Das bedeutendste europäische Holocaust-Dokumentationszentrum, das sich auf dem Gelände des Pariser Holocaust-Memorials (Mémorial de la Shoah) befindet, ist seit dem Gedenktag zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz dem Publikum in geschmackvoll renovierten Gebäuden zugänglich. Anlässlich des internationalen Gedenktages wurde am gleichen Ort die neu errichtete Namen-Mauer (aus hellem Jerusalem-Stein) der Öffentlichkeit übergeben. Die Namen und das Geburtsjahr der 76.000 aus Frankreich deportierten Juden sind in die am Eingang des Holocaust-Memorials positionierte Mauer eingraviert.
Das Holocaust-Memorial ist kein Museum (es gibt bereits ein Museum der Kunst und Geschichte des Judaismus in Paris), sondern eine globale Erinnerungsstätte, deren erstes Mahnmal bereits seit 1956, unter dem Namen "Mémorial du martyr juif inconnu" (Denkmal des unbekannten jüdischen Märtyrers), in einer schmalen Straße im Pariser Viertel Marais existiert. Im Marais befindet sich seit 900 Jahren das Herz der jüdischen Gemeinde. Von 1942 bis 1944 wurde dort eine große Anzahl der jüdischen Deportierten festgenommen.
Die Gebäude hinter der Namen-Mauer, die einen ganzen Häuserblock einnehmen, enthalten das umfangreiche Dokumentationszentrum, ergänzt durch Ausstellungssäle, wo auf 1000 Quadratmetern die Geschichte der europäischen und der französischen Juden anhand von Daten, Zahlen, Foto-, Film- und Originaldokumenten dargestellt wird.
Das Pariser Shoah-Dokumentationszentrum, dessen Archivumfang nur mit dem Holocaust Museum in Washington und dem Yad Vashem in Jerusalem vergleichbar ist, geht auf die Initiative von jüdischen Widerstandskämpfern in Grenoble zurück, die bereits am 28.4.1943 beschlossen, ein zeitgenössisches jüdisches Dokumentationszentrum zu gründen. Sie retteten noch während der deutschen Besatzung wichtige Papiere mit Unterschriften der Hauptverantwortlichen der Judenverfolgung sowie der Kollaborateure.
Während der Nürnberger Prozesse dienten sie als entscheidendes Beweismaterial. Heute umfasst das Archiv mehr als eine Million Dokumente, die am Ort oder per Internet konsultierbar sind. Darunter 60.000 Archivfotos, eine Bibliothek mit 50.000 Werken über den Holocaust und die Geschichte der jüdischen Gemeinden in zehn Sprachen. Es wird seit mehr als 60 Jahren laufend ergänzt z.B. wurde kürzlich ein Teil des Archivs des internationalen Roten Kreuzes aus der Schweiz erworben.
Quelle: derStandard.at, 10.2.2005