Aufgrund leerer Kassen muss das an der Berliner Humboldt-Uni angesiedelte so genannte Lautarchiv schließen. Über 7.500 originale Ton-Aufnahmen aus dem beginnenden 20. Jahrhundert lagern dort (Zeitraum 1909-1944). Sie werden seit sechs Jahren von einem Mitarbeiter digitalisiert und für die Nachwelt erhalten. Mit Jahresbeginn 2006 wurde die Stelle gestrichen. Rund 500 unbearbeitete historische Aufnahmen drohen dadurch verloren zu gehen.
Erst nach dem Fall der Mauer weckte das Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik die 7.500 Stimmporträts des Lautarchivs aus ihrem Schlummer. Mit Unterstützung der Volkswagen-Stiftung finanzierte die Universität die Erschließung der Aufnahmen, digitalisierte einen Teil und erstellte eine Lautdatenbank.
Wissenschaftler Reinhard Meyer-Kalkus über das Lautarchiv: \“Die Studenten sind fasziniert über diesen Gegenstand, es ist ein Gegenstand der noch abseitig ist. Bilder, visuelle Kultur, Bildlichkeit ist etwas, wozu sie eine viel größere Nachfrage unter Studierenden heute finden, aber der viel zu lange übersehene und überhörte Bereich der akustischen Erfahrung wird in Zukunft immer stärker werden, und ich denke die Studierenden haben gemerkt, was man auch mit dem Archiv machen kann.\“
Nach sechs Jahren ist nun aber die Förderung der VW-Stiftung beendet und Jürgen-Kornelius Mahrenholz, der Kurator des Lautarchivs, arbeitslos. Was aus dem Lautarchiv wird, ist ungewiss. Der Direktor des Helmholtz-Zentrums, der Mathematiker Jochen Brüning, würde das Lautarchiv gern in einen Kontext stellen, der Wissenschaft und Öffentlichkeit gleichermaßen beteiligt. Für aussichtsreich hält er einen Verbund mit Lautarchiven auf europäischer Ebene. Auch eine Integration in das geplante Humboldt-Forum auf dem Schlossplatz wäre denkbar. Archiv-Kurator Mahrenholz will nun seine Doktorarbeit über das Lautarchiv schreiben, damit sein Wissen darüber vielleicht irgendwann als Grundlage für weitere Forschungen dienen kann.
Kontakt:
Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin
– Musikwissenschaftliches Seminar –
Am Kupfergraben 5
10099 Berlin
http://publicus.culture.hu-berlin.de/lautarchiv/
Quelle: Esther Körfgen, Deutschlandfunk, 27.12.2005; FAZ, 18.1.2006