Die vorbeugende pädagogische Arbeit gegen rechtsradikale Tendenzen ist in Leer eingestellt worden. Die Suche nach Fördergeldern blieb ergebnislos. „Es ist eine Katastrophe, dass die archivpädagogische Arbeit von Menna Hensmann nicht fortgesetzt werden kann.“ Martina Belling, Lehrerin an den Berufsbildenden Schulen der Stadt Leer (BBS II), steht mit ihrer Meinung nicht alleine da. Viele Leeraner bedauern, dass der Vertrag der Historikerin und Journalistin mit der Stadt nach zweimaliger Verlängerung zum 31. Dezember 2003 ausgelaufen ist. Bis Ende vergangener Woche hat die Jemgumerin noch die Anne-Frank-Ausstellung im „Zollhaus“ betreut. Jetzt ist sie arbeitslos.
Die 46-Jährige Menna Hensmann hat die Zeit des Nationalsozialismus in Leer aufgearbeitet und die Ergebnisse, unter anderem ausführliche Interviews mit Zeitzeugen, in der Dokumentation „Leer 1933 – 1945“ veröffentlicht. Parallel dazu entwickelte sie ein pädagogisches Modell, wie Jugendliche Geschichte unmittelbar erfahren können, indem sie deren Auswirkungen direkt vor Ort in ihrer Lebenswirklichkeit begreifen. Dazu gehörten unter anderem Stadtführungen auf den Spuren vertriebener jüdischer Bürger, die Einweisung von Schülern in die Arbeit im Archiv und die Organisation von Wanderausstellungen, die sich mit der nationalsozialistischen Thematik beschäftigen.
Phänomene wie Ausgrenzung oder Verleumdung blieben durch diese Form der Vermittlung keine leeren Begriffe, sondern wurden mit Inhalt und Erleben gefüllt. „Wir haben intern sehr intensiv nach Fördermitteln geforscht, um die sehr anerkannte, bundesweit ausstrahlende Arbeit von Frau Hensmann fortsetzen zu können. Leider ohne Ergebnis“, bedauert Stadtsprecher Erich Buß. Aufgrund der finanziellen Misere sei die Stadt gezwungen, Abstriche zu machen und Personal einzusparen. Zunächst müsse man freiwillige Leistungen beschneiden. Dazu zählen unter anderem die Öffnungszeiten der Stadtbibliothek, die seit 15. Februar mittwochs immer geschlossen hat, und die stark eingegrenzten Nutzungszeiten des Stadtarchivs auf dienstags von 15 bis 17 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr.
Kontakt:
Stadtarchiv Leer
Rathausstraße 1 (Erdgeschoß, Zimmer 11)
26789 Leer
Telefon: 0491-9782411
Telefax: 0491-9782247
archiv@leer.de
Quelle: Ostfriesen-Zeitung, 9.3.2004