau. Entstanden ist das Porträt einer vielschichtigen Persönlichkeit, deren Biografie lebendige Zeitgeschichte ist.
Fritz Stern gilt bis heute als einer der berühmtesten und bedeutendsten Historiker unserer Zeit. Stern schrieb ebenso gefeierte wie umstrittene Bücher, er ist ein gefragter politischer Berater und gilt als wichtigster Vertreter der letzten Emigrantengeneration, die den Amerikanern sowohl deutsche wie europäische Geistesgeschichte nahe bringen kann.
Der Festsaal des Jena Center für Geschichte des 20. Jahrhunderts ist voll bis auf den letzten Platz. Fritz Stern hält einen Vortrag, einen \“emotionalen\“, wie er sagt, nur mit ein paar Spickzetteln ausgerüstet, ohne Manuskript. Er beginnt den Vortrag mit der Frage, was denn der Unterschied zwischen einem Historiker und dem lieben Gott sei. \“Gott kann die Vergangenheit nicht ändern.\“ Alle lachen, und der Redner schaut verschmitzt.
Als er als Zwölfjähriger 1938 aus Breslau mit seinen Eltern in die Vereinigten Staaten emigrierte, war Fritz Stern erleichtert. Er war getauft und christlich erzogen, doch für die Nazis waren er und seine Familie Juden und das bedeutete, dass er gehänselt und schikaniert wurde. Er verlor seine Freunde, seine Heimat, seine Sprache. Als er in New York ankam, konnte er außer Deutsch nur Latein und Altgriechisch. Doch er wurde schnell zum Amerikaner und ist es bis heute geblieben.
Fritz Stern studierte deutsche Geschichte an der Columbia Universität und nahm 1954 seine erste Gastprofessur in der Bundesrepublik an. Seitdem gilt er als der Experte für neuere deutsche Geschichte. Stern ist ein weltweit gefragter Mann. 17 Ehrendoktortitel, einen davon in Breslau, seiner Heimatstadt, wurden ihm im Verlauf seines Lebens zuteil. \“Meine Eltern mussten damals hart forschen, bevor sie ihren Doktorhut bekamen, mir haben sie ihn einfach so gegeben.\“ Stern lächelt, während er das sagt, auch weil er weiß, dass es so nicht stimmt.
Auch in Deutschland wurde Fritz Stern vielfach geehrt: 1987 hielt er im Bundestag als erster Ausländer überhaupt die Festrede zum 17. Juni, dem ehemaligen Tag der deutschen Einheit. Er wurde in den Orden Pour Le Mérite gewählt, erhielt den Friedenspreis des deutschen Buchhandels und das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband.
Das Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestages hat zur Dokumentation "Fritz Stern – Mein Leben" die schon verloren geglaubte Rede Fritz Sterns als Videoaufzeichnung beigesteuert.
Info:
Fritz Stern – Mein Leben
(Deutschland, Usa, Polen, 2007, 43mn)
Regie: Jean Boué
ARTE TV, Sonntag, 30. März 2008 um 18.15 Uhr
VPS : 18.15
Wiederholung: 5.4.2008 um 06:45