Aus Anlass des 100. Geburtstages von Lala Aufsberg in diesem Jahr zeigt das Stadtarchiv Nürnberg nach seiner Sommerausstellung im Handwerkerhof mit Ansichten aus der Vorkriegsaltstadt von Nürnberg in einer zweiten Präsentation im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Aufnahmen der Fotografin von Reichsparteitagen der Nationalsozialisten 1937 und 1938.
Lala Aufsberg (1907-1976) zählt zu den bekanntesten kunsthistorischen Dokumentarfotografinnen der Nachkriegszeit und ist mit Nürnberg in besonderer Weise verbunden. In Sonthofen im Allgäu geboren, arbeitete die gelernte Fotoverkäuferin von 1926 bis 1937 bei zwei Nürnberger Fotohäusern. 1930 wurde sie Mitglied im Fotoklub Nürnberg und errang in der Folge eine Vielzahl von Preisen und Auszeichnungen. Das außerordentliche fotografische Talent der begeisterten Amateurfotografin fand in der noch weitgehend erhaltenen historischen Stadt ein unerschöpfliches Motivfeld: Von den zwischen 1927 und Ende 1935 von Lala Aufsberg gefertigten rund 6.000 Fotografien entfällt mindestens die Hälfte auf Ansichten der Straßen, Plätze, Gebäude und Kunstwerke der Nürnberger Altstadt, die sie mit ihrem Gespür für besondere Lichtstimmungen in immer neuen Variationen als Lebens-, Wohn- und Arbeitsraum sichtbar machte und deren malerische und romantische Seiten sie hervorhob. Ihre Fotos aus dieser Zeit vermitteln noch heute einen Eindruck von der damals oft beschworenen besonderen Ausstrahlung Alt-Nürnbergs.
Durch einen Fotoaufenthalt im Sommer 1936 in Ungarn, bei dem sie in Kontakt mit der modernen ungarischen Fotografenszene kam, veränderte sich ihre Bildgestaltung deutlich von der bisher malerischen, stimmungsvollen Fotografie zur verstärkt sachlichen und dokumentarischen Gestaltung ihrer Bilder. Vom Frühjahr bis zum Juli 1938 absolvierte sie endlich eine Ausbildung zur Berufsfotografin unter Walter Hege an der Staatsschule für Handwerk und angewandte Kunst in Weimar, die sie mit der Meisterprüfung abschloss. Danach kehrte sie nach Sonthofen zurück, wo sie sich als freie Fotografin niederließ.
Auch nach dem Wegzug 1937 besuchte Lala Aufsberg Nürnberg bis zum Ende der 1960er Jahre immer wieder: So entstanden vor dem Krieg 1937 und 1938 die vorgestellten Aufnahmen von den NS-Reichsparteitagen und schon kurz nach Kriegsende ab Oktober 1945 fotografierte Lala Aufsberg die Ruinen und Schuttberge, die von der von ihr so geliebten historischen Stadt geblieben waren. In den folgenden Jahren wurde sie zur fotografischen Dokumentarin des Wiederaufbaus der kunsthistorisch wichtigen Gebäude der Stadt. Mit ihren Aufnahmen wurden die bedeutendsten Veröffentlichungen über das wiedererstehende Nürnberg in den ersten Nachkriegsjahrzehnten bebildert. 1973 mit dem Bundesverdienstkreuz für ihr fotografisches Werk geehrt, starb Lala Aufsberg am 18. Mai 1976 in Sonthofen nach einem Schlaganfall. Das Stadtarchiv Nürnberg konnte 1993 ihre Nürnberger Papierabzüge aus dem Nachlass erwerben.
NS-Reichsparteitage 1937 und 1938
Bei Stadtbesuchen im September 1937 und 1938 entstanden zwei Aufnahmeserien von den Reichsparteitagen der NSDAP mit den Aufmärschen auf dem Zeppelinfeld und vom so genannten „Lichtdom“ anlässlich des „Amtswalterappells“, die schon Lala Aufsbergs veränderter, nun mehr sachfotografischen und dokumentarischen Bildauffassung verpflichtet sind. Auch wenn einige der Fotografien vom NS-Parteitag 1937 in der nationalsozialistischen Zeitschrift „Volk und Welt“ veröffentlicht wurden, entsprechen die Bilder doch in ihrer überwiegenden Mehrzahl nicht der offiziellen propagandistischen Fotografie der Parteitagsspektakel.
Es fällt auf, dass die Mehrzahl der belebten Bilder mit wartenden oder sich sammelnden Menschen auf den kaum gefüllten bzw. schon wieder geleerten Tribünen fast ausschließlich in Pausen, vor oder nach den offiziellen Aufmärschen entstand. Die Aufnahmen von halbleeren Tribünen entsprachen nicht gerade der offiziellen nazistischen Bildsprache mit in die Architektur integrierten Massen und geschlossenen Marschkolonnen. Nicht die Massendarbietungen als perfekte Inszenierung, nicht die Augenblicke der vollständigen Auflösung der Individuen im „Ornament der Masse“ (Krakauer) dokumentieren die Aufsberg-Bilder, sondern das allmähliche Auflaufen zu den Manifestationen bzw. deren Auflösung.
Auch bei den Fotos vom “Lichtdom“ zeigen nur wenige Aufnahmen die volle Wirkung dieser ästhetischen, auf die Faszination der Massen angelegten Inszenierung. Weit stärker als die Präsentation des Höhepunkts und der Massenwirkung der ins Religiöse gewendeten Schau reizten die Fotografin bei diesen Veranstaltungen offenbar die unterschiedlichen Licht- und Beleuchtungssituationen als Aufgaben für Film und Kamera. So rücken die technischen Grundlagen für die Inszenierung in den Vordergrund der Bilder. Der „Lichtdom“ wird dokumentiert als elektrotechnische Hochleistung aus einer Vielzahl von Flakscheinwerfern. Fast analytisch visualisiert Lala Aufsberg in den Aufnahmen mit den beleuchteten Kolonnaden der Ehrentribüne auf dem Zeppelinfeld, den gezielt angestrahlten Fahnen und den gigantischen Scheinwerfern die durch Architektur und Licht angestrebte Wirkung und deren Ursache. Die Herkunft der inszenierten Faszination wie das dahinterstehende Kalkül werden sichtbar. Auch hier entstanden die Fotografien vor oder meist nach dem eigentlichen Höhepunkt des Aufmarschs der Nazifunktionäre. Man spürt bei nicht wenigen Aufnahmen mit den spärlich verbliebenen Menschen, die Arme teilweise grotesk immer noch zum Hitlergruß erhoben, dass die Luft bereits raus, der Höhepunkt schon vorüber ist.
Obwohl die Fotografien von Lala Aufsberg von den NS-Parteitagen die ästhetische Seite der auf Wirkung und Faszination angelegten Schauseite des Regimes aufgreifen und präsentieren, zeigen sie vor allem die der Lichtschau zugrundeliegende Technik, ihre Organisation und geben so – wohl eher ungewollt – Hilfen zum Lesen und zur visuellen Analyse des Spektakels.
Brandwand
Der „Lichtdom“ der Nationalsozialisten entstand durch den Einsatz von 130 gigantischen Flakscheinwerfern, deren Licht in mehrere Kilometer Höhe reichte. Die Scheinwerfer waren durch die Nürnberger Firma Siemens-Schuckert, damals ein nationalsozialistischer Musterbetrieb, im Zuge der waffentechnischen Kriegsvorbereitungen entwickelt worden. Neben der ästhetischen Wirkung des Lichtdoms bei den NS-Parteitagen spielte der militärische Drohcharakter, gleichzeitig den Besitz so vieler so leistungsfähiger Flakscheinwerfer zu zeigen, von Anfang an eine wesentliche Rolle. Die Produktion dieser Scheinwerfer ließ später die Schuckertwerke wie die MAN wegen der Panzerproduktion auf die erste Prioritätenliste der Ziele für die alliierten Bomberangriffe auf die Stadt rücken. So gehören zur Präsentation der Lichtwirkungen des Lichtdoms aus Flakscheinwerfern auch die Lichtwirkungen der brennenden Städte beim späteren realen Einsatz dieser Scheinwerfer – das brennende Nürnberg als Pendant zum Speerschen Lichtdom der Reichsparteitage.
Diesen Zusammenhang kann unsere „Brandwand“ aus Fotografien des brennenden Nürnberg während der Luftangriffe 1944 und 1945 sichtbar machen. Es handelt sich bei der überwiegenden Mehrzahl dieser Aufnahmen um Fotografien des Nürnberger Architekten Hermann Weber, der viele Bilder fertigte, trotz des Verbotes während oder unmittelbar nach den Angriffen zu fotografieren. Der 1953 verstorbene Architekt wohnte in den Kriegsjahren in der Königstraße, so dass die meisten dieser Bilder in der Altstadt oder der angrenzenden Südstadt entstanden.
Info:
Lala Aufsberg. Fotos von den NS-Reichsparteitagen 1937/38
24.11.2007 – 31.01.2008
Eine Ausstellung des Stadtarchivs Nürnberg
im Doku-Zentrum Reichsparteitagsgelände
Bayernstrasse 110, 90478 Nürnberg
Tel. 0911-231-5666
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag von 9 – 18 Uhr
Samstag und Sonntag 10 – 18 Uhr
24.12.2007, 25.12.2007 und 1.1.2008 geschlossen