Walter Schuster, Direktor des Archivs der Stadt Linz, und Wolfgang Weber, Leiter der Abteilung Verwaltungsarchiv am Vorarlberger Landesarchiv, haben als Herausgeber der Studie \“Entnazifizierung im regionalen Vergleich\“ 22 Wissenschaftler eingeladen, auf der Basis des ihnen in ihren Dienststellen – in den Archiven in den Bundesländern, dem Österreichischen Staatsarchiv, dem DÖW, der AK Wien und vielen anderen – zugänglichen Material zum Thema Entnazifizierung zu referieren.
Als Struktur wurde ein komparatistischer regionaler Ansatz gewählt. Der österreichische Untersuchungsraum wurde um die angrenzenden deutschen Nachbarländer – Baden, Bayern und Württemberg – erweitert. Kurt Tweraser, Politikwissenschaftler in Arkansas/USA steuert einen Beitrag auf Basis der Bestände des National Archives II bei. Zwei Daten dienten den Historikern als Eckdaten. Im Unterschied zu Deutschland, wo die Entnazifizierungsakten zum Teil schon seit den Siebzigerjahren zugänglich waren, ist es in Österreich erst seit dem Inkrafttreten des österreichischen Bundesarchivgesetzes am 1. Jänner 2000 so weit. Als zweites Bezugsdatum galt der 6. Februar 1947. Am 6. Februar 2002 jährte sich dem 55. Mal der Beschluss des österreichischen Nationalrats über das Nationalsozialistengesetz. Das war seit 1945 der zweite Versuch des österreichischen Gesetzgebers, das personelle Erbe des Nationalsozialismus in der Verwaltung und Wirtschaft des Lands (straf)rechtlich zu regulieren. Mit substanzieller Rückendeckung von der Stadt Linz wurde das Projekt eingereicht. Bis auf das Amt der Kärntner Landesregierung (sic!) fanden die Projektwerber bei den Behörden Unterstützung.
Unter dem Titel: \“Sag mir, wo die Nazis sind\“ wurde das vorliegende Werk als Historisches Jahrbuch der Stadt Linz vorgestellt. Es gibt einen Überblick über die gelungenen und nicht gelungenen Bemühungen der Besatzungsmächte, die in \“ihren\“ Gebieten die schwere Aufgabe übernahmen, Österreich personell und ideell von der NS-Vergangenheit zu säubern: die Franzosen in Vorarlberg und Tirol, die USA in Salzburg und Oberösterreich minus Mühlviertel, die Briten in Kärnten und in der Steiermark und die Sowjets in Wien, im Burgenland, in Niederösterreich und im Mühlviertel.
In den letzten Jahren ist das Interesse an der Vergangenheit, wie es sich in den aus dem Boden schießenden Memory-Projekten manifestiert, sehr populär geworden. So ergibt sich erneut die Möglichkeit, zu suchen, zu finden, die Geschichte von allen notwendigen Facetten her zu sehen, die Dinge zurechtzurücken. Als Werkzeuge für weiterführende Recherchen eignen sich die jeweiligen Zusammenfassungen am Ende der Beiträge. Über angegebene Post- und E-mail-Anschriften der beteiligten Wissenschaftler wird es Lesern ermöglicht, sich mit Fragen direkt an die optimalen Ansprechpartner zu wenden.
Walter Schuster, Wolfgang Weber (Hrsg.): Entnazifizierung im regionalen Vergleich. 726 S., geb., € 29 (Verlag des Archivs der Stadt Linz, Linz)
Quelle: Katharina Riese, diepresse.com, 4.2.2005