Münster/Bethel (lwl). In Zusammenarbeit mit den von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel plant der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eine DVD-Edition von drei Werbefilmen, die in den 1930er Jahren für diese größte diakonische Einrichtung Westfalens entstanden sind. Dazu sucht das LWL-Medienzentrum für Westfalen nach Originalrollen der Bethel-Filme aus den 1930er Jahren, da sie auch den Umgang mit dem sensiblen Thema \“Rassenhygiene und Verhütung erbkranken Nachwuchses\“ in der NS-Zeit dokumentieren. Nach 1945 wurden diese Sequenzen im Zuge der Entnazifizierung herausgeschnitten.
Abb.: Der Film „Saat und Segen in der Arbeit von Bethel“ wurde in zahlreichen Gemeinden öffentlich vorgeführt (Foto: Hauptarchiv Bethel)
\“Die einzigartigen Filme zeigen die diakonische Arbeit in Bethel und die Pflege von Menschen mit Behinderung vor mehr als siebzig Jahren\“, so Kerstin Stockhecke, Leiterin des Hauptarchivs Bethel. Die überlieferten Stummfilmaufnahmen seien visuelle Quellen zur Geschichte der protestantischen Wohlfahrtspflege und ihrer Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit. Zugleich zeige ihre Entstehungsgeschichte das Dilemma der kirchlich-diakonischen Werbearbeit während der Zeit des Nationalsozialismus.
Zwar konnte die Filmstelle der von Bodelschwinghschen Anstalten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ihre Filmarbeit fortführen, doch war dies nur unter sehr rigiden Vorgaben möglich: Nach dem ersten Spielfilm \“In den Spuren Vater Bodelschwinghs\“, der 1931 zum 100. Geburtstag Friedrich von Bodelschwinghs entstand, wurden noch die beiden Spielfilme \“Ringende Menschen\“ (1933) – ein Drama um das Schicksal einer Epileptikerfamilie, die in Bethel Hilfe sucht- und \“Saat und Segen in der Arbeit von Bethel\“ (1937) produziert. Vor allem der letzte Film \“Saat und Segen in der Arbeit von Bethel\“, der die Betreuung und Pflege von Epilepsiekranken in Bethel thematisiert, entstand in enger Zusammenarbeit mit dem NS-Propagandaministerium in Berlin.
In einem Einführungsfilm der DVD-Edition, der eine Collage aus diesen drei Bethel-Filmen bilden wird, sollen die Themen und Inhalte der Filme diskutiert und in ihren historischen Zusammenhang eingeordnet werden. Ob und, wenn ja, auf welche Weise sich die Betheler Filmstelle mit den Werbefilmen den nationalsozialistischen Ideologien angepasst hat, wird in diesem Film zu klären sein.
Trotz intensiver Recherchen in Film- und Kirchenarchiven sind bisher nur unvollständige Kopien der drei Bethel-Filme überliefert, da sie nach 1945 um diejenigen Inhalte gekürzt worden sind, die in der Zeit des Nationalsozialismus Bedingung für eine Veröffentlichung waren. \“Das ist vor allem bei dem Film \’Saat und Segen in der Arbeit von Bethel\‘ für den historischen Wert der Quelle bedauerlich, da er um den brisanten Teil gekürzt wurde, der die geltenden \’rassenhygienischen\‘ Vorstellungen zeigte. Wann genau diese veränderten Kopien entstanden sind, lässt sich leider nicht nachvollziehen. Sicher ist nur, dass der Film ab 1950 in dieser \’entnazifizierten\‘ Version wieder gezeigt wurde\“, so Gesa Kok vom LWL-Landesmedienzentrum für Westfalen.
Das LWL-Medienzentrum und das Hauptarchiv der von Bodelschwinghschen Anstalten rufen daher dazu auf, in Gemeindearchiven und privaten Nachlässen nach weiteren Kopien der Filme zu stöbern und sich zu melden. \“Vielleicht ist der Film ja in irgendeiner Gemeinde, in der er vorgeführt wurde, noch vorhanden und wartet darauf, entstaubt zu werden. So könnten die Filme über die diakonische Einrichtung Bethel bewahrt worden sein und nun wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden\“, hofft Kok. Die LWL-Filmexpertin steht unter Telefon 0521/591-3913 als Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Kontakt:
LWL-Landesmedienzentrum für Westfalen
Fürstenbergstraße 14
48133 Münster
medienzentrum@lwl.org
www.westfaelisches-landesmedienzentrum.de
Quelle: LWL, Pressemeldung, 13.4.2007