Deutschlandweit gibt es etwa 15 bis 20 mittelständische Firmen, die, wie z.B. das Satz-Rechen-Zentrum Berlin (SRZ) oder Mikro Univers, auf Digitalisierungsarbeiten für öffentliche Bibliotheken, Museen, Sammlungen und Archive spezialisiert sind und die bereits millionenfach Bestände digitalisiert haben. Zu den Arbeiten gehört beispielsweise das Berliner Adressbuch von 1799 bis 1943, das die Firma Mikro Univers digital gesichert hat und das heute vollständig im Internet recherchierbar ist.
Nun sorgt ein immer stärker Kontur annehmender, provokanter Plan des Kulturunternehmers Hans J. Heinrich in der Branche für Aufregung: Mit Ein-Euro-Jobs will er die Bestände von Museen, Bibliotheken und Archiven digital erfassen und vernetzen (Berliner Zeitung vom 4. Januar). Der Verleger Heinrich plant dafür die Beschäftigung von 20.000 Langzeitarbeitslosen, da dies eine Arbeit sei, die gebraucht werde, die die öffentliche Hand aber bislang nicht bezahlen konnte. Heinrich behauptet, dass diese Ein-Euro-Jobs niemandem etwas wegnähmen, weil es zu wenig Qualifizierte auf diesem Gebiet gäbe. Ohnehin würde seine für diesen Zweck gegründete Gesellschaft für digitale Dokumentation (Gedido) die besonders wertvollen Schätze – rund 20 Prozent des Bestandes von 100 Millionen Kulturgütern – den Fachleuten belassen. – Die Digitalisierungsbranche, die sich gegen die Vorstoß wehrt, lebt hingegen vielfach gerade von einem "Auftragsmix", bei dem es mitunter auch schlicht um Masse gehe. Die Wahrung von Qualitätsstandards und Rechtsvorschriften gelte gleichwohl auch hier zu beachten.
Die Kultureinrichtungen warten derzeit ab; kostenlose Arbeit schlägt allerdings niemand voreilig aus, zumal die Notwendigkeit zur Digitalisierung unstrittig ist. Claudia Lux, Generaldirektorin der Berliner Zentral- und Landesbibliothek und Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes, habe, so die BZ, gute Erfahrungen mit ABM-Kräften gemacht. Doch habe sie Zweifel, dass die Digitalisierung in einem solchen zentralen Großprojekt mit 20.000 Arbeitslosen möglich sei.
Quelle: Birgit Walter, Berliner Zeitung, 8.1.2005