Angeregt von einem Besuch in Jena, brachte der Göttinger Bürgermeister Georg Julius Philipp Merkel 1873/74 eine Idee in seine Stadt, die begeistert aufgegriffen wurde. Dem Jenaer Vorbild folgend, ehrten die Göttinger fortan berühmte Gäste von Stadt und Universität mit Erinnerungstafeln. Wesentlicher Unterschied zu Jena war das Material: Die Göttinger verwenden edlen Marmor für ihre Tafeln, während in Jena Emaille-Schilder die Häuser zieren. \“Die Erinnerungstafeln gehören seit 150 Jahren zum Jenaer Stadtbild\“, sagt Uni-Rektor Prof. Dr. Klaus Dicke. Sie seien eine lebendige Tradition, die 2008 – im Jubiläumsjahr der Friedrich-Schiller-Universität Jena – selbstverständlich fortgeführt werde. \“Die Erinnerungstafeln sind ein schönes Beispiel für Ideen \’Made in Jena\’\“, so Prof. Dicke. Am Anfang stand der Mathematiker und Physiker Hermann Schaeffer, der ein \“Stammbuch der edelsten Deutschen in dieser Herberge der freien und ernsten Wissenschaft\“ schaffen wollte. Im Jubiläumsjahr 1858 wurden 204 Tafeln gehängt, inzwischen sind es über 300.
Am 11. März 2008 hat der Rektor im Beisein des Klinikumsvorstands elf neue Tafeln am Kollegienhof eingeweiht: Linkerhand vom Eingang ins Collegium Jenense erinnern diese jetzt an die \“Gründungsdekane\“ der Alma Mater Jenensis sowie den Reformator Philipp Melanchthon. Die neuen Tafeln ehren Victorin Strigel, Johannes Stigel, Michael Stifel, Johann Schröter, Basilius Monner, Matthias Flacius, Erhard Schnepff, Matthäus Wesenbeck, Janus Cornarius, Nikolaus Selnecker und Melanchthon. \“Neben den ersten Rektoren Strigel und Stigel werden die \’Gründungsdekane\‘ der Fakultäten und andere namhafte Professoren aus der Frühzeit der neuen protestantischen Bildungsstätte gewürdigt\“, sagt Dr. Thomas Pester, Mitarbeiter im Universitätsarchiv Jena. Die Fassade am Kollegienhof sei dafür der ideale Platz, da das Collegium Jenense über die Jahrhunderte vorrangiger Schauplatz des universitären Lebens in Jena war.
Der Wittenberger Professor Melanchthon gehörte zwar nicht der \“Hohen Schule\“ an, gab jedoch wichtige Impulse für die neue Bildungsstätte. Außerdem lehrte Melanchthon zweimal in Jena, als in Wittenberg die Pest umging und die dortige Universität für eine Weile an die Saale verlegt wurde. Über die näheren Zusammenhänge dieser Entwicklungen unterrichtet die Dauerausstellung \“Universitäres Leben im Collegium Jenense 1548 bis heute\“. In einer Hinsicht haben die Göttinger mehr Fortune mit ihren Gedenktafeln: Während in Jena die Emaille-Tafeln immer wieder bei Fassadenrenovierungen achtlos weggeworfen oder zerstört worden sind, zeigte man gegenüber den Tafeln aus edlerem Material stets Respekt, und sie hängen bis heute unverändert an ihren angestammten Plätzen.
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Quelle: Pressemitteilung der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 11.3.2008