Stasi-Aktenschnipsel vor der Rekonstruktion

In einem Lagerraum in Magdeburg wartet das größte und zugleich brisanteste Puzzle der Welt auf seine Zusammensetzung: mehr als 16.000 Säcke mit geschätzten 600 Millionen Stasi-Aktenschnipseln, die in den letzten Tagen der DDR noch eilig zerrissen, aber nicht mehr endgültig vernichtet wurden. Die Bundesbehörde für Stasiunterlagen soll sie wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Das Problem dabei: „Seit 1995 wurden bis heute gerade einmal 250 Säcke in mühsamer Handarbeit wieder zusammengefügt. Ginge es in diesem Tempo weiter, wären wir erst in 400 Jahren fertig“, rechnet der Sprecher der Bundesbehörde, Christian Booß, vor. Mit Hilfe moderner Technik haben Lufthansa Systems und das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (Fraunhofer IPK) in Berlin gerade eine Teststudie abgeschlossen. Danach könnten die Aktenschnipsel bereits in fünf Jahren rekonstruiert sein. „Zunächst werden die Papierfetzen im halbautomatischen Fließbandverfahren auf Klarsichtfolie aufgetragen und anschließend vakuumverpackt,“ sagt Ottmar Bünnemeyer, technischer Leiter des Projekts beim Fraunhofer IPK. Dann werden die eingeschweißten Schnipsel von einem Scanner erfasst und gespeichert. „Wenn alle Schnipsel erfasst sind, könnten sie als 1,2 Milliarden gescannte Bilddateien auf rund 40.000 DVDs platzsparend archiviert werden“, so Lufthansa-Systems-Sprecherin Sandra Hammer. Dann folgt die eigentliche Puzzlearbeit – computergestützt. „Dabei werden für jeden Schnipsel von einer speziellen, vom Fraunhofer-Institut entwickelten Software die charakteristischen Eigenschaften berechnet: Kontur, Farbe, Außenkanten, Ecken, Papierstruktur, ob die Beschriftung maschinell oder per Hand erfolgte, Grafiken“, erklärt Bünnemeyer. Aus diesen Daten lasse sich berechnen, welche Schnipsel tatsächlich zueinander passen könnten.

Info:
Vergleiche auch den aktuellen Artikel „Schnipsel zu Stasi-Akten“, in: FAZ, 13.3.2004, 9.

Quelle: Schweriner Volkszeitung, 13.3.2004

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