Erzherzog Leopold Salvator Habsburg soll als Agent der Gestapo und als Spion für das Dritte Reich gearbeitet haben. Das gehe aus der umfangreichen Aussage von Johann Sanitzer, der eine der Schlüsselfiguren in der Wiener Gestapo-Zentrale gewesen ist, hervor, berichtet das Nachrichtenmagazin „profil“ in seiner jüngsten Ausgabe. Der Gestapo-Mann wurde 1949 von Österreich dem Ministerium für Staatssicherheit der UdSSR übergeben und wurde in Moskau zu 25 Jahren Haft verurteilt. In seinem Verhör sagte er wörtlich: „Leopold Salvator Habsburg, Erzherzog, wurde von mir persönlich im Jahre 1938 zur Mitarbeit in der Gestapo herangezogen.“
In dem nun veröffentlichten Verhörprotokoll heißt es, der 1897 in die Toscana-Linie geborene Habsburger sei wegen der NS-Beschlagnahme der habsburgischen Güter zur Gestapo gekommen. Vor Ausbruch des Krieges Deutschland gegen Frankreich 1940 soll der Habsburger dem Gestapo-Beamten persönlich einen Bericht mit wichtigen Informationen über die militärische Stärke Frankreichs übergeben haben.
Das nunmehr veröffentlichte Dokument wurde in Moskau vom Wiener Historiker Hans Schafranek (Ludwig Boltzmann-Institut für Historische Sozialwissenschaft)gefunden, dessen Spezialgebiet die Erforschung der gegen das Dritte Reich eingesetzten Geheimagenten ist. Schafranek bezeichnet die Aussagen des Gestapo-Mannes Sanitzer als im Wesentlichen zuverlässig. Sanitzer ist 1957 in Österreich verstorben, Erherzog Leopold Salvator starb 1958 in den USA.
weiterführende Lit. und Quellen:
- Thomas Mang: „Gestapo-Leitstelle Wien“, Lit Verlag, 2003;
- Baier/Demmerle: „Otto von Habsburg“, Amalthea, 2002;
- Stephan Malinowski: „Vom König zum Führer“, Akademie Verlag, 2003;
- Archiv Heraldisch-Genealogische Gesellschaft „Adler“, Wien;
- Akten aus: Zentralarchiv des Ministeriums f. Staatssicherheit Moskau,
- Archiv der Republik und Dokumentationsarchiv d. Österr. Widerstands Wien.
Quelle: Der Standard, 5.6.2004