Neuerscheinungen zur bayerischen Landesgeschichte

Am 9. November 2004 präsentiert die Bayerische Akademie der Wissenschaften (BAdW) die Neuerscheinungen der Kommission für bayerische Landesgeschichte. Ein Schwerpunkt der Kommissionsarbeit liegt bei der Edition wichtiger Quellen zur bayerischen Geschichte. Neben Quelleneditionen, wie z.B. der Briefwechsel Ludwigs I. mit Leo von Klenze, werden in diesem Jahr Monographien u.a. zur Zeitgeschichte (Staat und Gaue in der NS-Zeit), dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit vorgestellt.

Mit einem Band über Neuburg an der Donau wird der Historische Atlas von Bayern, Teil Schwaben, fortgeschrieben. In dieser Reihe werden die Eigentums- und Herrschaftsverhältnisses für den Freistaat untersucht. Die nach ehemaligen Landgerichten aufgeteilten Bände weisen für jede Hofstelle die Betriebsgröße, Grundherrschaft und Gerichtsbarkeit von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert nach. Sie sind damit ein unverzichtbares Arbeitsinstrument u.a. für Wirtschafts-, Sozial-, Familien- und Allgemeinhistoriker.

Bayerns Bischöfe unter Agilolfingern und Karolingern
Welche Rolle spielten die Bischöfe, als das bayerische Herzogtum nach seiner ersten Blütezeit unter den Agilolfingern in das Reich Karls des Großen eingegliedert wurde? Die Jenaer Habilitationsschrift von Stephan Freund versucht, diese Frage in drei Schritten zu beantworten: Die ersten Organisatoren waren die Glaubensboten Emmeram, Rupert, Korbinian und ihre unmittelbaren Nachfolger, die kirchliche Strukturen schufen und mit ihrer Klostergründungspolitik maßgeblich zur Geschlossenheit und Stabilität des agilolfingischen Herzogtums beitrugen. Danach kam den Bischöfen unter dem zum Metropoliten erhobenen Bischof Arn von Salzburg eine Schlüsselrolle als Integratoren in das Frankenreich zu. Nach dem Tod Karls des Großen (814) wurde der Regensburger Bischof Baturich einer der wichtigsten Reformer, der u.a. den Ausbau des Schriftwesens förderte. An seiner Person kann auch der weitere Weg Bayerns im 9. Jahrhundert festgemacht werden, der – nach einer gewissen Eigenständigkeit – zur Auflösung des Frankenreichs und zur Entstehung des Ostfränkischen Reichs führte. 

Hochmittelalterliche Adelsgeschichte
Erstmals seit 170 Jahren erscheint wieder eine Untersuchung über das mit Kaisern, Königen und Herzögen verschwägerte Geschlecht der Grafen von Sulzbach, die mit ihren Verwandten und Freunden eine landes- und reichspolitische Größe darstellten. Die Münchner Dissertation von Jürgen Dendorfer stellt umfassend die genealogischen und besitzgeschichtlichen Bezüge eines bedeutenden Adelsgeschlechts im Hochmittelalter dar. Sie sind eingebettet in die territorialen und verfassungsrechtlichen Bedingungen der spätsalisch-frühstaufischen Zeit mit ihren Verästelungen und adeligen Gruppenbildungen, auf der das Funktionieren der Königsherrschaft im 12. Jahrhundert basierte. 

Fürst und Landstand in Ansbach und Kulmbach
Monika Schaupp legt mit ihrer auf einer breiten Quellenlage basierenden Arbeit eine Untersuchung über die Teilhabe der Landstände an der Regierung und Verwaltung der fränkischen Markgrafentümer im 16. Jahrhundert vor. Städte und Ämter blieben nach dem Rückzug der Prälaten und der Ritterschaft als einziger Landstand neben dem Fürstenhaus Träger einer stabilen politischen Ordnung. Ihr Einfluss und ihre Bedeutung wurden durch Markgraf Georg Friedrich (reg. 1556) zurückgedrängt, der seine frühabsolutistische Position ausbaute. Seine reichsweite Politik wird in der vorliegenden Arbeit ausführlich gewürdigt. Im Anhang werden die 137 Land- und Ausschusstage, die zwischen 1515 und 1603 abgehalten wurden, mit Teilnehmern, Verlauf wichtigsten Ergebnissen und Quellenlage dokumentiert.

Polemik und Satire im Dreißigjährigen Krieg
Der aus der Opferpfalz stammende Späthumanist Kaspar Schoppe galt den französischen Aufklärern als einer der schärfsten Polemiker des 17. Jahrhunderts. Sein Leben umspannt die gesamte krisenhafte Epoche der Religionsauseinandersetzungen und den Dreißigjährigen Krieg. Vom Protestanten zum Katholiken konvertiert, lebte er überwiegend in Italien, wetterte zunächst gegen seine ehemaligen Glaubensgenossen und später gegen den päpstlichen Nepotismus, bis er sich ab 1630 zunehmend für die Wiedervereinigung der Konfessionen einsetzte. Seine unvollendete Autobiographie „Philotheca“ von 1644 enthält nicht nur eine Anhäufung interessanter biographischer Details und Bemerkungen über zeitgenössische Ereignisse, sondern auch scharfsinnige Satiren auf Kardinal Federico Borromeo von Mailand, Papst Urban VIII, Kaiser Ferdinand II und die Jesuiten.

Ludwig I. von Bayern und Leo von Klenze
Eine reichhaltige Quelle nicht nur zum ludovicianischen Kunstkönigtum, sondern auch zur Stellung der Künstler mit ihren Rivalitäten und Konkurrenzsituationen, dem Geflecht höfischer Intrigen und zu den politischen Rahmenbedingungen mit den komplexen Entscheidungsprozessen liefert die Korrespondez Ludwig I. mit den von ihm beschäftigten Künstlern und Kunstagenten. Nun liegt der von Hubert Glaser herausgegebene erste Teil vor, der den Schriftwechsel des Kronprinzen Ludwig mit einer der schillerndsten und einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten in seinem Umkreis, dem Architekten Leo von Klenze, enthält, vollständig vor.

Bayern in der NS-Zeit
Wer waren die maßgeblichen Kräfte in den überkommenen bzw. neu geschaffenen Zentral- und Mittelbehörden oder den sechs bayerischen NSDAP-Gauen? Der von Hermann Rumschöttel (Bayerisches Hauptstaatsarchiv) und Walter Ziegler (em. O. Prof. für Bayerische Geschichte an der LMU München) herausgegebene Sammelband, der auf dem gleichnamigen Symposium vom Juli 2000 basiert, gibt Aufschluss über die handelnden Personen, wie dem konservativen Traditionsgeneral Epp (Reichsstatthalter), dem Bürokraten Siebert (Ministerpräsident) oder dem fanatischen Hitler-Vertrauten Wagner (Gauleiter von Oberbayern, Innen- und Kultusminister). Die Aufsätze über die Regierungstätigkeit, Verwaltung und Parteiaktivitäten beantworten auch die Frage, was tatsächlich im Land durch diese Regierung geschah, in welcher Lage sich die Menschen damals in Bayern befanden und wie sie darauf reagierten.

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