Kündigung einer zu \“wissenschaftlichen\“ Archivarin?

Eine Frau mit Fachkompetenz, die sich – auf eigene Kosten – ständig fortbildet sei offensichtlich schwer zu akzeptieren, bedauert MMag. Dr. Ingrid Scherney, dass man ihr Arbeitsverhältnis mit der Gemeinde Gars, wo sie für das Archiv zuständig und mit 15 Wochenstunden beschäftigt war, gekündigt hat.

Mit einem dringlichen Antrag bei der letzten Gemeinderatssitzung (im nicht offiziellen Teil) wurde der bis Ende März laufende Vertrag nicht mehr verlängert. Der Hintergrund: Scherney liegt als Obfrau des Museumsvereins wegen des Zeitbrücke-Museums im "Clinch" mit Vizebürgermeister und Kulturreferent Rudolf Winglhofer. "Das Verhältnis zu ihm hat sich zugespitzt", erklärt sie in einem Schreiben an die Mitglieder des Museumsvereins und zählt dort ihre Verdienste um das Haus auf, unter anderem die Zuerkennung des "Museumsgütesiegels" und die Wiederaufnahme der still gelegten Kontakte mit Univ. Prof. Dr. Herwig Friesinger, dem ehemaligen Grabungsleiter auf der "Schanze". Sie zieht in ihrem Brief den Schluss, dass ihr Engagement für das Museum den Verlust des Arbeitsplatzes in der Gemeinde nach sich gezogen habe. Scherney ärgert, dass sie einfach vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei, niemand habe mit ihr darüber gesprochen.

Ihre Arbeit im Archiv, wo Jahrzehnte lang nichts aufgearbeitet wurde, sei noch lange nicht beendet, umso verwunderlicher die Kündigung, die sie in zweierlei Hinsicht trifft: "Das Einkommen war zwar nicht die Welt, hat mir aber Versicherungsschutz und Pensionszeiten gebracht. Und wenn ich jetzt wo anders einen Arbeitsplatz finden sollte, in Gars eher nicht, also auspendeln muss, kann ich das Museum, an dem mein ganzes Herz hängt, nicht mehr führen."

"Ich schätze Frau Scherney sehr als versierte Fachkraft, die irrsinnig viel bewegt hat", streut ihr Winglhofer Rosen, wendet aber sofort ein: "Die Wege zum Ziel sind allerdings verschieden, obwohl wir beide das Wohl des Museums im Auge haben: Sie präferiert den – teureren – Weg des Architekten, ich muss die Finanzen der Gemeinde im Auge haben." Knackpunkte seien die zur Nutzung durch Friesinger vorgesehenen Räume im Untergeschoß und verschiedene Bauarbeiten (Raumtrennung/-öffnung, Bodenbelag…) gewesen.

Die Kündigung sei aber keine Verquickung mit Scherneys Tätigkeit als Archivarin, das stellt Winglhofer entschieden in Abrede: "Sie hat viel aufgearbeitet, aber zu wissenschaftlich, da kann niemand nacharbeiten. Da wir aber sparen müssen, muss ein Gemeindebediensteter das Archiv weiter führen."

Quelle: Niederösterreichische Nachrichten, 16.2.2005

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