Der Abteilung Staatsarchiv Ludwigsburg des Landesarchivs Baden-Württemberg geben rund 680 staatliche Behörden aus dem Regierungsbezirk Stuttgart Akten ab. Aktuell stapeln sich im Magazin des Ludwigsburger Staatsarchivs die Kisten, weil viele Behörden wegen der Verwaltungsreform ihre Aktenbestände ausgemistet haben. Für das Archiv bedeutet dies zum Teil regelrechte Rettungsaktionen.
Die Anfang 2005 in Kraft getretene Verwaltungsreform stellt für Baden-Württemberg die größte Umstrukturierung der Landesverwaltung seit der Kreisreform 1972/73 dar. Von der Reform sind insgesamt über 450 Behörden und Ämter mit rund 20.000 Beschäftigten betroffen. Von den Behörden sollen über 350 abgebaut, zusammengelegt oder eingegliedert werden. Jeder fünfte Arbeitsplatz soll innerhalb von fünf bis sieben Jahren eingespart werden. Vier Schwerpunktthemen umfasst die Verwaltungsreform des Landes Baden-Württemberg: Verwaltungsstruktur-Reform, Aufgabenabbau und Aufgabenkritik, Qualitätsmanagement mit den Behördenwettbewerben des Landes sowie Deregulierung. Aus archivarischer Sicht stellt sich das Tempo, mit dem die Verwaltungsreform umgesetzt wird, als Problem dar, denn innerhalb weniger Monate müssen die Ämter den Prozess bewältigen.
Zahllose Behörden sind noch damit beschäftigt, umzuziehen und sich neu zu strukturieren. Die Aufhebung von Dienststellen hat nicht nur für die davon betroffenen Beschäftigten erhebliche Folgen, sondern auch für die Aktenüberlieferung. Elke Koch vom Ludwigsburger Staatsarchiv hat in den vergangenen Monaten oft tagelang Dachböden und Keller durchforstet. Koch und ihr Kollege Martin Häussermann sind wegen der Verwaltungsreform zu einer Art Sondereinsatzkommando des Staatsarchivs geworden. Für die Archivare besteht – sofern sie schnell genug handeln – die Chance, historisch wichtige Akten und Güter in die Hände zu bekommen. Für die sich neu strukturierenden Behörden stellt die Sicherung alter Akten allerdings nicht die höchste Priorität dar, was in der Konsequenz auch zu Verlusten führt.
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Quelle: Lukas Jenkner, Stuttgarter Zeitung, 26.9.2005