Rechtzeitig vor Weihnachten legt das Stadtarchiv den 7. Band seiner Schriftenreihe vor. „Aus der Geschichte Ostfilderns“ heißt das 304 Seiten dicke Buch. Neun Aufsätze beleuchten interessante Aspekte der Ortsgeschichte. Die Beiträge sind bunt und vielfältig: Sie zielen auf einzelne Stadtteile oder richten einen übergreifenden Blick auf Ostfildern. Der Betrachtungszeitraum reicht vom ausgehenden Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit. So dürfte für (fast) jedes historische Interesse etwas dabei sein. Im Mittelpunkt steht die Geschichte der alten Gasthäuser in Ostfildern, die von der Volkshochschul-Projektgruppe „Geschichte vor Ort“ erarbeitet wurde. Es ist ein ausführliches Nachschlagewerk zur lokalen „Wirtschaftsgeschichte“ entstanden, garniert mit Anekdoten und einigen Kochrezepten der Nellinger Kronenwirtin aus dem Jahr 1896.
Rolf Bidlingmaier erläutert in seinem genealogischen Aufsatz „Kemnater Familien im Wandel der Jahrhunderte“, wann die alten Kemnater Familien in den Ort kamen und wie sie sich verzweigten. Übersichtlich gegliedert und mit einigen Stammtafeln versehen, wird der Beitrag sicherlich ein Standardwerk zur Kemnater Familiengeschichte. Familiengeschichte beleuchtet auch der bislang unveröffentlichte Beitrag des in Nellingen unvergessenen Rektors Albert Maier über „Hausnamen im alten Nellingen“. Diese Beinamen waren notwendig, um die vielen namensgleichen Einwohner und ihre Familien zu unterscheiden. 40 Hausnamen werden aufgezählt und erklärt.
Jochen Bender, Leiter des Stadtarchivs Ostfildern, hat anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Justinus-Kerner-Schule die stürmische Ruiter Schulgeschichte seit der Nachkriegszeit untersucht. Viele Ruiter werden sich dabei an die eigene Schulzeit erinnern. Werner Maier zeichnet in seinem Aufsatz die Biografie des Scharnhauser Pfarrers Johann Philipp Kauffmann (1661-1748) nach. Es war ein bewegtes Leben, und die biografischen Quellen geben auch interessante Einblicke über die damaligen Verhältnisse in Scharnhausen. Als Großvater von Philipp Matthäus Hahn hatte Kauffmann großen Einfluss auf dessen Kindheit. Um eine Nachfahrin Philipp Matthäus Hahns geht es im Beitrag von Gretel Gustorff über Beate Paulus und die Ruiter Puppenspielertreffen. Die im Jahr 2000 verstorbene Bürgerin der Parksiedlung ist vielen noch im Gedächtnis. Mit ihren Puppenspielertreffen machte sie Ostfildern weithin bekannt.
Andrea Stegmaier del Prado und Jochen Bender erforschten den Weg einer Gruppe aus Nellingen und Ruit, die 1852 nach Chile auswanderte, um dort ein besseres Leben zu finden. Der Bogen spannt sich von den hiesigen Lebensverhältnissen um 1850 über die Schiffsreise und das Leben in Chile bis zu den späteren Kontakten in die alte Heimat. Dr. Hans Smettan beschreibt in seinem Aufsatz „Mäusekalamitäten und Maikäferjahre“ die Schädlinge und ihre Bekämpfung auf den Fildern im 19. und 20. Jahrhundert. Es ist ein ungewöhnlicher, aber spannender Beitrag zur lokalen Geschichte der Fauna. Um die Natur geht es auch in Jochen Benders Aufsatz über die östlichen Filder als Ausflugsziel seit dem spätern 19. Jahrhundert. Die Städter machten sich sonntags auf, um die unberührte Filderlandschaft zu genießen: „Lieblich wie kein Land ist dies – hier, hier ist das Paradies“, reimte 1919 ein Ausflügler euphorisch.
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Quelle: Pressemeldung Stadt Ostfildern, 8.11.2006; Stuttgarter Wochenblatt, 7.12.2006