Auf ihrem heimatlichen Dachboden in Boxdorf lagerte Irmgard Jahn Plakate von den Staatlichen Kunstsammlungen, wo sie nach einer Ausbildung zur Sekretärin 1959 im dortigen Organisationsbüro anfing zu arbeiten. Aufgestockt durch den Bestand einer Kollegin haben sich bei ihr Ausstellungs-Ankündigungsplakate aus den späten fünfziger bis frühen achtziger Jahren angesammelt. Vor drei Wochen nun bot Irmgard Jahn den Lesern der Sächsischen Zeitung ihre Sammlung von Kunstplakaten an. Viele meldeten sich, auch der Leiter des Dresdner Stadtarchivs Thomas Kübler.
Als Allererstes schnupperte Thomas Kübler an dem Papierrollenstapel, den Irmgard Jahn auf dem Wohnzimmertisch ausgebreitet hat. Das wirkt vielleicht ungewöhnlich, aber der Leiter des Dresdner Stadtarchivs weiß, was er macht: „Das Papier ist gut erhalten“, sagt er. Riecht nicht muffig oder stockig, wie Kübler befürchtet hatte, weil es die letzten 20 Jahre in einer Plastiktüte zubrachte.
„Das werden wohl etwa 100 Stück sein“, sagt Kübler. Kurioses ist darunter, wie etwa die Ankündigung für „60 Jahre Roter Oktober“ von 1977, die ein Sowjetstern ziert, das abgebildete Kunstwerk daneben zeigt eine Frau im Pelz. Interessant ein Motiv von 1957: „Josef Hegenbarth“, steht da, und „Rückgeführte Bilder aus der CSR“ – sofort stellt sich die Frage, warum die Bilder Hegenbarths vorher in der damaligen CSR waren.
Spannend auch, was die Kunstsammlungen zu DDR-Zeiten ausstellten: Edvard Munch ist darunter, Ludwig Richter war schon 1984 eine Schau gewidmet, Ernst Hassebrauck und Wolfgang Mattheuer gehörten schon eher zum Standard. „Die schönste Ausstellung für mich war von Theodor Rosenhauer“, sagt Irmgard Jahn. Neben der Couchgarnitur hängt ein Bild des Dresdner Nachkriegsmalers, ein Straßenzug in Radebeul.
Nach einem Umzug konnte Irmgard Jahn die Plakate nicht mehr gebrauchen. Stadtarchivleiter Thomas Kübler dafür um so mehr: „Das Wertvolle an den Plakaten für unser Archiv ist, dass es sich um eine geschlossene Dokumentation des Dresdner Ausstellungsschaffens handelt“, sagt er. Das Stadtarchiv sei auf solche Schenkungen angewiesen: „Zum Ankauf fehlt uns das Geld.“ Plakate bekommt er selten, „eher private Dokumente, Bücher, Fotografien.“ Bestandsergänzungen nennen sich solche privaten Zugaben, über die Kübler sehr dankbar ist, weil sie die Geschichte erst farbig machen. Den Hauptbestand bilden aber die jährlichen Hinterlassenschaften von 450 Institutionen und Ämtern in Dresden. „Unser Hauptziel ist Geschichtsdokumentation.“
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Quelle: Siiri Klose, Sächsische Zeitung, 14.4.2004