Osterhofen hat weiter Probleme mit der NS-Vergangenheit

Nachdem der örtliche Kulturausschuss auf Antrag des Ehrenbürgers und Stadtarchivars Hans Schön dem Themenkomplex 'Nationalsozialismus und Drittes Reich' in Osterhofen kein Kapitel im neuen Heimatbuch widmen wird (siehe Bericht), sorgte bereits im Vorfeld auch ein jetzt gehaltener Vortrag von Professor Winfried Becker (Uni Passau) zum Thema für Wirbel.

Marco Naumann führte darüber für die Passauer Neue Presse ein Interview mit dem Historiker.

Herr Professor Becker, können Sie die Diskussionen, die bereits im Vorfeld Ihres Vortrags geführt wurden, nachvollziehen?

Becker: Eigentlich nicht. Die Regionalgeschichte ist im Rahmen der allgemeinen Erforschung der Zeitgeschichte und des Nationalsozialismus bereits fest etabliert. Selbstverständlich ist es keineswegs zu früh, über Osterhofen während der nationalsozialistischen Zeit zu forschen. Eine der ersten Pilotstudien über den Nationalsozialismus behandelte übrigens die Geschichte einer Kleinstadt zwischen 1933 und 1945, allerdings in Norddeutschland.

Hat Johann Schön, der sich ja vehement gegen eine Veröffentlichung Ihres Vortrags im Heimatbuch ausgesprochen hat, sich jemals mit Ihnen in Verbindung gesetzt bzw. den Inhalt des Vortrags gekannt?

Becker: Nein, ich erfuhr aus der Zeitung bzw. von meinen Osterhofener Schülern von diesem Vorbehalt, als ich noch an dem Referat schrieb und den Inhalt selbst noch nicht kannte. Wir wollen aber Herrn Schöns Verdienste auch erwähnen. Ich habe seine Veröffentlichungen über die Zeit nach 1945 mit Gewinn benutzt, und Herr Schön ist auch ein sehr guter Kenner des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Osterhofen und Altenmarkt.

Herr Schön sprach davon, für die Stadt Osterhofen „höchst peinliche Dokumente“ im Archiv gefunden zu haben. Können Sie sich vorstellen, was er damit gemeint haben könnte?

Becker: Darüber kann ich nicht viel sagen. Bei meinen Besuchen im Kulturamt der Stadt Osterhofen wurde mir mitgeteilt, dass ein Archiv aus der NS-Zeit nicht bestünde. In einer mir zugänglich gemachten Archiv-Übersicht endeten die Materialien etwa um 1920.

Welche Quellen bzw. Literatur haben Sie herangezogen? Wurden Sie bei Ihren Recherchen unterstützt?

Becker: Man ist mir, wie seinerzeit bei dem von mir herausgegebenen Passau-Band, sehr entgegengekommen. […] Ich benutzte hauptsächlich die Osterhofener Zeitungen, die Chroniken von Nestler und Sinds, das Beratungsbuch der Gemeinde Osterhofen und die bereits vorhandene Literatur, u. a. in den „Deggendorfer Geschichtsblättern“.

Quelle: Passauer Neue Presse (Lokalteil Deggendorf), 3.4.2004

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