Den 75. Geburtstag feiert das Garzer Ernst-Moritz-Arndt-Museum auf besondere Weise: Mit einer ersten Sonderausstellung zu dem wortgewaltigen, bewunderten und geschmähten Pommern, dessen Namen die Greifswalder Universität seit sieben Jahrzehnten trägt.
Sie ist Arndts Verhältnis zu der Hohen Schule an der er studierte und lehrte gewidmet, umfasst also im Wesentlichen die Zeit bis 1812. Weitere thematische Ausstellungen sollen folgen, kündigte Direktorin Sylvia Knöpfel bei der mit über 60 Interessenten sehr gut besuchten Eröffnung der Ausstellung am Sonnabend an. Ein Besuch in Garz lohnt sich schon wegen der Exponate. So haben die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim das Originalstammbuch Arndts zur Verfügung gestellt. Ein farbenprächtiger Blick in das Greifswalder Studentenleben. Das Stadtarchiv Bonn steuerte ein Schulheft des 12-Jährigen bei, das Universitätsarchiv Greifswald Hörerzettel von Kommilitonen, die verraten, wer wann mit wem auf einer Bank saß.
In großen Linien zeichnet die Ausstellung auch die viele Druckseiten füllende und bis heute andauernde Auseinandersetzung um Arndt nach, wie Universitätsarchivar Dr. Dirk Alvermann in seiner Rede zur Eröffnung sagte. Alvermann, der den Rüganer als eine „kantige Persönlichkeit“ des 19. Jahrhunderts bezeichnete, führte die Gäste zu dem „jungen Arndt“, den Theologiestudenten und späteren Geschichtsprofessor der Uni Greifswald. Der in Schoritz Geborene suchte geradezu den geistigen Austausch, den er einst mit dem Zusammenschlag von Kieselsteinen verglich. Die Universität sei für das Funkenschlagen der ideale Lebensraum gewesen, bestätigte Dr. Alvermann. Dieser Lebensausschnitt ist Bestandteil eines biographischen Überblicks von 1769 bis 1812 und der Darstellung wertvoller Zeitzeugnisse.
Der Bogen dieser Sicht auf Arndts Lebenswelt schließt sich mit der Namensverleihung an die Uni Greifswald 1933 und die dieser Tage geführte Debatte um die Bedeutung des streitbaren Professors. „Dieser Streit, von dem ausgiebig Gebrauch gemacht wurde und wird“, so Dirk Alvermann, „spiegelt nur zu gut die sich entwickelnde öffentliche Meinung über Arndt wider“. Die Ausstellung solle eine grobe Linie für diese Auseinandersetzung vorgeben, die Frage „Können wir Arndt lieben?“ aber nicht beantworten.
Dafür ist auch die Verewigung auf dem Greifswalder Rubenowdenkmal (1856) ein Beispiel, die mit dem Faksimile von Arndts Dankes-Brief illustriert wird. Ein Bild vom Festzug zur 500-Jahrfeier der Uni 1956, das ihn inmitten von Burschenschaftern zeigt, belegt die seinerzeitige Traditionslinie Richtung Arndt.
Durch die Fülle seiner Publikationen und Äußerungen hat er verschiedensten Interpretationen und Vereinnahmungen Tür und Tor geöffnet, so von der Deutschtümelei bis zur Vision von der EU. „Ich bin so geboren, dass ich reden und sprechen muss, damit meine Gefühle und Gedanken sich ordnen; ich bedarf der umrollenden und gegeneinander Funken schlagenden Kieselsteine des Gesprächs und der Rede, damit mein bisschen Geist aus mir herauskomme“, zitierte Alvermann nicht von ungefähr aus Ernst Moritz Arndts Erinnerung an das Lehrverbot, mit dem man ihn 1819 im Zuge der „Demagogenverfolgung“ belegte.
Die Ausstellung ist bis Oktober geöffnet.
Kontakt:
Ernst-Moritz-Arndt-Museum
An den Anlagen 1
18574 Garz auf Rügen
Tel. 038304 / 12212
arndt-museum-garz@gmx.de
Quelle: Quelle: A. Farin, Ostsee-Zeitung, 4.4.2004; Ostsee-Zeitung, 6.4.2004