Die Akademie der Künste in Berlin hat am 9. Januar 2007 das Archiv des Schriftstellers und Akademiemitglieds Klaus Schlesinger (1937-2001) eröffnet, das sie im Jahr 2004 erworben hat. Das Archiv umfasst Manuskripte zu Romanen, Erzählungen, Reportagen, Hörspielen, Funkbearbeitungen, Filmszenarien sowie zu publizistischen Arbeiten Klaus Schlesingers. Der Bestand, der sieben laufende Meter umfasst, dokumentiert Schlesingers Weg vom Chemielaboranten zum kritischen Journalisten und namhaften Schriftsteller deutscher Gegenwartsliteratur. Als Reporter schulte er in den 60er Jahren seinen Blick für soziale Widersprüche: das Gegebene nicht als Bestehendes hinzunehmen, wurde ihm zur Maxime. Auch die Prosatexte, wie z.B. „Michael“, „Alte Filme“ und „Berliner Traum“ bedienten weder offizielle Denk- noch Sprachmuster und forcierten deshalb Konflikte mit den Institutionen der DDR.
Klaus Schlesinger ist in besonderem Maße Berliner Schriftsteller und Chronist. Die Stadt avancierte in seinen Werken immer wieder zum zentralen Handlungsraum seiner Figuren, der sie bis in ihre Träume bestimmt– sei es in der surrealen Erzählung „Die Spaltung des Erwin Racholl“ oder in den Romanen „Die Sache mit Randow“ und „Trug“. In den Werken skizzierte er ein zeithistorisches Bild Berlins, von der Nachkriegszeit über das Trauma der Teilung bis hin zur Wiedervereinigung, die er von der westlichen Seite her erlebte. Neben Werkmanuskripten zeugen Briefe und biografische Dokumente von Utopien, Utopieverlusten und davon, dass er weder im Osten noch im Westen, in den er 1980 übersiedelte, korrumpierbar war. 1968 war er nicht nur Beobachter des Aufruhrs und der Bewegung. Er sammelte in geheimer Aktion Spendengelder für Helme und Regenmäntel, die den Protestlern über die Grenze nach West-Berlin gebracht wurden. Die Initiative gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann und seine Protestbriefe an Erich Honecker lösten 1979 den Ausschluss aus dem DDR-Schriftstellerverband aus.
Essays, Tagebuchaufzeichnungen, daneben umfängliche Material- und Flugblattsammlungen belegen die Überzeugungen eines rebellischen Demokraten, der an linken Kampagnen und Demonstrationen der Friedensbewegung in West-Berlin, Bonn und Gorleben teilnahm. Nachdem Klaus Schlesinger fast ein Jahrzehnt in einem von jungen Autonomen besetzten Haus in West-Berlin lebte, kehrte er nach der Wiedervereinigung in den Ostteil der Stadt zurück, wo er im Mai 2001 verstarb. Eine Auswahl aus dem Archivbestand ist jetzt erstmals öffentlich bis zum 7. Februar 2007 in einer Vitrinenpräsentation (Archiv-Schau-Fenster) in der Akademie der Künste am Pariser Platz zu sehen.
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Quelle: Pressemitteilung Akademie der Künste, 2.1.2007