Das Aktive Museum Spiegelgasse wurde 1988 in Wiesbaden gegründet. Es diente ursprünglich der Rettung des Gebäudekomplexes Spiegelgasse 9 bis 11. Das „wertvollste noch erhaltene Zeugnis jüdischen Lebens in Wiesbaden“ beherbergte im 18. und frühen 19. Jahrhundert ein jüdisches Badehotel, die Rabbinerwohnung, einen Betraum und lange Zeit das rituelle Bad, wie Dorothee Lottmann-Kaeseler, Vorsitzende des Museums, erläutert.
Das kleine Haus mit der Nummer 11 wurde 1735 erbaut und ist damit das drittälteste Wohnhaus Wiesbadens. Seit Sommer 1999 nutzt der Verein das im Jahr zuvor sanierte Gebäude zu Ausstellungszwecken. Die Büros, das Archiv und die Bibliothek sind in der Spiegelgasse 7 untergebracht. Größere Veranstaltungen, wie die Eröffnung von Teofila Reich-Ranickis Ausstellung am 17. März, finden im Rathaus statt. „Sonst platzt unser kleines Häuschen aus den Nähten“, erklärte Dorothee Lottmann-Kaeseler.
Als „Ort des lebendigen Erinnerns“ richtet das Museum den Blick auf die jüdische Geschichte der Stadt und dabei vor allem auf Verschüttetes aus der NS-Zeit. Im Kampf gegen das Vergessen bedient sich der Verein vielfältiger Mittel. Dazu gehören eigenproduzierte Broschüren und Filme ebenso wie geführte Stadtrundgänge und Ausstellungen. Das Zeitzeugenprogramm bringt Schüler der Klassen acht bis 13 zu Gesprächen mit Menschen zusammen, die das Dritte Reich noch selbst erlebt haben. Desweiteren organisiert der Verein Fortbildungen für Lehrer und andere Berufsgruppen. Die Bibliothek ist einmal wöchentlich (donnerstags von 16 bis 18 Uhr) geöffnet. Eine Dauerausstellung im Wiesbadener Rathaus informiert multimedial und interaktiv über Orte, an denen sich Spuren der Stadtgeschichte finden lassen. „Wir bemühen uns außerdem um die Kennzeichnung historischer Stätten in der Stadt.“ Die Installation „Fragmente“ am Michelsberg beispielsweise rekonstruiert den Grundriss der 1938 zerstörten Synagoge.
Wie die meisten sozialen und kulturellen Einrichtungen sei auch das Aktive Museum von den Kürzungen nach dem „Rasenmäher-Prinzip“ betroffen. „Wir bangen um unseren Zuschuss von knapp 50.000 Euro“, so Lottmann-Kaeseler. Ohnehin lasse diese Summe keinen Spielraum für Projekte, „das Geld geht für Miete, Material und Technik drauf“. Die Arbeit werde zu 99 Prozent ehrenamtlich geleistet, lediglich Dorothee Lottmann-Kaeseler erhalte ein „geringfügiges Honorar für meine 60-Stunden-Woche“. „Wenn der Zuschuss wegfällt, können wir die Miete nicht mehr bezahlen“, fürchtet die Vorsitzende. Sponsoren seien nur schwer für die Thematik zu begeistern. Die Menschen wollten mit der Vergangenheit nicht „belästigt“ werden, wie die Hohmann-Debatte sehr deutlich gezeigt habe. Das gelte besonders für „unbequeme“ Vorträge wie den von Dieter Schenk, der im Januar über die „braunen Wurzeln des BKA“ referierte. Aber auch für unverfängliche Kunstprojekte fänden sich kaum Geldgeber.
Kontakt:
Aktives Museum Spiegelgasse
für Deutsch-Jüdische Geschichte in Wiesbaden e.V.
Spiegelgasse 7
65183 Wiesbaden
Spiegelgasse@web.de
Tel: +49 611 30 52 21
Fax: +49 611 30 56 50
http://www.am-spiegelgasse.de/
Quelle: Wiesbadener Kurier, 6.3.2004