Herbert Küttner stöbert in Akten von Zwangsversteigerungen aus den 30er Jahren. Der Heimatautor ist in seinem Element und freut sich, dass das Riesaer Stadtarchiv ein attraktives neues Domizil bekommen hat und lobt: „Sehr übersichtlich.“ Das mit dem Stöbern wird nicht immer so einfach sein wie am Tag der offenen Tür zur Eröffnung. Vielleicht will Archivchefin Steffi Brandenburger zum Tag des Denkmals wieder in die neuen Räume auf der Goethestraße 66 einladen. Ansonsten ist es das Beste, vorher anzurufen und die Wünsche mitzuteilen: „Denn Archiv-Arbeit ist vor allem Sucharbeit“, sagt Steffi Brandenburger .
Mit sieben Tonnen Papier in 1.600 Kartons zogen die Archivmitarbeiter aus dem Museum auf die Goethestraße. Es wurde auch Zeit. Nicht nur, weil der Umbau des Museums ansteht, sondern insbesondere, um die historischen Akten unter günstigeren klimatischen Bedingungen lagern zu können. Da tut schon eine Heizung Wunder, um Temperatur und Luftfeuchte stabil zu halten. Das fordert der Gesetzgeber, und es verlängert das Leben der teilweise 400 Jahre alten Akten. Wertvolle Lehensbriefe aus dem 17. Jahrhundert zum Beispiel. 680 laufende Meter Archivmaterial schlummern in den grauen Stahlregalen. Für die schwunghaft wachsende Papierschlange wurde es ohnehin langsam zu eng auf dem Poppitzer Platz. Die nächsten 30 Jahre sollte sie jetzt bequem wachsen können und auch noch Platz für das Bauarchiv lassen. Das zieht in den kommenden zwei Jahren um.
In die umfangreichen Rekonstruktionsarbeiten am neuen Archiv-Gebäude investierte die Stadt rund 728.000 Euro. Saniert wurde das ehemalige Waren- und spätere Wohnhaus zwischen Februar und Dezember 2003. Eine böse Überraschung bereitete den Bauleuten der Hausschwamm in den Wänden des alten Gemäuers. Trotzdem blieb der Zeitverzug geringfügig. Mit dem Umzug verbessern sich die Bedingungen sowohl für die Mitarbeiterinnen als auch die Nutzer des Archivs schlagartig. So stehen jetzt zum Beispiel fünf Plätze in einem Leseraum zur Verfügung. Ahnenforschung liege jetzt sehr im Trend, sagt Steffi Brandenburger. Das führt vor allem Westdeutsche ins Riesaer Archiv. Heimatautoren sind oft bei ihr oder auch Studenten für die Diplomarbeit. Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer wünschte den Mitarbeiterinnen, „dass sie hier viele Akten finden, die Positives über die Entwicklung Riesas beinhalten.“
Ein ganz besonders wertvolles Dokument werden die Chronisten wie Heimatforscher aber vergeblich suchen. Es ist zugleich das älteste und wichtigste Riesas: die Stadtrechtsurkunde von 1623. Die schlummert sicher verwahrt in einem Panzerschrank des Rathauses. In welchem, ist streng geheim.
Kontakt:
Stadtarchiv Riesa
Goethestraße 66
01589 Riesa
03525/ 63 40 00
Quelle: Sächsische Zeitung, 4.2.2004