Wenn Dresden im Rahmen seiner 800-Jahrfeier am 9./10. Oktober 2006 den 6. Petersburger Dialog sowie die Preisverleihung der Europäischen Kulturstiftung durchführt, dann nimmt auch der russische Präsident Wladimir Putin daran teil (Programm). Dass noch ein Teil der Dresdner Stadtgeschichte in Moskau lagert, könnte dann auch zum Gesprächsthema werden.
Konkret geht es um eine ganze Menge Akten und Urkunden aus dem Dresdner Stadtarchiv, die seit sechzig Jahren im Moskauer Sonderarchiv lagern. Da es keine Findlisten gibt, weiß man jedoch nicht, um wie viel damaliges Registraturgut es sich handelt, erklärt Stadtarchivleiter Thomas Kübler. Allerdings führt eine sechsseitige russischsprachige Liste insgesamt 470 Teile und einzelne Dokumente auf. Auf der Liste ist immerhin die genaue Art zumindest eines Teils der Akten verzeichnet, die nach Kriegsende von der Roten Armee konfisziert wurden.
Das wohl spektakulärste Dokument darunter ist die vollständige Kartei der NSDAP-Mitglieder des Kreises Dresden. Auch die Chronik der NS-Frauenschaft im Kreis Dresden liegt noch im Moskauer Archivkeller wie Dokumente über profaschistische Organisationen, zum Beispiel der Gefolgschaft der Georgenknappen Dresden oder der Schriftwechsel der Organisation \“Konsul\“. Unter den Akten sind auch Adoptionsurkunden unehelicher Kinder. Des Weiteren befindet sich eine Sammlung von Briefen deutscher Soldaten an ihre Verwandten aus den Jahren 1941 bis 1943 in Moskau. Und von höchster Brisanz und Tragik sind sicher die Akten über die \“Rechtsfälle vor dem Strafsenat des OLG Sachsen in Dresden und dem Sondergericht beim Landgericht in Dresden\“. Zur Vollständigkeit gehören auch knapp 4.000 Urkunden, der größte Teil davon aus dem Mittelalter. – Viele haben sich bisher ohne Erfolg um die Rückgabe der Akten bemüht; ob der Besuch Putins daran etwas ändert, wird bezweifelt.
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Quelle: Heidrun Hannusch, Dresdner Neueste Nachrichten, 20.9.2006