Der zweite Teil der Serie zum TAG DER ARCHIVE „Das redende Blatt“ der Thüringischen Landeszeitung fragt nach des Schützen Opfer. Der Autor dieses Rätsels, Jochen Golz, ist Direktor des Goethe- und Schiller-Archivs Weimar.
Wieder einmal ist Schillers „Wilhelm Tell“ in aller Munde. So war es vor 200 Jahren, als sich am 17. März 1804 der Vorhang zur Weimarer Uraufführung hob, und so ereignete es sich kürzlich, als der „Tell“ am heiligen Rütli-Ort über dem Vierwaldstätter See am 23. Juli seine Premiere erlebte.
Ursprünglich hatte Goethe, auf seiner dritten Reise in die Schweiz 1797 mit der Nationallegende von Wilhelm Tell bekannt geworden, daraus ein Versepos gestalten wollen, doch dann überließ er dem Freunde Schiller den Stoff, und dieser, mit Eifer historische Quellen studierend und Goethe zufolge auch die Wände seines Arbeitszimmers mit Landkarten tapezierend, schrieb innerhalb weniger Monate das Blankversdrama vom mittelalterlichen Tyrannenmörder Tell und vom Bundesschwur der Eidgenossen, dessen meisterliches Lokalkolorit noch heute nicht wenige Schweizer in dem Glauben beharren lässt, Schiller müsse in der Schweiz gewesen sein.
Im Januar und Februar 1804 stellte Schillers Diener Georg Gottfried Rudolph die Reinschrift des Stücks her, die als Bühnenmanuskript für die Weimarer „Tell“-Aufführungen diente und von Schiller vermutlich mehrfach überarbeitet wurde.
In der Nacht vom 21. zum 22. März 1825 brannte das Weimarer Theater nieder, doch wurde nicht alles ein Raub der Flammen. Während des Brandes oder unmittelbar danach muss ein tapferer Unbekannter das „Tell“-Manuskript geborgen haben, und mutmaßlich übergab er es Schillers Schwägerin Karoline von Wolzogen. Dann verliert sich die Spur des Manuskripts im Dunkeln. Heute sind nur noch Teile erhalten.
Drei Blätter, wahrscheinlich aus Karoline von Wolzogens Besitz, befinden sich seit 1836 in der Saltykow-Stschedrin-Bibliothek in St. Petersburg. Weitere 64 Blätter konnte das Goethe- und Schiller-Archiv 1991 auf einer Basler Auktion aus der Sammlung Professor Herbert Albrecht erwerben; sie enthalten den Text des Schauspiels vom Beginn bis in die 2. Szene des IV. Aufzugs.
Eine besondere Kostbarkeit in dieser Erwerbung stellt das in der TLZ vom 6.8. abgebildete beidseitig beschriebene Blatt dar. Es enthält von Schillers Hand den Besetzungszettel für die Uraufführung. Die Abbildung lässt die schweren Brandschäden erkennen, die dieses Blatt wie das gesamte Manuskript erlitten hatte und die eine aufwendige und kostspielige Restaurierung notwendig machte. Zugleich ist das Blatt ein sprechendes Zeugnis für die Tätigkeit des Theaterintendanten Goethe, denn dieser hat mit Silberstift die Namen der Schauspieler für die Aufführung am 21. Dezember 1805 hinzugefügt, die erste Aufführung nach Schillers Tod. So führt das Dokument auf bewegende Weise die Zusammenarbeit der beiden Klassiker am Weimarer Theater vor Augen.
Unsere heutige Frage: Wen tötet Tell in Schillers Stück mit der Armbrust? Für das Lösungswort ist der letzte Buchstabe des Familiennamens zu notieren.
Info:
Unter dem Schillerwort „Das redende Blatt“ stellt die TLZ wir bis zum „Tag der Archive“ am 25. September historische Dokumente vor, die auf diese Weise zum Reden gebracht werden sollen. In neun Folgen wird den Lesern mit Abbildung und Begleittext die Geschichte hinter der Geschichte vermittelt. Am Ende der Erläuterung steht jeweils eine Frage und die Suche nach einem Buchstaben für das Lösungswort. Die neun Buchstaben ergeben den Begriff für den einzelnen Gegenstand in einem Archiv. Unter den richtigen Einsendern werden Bücher und Kataloge aus den beteiligten Archiven verlost. Die Serie ist eine Gemeinschaftsaktion der Weimarer Archive. Das komplette Lösungswort ist bis zum 30. September per Postkarte mit dem Kennwort „Archive“ zu senden an die TLZ-Kulturredaktion, Marienstraße 14 in 99423 Weimar. Die Auslosung erfolgt im Thüringischen Hauptstaatsarchiv in Weimar.
Quelle: Jochen Golz, TLZ, 6.8.2004