Der Bochumer Osteuropa-Historiker Bernd Bonwetsch baut derzeit als Gründungsdirektor das Deutsche Historische Institut (DHI) in Moskau auf. Für den 63-Jährigen kann es keine reizvollere Herausforderung geben. Moskau müsse der Standort für das weltweit erst sechste DHI sein, sagt Bonwetsch gegenüber der WAZ, da hier immer noch das wissenschaftliche und wissenschaftspolitische Zentrum sei.
Das von der Krupp-Stiftung und der Zeit-Stiftung mit jeweils 2,5 Mio. Euro finanzierte DHI Moskau soll die deutsch-russische Beziehungsgeschichte erforschen, dabei den Austausch der Historiker beider Länder fördern, vor allem aber auch eine Bibliothek über die Geschichte beider Länder aufbauen, in der russische Historiker forschen können.
1970 reiste Bonwetsch erstmals in die Sowjetunion und ist seither nach eigener Auffassung „russlandsüchtig“. Die zahlreichen über die Jahrzehnte geknüpften Forschungskontakte sollen nun beim Aufbau des DHI Moskau helfen. Aber er sei Realist, zumal im Hinblick auf die schwer zugänglichen, unerschlossenen Archive. Die Archive in Russland seien einfach nicht normal, erzählt der Historiker, aber sie seien geöffnet. Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs war die westliche Geschichtswissenschaft vor allem auf Erinnerungen und Nachlässe russischer Emigranten angewiesen, sowie auf die sog. „Kreml-Astrologie“, dem Lesen zwischen den Zeilen. – Als 1888 das erste DHI in Rom gegründet wurde, geschah dies anlässlich der Öffnung der Vatikan-Akten. Bonwetsch sieht hier gewisse Ähnlichkeiten.
Kontakt:
Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland
Heinemannstraße 6
53175 Bonn
Telefon +49 1888-57-4513
Telefax +49 1888-57-4519
www.stiftung-dgia.de
Quelle: Boris Spernol, WAZ, 27.5.2004